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Handbuch
der
mathematischen und technischen
Chrontologie.
"M^^Mf^MMW^
Aus den Quellen bearbeitet
von
D**' Ludwig Ideler,
Koaigliclirai AfttronoMea, oidcntliclirm Profcuor an der Vnivcnitit fn Bcriin,
Milfliede der Rönigl. PrcutiuclMa Akademie der WiMcafcfcafteo
nnd Cerretpondenlcn der Göttiager Sodctät.
Zweiter Band. *
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Berlin , bei August Rücker.
i826.
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Vorrede.
Ue
'eber den Inhalt dieses zweiten Bandes meines
Handbuchs der Chronologie habe ich schon beim
ersten das Nöthige gesagt, xmd es würde daher
keiner neuen Vorrede bedürfen, wenn ich nicht
der Pflicht der Dankbarkeit för so manche Mit-
theilungen zu genügen hätte, deren ich mich auch
hier zu erfreuen gehabt habe. Besonders fühle ich
mich in dieser Hinsicht meinen Collegen Herren
Biener, Elenze imd Neander verpflichtet. Bei
der Zeitrechnxmg der Araber xmd Perser ist mir
ganz vorzüglich die Theilnahme zu Statten gekom-
men, die der grofse Orientalist Herr Silvestre
de Sacy der frühem Bearbeitimg derselben be-
wiesen hat.
Mein gelehrter Freund Herr Butt mann hat
sich auch bei diesem zweiten Bande der Mühe ei-
ner Revision der Druckbogen xmterzogen. Die
letztem Bogen sind von Herrn Dr. Rosen durch-
gesehen worden, einem jungen Orientalisten, auf
dessen sicher zu erwartende Leistungen das ge-
lehrte Publikum aufmerksam zu machen, ich mir
das Vergnügen nicht versagen kann.
IV Vorrede.
Wenn mein Buch von Seiten des Litterarischen
einiges Verdienst haben sollte, so bekenne ich
gern, dafs es nur in einer Bibliothek entstehen
konnte, die im Fache der Geschichte mid Littera-
tur so reichhaltig ist, y>at die hiesige königliche.
Unter der grofsen Anzahl der von mir angeführten
Bücher sind kaimi vier, die ich auf fremde Autori-
tät zu citiren genöthigt gewesen bin. Den Herren
Bibliothekaren, die mir seit zwanzig Jahren die
uneingeschränkte Benutzung der ihnen anvertrau-
ten Schätze gestattet und dxu'ch ihre freundliche
Theilnahme erleichtert haben, sage ich meinen ver-
bindlichen Dank.
Berlin den 5. Oktober 1826.
h. Ideler.
Handbuch
der
mathematischen und technischen
Chronologie.
Zweiter Band.
1
II.
[1]
Sechster Abschnitt.
Zeitrechnung der Römer.
*V*fV%MV9tW*/9t%
E
Is ist bereits oben (1,80,100) mit den Worten des
Censorlnus und Plinius bemerkt worden, dafii die
Römer ihren bürgerliclien Tag um Mitternacht an-
gefangen haben. Nach Gellius ^) hatte Yarro in
einem eigenen Buche seines grofisen Werks Renan hur
manarum ausitihi'lich von diesem Gegenstande gehan-
delt und unter andern gesagt : Homines, qui ex media
nocte ad proximam rnediam noctem in his horis vi^
ginti guatuor nati sunt, una die naii dicuntun Nach-
dem Gellius diese Worte erläutert und der abweichen-
den Gewohnheit der Athener, Babylonier und Umbrer
gedacht hat, fährt er also fort: Populum autem Roma--
num ita, uti yarro dixit, dies singulos annumerare a
media nocte usque ad mediam proximam , multis ar^
gumentis ostenditur. Was er davon anführt, zeigt aller-
dings, dafs dies bei den Römern Observanz war, dals
aber kein ausdrückliches Gesetz defsbalb vorhanden sein
mu&te, weil er es sonst gewifs vorangestellt haben
würde* Er schliefst mit den Worten: Dies, quem
Romani civilem appellaverunt , a sexta noctis hora
') i^. ^.ni,2. Yergl.Macrob.^ki/iir/i.I, 3; Paulus Dig. II,
tit.XII, sccl.8; Isidor.JF/^TO. V,30.
i
I
4 Technische Chronologie.
orituLTy nämlich vom Schlufs der sechsten Stunde oder
von Mitternacht, so dafs sie zwar, gleich allen übrigen
Völkern des Alterlbums (1,84), der Nacht zwölf Stunden
beilegten, diese aber nach einer ihnen eigenthümlichen
Weise beim Datii*en auf zwei bürgerliche Tage vertheil-
ten. Den Tag mit dem schwankenden Auf- oder Un-
tergange der Sonne zu beginnen, fanden sie in ihrer
Zeitrechnung keine Veranlassung. Sie hatten daher nur
zwischen Mittag und Mitternacht zu wählen, und ent-
schieden sich für diese, weil jener gar keinen Ein-
schnitt in das Treiben der Menschen macht, und nur
in den Augen der Astronomen in so fern den Vorzug
verdient, als er sich durch eine unmittelbare Beobach-
tung bestimmen lä&t.
Den Anfang des bürgerlichen Tages zu erkennen,
bot sich den Römern vor Erfindung der Wasseruhren
kein Mittel weiter dar, als die Beachtung des gestirn-
ten Himmels und die Clepsydrae, von deren Gebrauch
bei den Griechen oben (1,230) gehandelt worden ist.
Man nimmt gewöhnlich an, dafs ihnen diese Zeitmes-
ser, ihrer Einfachheit ungeachtet, nicht vor dem Jahr
702 der Stadt bekannt geworden sind, weil der Verfasser
des Dialogs de caussis corru^tae eioquentiae sagt ^):
Primus tertio consulatu Cn, Pompeius adstrinxit impo-
suitque veliUi frenos eloquentiae, was man, und wol
nicht mit Unrecht, auf die Einfuhrung der Clepsydrae
bezieht* Es ist aber nur von ihrem Gebrauch vor Ge-
richt die Rede. Dafs sie nicht schon früher zur Ab-
messung der Nachtwachen in den Lagern benutzt sein
sollten, ist kaum denkbar. Wie sie als Zeitmesser bei
»I I ■»— ^— 1. 11 ■ ■ «
Römer. 5
den gerichtlichen Verhandlungen gestaltet waren, er*
sehen wir aus folgenden Worten des Apuleius *):
Praeconis amplo hoatu citatus accusator guidam se^
nior exsurgit^ et ad dicendi spatium vasculo quodam
in vicem coli graciliter fistulato , ac per hoc guttaüm
defluo, infusa aqua popuium sie adorat. Dafs sie nicht
durchgehends von gleicher Grölse waren, geht aus fol-
gender Stelle des Jüngern Plinius hervor '):. Z>Kri
lioris paene quinque. Nwn X clepsydris^ quas spa--
tiosissimas acceperam, sunt additae quatuor. FürX
findet sich in einigen Handschriften XII, in andern XX ;
auf jeden Fall erhellet aber, dafs die Zeiträume, in denen
sich die Clepsjrdrae leerten, ziemlich kurz sein mufsten.
Vielleicht waren sie, den veränderlichen Stunden ge*
mäfs, im Sommer länger als im Winter. Dafs diese
Zeiträume seihst Clepsydrae g^annt wurden, lehren
die bekannten Formeln petere und dare clep^dras..
Wenn dem einen Redner das Wasser abgelaufen war,
so verkündigte ein Gerichtsdiener, dafs die Reihe an dem
andern sei. Während man Zeugen verhörte oder Akten-
stücke vorlas, wurde das Wasser gehemmt, damit der
Redner nichts von der ihm bewilligten Frist einbüfste.
Dies nannte man sustinere aquain ^). Wenn Cä-
sar *) von certis ex aqua mcnsuris spricht, durch die
er gefunden haben will, dafs die (Sommer-) Nächte
auf den britlischen Inseln kürzer als auf dem Fest^
lande seien, so scheint er damit nicht die gewöhnlichen
*) Meiam, 1. m. Opp. ed. Par. 1688. To»k 1. p. 73.
') Jg>i,II,ll.
^) Apul. ^/7o/. p. 465.
*) De hello GalLY.iS.
6 Technische Chronologie. ,
Clepsydren tu meinen, sondern die oben (1, 225) gedachte
Vorrichtung zu genauerer Abmessung der Zeit, deren
sich die chaldäischen und griechischen Astronomen bei
ihren Beobachtungen bedienten. Man vergleiche eine
oben (1,231) citirte Stelle des Martianus Gapella,
in der das Wort Clepsydrae eben so gebraucht vor-
kommt.
Der Yigilien rechneten die Römer, nach dem Zeug-
nisse des Vegetius *) und anderer, vier von gleicher
Dauer auf die Nacht , so dafs die Mitternacht auf den
Anfang der dritten traf. Eine ähnliche Eintheilung hat-
ten sie nach Gensorinus ^) auch für den natürlichen
Tag, und beim Varro f) findet sich die Notiz: Cosco-
mos in actionibus scribit, praetorem accensum solitum
tum esse iubere, ubi ei 'videbatur Iioram esse tettiam,
inclamare Iioram esse tertiam, itemquß nteridiem et ho-
nun nonam. Nach Plinius ^) verkündigte eben so der
Diener der Gonsuln den Mittag, wenn er von der Cu-
ria aus die Sonne nach einer bestimmten Richtung sah :
Duodecim tabulis ortus tantum et occasus nominantur;
post aliquot annos adiectus est et meridies, accenso con--
sulum id pronunciante, cum a curia inter rostra et grae-
costasin prospexisset solem. Dafs der Mittag in dem
Z w öl ft afeige setz nicht erwähnt gewesen sei, ist un-
*) Quia impossibile videbatur in speculis per totam noctem
vigilantes singulos permanere, ideo in quatuor partes ad de--
psydram sunt divisae vigiliae, ut non amplius quam tribus
horis noctumis necesse sit vigilare. De re militari III, 8.
')*c. 23.
') De ling,laiA,\, Auetores latinae linguac cd.Gothofr.
eol. 44.
•) 7/. iV. VII, 60.
RÖKBR. 7
gegründet; denn Gelltus *) fiilirt eine Stelle daraus an,
in der ante meridiem und post mendiem vorkomnen,
es sei denn, dafs dieselbe aus einer sf^tem Redactio»
des Gesetzes entlehnt nvar, in die man vieHeicht diese
bald nachher entstandenen Ausdrücke gesetzt hatte. Auch
Censorinus sagt: Horarum nomen non minus annos
CCC Romae ignoratum esse^ credibile est. Nam in XII
tabuUs nusquam nominatas horas invenies, ut in aliis
postea legibus 9 sed ante meridiem. Das Wort hat-
ten also die Römer bereits zur Zeit der Decemvirn oder
unmittelbar nachher, ob sie gleich damals noch nicht
im Stande sein mochten, diesen Zeitpunkt mit einiger
Genauigkeit zu bestimmen. Einen Gnomon zu errich-
ten, scheint ihnen nicht eingefallen zu sein, und Son-
nenuhren erhielten sie erst nach der Mitte des fünften
Jahrhunderts der Stadt.
Zur Geschichte dieser Zeitmesser finden sich ein
paar wichtige Stellen beim Plinius und Censorinus.
Beim erstem heifst es ') : Princeps Romanis Solanum
horohgium statuisse ante undecitn annos, quam cum
Pyrrho beUatum est^ ad aedem Quirini, L. Papiiius Cur-
sor a Fabio Festale proditur. Sed neque facd horolo-'
gii rationem vel artificem significat: nee unde transUs'*
tarn sit, aut apud quem scriptum id inveneriu Pyrrhus
setzte, um die Römer zu bekriegen, im Jahr 474 d. St.
nach Italien über; die erste Au&tellung einer Sonnenuhr
zu Rom würde also ins Jahr 463 gehören. Censorinus
erklärt sich weniger bestimmt: Quorum (solarioramj
antiquissimum quod fiterit , inventu difficile est. Alii
') A.a.O.
8 Technische Chronologie.
enim apud aedem Qiurini primum staUUum dicunt, aUi
in CapitoUo, nonnuUi ad aedem Dianae in Avendno.
Plinius fährt fort: M. Varro primum statutum in pu-
hlico secundum rostra in columna tnuUt, hello Punico
prima, a M* Valerio Messala Consule, Catina capta in
SiciUa: deportatum inde post XXX annos, quam de
Papiriano Iwrologio traditur, a. u. CCCCXCI^ Nee
congruehant ad horas eins lineae: paruerunt tarnen eis
annis undecenUan (also bis B90J, donec Q, Marcius PAi-
Uppus, qui cum X« Paulo fiut censor, diUgentius ordi--
natum iuxta posuiu Nichts kann wol die damalige Be*
schränktheit der wissenschaftlichen Kenntnisse der Rö-
mer greller an den Tag legen^ als diese Aufstellung und
lange Benutzung einer Sonnenuhr, die für einen fast
vier Grad südlichem Ort gezeichnet war! Gensorinus
drückt sich hierüber also aus: Ilbid satis constat, nul~
lum inforo prius ßdsse, quam id, quod M. Valerius
ex SiciUa adi^ectum ad rostra in columna posuit, Quod
cum ad clima Siciliae descriptum ad Itoras Romae non
conveniretf L* PlüUppus Censor aliud iuxta constituit.
Man sieht, der Name des Gensors, dem die Römer diese
Verbesserung verdankten, lautet hier etwas anders, als
beim Plinius. Dieser fährt fort: Etiam tum tarnen
nubilo incertae Juere horae usque ad proximum lu^
strum. Tunc Scipio Nasica, coilega Laenatis, prius
aqua divisit horas aeque noctium ac dierum, idque
horologium sub tecto dicauit a» u* DXCV^ Tarn diu
populo Romano indiscreta lux/uit» Beim Gensorinus
heifst es: Deinde aliquante post P. Cornelius Nasica
Censor ex aqua fecit horarium^ quod et ipsum ex
consuetudine noscendi a sole horas , solarium coe^
ptum vocari. Dais Solarium wie Horologium sowohl
Römer. 9
die Sonnen- als die Wassemlir bezeichnet habe, be-
stätigt eine SieUe des Cicero *), wo beide duich So-
larium vel descriptum out ex aqua angedeutet und un-
terschieden werden. Es ist daher bei ihm vermutblich
von beiden auf dem Forum befindlichen Uhren die Rede,
wenn er yon einem eingezogen lebenden Römer sagt '] :
F'ixit semper inculte atque horride: natura tristi ac
recondita fuit: nonad solarium, non in campo, non
in consdsdis versatus est. Was übrigens Scipio Nasica
aufgestellt hat, war, nach den Benennungen Horologium
und Horarium zu schliefsen, eine eigentliche Wasser-
uhr, keine blolse Clepsjrdra. Ob sie seine eigene Er-
findung oder eine Kopie der von Ctesibius construir-
ten gewesen sei, geht aus den Worten des Plinius
und Censorinus nicht hervor. Yitruvius nimmt
Letzteres an, indem er das Horologium ex aqua diesem
alexandrinischen Mechaniker beilegt, in welchem Falle
*
freilich die Erfindung etwas früher gemacht sein müfsle,
als ich es oben (1,230) auf die Autorität Montucla's
angegeben habe; denn Ptolemäus Euergetes 11
trat seine Regierang nach dem astronomischen Kanon
erst im Jahr 608 d. St. an, und Scipio Nasica soll
seine Wasseruhr schon 595 aufgestellt haben.
Ungeachtet bei dem vorhin gedachten alterthüm-
lichen Gebrauch der Verkündigung der drei Hauptein-
schnitte des Tages durch den Diener des Prätors schon
der Stunden gedacht wird, es also scheinen könnte,
dafs man schon vor Einführung der Sonnenuhren die
Stundeneintheilung des Tages und der Nacht gekannt
') De naLdeor.UySA.
') Pro P. Quintio c, 18.
10 Technische Chronologie.
habe, so mufs man doch dem Censorinns beipflich-
ten, wenn er sagt: In horas duodecim diiisum esse
diem, noctemgue in totidem, vtJgo notum est. Sed
hoc credo Romae post reperta solaria observatum.
Vor Einführung der Mittel znr Unterscheidung der
Stunden mufste dieser Begriff, ifvenn er sich auch
durch Hörensagen zu den Römern fortgepflanzt hatte,
für sie ganz bedeutungslos bleiben. Auch mochte sich
das Wort Hora, das sie, eben so wie die Sonnenuhren,
von den Griechen entlehnten, bei diesen selbst nicht
viel vor dem Schlüsse des fünften Jahrhunderts d. St.
auf jenen Begriff fixirt haben. Man vergleiche was
oben (1,238) hierüber gesagt ist.
Man mufs sich daher bis auf die Zeit des L. Pa-
pirius Cursor und M. Yalerius Messala mit der
Eintheilung des Tages und der Nacht in vier gleiche
Theile imd mit den Wörtern beholfen haben, welche
die Volkssprache zur Unterscheidung der verschiede-
nen Tageszeiten darbot. Verzeichnisse derselben lie-
fern Varro, Macrobius und Isidorus, besonders
Censorinus^), bei welchem sich f<4gende zusammen-
gestellt finden: Media nox, quod tempus principium
et postremum est diei Romani; de media nocte;
gallicinium; conticinium, cum galli conticuerunt ;
ante lucem et diluculum, cum, sole nondum orto,
iam lucet; mane, cum bix videtur solis; ad meri-
diem; meridies; de meridie; suprema^ i;e-
spera, ante ortum eius stellae, quam Plautus ^espe-
ruginem, Ennius vesperum, f^ifgilius hesperum appel-
*) Varro de ling, laiJVj col. 31. Macrob. Saturn. 1, 3. Isid.
Etym.\y 30 und 31. Censor. c. 24.
^
B ÖMB R. 11
lantf crepusculum; luminibus accensis, antiqui
prima face dicebant; concubium com itum est cur
bitum; intempesta, id est muka noxy qua nihil agi
tempestivwn est; ad mediam noctem. Die Praposi-
lion de in den Ausdrücken de media nocte und de me-
ridie heifiit unmittelbar nach; so spricht Plautus
von einem somnus de prandio ^). MeridieSy das nach
Varro aus medidies oder media dies enlstanden ist,
gebrauchten die ältesten Römer für die Mitte jeder
Zeit; denn sie sagten nach Nonius ') meridies noctis
und aetatis. Suprema hiefs die letzte Zeit des Tages
mit Inbegriff des Unterganges der Sonne. In dem Zwöif-
tafelgesetz stand nach Censorinus und Macrobius:
SoUs occasus suprema tempestas esto, Vespera ist
nach obiger Erklärung die Zeit unmittelbar nach Un-
tergang der Sonne, wo es noch zu hell ist, um schon
den Abendstern sehen zu können, das Correlat von
mane. Crepusculum ist eben so der Gegensatz von
diluculum^
Als den Römern die Stunden geläufig geworden
waren, gebrauchten sie natürlich diese lieber, weil sie
ihnen genauere Zeitbestimmungen gestatteten. Man mufs
sich aber erinnern, wie sie im gemeinen Leben ihre
Stunden zählten (1,84), um die dahin gehörigen Stellen
nicht tmrichtig zu fassen. Ein paar derselben werden
hier nicht am unrechten Orte stehen. So sagen die
Worte des Horaz ^):
') MostelLlJI,2,S,
') De prop. 5erm. VI, 16.
') £>?mM, 17,6.
^
13 Technische Chronologie.
Si te grata quies et primam somnus in lioram
Delectat etc.
so yiel als: ,,Ist dir die Ruhe lieb und schläfst du
gern bis an den hellen Tag." Wenn es beim Yirgil
heifst ^):
Inde, ubi quarta sitim caeli coUegerit hora,
so wird die SSeit nach der Mitte des Vormittags ge-
meint, wo die zunehmende Tageshitze den Durst beim
weidenden Yieh erregt. Persius, die üppige Lebens-
art der damaligen römischen Jugend mit grellen Far-
ben malend, drückt sich also aus ^):
Sterämus, indomitum quod despumare Falemum
Sujfficiat, quinta dum linea tangitur umbra,
,,wir schnarchen, bis die Sonnenuhr die fünfte Stunde
,, zeigt," nach heutiger Rechnung bis elf Uhr Vormit-
tags. Wie der Tag des römischen Geschäftsmannes zu
Martial's Zeiten eingetheilt zu sein pflegte, lehrt fol-
gendes Epigramm ^):
Prima salutantes atque altera continet hora,
Exercet raucos tettia caussidicos.
in quintam a^arios extendit Roma labores,
Sexta quies lassis, septima finis erit.
Sufficit in nonam nitidis octava palaestris»
Inserat extructos frangere nona toros etc.
Sollen solche Stunden mit den unsrigen verglichen wer-
den, so mufs man wissen, wie lang der jedesmalige
natürliche Tag unter der Polhöhe Roms (41^ 54') ist.
*) Gßo/^. m, 327.
') Sat.lIL,^,
') IV, 8.
Römer. 13
Wenn es auf keine besondere Genauigkeit ankommt,
so wird zu dergleichen Reduetionen folgende Tafel aus-
reichen, welche die Länge des römischen Tages in un-
Sern gleichförmigen Stunden für die acht Hauptpunkte
der Sonnenbahn im Jahr 45 y. Chr., dem ersten
des von lulius Cäsar geordneten römischen Kalenders,
angibt.
Oerler der Sonne.
Tage des Jahrs.
Dauer des Tages.
0° ;6
23. December
8 St. 54 Min.
15° «
6. Februar
9 - 50 -
00 X
23. Man
12 -
15** «
9. Mai
14 - 10 -
0° ®
25. Junius
15 - 6 -
15° a
10. August
14 - 10 -
0° iO£
25. September
12 -
15° m
9. November
9 - 50 -
Fragt man z. B«, wann der Römer am längsten Tage
nach unserer Uhr zu Tische ging, yorausgesetzt, dafs
es, wie Martial sagt, mit dem Anfange der neunten
Stunde geschah, so gelten 12 römische Stunden in
unserer Zeit 15 St. 6', also 8 römische 10 St. 4'. Da
nun die Sonne an diesem Tage zu Rom um 4 U. 27'
aufging, so nahm die neunte Stunde nach unserer
Rechnung um 2 U. 31' Nachmittags ihren AnCeing.
Am kürzesten Tage dagegen begann sie bereits um
1 U. 29'.
Die Sonnenuhren scheinen zu Rom sehr ge-
mein geworden zu sein. Man hatte, wie man aus dem
Vitruyius ersieht, mehrere Arten derselben, die sich
in der äufsern Form unterschieden, aber alle in dem
14 Technische Chronologie.
Punkt übereinkanien , dessen oben (1,84) mit seinen
Worten gedacht worden ist. Von Rom yerbreiieten
sie sich über die Landhäuser der reichen Römer, und
es sind hie und dort in Italien römische Sonnenuhren
ans Licht gezogen worden. Man hielt sich eigene Skla-
ven, um sich von ihnen die Stunden verkündigen zu
lassen, sei es, dais man sie von Zeit zu Zeit nach dem
Forum, oder wo sonst Zeitmesser aufgestellt waren,
schickte, oder selbst dergleichen besafs. So heilst es
beim luvenal ^) :
Clamore opus est, ut sentiat auris,
Quem dicat venisse puer, quot nuntiet ftoras,
woraus erhellet, dais ein solcher Gast- und Stunden-
anmelder zu dem Luxus der spätem Römer gehörte.
Martial sagt von einem hungrigen Gaste '):
Noras quinque puer nondum tibi nuntiat, et tu
lam conviva mihi, Caeciliane, venis.
Wenn Sidonius Apollinaris von einem nuntius per
spatia clepsjrdrae horanmi indrementa sen^ans redet ^),
so ist wol an keine eigentliche Wasseruhr zu denken
(diese findet sich nirgends mit Sicherheit clepsjdra ge-
nannt], sondern an einen Zeitmesser von der Art derer,
die man vor Gericht und in den Lagern gebrauchte, und
durch eineein&che^ oben (1,231) nach Aeneas Tacticus
beschriebene, Vorrichtung so einrichten konnte, da& sie
sich das ganie Jahr hindurch stündlich leerten.
Eben so wie die Römer erst spät den Tag und die
Nacht mit Sicherheit einthcilen lernten, gingen auch
*) 50/. X, 215.
«) Epigr.\m,67.
') Ep.U,9.
RÖMSA. 15
mehxeie Jahrhunderte hin^ ehe sie eine feste Einthei-
lung des Jahrs erhielten. Vor dem Jahr 709 d. St.,
45 v.Chr., dem ersten nach heutiger Weise g^rdneten,
be£uid sich ifaj« Zeitrechnung in einem höchst schwan-
kenden Zustande, den Yoltaire treffend mit den Wor-
ten bezeidmet: Les generaux Romains triomphaient
toigouiv, mais ils ne swaient pas quel jour iU triom^
phaient.
Zunächst vor Cäsar's Kalenderverhesserung hatten
die Römer ein cyklisches Sonnen jähr (1,68), das sich
alle vier ^nd aswanz^ Jahre mit dem tropischen, aus-
glich, aber hei seiner etwas zusammengesetzten Einrich-
tung durch die Schuld der Pontifioes, denen die Anord-
nung des Kalenders oblag , in eine Verwirrung gerieth«
von der sich bei keinem cultivirten Volke etwas ähn-
liches findet. Vor den Decemvirn hatte ihr Jahr die
Form eines Mondjahrs, und vor Numa Pompilius
gar keinen entschieden ausgesprochenen oder doch sicher
zu ermittelnden Charakter. Hiemach sind vier Zu-
stände der römischen Zeitrechnung zu betrachten, di^
wir durch die Benennungen Jahr des Romulus, des
Numa, der Decemvirn und des lulius Cäsar un-
terscheiden wollen.
Die Zweifel, die man gegen die Zuverlässigkeit der
ältesten Geschichte Roms, wie sie uns von Livius und
Dionysius tiberliefert worden, angeregt bat, wollen
wir gänzUch auf sich beruhen lassen. Sollten auch
wirklich Romulus und Numa keine ganz geschicht-
liche Personen sein, so können sie uns wenigstens als
Symbole gelten, jener von der rohen Urzeit des rö-
mischen Volks, dieser von der ältesten Gesetzgebung, der
Rom die meisten seiner religiösen Institute verdankt.
16 Technische Chronologe.
Es kommt hier darauf an, die grofse Masse cum
Theil sich widersprechender Notizen, die sich von der
ältestem römischen Zeitrechnung bei den Alten zerstreut
findet, zu sammeln und dergestalt unter allgemeine Ge-
sichtspunkte zu bringen, dafs ein allmäliger natur- und
geschichtgemä(ser Fortschritt von Ideen sichtbar wird,
wenn es auch nicht möglich sein sollte, die Epoche, wo
jede einzelne ins Leben getreten ist, genau auszumitteln.
Ich habe mich in einer Vorlesung über die Zeitrech*
nung der Römer *) bemüht, diese schwierige Aufgabe
zu lösen, und werde hier die Hauptmomente meiner
Darstellung wiederholen und zum Theil noch fester zu
begründen suchen.
I. Jahr des Romulus.
Ovid sagt von dem Erbauer Roms '):
SciUcet arma magis, quam sidem, RonuUe, noras,
Curaque fimtimos^vincere maior erat;
und Plutarch ^): ,, Unter Romulus wurden die Monate
,, widersinnig und regellos — dXoywg xed drdxTwg —
gezahlt/' Man sieht also, dafs die Alten weit davon
entfernt waren, sich das ursprüngliche Jahr der Römer
so wohlgeordnet vorzustellen, wie es sich einige Neuere
gedacht haben.
Die Geschichtschreiber Licinius Macer und
Fenestella hatten behauptet, dafs zu Rom von An«
') Abhandlungen der Berliner Akademie aus den Jah«
ren 1818 und 19. Histor. philologische Klasse S. 101 ff.
') Fast. 1,29,
*) yita Numae c. 18.
RÖUBR. 17
£mg an ein Sonnenjalir :— annus vertens — von zwölf
Monaten im Gebrauch gewesen sei. Censorinns, dem
wir diese Notiz verdanken, setzt jedocb hinzu ^): Sed
magis lunio Gracchano, et Fuli^io, et Farroni, et Sue-
toniOj aUisque credendum, qid decem mensium puta-
venmt Jiasse, ut tunc Albanis erat, unde orti Romani,
Man ersieht hieraus, dafs sich die zehn Monate auf
keine urkundliche Nachricht, sondern auf einen bloisen
Schluis gründen. Die Analogie hatte indessen fiir die
Römer so viel Gewicht, dafs nicht blofs Censorinus,
sondern alle noch vorhandenen Schriftsteller, die auf
diesen Gegenstand zu sprechen kommen, Ovidius,
Gellius, Macrobius, Solinus '), die zehn Monate
fcir ausgemacht halten. In welchem Werke Yarro, des-
sen Stimme hiebei von besonderem Gewicht ist, seine
Meinung vorgetragen haben mochte, wissen wir nicht;
sie geht aber auch nicht undeutlich aus einer Stelle sei-«
ner Schrift De Ungua latirta hervor, wo er, nachdem
er die Monate, die ihm für die ältesten gellen, genannt
bat, dem lanuarius und Februarius das Prädicat ad hos
qui additi beilegt ^). Nur Plutarch erklart sich fizr
2 wölf Monate. Numa, sagt er, machte den Martins,
der anfangs der erste Monat war, zum dritten, den la«
nuarius und Februarius, die sonst die elfte und zwölfte
Stelle einnahmen, zum ersten und zweiten. Viele be-
baupim jedoch, setzt auch er hinzu, da(s Numa diese
Monate erst zum ursprünglichen, nur aus zehn Mona-
ten bestehenden Jahr hinzugefügt habe.
*) C.20.
') Fast. 1, 27, 43. HI, 99, 119, 151. N, A, m, 16. Saium, 1, 12.
Pofyh. c. 1.
') LT. coL36.
n. [2]
20 Technische Chronologie.
Oyid sagt von den ältesten Römern, nachdem er
ihre Unkunde mit grellen Zügen gesdiildert hat ^]:
f/go ofiimi indociles et adhuc ratione carentes,
Mensiius egerunt lustra minora decem.
Anfius erat, decimum cum luna repleverat orbem.
Hie numerus magno tunc in honore ßuU
Seu quia tot digiti etc.
Er scheint hiermit andeuten zu wollen, dafs das ur-
sprüngliche Jahr aus zehn Mondmonaten bestanden
habe. Allein sehn nach dem Monde abgemessene Mo*
nate halten nicht 304 Tage; auch wäre ein solches
Mondjahr eine seltsame, ganz unerklärliche Erschei-
nung. Man mu(a es aber mit den Worten des Dich-
ters nicht ganz genau nehmen. Er will wol blo& sa-
gen, das Jahr besUnd aus zehn Monaten, und dafc
diese nicht etwa das Sonnenjahr erschöpften, sondern
von einer ähnlichen Dauer, wie im spätem Jahr wa-
ren, gibt er durch die Worte: mensibus egerunt lun
stra minora decem hinreichend zu erkennen. Yon
einer Ausgleichung mit dem Sonnenjahr ist also bei
ihm nicht die Rede. Den Grund von den zehn Mo-
naten sucht er theils in der Roheit des Urvolks, theils
in der Bedeutsamkeit der Zahl zehn.
Auch Platarch ist der Meinung, dafs das Wesen
der uranfanglichen Zeitrechnung der Römer lediglich
in ihrer Unwissenheit begründet war. Sie hatten, sagt
er<, keine Ahnung von der Anomalie des Mondes und
der Sonne; er meint von der Incommensurabilität des
Sonnen- und Mondlaufs« Ob ihm, wie den firühern
*) Fast. m,ii9.
Römer. 21
Griechen^ nicht selten (1,264), die Zahl 360 blofs für
einen Ausdnick des Sonnen jahrs gelten soll, so dafs er
nur sagen ivill, ihr Jahr war bei aller Anomalie der
Monate ein annus vertens , oder ob die Zahl wirk-
lich eine Ueberlieferuog für sich hatte, ist nicht klar.
Des-Vignoles hätte sie für seine Hypothese (1,69) ge-
brauchen können, wenn ihm nicht das 304tägige Jahr
noch annehmlicher geschienen hätte *),
Es ist sehr zu bedauern, dafs der unterrichtete und
gründliche Gensorinus, dem wir die wichtigsten Auf-
schlüsse über die Zeitrechnung der alten Völker ver-
danken , sich über das romulische Jahr so kurz gefafst
hat. Er legt den zehn Monaten die oben gedachte Dauer
bei, ohne von einer Ausgleichung derselben mit dem
Sounenjahr zu reden. Dafs ihm aber eine solche yoiv
geschwebt haben müsse, lehren die Worte, womit er
sich den Uebergang zu dem römischen Jahr bahnet:
Sed, ut hos annos mittam, caligine iam profimdae ve-
tustatis obductos, in his quoque, qid sunt recentioris
memoriae, et ad 'cursum huiae 'vel solis instituti, quanta
Sit varietasy facile est cognoscere, si qms vel in wtius
Italiae gentibus, ne dicam peregrinis, velit anquirere.
Nam ut alium Ferentini, alium Lavinii, itemque Albani
vel Romani, habuerunt annum: ita et aliae gentes.
Omnibus tarnen fuit propositum, suos cii^i-
les annos, varie intercalandis mensibus, ad
unum verum illum naturalemque corrigere.
Bestimmter äufsem sich Macrobius und Ser-
vius* Der erste macht die ältesten Römer zu wah-
ren Barbaren ; denn nachdem er der 304tägigen Dauer
*) Chronol, de VHist, Sainte Tom. 11, p. ZS2,
22 Technische Chronologie.
der zehn Monate gedacht hat» gibt er folgende ver-
mathlich von ihm selbst ersonnene Erklärung in Form
einer Notiz : Cum is numerus neque solis cursui, neque
bmae rationibus convenirety nonnunquam usu T^eniebat,
ut Jrigus anni aestivis mensibus', et contra calor hie^
malibus provenireU Quod ubi contigisset, tan-
tum dierum sine ullo mensis nomine patie-
bantur absumi, quantum ad id anni tempus
adduceret, quo caeli habitus instanti mensi
aptus ini^eniretur.
Etwas annehmlicher stellt Servius die Sache
dar ^). Nur zehn Monate, sagt er, führten ursprüng-
lich eigene Namen« Dazu kamen noqh propter ratio-'
nem signorum anni (zur Ausgleichung mit dem Son-
nenlauf) zwei eingeschaltete namenlose, die nachmals
vom lanus und Februus benannt wurden. Er scheint
diese Notiz aus Licinius Macer geschöpft zu haben,
der nach Macrobius ^) den Romulus für den Urhe-
ber des Einschallens bei den Römern hielt« Es ist
aber sehr unwahrscheinlich, dafs man für die beiden
Schaltmonate keine eigene Namen erfunden haben sollte.
Undecember und Duodecember lagen ja so nahe.
Dies ist alles, was wir über das ursprüngliche Jahr
der Römer bei den Alten aufgezeichnet und geurtheilt
finden. Man sieht leicht, welches weite Feld der Com-
bination sich hier den neuem Forschem eröffnete. Ich
würde kein Ende finden, wenn ich alle ihre Hypothe-
sen sammeln und prüfen wollte, und will mich daher
nur auf die Hauptansichten beschränken.
•) Jdrirg. Georg, 1,^3.
') Satum.l,i3,
Römer. 23
Scaliger ^) verwirft das zelmmonatliche Jahr, das
er ad omnia et per omnia inutiUssimuan nennt, zugleich
mit der Meinung derer, die den Hirten Romulus gern
zu einem Meton und Callippus machen möchten. Er
glaubt, dafs das römische Jahr gleich anüeings aus zwölf
nach dem Monde geregelten Monaten bestanden habe,
als wovon die Wörter CcJendaei Nonae, Idus , und
das Beginnen des römischen Tages mit der Mittemacht
hinlänglich zeugten. Wie der letztere Umstand auf
ein Mondjahr hindeute, begreift man nicht; wenig-
stens finden wir bei den alten Völkern, die ihre Mo-
nate nach den Phasen abmafsen, einen ganz andern
Tagsanfang (1,80) ; aber die Benennungen der drei Haupt-
epocben des römischen Monats beweisen allerdings, dals
zu Rom einmahl ein solches Jahr gebräuchlich sein
muiste, wenn auch gerade nicht, dafs es kein tflieres
von einem andern Charakter gegeben habe«
Auch Dodwell ') findet ein 304 tägiges Jahr, des-
sen Anfang weder zu gleicher Mondgestalt, noch zu
gleicher Jahrszeit zurückkehrte, den Zwecken einer bür-
gerlichen Zeitrechnung ganz unangemessen. Aber die
zehn Monate, die auch die Albaner hatten, nimmt er
in Schutz. Es ist klar, dafs diese Monate, wenn sie
das Sonnenjahr erschöpfen sollten, zum Theil bedeu-
tend länger sein mufsten, als im spätem römischen
Jahr. Nun hat uns Censorinus die merkwürdige
Notiz aufbewahrt ^), dafs der Martius bei den Albanern
36, der Mains 22, der Sextilis 18, der September 16,
■) Emend, iemp, 11, p. 1720*.
') De Cyclis X, 108.
') €.22.
24 Technische Chronologie.
bei den Tusculanem der Quintilis 36, der October 32,
und bei den Aricinem der October 39 Tage bielt; und
da auch Plutarch von einer ähnlichen Verschieden-
heit der Monate bei den ältesten Römern spricht, so
nimmt D od well keinen Anstand, ihnen ein zehn«
monatliches Jahr von einer ähnlichen Beschaffenheit
wie das der Albaner beizulegen, und das Jahr von
304 Tagen einem Irrthum zuzuschreiben, der die spä-
tere Länge der Monate auf die frühem übertrug.
Es hat aber diesem kurzen Jahr auch nicht an
Vertheidigem gefehlt. Dahin gehört Erycius Pu-
teanus, dem die Gommensurabilität desselben und
der achttägigen römischen Woche, auf die auch Des-
Vignoles ^) und andere viel Gewicht legen, zuerst
merkwürdig geschienen hat. SoU Romuli anno, sagt
er in seiner Schrift de Nundinis Romanis '), nundinas
exacto conveniunt numero. Putes prima isla originc
vel annum nundinarum, vel nundinas anm causa in*
stitutas* Annus, rumirum diebus consiabat CCCIF', og^
doades autem XXXVIII totidemqwß nundinas hi dies
CCCiy ünplent* Und weiterhin: Pukhra sane et
concinna lutec nundinaria ratio , guia constans et sui
semper simHis; quae proinde nuUo cyclo indigehat.
Unus annus, omnis annus; unius nundiiute, annorum
omnium.
Gegen Scaliger's und DodwelTs Ausspruch,
da(s das 304tägige Jahr ohne allen Nutzen gewesen
') A.a.O.
^) c. 4 und 7. Die kleine Schrift findet sich im achten Bande
des Thesaurus von G r ä t i u s .
Römer. 25
■
sei, erhebt sich Julius Pontedera *). Ein Jahr von
zehn Monaten, sagt er, von denen keiner vorzugsweise
dem Winter, d. i. der Unthätigkeit , gewidmet war,
mufsle, da es unaufhaltsam alle Jahrszeiten durcheilte,
die Menschen zu stätem Fleifse reizen. Es eignete sich
daher ganz Torzüglich für das ackerbautreibende Land
des Saturn. Bei der Rückkehr des FrühÜDgs ging ein
jeder an seine Arbeit, nicht weil es der Kalender, son-
dern die erste warme Luft gebot; man ruhte aus,
wenn der stürmende Winter der Feldarbeit ein Ziel
setzte, gleich dem Reisenden, der sich durch die Um-
stände, nicht etwa durah eine Ephemeride zum Ein-
kehren veranlafst findet. Zehn Monate von einer der
spätem ähnlichen Dauer sind um ein Sechstel kürzer,
ab das Sonnenjahr, ^o dafs sechs solcher zehnmonat-
lichen Jahre nahe fänf Sonnenjahre geben. Diesen Zeit-
raum nennt er Hexaeteris^ und zeigt in einer Tafel, wie
beide Jahre zusammenstimmten. Lfifst man das erste
Sonnenjahr am 1. Martins, das zweite am 1. Mains, das
dritte am 1. Quintilis, das vierte am 1. September und
das fünfte am 1. November anfangen, so findet man,
bei gehöriger Beachtung der von Gensorinus ange-
gebenen Dauer der Monate, dafs auf die vier ersten
Jahre 36S und auf das fünfte 364, mithin auf die
ganze Hexaeteris 1824 Tage, ein Tag weniger, als auf
eben so viel ägyptische, 2-^ Tage weniger, als auf eben
so viel julianische gehen. So viel über seine Ansicht
im Allgemeinen. Was er über seine Hexaeteris weiter
') Antiquitatum Latinarum Graecarumque enarraliones atque
emendationes , praecipue ad veteris anni rationem attinentes
(Patarü 1740, 4), ep. 30 und 33.
26 Technische Chronologie.
im Einzelnen sagt, ist, wie alles, was er über die Zeit-
rechnung der alten Völker geschrieben hat, ein Gewebe
zwar sinnreicher, aber unhaltbarer Hypothesen.
Hl*. Niebuhr widmet dem 304tägigen Jahr einen
eigenen Abschnitt seiner Römischen Geschichte un-
ter dem Titel: lieber den Säcularcyclus ^]; So
wie ihm in Rom alles auf etrusLischen Ursprung hin-
deutet und ihm die ganze älteste Verfassung der Stadt
durch die heiligen Bücher der Etrusker geordnet er-
scheint, so sieht er auch in jenem Jahr eine Schöpfung
dieses Volks, und zwar eine Schöpfung von tiefem Sinn.
Der Säcularcyclus, mit dem er es in Verbindung
bringt, soll folgende Einrichtung gehabt haben. Sechs
304tägige Jahre kommen, wie wr eben gesehen haben,
bis auf 2-^ Tage mit fünf juliaiuschen überein. Dies
ist das Lustrum der altem nömer. Ihr Saeculwn hielt
HO Jahre ') oder 22 Lustra, Um nun diese mit der
Sonne auszugleichen, schalteten sie zweimahl, am Ende
des elften und zwei und zwanzigsten Lustri, einen Mo-
nat von 24 Tagen oder drei Nuudinis ein, und so er-
hielt der ganze Säcularcyclus 40176 Tage, welche bis
auf etwa 15 Stunden mit HO tropischen Jahren über-
einstimmen, dahingegen 110 Julian ische Jahre von eben
so vielen tropischen um 21 Stunden abweichen; der so
eingerichtete Säcularcyclus von 22 Lustris, 110 Sonnen-
jahren, 132 romulischen Jahren, 5022 Nundinis, und
«) Th.I, S. 192ff.
*) HieiTon unten. Für jetzt erinnere man sich nur an die Verse
Cerlus undenos decies per annos
Orbis ut cantus referaique ludos
aus dem Carmen saeculare des Horaz.
Römer. 27
40176 Tagen stimmte also genauer mit dem Himmel
überein, als der julianische Schal icydus. — Allerdings,
wenn sich nur mit einiger Sicherheit nachweisen liefse,
dafs dieser durch eine sinnreiche Combination gebildete
Cjclus wirklich einmahl bei den Etruskem und ältesten
Römern in Gebrauch war.
Ein wesentlicher Bestandtheil desselben ist das
304tägige Jahr gerade nicht. Man könnte ihn eben
so gut auf das 360tägige Jahr beim Plutarch (2^ 19)
gründen , das ebenfalls eine volle Zahl von Nundinis
enthält. Nähme man an, dafs am Ende von je fünf
solcher Jahre ein Monat von 24 Tagen oder 3 Nundinis,
und noch ein überzähliger von gleicher Dauer am Ende
des elften und zwei und zwanzigsten Lustri eingeschal-
tet wurde, so erhielte man einen Cjclus von eben so
vielen Nundinis und Tagen, der noch den nicht unbe-
deutenden Vorzug hätte, dals er sich auf ein naturge-
mäfseres Jahr gründete. Dennoch sei es fern von uns,
ihn für etwas mehr als einen lusus ingenii ausgeben zu
wollen.
Dafs zu Rom ursprünglich ein Jahr von zehn Mo-
naten im Gebrauch war, haben wir keinen triftigen
Grund zu bezweifeln. Aber nie werde ich mich über-
reden, dafs dies Sonnen- oder Mondmonate waren.
Schon oben (1,63) ist die Bemerkung gemacht worden,
dafs die Zahl von zwölf Monaten nicht wesentlich zum
Chaiacter des Sonnenjahrs gehört, und daher von Völ-
kern, für welche die Mondwechsel von keiner besondem
Bedeutsamkeit waren, leicht mit jeder andern conven-
tiouellen vertauscht werden konnte. Aber die wenig-
stens rohe Beachtung der Jahrszeiten ist überall und
zu allen Zeiten als ein dringendes Bedürfniis gefühlt
30 Technische Chronologie.
bezeichneten. Dafs die Landbebauer und Scliiflafarer
der alten Welt von je her fleifsig auf die Erscheinungen
der Gestirne in der Morgen- und Abenddämmerung ach-
teten, weifs ein jeder, der in den Dichtem und land-
"v^irthschaftlichen Schriftstellern der Griechen und Ro<
mef nicht ganz unbelesen ist. Man erinnere sich aus
dem Obigen (1,251), dafs Hippocrates sieben Jahrs-
zeiten annahm, indem er den Frühling mit der Nacht-
gleiche, den Frühsommer mit dem Frühaufgange der
Plejaden, den Spätsommer mit dem Frühaufgange des
Sirius, den Herbst mit dem Frühaufgange des Arktur,
die Saatzeit mit dem Frühuntergange der Plejaden, den
Winter mit der Sonnenwende und die Baumpflanzungs-
zeit mit dem Spätaufgange des Arktur anfing. Eine
ähnliche Bewandnifs nun, wie mit diesen sieben Jahrs-
zeiten, glaubt Dodwell, dafs es mit den zehn Jahrs-
zeiten oder sogenannten Monaten der Albaner und älte-
sten Römer nicht allein, sondern auch mit dem sechs-
monatlichen Jahr der Akamaner und Garer, dem
viermonatlichen der allem Aegypter, und dem drei-
monatlichen der Arkadier hatte, wovon Plutarch,
Gensorinus, Macrobius ^) und andere reden. Das
Wort fXTjv, mensis, Monat, das offenbar vom Monde
entlehnt (1,256) und vielleicht spätem Ui*sprungs ist,
hat man, sagt er, durch einen Mifsgriff auf die alten
siderischen Jahreinschnitte übergetragen. Das Jahr aller
dieser Völker war ein Sonnenjahr, das dem Ackerbau
und der Schiffahrt -allein zusagt.
Es können aber auch die zehn Jahreinschnitte der
ältesten Römer durch ihre Hauptbeschäftigungen bedingt
*) Fita Numae 1. c. De die naL c. 19. Saturn. 1, 12.
Römer. 31
gewesen sein, wie dies nach Kirascheninikow's Yer-
Sicherung *) bei den Kamtschadalen der Fall ist,
die ihr Jahr gleichfalls in zehn ungleiche Ahschnille
theilen.
Will man sich indessen die ungleichen Monate
nicht gefallen lassen, nun so verlheile man die 360
Tage, die Plutarch als die Dauer des ursprünglichen
römischen Jahrs nennt, auf zehn gleiche. Dann er-
hält das Jahr des Romulus eine ähnliche Form, wie
das Pr y tan en jähr der Athener (1,289).
Doch genug von einem Gegenstande, von dem wir
so gut wie gar nichts wissen , und der sich du^h
die scharfsinnigsten ComLinationen nie ganz aufs Reine
bringen lassen wird.
n. Jahr des Numa.
Die alten Schriftsteller sind darüber einverstanden,
dafs das ursprüngliche Sonnenjahr der Römer frühzeitig
zu einem Mondjahr umgebildet worden ist. lunius
Gracchanus, einer der altem römischen Geschieh t-
schreiber, legte nach Gensorinus diese Aenderung
dem Tarquinius bei, ohne Zweifel dem Priscus;
denn da er nach Macrobius den Servius Tullius
als den Urheber der Einschaltung ansah, so mufs er
sich das Mondjahr selbst älter als die Ausgleichung des-
selben mit der Sonne gedacht oder geglaubt haben,
dals die Römer erst ein reines Mondjahr hatten, ehe
*) Histoirt ei däscription du Kamtchatka (Amsterdsra 1770)
Th. I. S. 26.
32 Technische Chronologie.
sie ein gebundenes erhielten ^ wenn nuin anders an-
nehmen darf, dafs die römischen Schriüsteller die No-
tizen, die sie von der frühem Zeitrechnung ihres Volks
geben, nach richtigen astronomischen Principien abge-
wogen haben. Der noch ältere Fulvius Nobilior
und mit ihm die jungem ohne Ausnahme machen da-
gegen den Numa zum ersten Yerbesserer des römi-
schen Kalenders, was nichts weiter sagen soll, als dais
die Einführung von zwölf Monaten und die Bestim-
mung der Dauer des Jahrs zu 355 Tagen einer uralten
römischen Gesetzgebung angehören.
Ich habe hier die beiden wesentlichsten Punkte
der Reform genannt ^), über die wir jetzt den Haupt-
gewährsmann, den Gensorinus, vernehmen wollen.
Nachdeifi er vom romulischen Jahr geredet hat, fährt
er also fort: ,, Nachmals, sei es vom Numa, wie
,, Fulvius, oder vom Tarquinius, wie lunius
„behauptet, sind 12 Monate und 355 Tage eingeführt
*) Am ausfühiiiclisten handeln von ihr Gensorinus c. 20,
Solinus c.l und Macrobiu^ &r/i/m. 1, 13. Der Hinzufügung
des lanuarius und Febmarius zu den urspränglichen zehn Monaten
gedenken kurz Livius 1, 19, Ovidius F<ist. I, 43 und in, 151,
Aurelius Victor de vir. illustr, c. 3, Florus 1,2 und Cas-
siodorus Chron, p. 381 (ed. 1679)* Mit allen im Widerspruch
ist Eutropius, wekin er Brev. I, 3 vom Numa sagt: Annum
descripsit in X menses, prius sine aliqua computatione co/t-
/usum» Arntzen an der angeführten Stelle des Aur. Victor
schlägt Yor, das Komma nicht hinter menses, sondern hinter <fe-
scripsit zu setzen. Aber annum describere in menses ist ein
solenner Ausdruck, der sich unter andern an den obigen Stellen
des Livius und Florus findet. Wahncheinlicher ist es, dals
das Zahlzeichen verdorben ist.
RÖMBR« 33
,, worden, wiewohl der Mond mit seinen zwölf Um-
„laufen nur 354 Tage auszufüllen scheint. Da(s aber
,,ein Tag mehr genommen wurde, geschah entweder
,,au8 Irrthum, oder, was mir wahrscheinlicher ist, aus
,, jenem Abei^lauben, nach welchem die ungerade Zahl
,,fiir voll und glücklicher gehalten wird. Gewifs ist
„es, dafs zu dem frühern Jahr 51 Tage kamen, und
,,da diese nicht zwei Monate ausfüllten, so wurde je-
,,dem der sechs hohlen Monate*' (den 30üigigen des
Romulus) „ein Tag genommen, wodurch zusammen 57
,,Tage entstanden, aus denen zwei Monate, der lanua-
,,rius zu 29 und der Februarius zu 28 Tagen, gebildet
,, wurden. So erhielten also alle Monate eine volle
,,nnd ungerade Anzahl von Tagen, den Februarius aus-
,, genommen, der allein hohl blieb und defshalb für
„minder glücklich als die übrigen galt." In Ansehung
der Epitheta plenus imd cwms verdient bemerkt zu
werden, dais der römische Sprachgebrauch dem griechi-
schen entgegengesetzt ist (1,266). Wegen des numerus
impar vergleiche man des Servius Anmerkung zu
dem numero deus impare gaudet des Yirgil ^). Auch
beim Plinius heifst es '): Impares numeros ad om-
nia vehementiores credimuSy und beim Festus: Im-
parem numerum untiqui prosperionem hominibus esse
crediderunt.
Wesentlich in gleichem Sinne mit Censorinus
äufsem sich Solinus und Macrobius. Das'Jahr
des Numa hatte hiemach folgende Einrichtung:
«) Eclog.Yni,1S.
») if. iv. xxvm, 5.
n. [3]
34 Technische Chronologie.
Martiüs 31 Tage
Aprilis 29 -
Maius 31 -
lunius 29 -
Quintilis 31
Sextilis 29 -
September 29 -
October 31
November 29 -
December 29 -
lanuarius 29 -
Februariua 28
Macrobiua "will, cUfa nach diesen Monaten yon An-
fiing an ganz ordentlich datirt worden sei, gerade wie
im spätem Jahr. In den yier ein und dreüsigtagi-
gen Monaten, sagt er, waren .die Nonae septimanae^
in den übrigen qidntanae, und in allen, mit Aus-
nahme des Februarius, wurde nach den Idus a. d.
septimuni decimum Calendas gesagt.
Die 355- Tage finden sich auch beim Plinius er-
wähnt. Er gedenkt nämlich *) einer angeblich von
Numa geweihten Statue des lanus mit den Worten:
Praeterea lanus gerriinus a Numa rege dicatusp qui
pads beUiquß argumento colitur, digids ita figuratts^
ut trecentorum quinquaginta qiunque dierum nota, per
significaUonem anni, temporis et aeyi se deum indica--
ret, Macrobius sagt dagegen von diesem Gott '):
Simulacrum eius plerumque ßngitur manu deoctera tre^
centorum et sinistra sexaginta et quinque numerum
«) i/. iV. XXXIV, 16.
•) Sätum.1,9.
RÖMEA. 36
retinens, ad demonstntndam anni dimensionem. Man
hat den Handschriften su'vvider den einen Schriftsteller
durch den andern verbessern wollen ; es ist aber nichts
zu ändern. Plinius redet yon einer uralten Bildsäule
des lanus, Macrobius von seiner in spätem Zeiten
gewöhnlichen Darstellungsweise.
Aber auch die 3SS Tage stehen nicht ganz fest.
Plutarch versichert, Numa habe den Unterschied des
Sonnen* und Mondjahrs zu 11 Tagen, also die Dauer
des letztem zu 354 Tagen angenommen ^). Macro-
bius, der beide Angaben vor sich hatte, sucht sie da-
durch zu vereinigen, daüs er den Numa erst das Jahr
zu 354 Tagen bestimmen, aber paullo post in honorem
imparis numeri noch einen Tag zum lanuarius, der
anfangs mit dem Februarius von gleicher Dauer ge-
wesen sein soll, hinzufügen lälst. Die 355 Tage be-
stätigen sich vollkommen durch das Wesen der nach-
maligen Reformen des römischen Jahrs; die 354 haben
ihren Grund vermuthlich in einer spätem Klügelei,
welche die Sache aus dem Standpunkt der Theorie be-
trachtete.
Dem sei jedoch, wie ihm wolle, man sieht, dafs
Noma^ den Einfluüs abgerechnet, den Aberglauben und
Unwissenheit auf seine Kalendereinrichtungen haben
mochten, sein Jahr nach dem Monde abgemessen hat,
der in 354 Tagen 8 St. 48' zwölfmal zur Sonne zu-
rückkehrt und sein Licht erneuet. Dies versichern
auch die Alten allgemein, am bestimmtesten L'ivius
mid Solinns. Der erste sagt: Omnium primum ad
*) An der mehnnals angeführten Stelle aus dem Leben des
Nnma.
[3']
36 Technische Chronologie.
cursum bmae in duodecim menses describit annum;
der andere: Cum ratio iUa ante Numam a lunae cursu
discreparet, bmari computatione annum peraequarunt.
Es ist sehr "vvahrscbeiDlich, ^(s er sein Mondjahr von
den griechischen Kolonien aus Unteritalien entlehnt
hat, die damals ohne Zweifel in dem Besitz einer
höhern Cultur waren, als die UiTÖlker des Landes.
Das Mondjahr war aber zu innig in den Cullus der
Griechen verflochten, als dafs man es nicht unter ihre
ältesten Institute zählen mülste. Auf diesen Ursprung
des römischen Mondjahrs deutet selbst die alte Tradi-
tion von einem Verkehr des Numa mit Pythagoras, die
Ovid in folgenden Versen berührt:
Primus oUviferis Romam deductus ab arvis
PompiUus menses sensit abesse duos;
Siye hoc a Samio doctus, qui posse renasci
Nos putat, Egeria sive monente sua,
Fast.m, 151.
eine Tradition übrigens, die schon Cicero mit Recht
für einen insfeteratus error erklärt ^).
War denn aber das 355tägige Jahr auch wirklich
ein Mondjahr? Die Alten machen die Sache ihrer be-
stimmten Versicherung ungeachtet dadurch wieder zwei-
felhaft, dais sie den Numa zugleich zum Urheber
der Schalteinrichtung machen, wodurch späterhin das
355tägige Jahr mit der Sonne ausgeglichen wurde. Es
geschah dies vermittelst eines Monats von abwechselnd
22 und 23 Tagen, des sogenannten Mercedonius,
der ein Jahr ums andere eingeschaltet wurde und dessen
Wesen unten näher erklärt werden wird. Ein solcher
*) DeRepubl.U.iS. Vergl. Di on. Halic. H, 59.
Römer. 37
Monat vertragt sich aber durchaus nicht mit dem Charak-
ter eines Mondjahrs; denn wenn ein Ja&r diesen Na-
men mit Recht fahren soll, so ist es nicht hinlänglich,
dafs seine Dauer nach dem Monde abgemessen ist ; auch
die einzelnen Monate müssen dei^stalt geordnet sein, dafs
ihr Anfang immer zu der ersten Erscheinung der Mond-
sichel zurückkehrt. Dies bedachte Dio Cassius nichti
wenn er sagt, dafs die Römer bis auf lulius Cäsar ihre
Monate nach den Mondwechseln abgemessen haben ^),
und dies bedenken eben so wenig Scaliger und mit
ihm fast alle neuere Chronologen, wenn sie yon Mond-
schaltjahrcykeln reden, die auf den kurzen Schalt-
monat gegründet gewesen sein sollen. Sobald die Reh-
mer ihren Meroedonius einzuschalten anfingen, erhielten
sie ein cyklisches Sonnenjahr, wie wir dergleichen
bei mehreren Völkern antreffen. Sollte das 355tägige
Jahr von Anfang an ein solches werden, so begreift
man nicht, warum nicht lieber gleich ein dem juliani«
sehen analoges Sonnenjahr eingeführt wurde* War aber
zvkersl ein Mondjahr im Gebrauch, das nach griechischer
Weise durch einen von Zeit zu Zeit eingeschalteten
Mondmonat mit der Sonne ausgeglichen wurde, so ist
es gar wohl denkbar, dafs man, als die Form der Ein-
schaltung und mit ihr der ganze Charakter der Zeit-
rechnung geändert wurde, die Dauer sowohl des Jahrs
als der einzelnen Monate, an die man einmahl gewöhnt
war, beibehielt.
') npo( tag Tijc 9'iXi7vif)( mpio^ouc ^^i xal rort touc fJii]va< ^^^'
Hisi.hXLni, C.26. In gleichem Irrthum sind Appianus und
Lydus befangen. De bell, civ, L 11 am Schlafs. De mensi"
bus p. 30.
38 Technische Chronologie.
So würden wir lutheilen müssen, wenn es ans
auch an Beweisen feUte, dafs die Monate des Numa
wahre Mondmonate gewesen sind. Es gebricht uns
aber daran keinesweges. Ich halte es für nöthig, die«
sen wesentlichen Punkt der altem römischen Zeitrech-
nung mit einiger Ausführlichkeit zu erörtern und über
jeden Zweifel zu erheben , da ihn Petavius, der
unter den neuem Chronologen allein eine richtige An-
sicht von demselben gehabt hat, sehr ungenügend be-
handelt *).
Zu den Beweisen gehört zuvörderst das Wort mensis
selbst. Mensis i sagt Yarro '), a bmae motu dictus,
dum a sole profecta fursus redit ad eum hma, quod
graece oUm dicta fx^vtj, wide illorum firlng, ab eo nch-
stri. So wie es etymologisch und geschichtlich ausge-
macht ist, dafs ju»]v und juiccg bei den Griechen einen
Mondmonat bezeichnet hat, so wird auch das davon
entlehnte mensis bei den Römern keine andere Bedeu-
tung gehabt haben, und wer dies bezweifeln wollte,
dürfte nur die Eintheilung des römischen Monats und
die uralten Benennungen seiner Hauptepochen in Er-
wägung ziehen.
Die Idus zer&Uten den Monat in zwei Abschnitte
von ungleicher Dauer, indem sie in den 31tägigen Mo-
naten des Numa dem ISten und in den übrigen dem
13ten Tage den Namen gaben. Der erste Abschnitt
hielt also 14 oder 12, der zweite 17 Tage. Schon diese
Zahlen machen es wahrscheinlich, dafs die Calendae
ursprünglich der ersten Erscheinung der Mondsichel in
*) Docir* temp, ü, 74.
') I.e. col. 32.
RÖMBR. 39
der Abenddämmerung und die Idu8 dem Vollmonde
entsprachen. Noch unzweideutiger geht dies aus folgen-
der Notix beim Macrobius hervor^): Priscis temporir
busi antequam fitsti a Cn. Flavio Scriba imdtis patribus
in omnium notitiam proderentur (dieses Factum gehört
in das Jahr 450 d. St.), pontifici minori haec provincia
delegabaturf ut noyae bmae primum obsefvaret adspe-
dum, visanuiue regi sacnficulo nunUaret; itaque sacrir
ficio a rege ac minore pontißce cekbnUo, idem pon*
tifex caLua, id est *vocata, in CapitoUum plebe iuxta
curiam Calabram, quae casae ßomuli proxima est,
quot numero dies a calendis ad nonas superessent pro*
nuntiabat, et quintanas quidem diclo quinquies nrerbo
xaXw, septimanas repetito septies praedicabat. F'erbum
auiem xaXw graecum est, id est voco, et hone diem,
qui ex bis diebus, qui calarentur, primus esset, placuit
calendas vocari. Hinc et ipsi curiae, ad quam ^ocof
bantur, Ckdabrae nomen datum. Diese Nachricht trägt
ganz das Geprtfge der Wahrheit an sich. Ist sie aber ge-
gründett ^ muls das römische Jahr einmahl ein Mond-
jabr gewesen und auch eine geraume Zeit geblieben
sein, wenn es gleich wohl möglich ist, dafs alles, was
Macrobius beschreibt, selbst nach Abschaffung dessel-
ben noch eine Zeitlang als eine leere Geremonie fortbe-
stand, da die Plebs den Kalender noch nicht kannte,
mithin noch über die Calenden und Nonen belehrt wer-
den muiste.
Einem der PontiGces lag es also ob, Aus der Gestalt
der zuerst wahrgenommenen Mondsichel zu beurtheilen,
wie viel Tage bis zu den Nonen, d. i. bis zum ersten
*) 50/11/71.1,15.
40 Technische Chronologie.
Viertel, noch zu zäUen waren; denn dieser Einschnitt
des Monats, der allemahl acht Tage vor den Idus oder
dem Yollmonde hei'ging, kann ursprünglich nichts an-
ders, als die luna dixprofiog bezeichnet haben. Nach
Macrobius sprach er das lautschallende Wort xaXSi
fünf oder siebenmahl hintereinander aus. NachYarro,
der diesen alterthümlichen Gebrauch kurz berührt *),
rief er dagegen entweder quinque calo luno ffoveUa^
oder Septem calo Inno Nosfclla» Scaliger will lana
Nouella gelesen wissen '). In Yarro's Landbau ^) fragt
nämlich jemand, was die luna quadripartita mit dem
Feldbau zu schaffen habe, worauf geantwortet wird:
Hast du denn nie gehört, dafs die Landleute vom ersten
und letzten Viertel sprechen? und dies wird folgender-
mafsen ausgedrückt: Nunquam rure audisti octaifo la^
nam et crescentem et contra senescentem? Hier steht
also das alterthümliche lana geradehin für Luna, das
auch in den Ausgaben daneben gesetzt ist. Auch beim
Macrobius heifst es ^): Pronuntiaifit Nigidius, Jpolli"
nem lanum esse, Dianamque lanam, apposita d lit^
fern, quae saepe i litterae causa decoris apponitur, ut
reditur, redhibetur, redintegratur et similia» Allerdings
apostrophirt der Pontifex das neue Licht; es scheint
aber obiger Ausruf keiner Aenderung zu bedürfen. Mö-
gen Inno und lana oder Diana ursprünglich bei den
Römern Namen von einerlei Gottheit gewesen sein, oder
nicht, was ich gelehrtern Allerthumsforschem zu unter-
') A. a. 0. col. 35. Vei*gl. Lydus p. 34.
') Emend, Ump, 1. II. p. 174.
') 1.37.
*) Saturn, 1^9.
Römer. ' 41
sacben überlasse; gewifs ist es, da(s die Calendae der
luno geweibt waren, und zwar der luno Lucina.
Oyid sagt:
yindicat Ausonias lunonis cura Calendas:
Idibus alba Jovi gnmdior agna cadit,
Nonanun tutela deo caret etc.
Fast. I, 65 ;
und an einer andern Stelle:
An faciant mensem luces, Lucinaque ab Ulis
Dicar, et a nuUo nonuna mense traham?
Ib. VI, 39.
Luces ist bier das neue Liebt, und von diesen lucibus
eben wurde luno Lucina, d. i. die Liebt- oder ans
Liebt bringende genannt, welchen Namen sie be-
kanntlich auch als Geburtshelferinn führte. Dieser
Umstand dient also zu einer Andeutung mehr von der
ursprünglichen Stellung der Gdendae, was auch schon
Macrobius bemerkt; denn nachdem er gesagt hat,
dafs ,an den Calendis von einem Pontifex der luno ein
Opfer dax^bracht wurde, setzt er hinzu ^): Cum emm
initia mensiwn maioi^s nostri ab exortu bmae serva-
^ermt, iure lunoni addixenmt Calendas ^ lunam ac
lunonem eandem putantes.
Die Athener zählten die Tage der letzten Dekade
ihrer Monate in rückgängiger Ordnung (1, 280). Es
scheint dies der Gebrauch mehrerer, wo nicht aller
griechischen Völker gewesen zu sein, ein Gebrauch, der
zugleich mit dem Mondjahr von ihnen zu den Hörnern
übergegangen sein muls. Macrobius sagt dies aus*
drücklieb ^) : Lata vtteres incolae morem Graeciae in
*) Saturn, 1, 15. Vergl. Ljdus p. 36.
'} SaturnA,i6.
42 Technische Chronohgie.
numerandis mensiwn diehus secuti sunt, ut retrovettwn
cedente numero ab augmento in dinUnutionem compu-
tatio resoluta desineret. Wäre diese unsem Begriffen
nach unbequeme Zahlungsweise, die auf alle drei Perio-
den angewendet worden ist, vom Monde unabhängig
gewesen, so würde sich kein befriedigender Grund dafür
angeben lassen. Entsprachen aber die Calendae der
ersten Phase, die Nonae dem ersten Viertel, die
Idus dem Vollmonde, so war es ganz natürlich, dafs
man sich durch das Datiren selbst in jedem Augenblick
die Frage beantwortete, wie lange es bis zu diesen drei
Epochen noch hin sei«
Die Nonae haben ihren Namen daher, weil sie
allemahl die Stelle des ante diem nonum Idus ein-
nahmen. Neben dieser natürlichen Etymologie findet
sich beim Varro und Festus noch eine andere sehr
gezwungene, nach der das Wort auf die erste Mond-
phase, die nova bma Bezug haben soll, quod in eas
concurreret prindpium bmae, wie es beim letztem heiist.
Sie dient abermals zum Beweise, daüs die Römer über
das Wesen ihres altem Jahrs wenig nachgedacht haben.
Auch beim Plutarch kommt sie vor. Er wirft die
Frage auf'), warum die Römer ihren Monat in drei
Abschnitte von ungleicher Dauer getheilt haben, und
beantwortet sie unter andern so: ,,Es geschah deis-
,,halb, weil sie, die Zeit nach den Mondgestalten ab-
,, messend, im Verlauf des Monats drei Hauptverände-
„rungen am Monde wahrnahmen, zuerst die, dafs er,
„mit der Sonne in Verbindung, sich gar nicht zeigt;
„dann die, dafs er, ihren Strahlen sich entwindend,
') Quaesi.Bom.XXTV.
R Ö M B E. 43
„in der Abenddiünmerong encheint; endlich die, dafi
,,er, ihr gegenüberstehend, mit yoUem Lichte leuch«
,,tet. Man nennt daher seine Unsichtbarkeit Calendas,
„yon den Wörtern clam und celardf seine erste Er-
,,scheinnng oder die Noufttjvia Nonas, vom Worte no-
„iiitf, und sein volles Licht Idus, Aut ro xakXog xtä
,,r^ ci^o$." Mögen diese Etymologien geüadlen, irem
sie wollen; so viel ist gewils, dais die Intervalle zwi-
schen den drei Epochen sich mit der Ansicht, aus der
sie hervorgehen, durchaus nicht vertragen; denn von
der G>n]unction bis zur ersten Phase sind nicht fünf
oder gar sieben Tage, und von der letztem bis zur
Opposition mehr als acht, wohl zehn bb zwölf. Plu-
tarch fühlt dies; denn er setzt hinzu: ,,Man muis es
,,mit diesen Zahlen so genau nicht nehmen, da noch
„jetzt, wo die Astronomie eine so grofse Entwickelung
,, erhalten hat, die Anonudien des Mondes den Erfisih-
,,rungen und Rechntuigen der Mathematiker nicht sel-
,,ten Trotz bieten." Allein selbst diese falsche Ansicht
der Sache gibt zu erkennen, dafs es die Mondwechsel
waren, durch welche ursprünglich die Galendae, No-
nae und Idus bestimmt wurden.
In Ansehung der Idus ist die Sache vollends ent-
schieden durch alles, was die Alten über den Ursprung
dieses Worts beibringen. Beim Macrobius *) findet
man eine ganze Reihe Etymologien, die alle darauf
hinauslaufen, dafs die Idus ursprünglich der YoU-
mondstag waren. Nur einiges davon zur Probe! Zu-
erst soll Idus vom etruskischen Itis kommen, das
dieser Schriftsteller durch Io\ns fiducia erklärt. N€un
■) Satum.l,iS,
44 Technische Chronologie.
cum lovem accipiamus lucis auctorem, unde et Lucc-
tium Salii in carmine canunt^ et Cretenses Aict ttJv
T^fiipav ^ocant, ipsi quoque Romani diespitrem appel-
lant ut diei patrem, iure hie dies levis fiducia 'voca--
tuTy Claus lux non finitur cum solis occasu, sed spien"
dorem diei et noctu continuat iUustmnte luna, quod
semper in plerubmio, id est media mense, fieti seiet.
Diem igitur, qui *vel noctumis caret tenebris, lovis
fiduciam Tusco nomine "vocauenmt, unde et omnes idus
lovis ferias observandas sanxit antiquitas, Dais die
Idus dem lupiter eben so wie die Calendae der
luno geweiht waren, sagen mehrexe Alte, und da(s
jener aus einem ganz ähnlichen Grunde Lucetius hiefs,
aus welchem diese Lucina genannt wurde, ist mehr als
wahrscheinlich. Lucetium, sagt Festus, loueni appel-
labant, quod eum lucis esse causam credebant, und
Seryius *): Lingua Osca Lucetius est luppiter, Actus
a luce, quam praestare hominibus dicitun Martianus
Capella gebraucht') Lucetia, als gleichbedeutend mit
Lucina, auch von der luno.
Nach einer andern von Macrobius mit beson-
derer Billigung hervorgehobenen Etymologie soll Idus
der Tag heifsen, qui dividit mensem. Iduare enim
Etrusca lingua dividere est, Inde ^idua, quasi ^alde
Idua, id est valde div^isa. Hiernach wäre also Idus
das griechische diXO|ui)]yui, und dies läfst sich allerdings
hören. Noch andere Etymologien bringen das römische
Wort mit dem griechischen litiv und »dos in Yerbin-
*) Ad yirg. Aen^ISiySlO. Nach Gellius iV. ^.V, 12, haue
besonders Nävius dieses' Beiwort vom lupiter gebraucht.
») iViti^/iae n, p. 37.
Römer» 45
düng. Bei allen aber liegt, wie gesagt, der Begriff des
Yollmondes zum Grunde.
Nach allem, was ich hier zusammengestellt habe,
wird hoffentlich niemand weiter zweifeln, dafs Numa's
Jahr ein Mondjahr gewesen sei, und dafs ein solches
lange zu Rom bestanden haben müsse, weil es sonst
schwerlich auf Sprache und Verkehr so tief eingewirkt
haben würde, dafs ein bleibendes Andenken davon sich
bis auf die spätesten Zeiten erbalten konnte. Ich wie-
derhohle hier eine schon oben (1,405) gemachte, für
die Zeiti*echnung der alten Völker wichtige Bemerkung,
dafs unsere regelmäfsige Ai*t zu datiren, nach der jeder
Monat seine bestimmte, unveränderliche Zahl von Tagen
erhält, nicht so alt ist, als man gewöhnlich abnimmt,
und dafs der Sinn für eine solche Genauigkeit sich erst
spat etwickelt hat, eigentlich erst seit der dur6h lulius
Cäsar veranstalteten Reform der römischen Zeitrechr
nung. Früherhin befanden sich die Völker , mit Aus-
nahme der Aegypter und (wenigstens meiner Ueberzeu-
gung nach) der Athener seit Meton, alle mehr oder
weniger in dem Falle der Siculer, von denen Cicero
an einer oben (1, 256) beigebrachten Stelle spricht.
Wäre diese Ansicht unter den neuem Chronologen bis-
her allgemeiner gewesen, so würde des Streitens über
die anticipirten julianischen Data so mancher Begeben-
heiten der alten Welt weit weniger gewesen sein. Un*-
möglich können die römischen Monate, so lange das
Mondjahr bestand, von der festen Dauer gewesen sein,
die ihnen Censorinus und Macrobius beilegen^).
*) Es ist ein Mifsgriff des letztern, wenn er Saturn» 1, 15 schon
Ton Romulus behauptet, dafs er die Dauer seiner Monate zu
46 Technische Chronologie^
An dem Tage, wo der gedachte Pontifez die Mondsichel
zuerst In der Abenddämmerung erldickte , rief er sein
cedo , und die Calendae scheinen nun allemahl von
der nächsten Mittemacht an gerechnet worden zu sein ;
denn wir haben keinen Grund zu bezweifeln, dals die
Mitternacht yon je an die Epoche des römischen Tages
geif^esen bt. Die Mondsichel zeigt sich, der verschie-
denen Lage der Ekliptik zufolge, bald einen, bald auch
wol erst zwei oder drei Tage nach der G>njunction.
Der Pontifex mufs daher aus ihrer jedesmaligen Starke
zu beurthellen gehabt haben, ob er die Nonen funf-
oder siebentägig zu verkündigen hatte ; denn ein uralter
Gebrauch liefs ihm nur die Wahl zwischen beiden Be-
stimmungen. Die Nonae wurden so in die Gegend des
ersten Viertels, und die acht Tage später eintreffenden
Idus in die des Vollmondes geschoben. Nach den Idus
mag man immerhin, wie Macrobius versichert, ante
diem decimum septimum Cälendas gesagt, und durch
diese SSählungsweise den Tag der Calendae bestimmt
haben, wenn trübe Witterung die Beobachtung der
ersten Phase hinderte; allein man hat sich zuverlässig
erlaubt, die Intervalle zwischen den drei Hauptepochen
des Monats um einen oder zwei Tage zu verlängern
oder zu verkürzen, so bald man eine Abweichung yon
den Monderscheinungen, denen sie angehören sollten,
wahrnahm. Erst als durch Einfuhrung des Mercedo*-
nius der Kalender von den Mondwechseln ganz on-
31 und 30 Tagen nach dem Monde abgemessen habe. Es ist
mmiöglich, in dem ältesten Jahr der Römer, wie man es auch
constniirt sich torstellen mag, eine Spur einer Beziehung auf den
Mondlaof wahrzunehmen.
RÖMSR. 47
abhängig geworden war, kann die regelmcUsigere Dati-
rungsweise, nach der die Monate eine ein für allemahl
bestimmte Zahl von Tagen, und die Nonae septimanae
ihren festen Sitz erhielten, aufgekommen sein.
Es gibt nun aber ein zwiefaches Mondjahr, das
freie, dessen An&ng allmälig das ganze Sonnenjahr
durchwandert, und ein gebundenes, welches yon
Zeit zu Zeit dergestalt mit der Sonne ausgeglichen wird,
dais einerlei Monate immer auf einerlei Jahrszeit haften
(1, 67*68). Das Jahr des Numa gehörte entschieden
zur letztem Klasse. Unter den römischen an bestimmte
Monatstage geknüpften Festen gab es mehrere von ho-
hem Alter^ deren Bezug auf die Jahrszeiten unverkenn-
bar ist, z. 6. die Cerealia, Robigalia, Parilia
oder Palilia« Die letztem, ein ländliches Frühlings-
fest '), müssen von jeher undecimo Calendas Maias
gefeiert worden sein, weil nach einer uralten Tradition,
deren wir öfters gedacht finden ')y an diesem Fest und
Datum zugleich der Grund der Stadt gelegt sein soll»
daher auch die Jahre Roms, wie Censorinus sagt'),
a Parilibus gezählt wurden. Die Hjaden hatten den
Namen sidus Parilicium ^), weil sie um die Zeit
der Parilia heliacisch untei^ngen. Solche volksthüm-
liehe Namen pflegen sehr alt zu sein. Das Fest war
es gleichfidls; denn nach Plutarch ^) soll es schon
*) Oudvo-iv h avri[, sagt Dionysius I, 88, «spl yo)^ Ttrpo.
*) S. unter andern Gic. de if<Vf>i. ü, 47, und die eben dtirte
Stelle des Dionysius.
*) c.21.
•) Plin.ir.iV.XVra,66.
^) FitaRom,c.\2.
48 Technische Chronologie.
vor Erbauung Roms unter den Hirten Latiums bestan-
den haben. Selbst der Name des Monats , auf den es
traf, Api'iHs« deutet nach der wahrscheinlichsten Ab-
leitung, wicf das attische 'AvS-cp^picüv, auf den Frühling.
Macrobius, der das Kapitel von den Etymologien
der Monatsnamen nach Cincius und Yarro umstand-
Jich abliandelt^), bemerkt schon, die Analogie beider
Benennungen, irrt aber, wenn er sie einerlei Monat
beilegt; denn der Anthesterion^ entsprach mehr dem
Februarius als dem Aprilis. Solcher Beziehungen der
römischen Monate auf die Jahrszeiten wird der Alter-
thumsforscher leicht mehrere auffinden können. Die
wenigen hier angeführten sind hinlänglich, uns zu
überzeugen, dafs Numa eine Einschaltung zur Aus-
gleichung seines Jahrs mit der Sonne angeordnet ha-
ben müsse.
Die altem Geschichtschreiber waren sehr yerschie-
,dener Meinung über den Ursprung des Schaltwesens
bei den Römern. Macrobius sammelt, was er dar-
über aufgezeichnet fand, in einer Stelle'), die ich
hier im Zusammenhange anfuhren will, da ich mich
öfters auf sie beziehen muis: Quando autem pnmum
intercalatum sit, *varie refertuTj et Macer quidem Ja-
cinius eius rei originem Romulo assignat. Antias Ubro
secundo Numam Pompilüjon sacrorum causa id mi^-
nisse contendiu lunius Sendwn Tullium regem pri--
mum intercalasse commemorat, a quo et nundinas m-
stitutas F'arroni placet. Tuditanus refert Ubro tertio
magisttatuum f Decemviros , qui decem tahuUs duas
*) Satum,l,i2.
*) «Sdrfum. 1, 13.
R Ö M B R. A9
(tddidenmti de intercaUmdo populüm rogasse. Cassius^
eosdem scrihit auctores. Fulvius autem id egisse Ma-
niunh Consulem dicit ah urhe condita anno qtungente»
simo sexagesimo secwtdo , inito mox hello AetoUco.
Sed hunc arguit Varrö scrihendo antit/uissimam legem
fidsse incisam in columna aerea a L. Pinario et Furio
consulihus, cui mentio intercalaris adscribitur. Nach
Valerius Antias hatte also Numa die Einschaltimg
sacrorwn causa eiDgeführt, d.i. um die Feste in ei-
nerlei Jahrszeit zu erhalten, was allerdings seine Absicht
dabei gewesen sein mufs. Die spätem Schriftsteller,
die ihm das Mondjahr beilegen; vereinigen sich dahin,
ihn zugleich zum Schöpfer des Schaltwesens zu machen,
wenn gleieh die Form der Einschaltung, die ihm allein
angehört haben kann, yon keinem ausdrücklich erwähnt
wird. Cicero Sufsert sich nur ganz im Allgemeinen,
w^enn er sagt ^}: Diligenter hahenda ratio intercalandi
esty quod institutum perite a Numa, posteriorum pon-
tificum negligentia dissolutum est. Liyius ^) macht
ihn auf eine ganz unstatthafte Weise zum Urheber des
später zu Rom gebräuchlichen, auf den kurzen Schalt-
monat gegründeten Cyclus, bei dem das Jahr kaum
noch dem Namen nach ein Mondjahr blieb. Plutarch
legt ihm ausdrucklich den Mercedonius bei, indem
er sagt, er habe den elftägigen Untei^schied des Sonnen«-
vlhA Mondjahrs verdoppelt, und alle zwei Jahre zur
Ausgleichung beider einen Monat von 22 Tagen einge*
scBoben. Gensorinus hat eine richtigere Ansich t von
der Sache; denn nachdem er von den Jahren des Ro*
^) De legg, n, 12.
') An einer unten im Zusammenhange anzufdhi'enden Stelle,
II. [4]
60 Technische CJironologie.
miilus und Numa geredet hat, fährt er fort ^): Deni"
gue, cum interccJarem mensem viginti duum vel vi-
ginti trium dierum akemis annis addi placuisset, ut
cwiUs annus ad naturalem exäequaretur, in mense po-
tissimum Februario intercalatum est, wo aus dem de-
nigue klar genug hervorgeht, daß er die Einschiebung
des kurzen SchaltmonatB für eine spätere Erfindung ge-
halten hat; und dies war sie allerdings. Die von dem
Urheber des Mondjahrs eingefiöfarte Einschaltung kann
blois darin bestanden haben, dafs er aUe zwei oder drei
Jahre nach dem Yoigange der Griechen, jedoch noch
ohne die unter diesen erst späterhin aufgekommene feste
Nonuy einen vollen Mondmonat einschob, um den An-
fang des Jahrs in einerlei Jahrszeit zu erhalten. Nur
eine solche rohe Einschaltung, bei der das Jahr den
Cbarakler eines Mondjahrs behielt, ist dem Zeitalter
des Numa und seinen übrigen Kalendereinrichtungen
angemessen.
Es ist mir nun noch iibrig zu untersuchen , mit
welchem Monat das alte Mondjahr angefimgen hat. Die
römisdien Schriftsteller, welche, die Epochen der mit
ihrem Kalender voi^gangenen Aenderungen wenig un-
terscheidend, Alles und Neues bunt unter einander
mischen, habe^ auch über diesen Punkt sehr verschie-
dene Ansichten.
Wie wir unten sehen werden, traten die Gonsuln
erst seit dem Jahr 601 d. St. am 1. Januar in Fun-
ction, da sie früher ihr Amt mit den Idus des März,
und noch früher mit andern Epochen begonnen hatten.
Die GJendae lanuariae hatten also in den ersten sechs
•) €.20.
Römer. 61
Jahrhunderten d. St. keine Art von Vorrecht, wenn
vom Anfange des römischen Jahrs die Hede ist. Dies
^mässen indessen die spätem Schriftsteller geglaubt ha-
ben, weil sie ziemlich allgemein versichern, dafs Numa
die Monate lanuarius und Februarius, die er zum ro-
malischen Jahr hinzugefugt haben soll, zum ersten und
zweiten gemacht und den Anfang des Jahrs von den Ca-
lendis Martiis auf die Calendas lanuarias vei*setzt habe.
Am bestimmtesten äufsert sich Macrobius in diesem
Sinn, wenn er von den beiden neuen Monaten des
Numa sagt^): Priorem lanuaritvn nuncupaint, pri-
mumque anni esse vobut, tanguam bicipitis dei nien^
sem, respicientem ac prospicientem transacti annifinem
futurique principia, Secuitdum dicauit Fehruo deo; und
in folgender Stelle ') : Sequitur lulius, qui cum, secun-'
dum Romuli ordinationem Martio anni tenente princi-
pium, Quintilis a numero vocaretur^ nihilominus tarnen
etiam post praepositos a Numa lanuarium ac Februa-
riuni retinuit nomen, cum non videretur iam quintus
esse, sed septimus. Wenn er dagegen an noch einer
andern Stelle sagt ') : Omni intercalationi mensis Fe^
bruarius deputatus est, quoniam is uhimus anni erat, so
sieht man, dafs er seine Nachrichten aus sehr verschie-
denen Quellen ohne Kritik zusammengetragen hat.
Dals übrigens der Februarius in den ältesten Zeiten
der letzte Monat des Jahrs war, finden wir auch an-
derwärts sehr bestimmt gesagt, z.B. beim Cicero ^):
*) Salum,I,i3,
») Ib. 1,12.
') Ib. 1,13.
•) ne legg. n, 21.
[4*1
62 Technische Chronologie.
Veido nunc ad manium iura , quae maiores nosiri
et sapientissime instituerunt et religiosissime coluerunt»
Februarü) autem mense, qui tunc eoctremus anni mensis
erat, mortuis parentari voluerunt; und beim Yarro ^):
Terminalia, quod is dies anni extremus constitutus,
Duodecimus enim mensis fuit Fehruarius. Auch geht
dies unverLennlich aus dem ganzen Wesen dieses Mo-
nats hervor« Das letzte Fest, das in ihm gefeiert wurde,
die Terminalia, wcu: zugleich das letzte im Jahr.
Es war dem Terminus geweiht, dem Gotte der Gren-
zen, der Monate so wie der Felder« Unmittelbar nach
diesem Feste wurde, wie unten erhellen wird, der Mer-
cedonius, so wie späterhin der Bissextus, einge-
schaltet, und es läfst sich wol nicht bezweifeln, dafs
im Mondjahr der Schaltmonat dem Fehruarius gefolgt
sei. Zum Sitz der Einschaltung wird man aber nicht
den zweiten, sondern den letzten Monat des Jahrs ge-
wählt haben. Der Fehruarius hatte femer allein eine
gerade Anzahl Yon Tagen, und wurde defshalb für
einen verstümmelten und minder glücklichen Monat
gehalten. Auch war er der Reinigung der Lebenden
und der Sühne der Abgeschiedenen geweiht. Jener
verdankte er seinen Namen, denn Februum war, wie
Yarro sagt, in der Sprache der Sabiner ein Synonym
von purgamentum; und dieser waren die Feralia be-
stimmt, die in ihm gefeiert wurden.
Alle diese Umstände zusammengenommen liefsen
den Ovid nicht bezweifeln, dais der Fehruarius vor
") 2>tf /. /.Y. col. 32. Gf. Festus y. Fehruarius und Servius
ad Georg, 1, 43, wo noch eine andere dasselbe sagende Stelle des
Yarro, und folgende Worte des Atta angeführt werden: Maie*
res Martiwn primum kabuerunt.
n
Römer. 53
Zeiten der letzte Monat des römischen Jahrs gewesen
sei. Da er sich aber zugleich nicht yon dem Wahn
losmachen konnte , dafs der lanuarius von Alters her
der erste gewesen, so sagt er:
Sed tarnen antiqid ne nescius ordinis erreSj
PrimuSy ut est, lani mensis et ante ßut.
Qiä se^uitur lanum n^eteris fiät ultimus anni.
Tu quoque sacrönim, Termine, finü eras.
Primus enim lani mensis, quia ianua prima est;
Qui sacer est imis manibus, imus erat»
Postmodo creduntur spatio distantia longo
Tempora bis qidni continuasse mri.
Fast. II, 47.
Er schiebt also den Februarius in die zwölfte Stelle,
spatio longo vom lanuarius weg, ohne zu bedenken,
dafs beide Monate auch so immer an einander grenzten,
nur dafs leuterer dem ersten nicht voranging, sondern
folgte. Yon dieser umgekehrten Stellung beider Mo-
nate und yon ihrer Yertauschung unter den Decemyirn
spricht aber kein Aller weiter. Ich halte sie daher iiir
sehr ungewils und pflichte dem Ausonius bei, wenn
er vom Februarius sagt ^):
Unus erit tantwn duodetriginta dierum^
Quem Numa praeposito ofobiit succedere lano.
Plutarch wirft die Frage auf ^), warum man das
neue Jahr mit dem lanuarius anfange? ,,In alten
,, Zeiten," sagt er, ,,war der Martins der erste Monat,
,,was aus vielen Zeichen klar ist, besonders aber dar-
,,aas, dals, vom Martins gerechnet, der fünfte Monat
'} Eclögarium No. 378 ed. in us. Delpb.
') Quaest. Rom, No. XIX.
54 Technische Chronologie.
,,QuintiIIs, der zehnte Deoember heilst. Daher haben
,,denn auch einige Veranlassung genommen, zu be-
,,haupten, dafs die Römer damals nur zehn Monate
,,auf das Jahr rechneten, einigen mehr als dreilsig
,,Tage beilegend. Andere berichten jedoch, der la-
f^nuarius sei für den elften, und der Februarius, in
,, welchem man Reinigungs* und Todtenopfer darbringt,
,,für den zwölften genommen worden. Nachmals habe
,,man diese Monate versetzt und den lanuarius zum
,, ersten des Jahi*s gemacht, weil an dea Calenden des-
,, selben die ersten Gonsuln ihr^mt angetreten. Wahr-
,, scheinlicher ist aber die Meinung derer, welche glau-
„ben, dafs der kriegerische Romulus das Jahr vom
,, Martins, der von seinem angeblichen Yater den Na-
,,men führte, der friedliebende Numa hingegen vom
,, lanuarius angefangen habe, der nach einem mehr für
,,den Frieden als für den Krieg' gestimmten und von
,,ihm hochgefeierten Gott benannt sei. Es fragt sich
„ aber, ob Numa nicht vielmehr den Anfiamg des Jahrs auf
,,eine natui^emäfse Weise bestimmt habe. Im Grunde
,,ist zwar bei Dingen, die sich im Girkel drehen, nichts
,, zuerst und nichts zuletzt. Es scheint doch aber am
,, passendsten, das Jahr nach der Wintersonnenwende
,,zu beginnen, wo die Sonne aufhört, sich von uns
,,zu entfernen, die Tage wieder anfiamgen zuzunehmen
,,und die ganze Natur sich erneuet." Ganz in demsel-
ben Sinn argumentirt Ovidius. Er fragt den lanus,
den er redend einführt:
^^» ^^f frigoribus quare nosnis incipit annus,
Qiä melius per ver incipiendus erat? '
Omnia tunc ßorent^ etc.
Fast. I, 149.
R Ö M B A. > 55
Quaesienun mukis: non mubis iUe moratus,
ContuUt in versus sie sua verha duos:
Bruma rum prima est, veterisque no\fissima solis:
Principium capiunt Phoebus et annus idem.
Fast.l, 161.
Man sieht hieraus, wie man in spätem Zeiten so ganz
yergais, dals das oonsularische Jahr -erst mit dem be-
ginnenden siebenten Jahrhundert d. St. mit den Galen*
den des lanuarius angefangen habe, und was man nun
alles ersanni, diese Epoche zu rechtfertigen.
Es ist zu bedauern, dafs Plutarch die vielen
Zeichen, aus denen klar geworden sein soll, dafs der
Marüus ursprünglich der erste Monat des Jahrs war,
nicht erwtthnt hat. Oyidius *) und Macrobius')
fuhren Mehreres davon an, z. B. dab man an 'den Ca-
lendis Martiis das Feuer auf den Altären def Yesta er-
neuerte, vt, wie letzterer sagt, incipiente anno cum
denuo servandi novati ignis indpena; dafs man an dem-
selben Tage in der Wohnung der Flamines die alten
Lorbem gegen neue vertauschte u. d. m. Schwerlich
würden solche zu einer Zeit, wo das Jahr noch mit
dem Martins anfing, aufgekommene Gebräuche sich bis
auf späte Zeiten erhalten haben, wenn schon Numa
die Jahrepoche geändert hätte. Da nun ohnedies alles
darauf hindeutet, dafs der Februarius lange der letzte
Monat geblieben ist, und da der lanuarius erst spät
seinen nachmaligen Yorrang erlangt hat, so können wir
uns überzeugt hallen, dafs das römiscl^e Jahr im volks-
thümlichen und religiösen Gebrauch .die ersten sechs
•) FasLJSl,i35ff,
*) Satum.l,i2.
66 Technische Chronologie.
Jahrhunderte d. St. hindurch mit dem Martins begon-
nen hat. Selbst unter den Imperatoren, wo in politi-
scher Hinsicht der lanuarius längst die erste Stelle un-
ter den Monaten eingenommen hatte, blieb den Rö-
mern die Ansicht noch immer geläufig, dais das Jahr
mit dem Frühlinge anfange. Man vergleiche nur, was
Seryius zur Erläuterung des Ausdrucks vere novo
beim Yirgil beibringt ^).
in, Jahr der Decemvirn.
Ich hoffe überzeugend dargethan zu haben, dals
das römische. Jahr seit seiner ersten Reform unter den
Königen ein gebundenes Mondjahr gewesen und
eine gei^ume Zeit geblieben ist. Es hörte auf, ein
solches zu sein, als man den kurzen Schaltmonat zu
gebrauchen anfing, dessen ich schon ein paarmahl ge-
dacht habe. Wir müssen zuvörderst Namen, Dauer,
Sitz und Form desselben kennen lernen.
Plutarch erwähnt diesen Monat zweimahl. Im
Leben des Numa ') nennt er ihn Mfpxid&o^, im Le-
ben des Cäsar ^) MEpxi^^oytcg. Die erste Form scheint
eine griechische €k>rruption der letztem zu sein. Beim
Festus findet sich: Mercedonias {dißa) dixenmt a mer-
*) Jd Georg. I, A3, Lydus, der (de mens, p. 42) einen drei-
facHen Jahranfang unterscheidet, den mit dem 1. Januar, den
mit dem 1. März, und den zu seiner Zeit im osti'ömischen Reich
gebräuchlichen mit dem 1. September, sagt vom zweiten, dafs
er den Römern für den vaterländischen — narpiov — gegol*
ten habe.
*) An der mehrmab citirten Stelle.
') C.59.
RÖMBR. 57
cede soU^nda, und beim Isidorus: Mercedonius
(homo) gm Isolvit mercedem, Lydus hat uns die
Notiz ans dem Cincius aufbewahrt^), dals der No-
vember bei deu Alten den Namen Mcpxtdtyo^ geführt
habe, weil die Pächter den Eigenthümern in ihm den
Zins entrichtet hätten. Man sieht also, dafs Mercedo-
nius beim Plutarch so viel als Zahlmonat hei&t,
und dais mithin auch im Sohaltmonat gewisse Zahlunr
gen 2U leisten gewesen sein müssen, von denen je-
doch die Geschichte schweigt. Merkwürdig ist es, dafs
diese Benennung bei keinem römischen Schriftsteller
vorkommt. Wir finden blofs mensis intercalaris
und intercalariuSf und es scheint fast, als wenn
Mercedonius in der edlem Sprache nicht gebrauch*
lieh war *).
PlutaTch sagt, Numa habe den elftägigen Un-
terschied des Mond- und Sonnenjahrs verdoppelt und
daraus einen Monat von 22 Tagen gebildet, der ein
Jahr ums andere eingeschaltet worden sei. Nach Gen-
sorinus und Macrobius dagegen, die in diesem
Punkt mehr Glauben verdienen, hielt der Schaltmonat
') De mens, p. 125.
*) Wenn Scaliger (Emend, temp, ü. p. 177) glaubt, dafs
das Merk» welches in einem alten römischen Kalender auf Mar-
mor hinter einigen Tagen des lulius, September und November
steht, die dies mercedonias des Festus bezeichnen soll, so irrt
er. Er meint den Kalender, der in der Sammlung des Toggini
Calendarium Maffaeiorum heifkt. Auch im Cal. Amiternino
und Pinciano findet sich dieses Merk, In dem Calendario
Capranicorum stiebt dafür Merca,, und im Antiatino ein
paarmal yoUständig Mercatus.
58 Technische Chronologie.
abwechselnd, 22 und 23 Tage^*). Befremdend ist es da-
her auf den ersten Blick, wenn sich in den Digestis')
die Notiz findet: Mensis intercalaris constat ex diehus
viginti octo. Wir werden ab^r gleich sehen, welche
Bewandnib es damit hat«
Nach Plutarch wurde der Schaltmonat in den
Febroarius eingeschoben. Näher bezeichnen seine Stelle
Gensorinus und Macrobius. Der erste sagt: In
mense potissimum Februario inier Terminalia et Regi-
Jugiwn inHerccUatum est* Der andere bemerkt, die Rö-
mer hätten zwar nach dem Beispiel der Griechen ihren
Schaltmonat ans Ende des Jahrs gebracht, wären aber
in Einem Punkt von ihnen abgewichen : Nam illi con"
fecto ultimo mense, Romani non confecto Februario,
sed post *uicesimum et tertium diem eius intercaiabant,
terminalibus sciUcet iam peractis: deinde reUquos Fe--
bruarii mensis dies, qui erant qvinque, post intercalatio^
nem subümgehant , credo vetere reUgionis suae more,
ut Februarium ontnimodo Martius consequeretur. Auch
Yarro sagt^): Duodecimus mensis fidt Februarius, et
cum intercalatur, inferiores quinque dies duodecimo d&^
muntur mense, welche Worte offenbar vor der julia-
nischen Kalenderyerbesserung geschrieben sind. Wir er-
sehen hieraus, dais im Schaltjahr die Terminalia der
*) De d, n, c. 20. Saturn, I, 13. Solin us drückt sich c. 1
sehr Tei*worren über das ältere römische Schallwesen aus. Man
lernt aus ihm weder die Dauer noch den Sitz des Schaltroonats
kennen. Nugalur kic Solinus, quod illi solemne, sagt Sal-
masius. Auch erfordert der Text offenbar Berichtigungen.
»)' LL.tit.XVI,lcg.98.
') Deling.lat.Y.col32,
Römer. 69
letzte Tag des Febmarius waren, der dann nur 23 Tage
zählte, dais ihm der Schaltmonat von 22 oder 23 Tagen
folgte , und da£i die fünf letzten Tage des Februarius
von Regifugium an, welches im Gemeinjahr der 24ste
war, nach Art der ägyptischen Epagomenen dem Jahr
angehängt wurden, Unmögiidi konnte man beim Da-
tiren, wenn der Schaltmonat zu Ende war^ noch ein-
mahl zum Februarius zurückkehren ; man muis die fünf
al^erissenen Tage als zum Schaltmonat gehörig bezeich-
net haheu, der also dadurch eine Dauer von 27 oder
28 Tagen erhielt« Nur von 28 ist in den Digestis
die Rede; vielleicht hat aber der alte Rechtsgelehrte,
aus welchem die Worte entlehnt sind, viginti Septem
vel octo geschrieben *]•
Wie man im Schaltjahr datirt haben müsse, hat
zuerst Erycius Puteanus genügend nachgewiesen').
Der Februarius, sonst von 28 Tagen, hatte im Schalt-
*) Die Stelle yerdient im Zusammenhange angefühlt zu wer-
den. Nachdem Gelsus, aus dem sie genommen ist, bemerkt
hat, dafs nach römischen Rechten das bissextum des Cäsar
nur fiir Einen Tag gelte, sagt er: ,, Selbst der ehemalige Schalt*
„monat wurde mit dem Februarius, dem er beigefügt war, nur
„ftir Einen Monat angesehn.^* Dies ist so ausgedi'ückt : Cato
putat^ mensem intercalarem additicium esse, omnesque eius
dies pro momento temporis observal, extremoque diei mensis
Pebruarii attribuit Q. Mucius. Mensis autem intercalaris con-
stat ex diebus viginti octo* Man sieht, es kam hier auf keine
scharfe Bestimmung der Dauer des Schaltmonats an; genüge dafs
er Tiele Tage hielt. Die Worte können daher auch unverdor-
ben sein.
*) Ln 13ten Kapitel seiner kleinen Schrift de Bissexto, welche
Grävius in den achten Band seines Thesaurus aufgenom«
wen hat.
60 Technische Chronologie.
jähr nur 25. Statt da(s man also im Gemelnjalir nach
den Idus a. d. XYI Galendas Martias sagte, hiefs es Im
Schaltjahr a. d. XI Calendas intercalares. Die Termi-
nalia, die im Gemeinjahr auf a.d.YII Calendas Mar-
tias trafen, waren im Schaltjahr pridie Calendas inter-
calares. Dem Schaltmonat gab man ganz ordentlich
seine Calendas, Nonas und Idus mit clem Zusatz
intercalares. Nach den Idus sagte man entweder
a. d. XY oder a. d. XYI Galendas Martias , je nachdem
der Monat 22 oder 23 Tage hatte. In beiden Fällen
war, wie im Gemeinjahr, Regifugium a. d. YI Calen-
das Martias. Als Beläge hiersu finden sich nur fol*
gende wenige Stellen. Livius sagt^) von L. Scipio:
Triumphayit mense intercalario, pridie Calendas Mar^
tias.. ]^im Cicero helfst es^): Dic^ Naeui, dient.
Ante V Calendas intercalares, am 20. Februar. .Gleich
darauf: DeOcitur de saltu pridie Calendas intercalares y
am 23. Februar. Beim Asconius Paedianus^] : Pont-
peius ah interrege Sen^io Sulpitio V Calendas Martias
mense intercalario consul creatus est; entweder am 24
oder 25sten des Schaltmonats, je nachdem derselbe im
Jahr 702 d. St. , Yon welchem die Rede ist, 27 oder
28 (eigentlich 22 oder 23) Tage hatte. Nach den Fa-
' stis triumphalibus, die bekanntlich zu den capito-
llnischen Marmorn gehören, hat der Consul C. Duillus
493 (nach yarronlscher Acre 494) C. Intercalar., am er-
sten Tage des Schaltmonats, und der Consul P. Cornelius
') L. XXXVn, c. 59.
') Pro P, Quintio c. 25.
') Comment. in Cic, oral, pro MiUme p. 186 ed. Lugd.
Bat. 1644.
Römer. ' 61
Lentulus 517 (518) an den Idih. IntercaL, am 13ten
des Schallmonats, triumphiit *).
Dies war ohne Zweifel die Regel. Wer aber weiis,
was uns die Römer von dem höchst schwankenden Zu-
stande ihres Kalenders vor lulius Cäsar sagen, wird
leicht erachten , dafs es nicht an Ausnahmen gefehlt
hahen werde. Dahin deutet schon das potissimum in
den vorhin (2,58) angefahrten Worten des Censori-
nus, welches zu erkennen gibt, dafs dej*- Schaltmonat
auch wol einmahl anderswo als in den Februarius ein-
geschoben worden ist, wenn sich gleich (mit Ausnahme
des Jahrs 708 d.St«, des nächsten vor der julianischen
Reform) nirgends eine deutliche Anzeige davon findet,
und wenn gleich Macrobius, in chronologischen Din-
gen freilich minder zuverlässig, versichert: Omni inr
tercalationi mensis Februarius deputatus est. Da(s selbst
im Februarius der Schaltmonat keinen ganz festen Sitz
hatte, geben ein paar Stellen des Livius zu erkennen.
An der einen heilst es ') : Intercalatuni eo anno (587) ;
postridie Terminalia intercalares fuerunt. Wäre dies die
unverletzliche Regel gewesen, so würde sich der Schrifl-
sLeller eines so unnützen Zusatzes enthalten haben. Dais
*) Wenn Cicero an den Atlicus VI, 1 schreibt: Accepi
tuas Uttensts a, d. quinium terminalia LaodicEoe, d. i. den
19« Februar, so war dies gewifs eine selir ungewöhnliche Art zu
datiren, die er offenbar gebrauchte, weil er nicht wufste, ob
man in seiner Abwesenheit zu Rom eingeschaltet habe oder nicht ;
denn in jenem Falle würde er lieber a, d, sextum Calendas
intercalares gesagt haben. Dafs er es aber wirklich nicht wufste,
geht aus dem weitem Verfolge des Briefes hervor, wo es hcifst:
Ea sie observabo, quasi intercalatum non sit.
») l.XLVc.44.
62 Techniscke Chronologie.
sie aber in der That Ausnahmen erlitt, sehen wir aus ei-
ner andern Stelle^), welche also lautet: Hoc anno (584)
intercalatum eA. Tertio die post terminalia cor
lendae mterccJares fuere. Puteanus glaubt'), um der
Nothwendig;keit einer hier anzunehmenden Ausnahme
auszuweichen, da(s erst postriduo im Text gestanden
habe, woraus triduo post und weiter tertio die post
geworden sei. Fabricius sagt gar^), aus der Yer-
gleichung beider Stellen gehe klar hervor, da(s tertio
die post und postridie einerlei sei! Es wird aber nicht
nöthig sein , weder zu solchen Voraussetzungen ^ seine
Zuflucht zu nehmen, noch, wie andere wollen, den
Grund der Anomalie in einer bloisen Laune der An<-
ordner des Kalenders zu suchen.
Beim Macrobius heifst es *): ,,Da das römische
,,Yolk nach Vertreibung der Könige die Nonen beson-
,,ders festlich zu begehen pflegte, um seine hohe Ver*
,,ehrung für den König Servius Tullius an den Tag zu
,, legen, von dem es wufste, dafs er an irgend einem
,, derselben geboren sei, so suchte man, aus Besorgnifs,
,,dafs sich die versammelte Menge aus Sehnsucht nach
,,dem Könige eine Neuerung erlauben möchte, das
,, Begegnen der Nundinae mit den Nonis zu verhin-
,,dern; auch wurde das .Zusammentreflen der erstem
,,mit dem Neujahrstage für unglückbringend gehalten."
Ein solcher Fall trat im Jahr 714 d.St. ein^ wo man.
') l.XLmcll.
') De bissexto c. 2.
') Menologium p. 89.
") Satum.l.iS,
Römer, 63
wie Dio Cassius erzählt ^), einen Tag gegen ilie fest«-
geseUie Norm einschalle te, damit nicht der Anfang des
nftchslfolgenden Jahrs auf die Nundinas treffe, was man
von Alters her sorgfaltig vermieden; nachher wurde
wieder ein Tag ausgemerzt , damit keine Störung im
Kalender des Cäsar verursacht werde. So wie nach
der julianischen Reform, wird man auch vor dersel-
ben hier einen Tag eingeschoben, und dort dafür einen
andern weggelassen haben, so oft sich Collisionen ge-
dachter Art ereigneten. Da nun Cäsar seinen Schalt*
tag unmittelbar auf die Terminalla folgen liefs, so
scheint die Yoraussetzung ganz natürlich, dafs man
schon vor ihm gewohnt war, dem aufser der Ordnung
einzuschiebenden Tage eben die Stelle anzuweisen. Dies
geht auch wirklich aus den Worten hervor, die Ma-
crobius auf obige Notiz folgen läfst: Unde dies üle,
quo abundare annum diximusy eorum est pemiissus
arbitrioy qui jfastis praeerant, uti cum veUent intercor-
IfuetuTy dummodo eutn in media tenninaUonun vel
mensis intercalaris ita locai^nt, ut a suspecto die ce-
lebritatem iwerteret nundinarum* Atque hoc est quod
quidam veterum retulerunt^ non solum mensem apud
Romanos, verum etiam diem intercalarem ßässe ...
wenn wir nur statt des vel vor mensis interctdaris
et lesen, welche Aenderung schon dadurch gerechtfer-
tigt wird, dafs wir sonst das Wort Terminalia in
einem ganz andern Sinn nehmen müfslen, als es im-
mer gebraucht vorkommt. Der überzählige Tag des
Jahrs, den der Schriftsteller meint, ist der 335ste, den
Numa, der Sage nach aus Vorliebe fiir die ungerade
') 1. XLYin, c. 33, p. 5iO. Yergl. 1. XL, c. 47, p. Sil.
64 Technische Chronologie.
Zahl, zur uisprünglichen Dauer des Mondjahrs hinzu-
gefügt hat. Dieser Tag wurde also, so oft dergleichen
Gollisionen zu vermeiden waren, im Schaltjahr zwischen
den Tag Terminalia und den Schaltmonat eingeschoben,
in welchem Falle man nach den Idus des Februarius
a. d. XII Calendas intercalares gesagt haben mufs. So
wäre denn das tertio die post terminalia beim Liyius
gerechtfertigt. Wenn Macrobius kurz zuvor bemerkt,
dafs der überschüssige 355ste Tag dem lanuarius zuge-
legt worden sei, welcher anfangs nur 28 Tage ge-
habt habe, so sieht man, dafs er seine Notizen ohne
Kritik zusammenstellt. Man mufs, um beides zu ver-
einigen, annehmen, entweder dafs im Fortgange der
Zeit mit dem überzähligen Tage eine Aenderung vor-
gegangen sei, oder dafs ihn die Ordner des Kalenders
nach Willkühr bald an den Schlufs des lanuarius,
bald unmittelbar vor den Anfang des Schaltmonals ge-
setzt haben.
Nach diesen Erörterungen über das Wesen des rö-
mischen SchaltmonatB fragt es sich, welche Form durch
Einführung desselben das Jahr des Numa erhielt. Dals
es kein Mondjahr bleiben konnte, ist klar; denn bei
der ersten Einschaltung des kurzen Monats gingen die
Calendae zum letzten Yiertel, und bei der zweiten zum
Yollmonde zurück. Befestigung der Monatsanfange in
der Gegend des neuen Lichts konnte also nicht länger
das Princip sein, welches die Anordner des Kalenders
leitete (diese Rücksicht hatte für die Römer, deren Feste
nicht an die Mondwechsel geknüpft waren, weniger Ge-
wicht, als für die Griechen), sondern vielmehr die Be-
festigung des bei der frühem noch rohen Einschaltungs-
weise schwankend gebliebenen Jahranfeinges in einerlei
RÖHBB. 65.
Gegend des Sonnenjahrs. Gensorinus sagt ausdriick-*
lieh, dafs man den kurzen Schaltmbnat ein Jahr unu
andere eingeschaltet habe, ut civilis annus ad natura-*
lern exaeguaretur. Das alte Jahr, dessen Dauer von
355 Tagen beibehalten wurde, nahm wonach den Cha*
rakter eines cyklischen an (1,68), welches sich der
Absicht seiner Urheber nach durch eine zweimalige Ein-
schaltung mit der Sonne ausgleichen sollte» Da sie
aber bei dieser Reform von keinen richtigen astrono*
mischen Grundsätzen ausgingen, sondern sich blols eine
fremde, auf die Dauer ihres Jahrs nicht passende Schalt-
einrichtnng aneigneten, so legten sie dadurch den Grund
zu einer Kalenderyerwirrung, wie sie die Geschichte kei-
nes andern Yolks kennt.
Man sieht, es wurden alle acht Jahre 90 Tage ein-
geschaltet. Da nun von der griechischen Octaeteris das^
selbe gilt (1,294), so wird man schon hieraus schliefsen,
dafs das vor Meton in Griechenland, wenigstens zu
Athen, gebräuchliche Schaltwesen dem römischen zum
Muster gedient habe, und dies war wirklich der Fall,
wie wir aus dem Macrobius ersehen, dessen Zeugnifs
wir nicht so schnöde verwerfen wollen, wie Scalige'r ^).
Es ist wahr, er hat sich in den Nachrichten, die er von
der Octaeteris, dem Schaltcjdus eines fremden Yolks,
gibt, ein paar Versehen zu Schulden kommen las-
sen (1,306); aber darum annehmen zu wollen, dafi
alles, was er aus Gincius') und andern alten Gewährs-
*) Macrobius et alii eins notae scriptores hae in re muUum
meniiii sunt, multum haüucinati, Emend, temp, 1. 11, p. 176.
'} L. Cincius Alimentiis sckrieb um die Zeit des zwei-
ten panischen Krieges eine yaterlandische Geschichte in giiechi«
n. [5]
66 Technische Chronologie.
inännern, durch deren damals noch vorhandene Schrif-
ten ihn seine Zeitgenossen in jedem Augenhlick contro-
liren konnten, üher die ältere Schalteinrichtung seines
eigenen Yolks sagt, auf lauter Mifsversländnissen beruhe,
weil es sich etwa nicht in unsere Ansichten fügte, wäre
eine Uebereilung. Wenigstens behauptet er keinesweges,
wessen ihn ScaKger beschuldigt, dafs der Mercedonius
Von den Griechen kopirt sei; denn nachdem er be-
tnerkt hat, dafs die Griechen aus den 90 überzähligen
Tagen drei Schaltmonate zu 30 Tagen bildeten, sagt
tv ausdrücklich, die Römer hätten zwar gleichfalls alle
acht Jahre 90 Tage eingeschaltet, sie aber auf vier
Monate abwechselnd zu 22 und 23 Tagen vertheilt.
Nunmehr werden wir im Stande sein, die Epoche
der zweiten Reform des römischen Kalenders mit vieler
Wahrscheinlichkeit festzusetzen. Im Jahr 300 d. St.
wurden Gesandten nach Athen geschickt, mit dem Auf-
trage, die Gesetze Solon's abzuschreiben^ und von der
Verfassung , den Sitten und Rechten der übrigen grie-
chischen Staaten Kunde einzuziehen. Um diese Zeit,
22 Jahre vor Einfuhrung des metonschen Cyklus, war
die Octaeteris in entschiedenem Gebrauche. Die Vor*
aussetzung ist also wol sehr natürlich, dafs sie den Rö-
mern damals bekannt geworden sei, und zur Einfuh-
tning des Mercedonius Anlafs gegeben habe. Und wirk-
lich sagt Macrobius an der oben (2,48) citirten Stelle,
worin er die verschiedenen Meinungen über die Zeit
der Einfuhrung des römischen Schaltwesens anfuhrt,
scher Sprache. Noch Macrobius, der ihm ToiViiglich gefolgt
ztt sein scheint, hatte man auch eine Schrift de FasUs von ihm
(5n/t</n.I,12}, die Lydns p. 125 unta* dem Titel mpl ioptSy citirt.
Römer. 67
dals nach Tuditanus und Cassius (Hemina), zweien
der ältesten lömischen Schrlflsteller, die zweiten Decem.«-
vim — qui decem tabuüs duas addidenmt — diejeni-
gen waren, die wegen des Einschalten» einen gesets-
lichen Antrag an das Volk machten. Oflenbar ist hier
von keiner Einschaltung nach einmahl angenommenen
Gnindsätzen die Red« (diese war Sache der Pontifices),
sondern von einer Einführung oder neuen Gestaltung
des Schaltwesens* kh nehme daher keinen Anstand,
den Ursprung des römischen Schaltmonats ins Jahr
304 d. St. zu setzen, wo jene Deoemvirn am Ruder wa-
ren. Dafs das Mondjahr wenigstens his dahin bestan*
den, beweiset folgende Stelle des Dionysius: „Im
,, nächsten Jahr übernahm Appius Claudius mit den
,, übrigen Decemyim die consularische Gewalt an den
,,Idus des Maius; man rechnete die Monate nach dem
„Monde, und es traf der Vollmond auf die Idus ^),"
wenn es gleich befremdet, dafs er bei dieser Gelegen-
heit die bald nachher erfolgte Veränderung der Jahr-
form nicht erwähnt. Die bestimmte Kunde davon muis
ihm entweder nicht zugekommen, oder, da er dies
schrieb, nicht gegenwärtig gewesen sein. Wenn Varro
nach eben jener Stelle des Macrobius von einem un-
ter den Consuln Pinarius und Furius , d. i. im Jahr
282 d. St., gegebenen und auf einer ehernen Säule ein-
gegrabenen Gesetz gesprochen hat, worin schon des
Schaltilionats gedacht gewesen, so hindert uns nichts,
den Schaltmonat zu verstehen, der zur Zeit des Mond-
jahrs im Gebrauch sein mu&te (2, SO).
[5']
68 Technische Chronologie.
M?ii kann hiegcgen einwenden, dafs in der oben
(2,39) angeführten Stelle des Macrobius wegen der
Calendae, die so offenbar und glaubwürdig aus ttltem
Schriftstellern genommen ist, der Rex sacrificulus,
den es zu den Zeiten der Könige noch nicht gab, als
eine wesentltch handelnde Person aufgeführt wird, dafs
daher das alte Mondjahr noch eine geraume Zeit unter
der Republik bestanden haben müsse. Scheinen sechzig
Jahre hiebei nicht auszureichen , so mufs man anneh-
men, dafs alles das, was Macrobius beschreibt, noch
als eine leere Geremonie fortdauerte, als das Mondjahr
längst abgeschafll war, das Volk aber den Kalender noch
nicht kannte, folglich über die Nonen belehrt werden
mufste, was dann auf die ursprüngliche Weise, die nun
nichts mehr bedeutete, fort geschah.
Durch die neue Schalteinrichtung erhielt das rö-
mische Schaltjahr abwechselnd 377 und 378 , das Biea-
üium also abwechselnd 732 und 733, und das Qua*
driennium 1465 Tage'). Da nun vier julianische Jahre
nur 1461 Tage hallen, so wurde das römische Jahr im
Mittel um einen Tag zu lang angenommen, eben unti
jenen Tag, den Numa dem alten Jahr zugelegt haben
soll. Die Folge davon mufste sein, dafs sich der An-
fang des' Jahrs durch alle Jahrszeiten vorwärts schob.
Wenn Gensorinus versichert, es habe lange ge«
dauert, ehe man diese Verschiebung wahrgenommen ') ,
*) Die Zahl 733 halbirte Ennius^ wenn er nach Gdnaori-
nus (c. 19) dem tropbchen Jahr {annus verlens) eiiue Daue^
▼on 366 Tagen beilegte.
*) Idque diu factum, priusquam seniiretur, annos civiles
aUquanio naturalibus esse maiores, Qiese Worte folgen aul
die oben (2, 50) citirten.
' il ö X B a. 69
»
so irrt er oflenbar; denn sie mufiite bei einiger Auf-
merksamkeit auf die Fixstemerscheinungen , die in der
alten Welt fleifsig beobachtet wurden, schon nach weni-
gen Jahren sehr merklich werden. Um ihr zu begeg-
nen, gab es, wenn die Schalteinrichtung im Wesent«*
lidien beibehalten .werden sollte , kein* anderes Mittel,
als dals man Ton Zeit su Zeit einen Schaltmonat weg-
lie(s. Dies geschah anfangs vermuthlich ohne feste Ke-
gel; wenigstens versidiert der eben gedachte Schrift-
steller, dafii man die Jlbhülfe des Fehlers, so wie über-
haupt das ganze Schaltwesen, der Willktihr der Pon-^
ti6ces anheim gestellt habe ?). Späterhin aber wurd^
zur Ausgleichung des bürgerlichen Jahrs mit der Sonne
ein vier und zwanzigjähriger Schaltcyelus ein*
geführt, dessen Einrichtung wir, wenn auch nur im
Groben, aus folgender. Stelle des Macrob^ius kennen
lernen ') : Hunc ergo ordinem (die griechische Weise,
alle acht Jahre 90 Tage einzuschalten) JRomanü ^UO"
que imitari placuit: sedjrustra: qmppie fagit eos wmm
diem odditum esse ad Graecum numerum in honorem
imparis muneri. — Hoc quoque errore iam cognita,
haec species emendationis inducta est. Tertio quoque
octennio ita intercalandos dispensabant dies 9 ut non
noruiginta, sed sex€Lginta sex intenalarent, compensar
tis nfiginti et quatuor diehus pro iliis, qui per totidem
annos supra Graecorum numerum creverant. Durch
zwei achtjährige Zeiträume ging also die Einschaltung
^) Quod delicium ut corrigeretur, pontißcibus datum est
negotium, eorumque arbitno intercatandi ratio permissa.
Ebend.
*) Satum.l, i3.
70 Technische Chronologie.
regelmM&ig fort. Im dritten aollten 24 Tage ausge-»
merzt werden. Dies konnte so geschehen, dafs man
dem Meroedonius im 20sten Jahr« nur 22 Tage gab, und
ihn im 245ten ganz wegliefs« Vielleicht wurde aber eine
andere Anordnung des Schaltcydus beliebt, woräber
sich nichts mit Sicherheit entscheiden Ififst, da die ein*
zige Stelle, die seine Einrichtung beschreibt, so unbe-
friedigend ist.
Man eisiebt hieraus, da& die Römer dem Wesen
nach schon vor lulius Cäsar das jidianische Jahr ge-
In^aucht haben, wenn auch nicht in der bequemen von
ihm zuerst eingeführten Form« Es ist mir aber sehr
wahrscheinlich, dafs die Theorie, mit der uns Macro-
bius bekannt macht, nie recht zur Ausführung gekom-
men und das römische Schaltwesen unter den Händen
der Pontifices fortwährend in einem schwankenden Zu-
stande geblieben ist, weil Censorinus des 24jäfarigen
Schaltcydus mit keiner Sylbe gedenkt und desselben
überhaupt nirgends weiter Erwähnung geschieht, als in
folgender problematischen Stelle des Liyius^): Qm-
nium primum (Numa) ad cursum bmae in düodecun
menses describit annumy quem, quia trioenos dies mVs-
gulis ntensibus luna non eocplety desuntque dies soHdo
anno, qui solstitiali circumagitur orbe, iniercaiaribus
ntensibus interponendis ita dispensa^it, ut quarto et
^igesimo anno ad metam eandem solis, undeorsi
essentj plenis annomm omnium spatiis dies congrue^
rent. Hätte es mit den ausgezeichneten Worten seine
Richtigkeit, so würden sie offenbar auf dieselbe Schalt-
periode gehen, yon der Macrobius spricht. Allein
•) 1.19.
-Römer. 71
all^ gandschriften DrakeuborQh'a lesen vigesimq
anno; nur eine hat Ton zweiler Hand *vigesimo quarto
qaoquß amu>i welcbe Lesart zuerst Sabellicus In
seine Ausgabe von 1491 eingeführt hat, den Livius
nach Macrobius emendirend. DiQ spätem Heraus-
geber sind ihm mit Ausnahme yon Sigonius gefolgt^
der die alte Lesart zurückruft, welshalb ihn aber Ro*
borteil US in einer Abhandlung De rattofie conigendi
zurechtweiset^}. Job. Friedr. Gronoy erklärt sich
in seinen Observatior^Si worin er ausführlich von die-
ser SteUe handelt'},, für die Emendation, doch so,
da/s er richtiger guarto et /vigesimo anno lieset, das
quoque weglassend, wdches nadi römischem Sprachge-
brauch eher auf eine drei- als vier und zwanzigjäh-
rige Periode deuten würde. Wir sehen also, dafs Li-
yius nicht mit enlschiedener Sicherheit als Gewährs-
mann des 24jflhrigen Schaltcyclus genannt werden kann,
was ^ichwohl von Petayius und andern Chronologepi
geschieht, die der alten Lesart nicht einmahl gedenkeq.
Ich zweifele indessen nicht an der Richtigkeit der Emen-
dation.
Dais es keinen zwanzigjährigen Cyclus, wenig-
stens keinen solchen, wie Sigonius will, gegeben ha-
ben könne, geht klar aus allem, was wir von der Länge
des römischen Jahrs und Schaltmonats mit Bestimmt-
heit wissen, hervor. Beim Plutarch.heifst es: ,,Numa
„verdoppelte den Unterschied des Mond- und Sonnei^-
„ Jahrs, den er, das Mondjahr zu 354, das Sonneujahr
*) S. Gruter's Fax critica (Francof. 1604, 8) Tom. II.
p. 23, 24.
') l.n,c. 18. p.273ff. cd. Platner.
72 Technische Chronologe.
„zu 365 Tagen annehmend, auf 11 Tage setzte, nnd
,, bildete daraus einen Schaltmonat zu 22 Tagen, den
,, sogenannten Merkidinos, den er in den Februar ein-
,, schob." Diese, wie man sieht, etwas leicht hinge-
schriebenen Worte fafst Sigonius auf. ^ sagt, der
Unterschied beider Jahre betrug eigentlich 11 ^ Tage;
man nahm ihn yiermahl und yertheilte die 45 Tage,
äie man so erhielt, auf zwei Schaltmonate, einen zu 22,
nnd einen zu 23 Tagen. Auf diese Weise entsteht aller-
dings eine Ausgleichung för ein Jahr von 354 Tagen,
aber eine vierjährige, von der man nicht begreift,
warum sie Liyius gerade eine zwanzigjährige ge-
nannt haben sollte; dcmn sie konnte eben so gut eine
yier und zwanzigjährige heilsen. Auch hielt ja
das Jahr des Numa nicht 354, sondern 355 Tage.
Einen andern Gang nimmt Joh. Gottl. Seger
in einer mit mehr Gelehrsamkeit als Klarheit geschrie-
benen Dissertation über die römische Zeitrechnung *).
Um den unemendirten Liyius mit Plutarch und
Hacrobius in Uebereinstimmung zu bringen, trägt
er folgende Hypothese yor : Numa gab seinem Jahr 354
und dem Schaltndonat unabänderlich 22 Tage, wie es
Plutarch versichert. Er vernachlässigte also den Yier-
teltag, wodurch nach zwanzig Jahren ein Deficit von
fünf Tagen entstand. Um dieses zu decken^ führte
Seryius Tullius, der als einer der Urheber der
Einschaltung bei den Römern genannt wird, die 2(^äh-
rige Pei*iode ein, von der «Liyius allein spricht, da
' ') Jnnus Romanus. Argumentum historicum ampL philos,
ordinis auctoritate a. d, XFIII Mail a. ClOlOCCLyilll mo^
desie disceptandum proposuit Joann, Theoph, Segerus.
T««ozie. 4.
R Ö M B R. 73
€9 ibm an der angeführten Stelle nur darauf ankam,
die älteste römische Zeitrechnung zu erwähnen.. Den
.24jahrigen Schaltcirkel , dessen Macrobius' gedenkt,
hat erst der Gonsul H' AciHus Glabrio welcher gleich-
falls unter die Urheber des römischen Schaltwesens
geiählt wird, im Jahr 563 d. St; in Vorschlag ge-
bracht. Wie die 20 jährige Periode eingerichtet war',
la(st Seger auf sich beruhen. Dafi sich eine solche
denken, ja auf mehr als eine Weise construiren lasse,
wird niemand berweifeln; aber man wird hier hoffent-
lich keine Widerlegung einer Hypothese erwarten, die
allem, was oben über den Charakter des frühem rö-
mischen Jahrs und Schaltwesens gesagt ist, zuwider
läuft, und durchaus nichts weiter für sich hat, als
einige flüchtig hingeworfene Worte eines griechischen
Schriftstellers, und eine höchst wahrscheinlich verdor-
bene Stelle eines römischen.
Es gibt schwerlich einen Gegenstand der Alter-
thumskunde, an welchem sich der Scharfsinn der Ge-
lehrten vielfacher versucht hätte, als an diesem. Ein
undankbares Beginnen wüixle es sein, wenn ich alle
von Panvinius, Gujacius, Langius, Petitus
und andern ersonnene Schal tmelhoden ausführlich zer-
gliedern und prüfen wollte. Sie tragen ohne Ausnahme
ihren Ungrund an der Stirn ^). Nur einer Hypothese
^) So stellt der erste (Comment, in L I. Fastor. p. 30 ed.
1580, fol.) einen yierjahrigen Gyclus auf, indem er die
10 1- Tage, um welche das Jahr des Numa kürzer als das julia-
nische war, yiermahl . nimmt und dai-aus zwei Schaltmonate ab-
wechselnd zu 20 und 21 Tagen bUdet. Der zweite in seinem
Commentar zu der oben (2,59) citirten Stelle der Digesta ver-
theilt die 82 Tage, welche auf gleiche Weise in acht Jahren
74 Technische Chronologie.
mufs bler mit einiger Ausführlichkeit gedacht werden,
da sie der Name ihres Urhebers bei den Gelehrten noch
immer in einigem Ansehen erhttlt, ich meine die des
losephus Scaliger. Sie hat längst an Petayius ')
und Gronovius sehr gründliche Beurtheiler gefunden;
ich werde daher besonders nur diejenigen Momente her-
vorheben, die beide Gelehrte weniger berücksichtigt ha-
ben, als es nöthig scheint«
Scaliger legt') der römischen Schaltperiode eine
Dfiuer von 22 Jahren bei. Am Schlüsse derselben, sagt
er, liels man den Meroedonius, der die ersten 20 Jahre
hindurch abwechselnd 22 und 23 Tage gehalten hatte,
weg, so dafs im Verlauf der ganzen Periode 225 Tage
eingeschaltet wurden. Da aber 22 julianische Jahre um
225 Tage 12 Stimden länger sind, als eben so viel rö-
mische Gemeinjahre, so gab man, um die 12 Stunden
einzubringen, in der folgenden Periode dem ersten
Schaltmonat nicht 22 sondern 23 Tage, wodurch am
Ende zweier Perioden die Ausgleichung vollkommen
wurde. Folgendes Schema gewährt eine Uebersicht die-
ser Schalteinrichtung :
entstehen y auf drei Schaltmonate, von denen zwei 27 und einer
28 Tage gehalten haben soll. Die Meinung des Wilhelm
Lange findet man in seinem Werk de Annis Christi (Lugd.
Bat. 1649, 4) 1. I.e. 15, und die des Petitus in semen Eclogis
chronologicis (1,254) I.V. c.l.
*) Doctr. temp.U.ISff.
*) Emend. temp. 1. ü. p. 172 ff. und 1. IV. p. 298 ff.
R
ÖMBlt.
Erste Periode.
Zweite Periode.
n.
22
Tage.
n.
23 Tage.
IV.
23
-
IV.
23 -
VI.
22
.
VI.
22 . -
vm.
23
-
vni.
23 -
X.
22
~
X.
22 -
xn.
23
-
XII.
23 -
XTV.
22
>
XIV.
22 -
XVI.
23
—
XVI.
23 -
XVIIT.
22
-
xvm.
22 -
XX.
23
-
XX.
23 -
xxn.
0
xxn.
0
76
225 Tage. 226 Tage.
Er gkubt femer, dafs aus der 22 jährigen Perlode und
dem .5 jähr igen Lustrum das 110jährige Saeculum
der Römer entstanden sei. Die erste Periode des Sae*
culi habe mit dem ersten Jahr des Lustri, die zweite
mit dem dritten, die dritte mit dem fünften, die vierte
mit dem zweiten, die fünfte mit dem vierten, die
«echste wledet mit dem ersten angefangen, und mit dem
neuen Saeculo sei wieder alles in das vorige Geleise ge-
kommen. Das Saeculnm habe also aus fünf Perioden,
22 Lustris und 110 Jahren bestanden. Am Schlüsse
jedes Saeculi seien die Ludi saeculares gefeiert wor-
den. Weder Yarro noch iigend ein anderer Kritiker
habe von dieser Sache eine richtige Ansicht gehabt.
Von den ersten Spielen, die nach den G>mmentarien
der Qnindecimvim im Jahr 298 d. St. gefeiert worden
wären, bis auf Septimius Severus habe man die 1 lOjäh-
rigen Intervalle genau beobachtet. Ziehe man 1 10 Jahre
76 Technische 'Chronologie.
yoD der Epoche der ersten Spiele ab, so erhalte man
das Jahr 188, wo des Servins TulIIns erstes Lustram
Statt gefunden.
Man sieht, die sealigersche Periode sollte eigentlich
eine yier und vierzigjährige heifsen, weil erst nach
Ablauf von je 44 Jahren die Art von Ausgleichung,
die man bei der Einschaltung beabsichtigt haben soll,
vollständig bewirkt war. Die 44jährige Periode ist aber
eben so wenig dem 110jährigen Saeculo commensura-
bel, als das fünfjährige Lustrum der 22 und 44jähri-
gen Periode. Auch die ganze Anordnung der Periode
empfiehlt sich durch keine besondere Symmetrie; sie
hat wenigstens in dieser Hinsicht keinen Vorzug vor
der 24jährigen. Doch dies sind Kleinigkeiten.
Erheblicher ist es, dafs bei den Alten nirgends von
einem 22jährigen Cyclus die Rede ist, während sich
die Nachricht von einem 24jährigen erhalten hat. Die
sie betreffende Stelle des Macrobius anzuführen hält
Scaliger der Mühe gar nicht werth, nachdem er sich
über die Glaubwüixligkeit seines Zeugnisses, auf das er
sich doch anderswo ohne Bedenken beruft , auf eine
höchst wegwerfende Weise geäufsert hat. Dagegen citirt
eV den Livius mit der Lesart *vtgesimo quarto quoque
anno, die er für die einzige, oder doch für die richti-
gere gehalten haben mufs. Dafs dieser Gesohichtschrei-
ber, der bald nach der julianischen Reform lebte, nicht
gewufst habe, was die Römer vor derselben für eine
Schaltperiode hatten, eine zwei- oder eine vier und
zwanzigjährige, ist schon sehr befremdend; dafs
aber gar Varro, von dem Cicero sagt ^) : Tu aetatem
^) Acad, QuaesL 1, 3.
R ö M E a. 77
patriae j tu descriptiones temporum • . . to omnium di"
^inarutn humanarumque rerum nomina, genera, offi-
da, causas y apena'sti, von dem frühem römischen
Schaltwesen, das doch erst in seinen spfitem Lebens-
jahren abgeschafll worden , keine richtige Ansicht ge-
habt haben soll, ist völlig unbegreiflich.
Das Zeu^nifs des Livius verwirft Scaliger — -
weil es sich nicht in sein System fügt (dies gilt, wie
man sieht, auch dann, wenn wir vigesimo lesen), und,
wie er glaubt, mit um so gröfserem Recht, da der
Ausdruck plenis annorum omnium spatiis schlecht auf
einen Cyclus passe, worin eine Einschaltung übergangen
werde. Gronov zeigt abä mit Hülfe einer Parallel-
stelle des Cicero, was damit eigentlich gemeint wird,
nämlich die durch die Einschaltung bewu*kte vollstän«
dige Ausgleichung des kürzern Jahrs mit dem iur
Norm angenommenen längern, und fragt nun, ob der-
selbe mit gröfserem Recht vo|i einem 22jährigen Cy-
dus, der noch einen halben Tag auszugleichen übrig
lasse, oder von einem 24jährigen, der alles in sein vori-
ges Geleise bringe, gebraucht zu werden verdiene.
Was allein für Sca ligers Hypothese zu sprechen
scheint, ist das Yerhältnils, in welchem seine Periode
zum Lustrum und Saeculum der Römer stehen
soll. Dieser Gegenstand mufr hier soi^fältig erörtert
werden.
Wenn wir einen Blick werfen auf alle die Stellen
früherer und späterer Autoren, wo sich Lustrum als
Benennung eines Zeitraums gebraucht findet, so über*
zeugen wir uns leicht, dafs dieses Wort bei den Römern
nie zu der festen Bedeutung gelangt ist, wie ^Ohjfmtd^
bei den Griechen. Vor dem Zeitaller des August scheint
78 Technische Chronologie.
es in diesem Sinn selten vorzukommen, und nur, wenn
Yon der Geschäftsfiihning der Censoren die Rede ist«
JBeihi Ovid ist es bald eine Zeit von fünf Jahren:
Troia fuix lustris obsessa duohus ^), bald von vier,
2. B. wenn er die jidianische Schaltregel also ausdrückt :
In lustrum accedere debet, Quae consummatur partim
busy una dies ')• Dafs die letzte Bedeutung den Sprach-
gebrauch in Prosa eben so gut für sich hatte, wie die
erste, ersehen wir aus Plinius, der zweimahl kurs
hintereinander ^) Lustrum deutlich für Quadrien-
nium setzt. Sie fixirie sich besonders seit Einführung
der kapitolinischen Spiele unter Domitian, welche gleich
den olympischen in vierjährigen Zwischenräumen ge*
feiert wurden ^), die wir auf Inschriften Lustra ge~
nannt finden ^). Im dritten Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung war es schon so gebräuchlich, Lustrum nur
für einen vierjährigen Zeitraum zu nehmen, dafs
der sonst so wohl unterrichtete Gensori'nus gar nicht
einmahl eine andere Bedeutung des Worts gekannt zu
haben scheint; denn nachdem er die Olympiaden ei-
nen quatemwn annqnun circuitus genannt hat, sagt er:
Jdem tcmpus anni magni Romanis fidt, quod lustrum
appellabant, ita a Senao TuUio institutum, ut, quinio
quoque anno ceiisu ci^^ium habito, lustrum condere-^
tur, und dafs quinto quoque anno nach gewöhnlichem
«) ^mor. in, 6, 27.
*) Fast.ni,i65.
') Ä. iV. n. 47, 48.
*) Agon et in Elide lovi Oljrmpio et Eomae Capitolino
quinto quoque anno redeunle celebratur. Gensor. c. 18.
') S. Grater*s Thesaurus p. GCGXXXU, 3.
Römer. 79
Sprachgebniiicli so viel als alle vier Jahre heifsen
soll , geht auch im weitern Verfolge aus den Worten
hervor: Rursus annus idem magnus per Capitotinos
agonas coeptus est diUgentius servari.
Doch hier kann hlofs von der altem Bedeutung
des Worts Lustrum die Rede sein, und diese scheint
entschieden auf einen fünfjährigen Zeitraum zu ge-
hen* Abgesehen von dem Artikel btstra beim Fe-
stus ^)j will ich nur folgende Stelle des Yarro an-
führen: Lustrum nonunatum tempus quinquennale y
a luendo^ hoc est solvendo, quod qxunto quoque anno
'vectigaUa et ukro tributa per censores persoh^ehan-^
tur^). Zwar könnte man auch hier wegen des qutnto
quoque anno, und weil Cicero einmahl von den olym-
pischen Spielen den Ausdruck 7na:rf/7ia illa quinquen-
nalis celebritas ludorum gebraucht ^)f an vier Jahre
denken wollen; allein es steht fest, dais die Censoren
fünf Jahre im Amt blieben, und dafs am Schlüsse des-
selben und des Census das Reinigungsopfer, Lustrum
genannt, zur Sühne des Yolks dargebracht wurde, wefs-
halb auch diese feierliche Handlung lustrum condere
heilst , wo condere bekanntlich so viel als ßnire be-
deutet.
Dies war ohne Zweifel die Regel ; allein sie, litt so
häufige Ausnahmen, dafs die symmetrische Verbindung
des Lustri mit dem Schaltcirkel, die Scaliger voraus
setzt, gar nicht entstehen konnte. Livius bemerkt
*) Cum vocabuli prima sjrilaba producitur, signifioai nunc
tempus quinquennale, nunc populi lustrationem,
») X>c /. /. V. col. 32.
') De orat. 111,32.
80 Technische Chronologie.
elnmaU ^): Census actus eo anno (294 d. St.); lustnun
propter CapitoUum captum, consulem occisum, condi
rßligiosum /uit. Aehuliche Rücksichten müssen häufig
genommen sein ; denn in dem langen Zeitraum von
nahe 650 Jahren, zwischen dem ersten von Servius Tul-
lius und dem letxten im Jahr 827 d* St. von Yespasian
yeinnstalteten Lustrum, hat es nach Censorinus nicht
mehr als 75 Lustra gegeben, so daüs auf die Zwischen-
räume im Durchschnitt acht bis neun Jahre gehen ')•
Zur Bestätigung dessen dient es, dafs Jjiyius das
zehnte Lustrum ins Jahr 295 d. St. setzt ^), wo seit
Servius Tullius schon mehr als 20 hätten gefeiert sein
sollen, und dais nach den auf uns gekonmienen Bruch-
stücken der Fasti Capitolini das 25ste Lustrum im
Jahr 435 und das 58ste im Jahr 617 Statt gefunden
hat ^). In diesem Zeitraum ist kein Lustrum übergan-
gen worden; wie unregelmäfsig aber die Intervalle ge-
wesen sind, erbellet aus folgender Uebersicht *]• Unter
den G>n8uln der Jahre 435, 441 und 446 stehen die
lYamen der Censoren mit dem Beisatz L. F. {lustrum
fecem) XXV, XXVI, XXVII. Beim Jahr 488 kommen
*) m,22.
') Cum inter primum a Sefvio Rege conditum lustrum, et
id^ quod ab Imperatore f^espasiano V et Caesare III Cass*
factum est, anni interfuerint paullo minus sexcentis quinqua^
ginta, lustra tarnen per ea tempora non plura quam septua*
ginta quinque sunt Jacta. c. 19.
') m,24.
*) Die Jabre in diesen Fastis sind durchgehends um eine
Einheit kleiner angesetzt, als nach der sogenannten vantnuschen
Aere. Davon unten.
») Gruteri rAej./i»cAp.CGXGIbisGGXGiy.
Römer. 81
die Censoreii vor , qui L. F. XXXY. Beim Jahr 495
hat sich nur der Name des einen Gensors erhalten;
der des andern mit dem L. F. XXXVI ist verwischt.
Beim Jahr SOÖ' werden Gensoren genannt, jedoch ohne
L. F. Beim Jahr 501 kommen andere Gensoren vor
mit dem Beisatz L. F. XXXYII. Beim Jahr 506 ste-
hen die Namen der Gensoren mit dem L. F. XXXVIU.
Beim Jahr 512 findet sich nur der Name des einen
Gensors ; der des andern mit dem L. F. ist verwischt.
Beim* Jahr 517 werden Gensoren genannt, doch ohne
L. F. Beim Jahr 519 kommen andere Gensoren vor
mit L. F. XL. Beim Jahr 522 stehen wieder andere
Gensoren ohne L. F.' Beim folgenden Jahr sind neue
Gensoren bemerkt mit L. F. XLI. Beim Jahr 528 kom-
men Gensoren mit dem L. F. XLII vor. Nun eine
Lücke. Dann sind die Jahre 549, 554, 559, 564,
569, 574, 579, 584, 589, 594 und 599 mit den Lustris
XLV bis LY bezeichnet. Yon hier an haben sich nur
noch einzelne Bruchstücke erhalten, aus denen sich je-
doch noch abnehmen läfst, dafs das 56, 57 und 58ste
Lustrum in die Jahre 606, 611 und 617 gehören.
Man sieht, dafs diese Lustra in unregelmäfsigen
Zwischenräimien von 4, 5, 6, ja öfters von 7 Jahren
fortschreiten, und so, hoffe ich, wird man obige Be-
hauptung von der UnStatthaftigkeit der Verknüpfung
des Lustri mit dem zu Rom gebräuchlichen Schaltcirkel,
welches auch die Dauer desselben gewesen sein mag, ge-
rechtfertigt finden. Wenn die olympischen Spiele zwar
in der Regel alle 4 Jahre, aber auch zuweilen in Zwi-
schenräumen von 3, 5, ja 6 Jahren gefeiert und öfters
ganz w^ge&llen wären, wie würden die griechischen
Geschichtschreiber darauf gekommen sein, die Olym-
n. [6]
82 Technische Chronologie.
piaden ab einen Zeitmafsstab zu gebrauclien? Das La-
atrum ist, ich wiederhoUe es, bei den Römern immer
ein schwankender Zeitraum geblieben, und kann daher
einem 22jährigen Schaltcirkel nicht zur Grundlage ge-
dient haben, zumal da es demselben in seiner eigent-^
liehen Dauer nicht einmahl commensurabel war.
Eine ganz ähnliche Bewandniis hat es mit dem
Saeculum der Römer. Wenn man den Scaliger
lieset, so ahnet man gar nicht, da(s auch dieses Wort
bei den Römern in keiner festen Bedeutung genommen
worden ist. Man höre aber nur, wie sich Censorinus
dariiber äufsert^): Ronumorum saecula quidam bidis
saecularibus putant distingui. Od rei fides si ceria
estt modus Romani saeculi est incertus* Temporum
enim inten^aUa, quihus ludi isti debeant referri, non
modo quanta fuerint retro ignoratur, sed ne quanta
quidem esse debeant scitur. Nam ita institutum esse,
ut centesimo quoque anno ßerent^ id cum An^
tias alüque historici auctores sunt, tum Varro de ioe-
rdcis originibus libro primc ita scriptum reliquit: cum
multa portenta fierent, et murus ac turris, quae sunt
intra portam CoUinam et Esquilinam, de caelo essent
tacta, et ideo libros Sibjrllinos decemynri adissent, re*
nuntiarunt, uti Dii patri et Proserpinae bidi Terenr-
tini in Campo Martio ßerent et hostiae ßuvae immo^
larentur, utique ludi centesimo quoque anno ßerent.
Item T. Idvius libro CXXXFI: eodem anno ludos
saeculares Caesar ingenti apparatu fecit, quos cente^
simo quoque anno (is enim terminus saeculi) ßeri mos.
At contra ut decimo centesimoque anno repe^
_ •
•) C.17.
R Ö M B R. 83
tantur, tarn commentarii qumdecimvirorwn , quam JD.
Augusti edicta testari videntur, adeo ut Horatius Flao*
cus in carmineg quod saecularibus ludis canUstum est,
id tempus hoc modo designaverit:
Certus undenos dedes per annos
Orbis ut cantus referatque ludos,
Ter die claro, totiesque grata
Node fnsquentes*
Wir ersehen hieraus, dadi über die Dtner des
Saeculi unter den Römern zwei yerschiedene Mei*
nnngen herrschten, indem es von einigen auf hun-
dert, von anderen auf hundert und sehn Jahre
gesetzt wurde. Zur ersten bekannten sich aufser dem
Geschichtsdireiber Yalerius Antias, der in der lets-
ten Hälfte des siebenten Jahrhunderts der Stadt, also
vor der jnlianischen Reform lebte, Varro und Liyius,
denen man^ wenn die Frage ist, in welchen Zwischen«-
räumen die Ludi saeculares nicht etwa gefeiert werden
sollten, sondern wirklich gefeiert worden sind, die C<Mn<-
petens nicht absprechen wird; die andere wird bests*
tigt, oder, wie sich Censorinus aiudrückt, scheint
bestätigt zu werden durdi den Ausspruch der Quin-*
decimyirn, der Aufbewahrer und Ausleger der sibyl-
Uniscfaen Qücher, durch die nach diesem Ausspruch ge-
modelten Verordnungen, die August bei Gelegenheit
der von ihm veranstalteten Säcularfeier hatte ergehen
lassen, und durch das damals gesungene Carmen
saeculare des Horas.
Dals das römische Saecnlum hundert Jahre halte«
war, so weit wir jetzt darüber urtheikn können, die
allgemeine Meinung der römischen Alterthumsforscher
und Grammatiker. Yarro sagt in einem noch erhal-
[6'1
84 Technische Chronologie.
tenen Werke ^): .SaecuJwn spatiwn annorum centum
i}OcaruiU^ dictum a sene, quod longissimum spaiium
senescendorum hominum id putanmU Eben so Festus,
oder vielmehr der von ihm epitomirte Yerrius Flac-
CU8, welcher unter Augustus und Tiberius gelebt hat:
Saeculares ludi apud Romanos ppst centum annos fie»
bant, quia saeculum in centum annos extendi existi--
mabanU Selbst Censorinus, dem in diesem Punkt
vor allen eine Stimme- gebührt, neigt sich zuletzt zu
der Meinung derer hin, die das Saeculum von den
altem Römern auf hundert Jahre gesetzt wissen wol-
len, mit den Worten: Nostri maiores, quod naturale
saeculum (er meint die längste Lebensdauer der Men-
schen) quantum esset, exploratum, non habebant, dyilo
ad certum annorum modulum centum statuerunt, wo-
bei sie, setzt er hinzu, wie in so manchen andern
Stücken, den Elruskern gefolgt sind. Auch Acron,
der alte Ausleger des Horaz, geht in diese Ansicht
ein, wenn er zu Od. IV, 6 sagt: ffjrmnum hie ApolUni
dicit et commendat carmina sua saecularibus ludisj qui
celebnmtur post centum annos. In seinen Anmerkun-
gen zum Carmen saeculare dagegen bestätigt er die
110 Jahre des Dichters.
Doch man wii^ sagen, es komme hier nicht auf
Meinungen und Erklärungen, sondern blofs auf die
Epodien der wiridich gefeierten Säcularspiele und ihre
Zwischenräume an. Da begegnet uns nun aber Gen-
sorinus sogleich mit der Bemerkung: Temporum si
veterum reyohantur annales fmodus Romani saecuUj
hnge magis in incerto inuenietur. Bis zu den fünften
•) Z^e/.i.V. col.32.
Römer« 85
Spielen nämlich, deren Feier August im Jahr 737 d. St.
yeninstaltetef unterliegt das Historische der ludi saecu-
lares hesondem Zweifeln. Nach den Gommentarien
der Quindecimvirn gehörten die ersten Spiele ins
Jahr 298, die zweiten, dritten und vierten in die Jahre
408, 518 und 628, so dais'die Intervalle durchgehends
110 Jahre betragen hätten. Dagegen sollen nach Yale*
rius Antias die ersten Spiele 245, die zweiten nach
eben demselben 305, die dritten nach Antias und
Livius 505 y die vierten nach Antias, Yarro und
Livius 605, nach Piso Gensorius, Gn. Gellius
und dem damals lebenden Cassius Hemina aber 608
gefeiert worden sein. Die überall von Gensorinus
angeführten Namen der Gonsuln lassen die Richtigkeit
dieser Zahlen nicht bezweifeln. Man sieht, dafs ihnen
im Ganzen das Princip einer hundertjährigen Feier
zum Grunde liegt, so dals also über die vier ersten
Sacularfeiem die Gommentarien der Quindecimvirn in
offenbarem Widerspruch mit den Berichten der Ge-
schieh tschreiber waren.
Die Römer hegten bekanntlich eine grofse Achtung
für ihre sibyllinischen Bücher^ die anfangs Duumvi*
ris sacris faciundis, nachmals Decemviris und
endlich Quindecimviris anvertraut wurden. Der
Senat liels sie öfters in gefahrvollen Momenten des Ge-
meinwesens befragen, und veranstaltete dann auf ihren
Ausspruch Sühnopfer und andere Geremonien. Die alten
Bücher, die Tarquinius gekfiuft haben soll, gingen zur
Zeit des Sylla mit dem Kapitol in Feuer auf. Man
sammelte hierauf von allen Seiten, aus Samos, Ery-
thrae, Afrika, sibyllinische Verse, von denen August,
nachdem er die Würde eines Pontifex maximus ange-
86 Technische Chronologe.
nonunen, eine sorgfidtige Auswahl Teranstalten und das
Uebrige yerbrennen lieis. Auf seinen Befehl mufsten
die Quindecimvim die yor Alter verblichenen Yerse
eigenhändig abschreiben, damit sie den Augen der Pro-
fanen entzogen blieben ^), worauf er sie in einem ver-
goldeten Behältniis unter dem Fufsgestell des Apollo
Palatinus niederlegen liefs ')• Dies sind die Versus
SibjlUm» von denen Horaz im Anfange seines Cur-
men saeciUare spricht. Ein Fragment davon ist ver-
muthlich das ans 37 Hexametern bestehende sibylli-
nische Orakel, das uns Phlegon Trallianus') und
Zosimus ^) aufbewahrt ludben. Es enthält den Aus-
spruch, dais die Römer stets siegreich sein würden, wenn
sie alle 110 Jahre auf dem Campus Martins mehreren
Gottheiten der Ober- und Unterwelt, die namentlich
aufgeführt werden, Opfer darbrächten. Die Verse, welche
die Zeitbestimmung enthalten, lauten also:
'AXX' oTTorav infjKig-o^ ext) XP^^^ dvä^pwTPowi
Zw^, cig Itecüv ixarov Hxa xukXov odnxiW)
Galläus ') hat bcaTondia emendiren wollen; allein es
ist nichts zu ändern, wenigstens hat Zosimus ent-
schieden ixaroy iixa gelesen. Die Yerse haben daher
ohne Zweifel eben so zu Augustes Zeiten gelautet; ob
aber auch früher, ist nicht so entBchieden. Nach
dem uns von Censorinus aus Yarro's Schrift De
*) Die Gassius 1. UV. c. 17.
*) Suet. ^ug. €.31.
') De iongaevü p. 127 ed. Meursii.
♦) HistA.U.c.6.
") Dissert. de Sifyliis c. 6.
Römer. 87
scenids originibus aufbewahrten, oben cilirten, Frag-
ment thaten die sibyUinischen Büchßr bei einer ge-
wissen Gelegenheit (vieUeicht im Jahr 305 d. St.) den
Aussprach, dafs man dem Pluto und der Proserpina
die ludos Terentinos d. i. saeciäares auf dem Campus
Martins feiern und damit alle hundert Jahre fort-
fahren solle. Auch beim Augustinus ^) findet sich
die Notis, dais in einer gefahrvollen Periode der puni-
sehen Kriege auf Veranlassung der sibyUinischen Bücher
die ludi saeculares gefeiert wurden, quorum cekbritas
inter centum annos ßierat instituta, felicioribusque
temporibus memoria jtegUgente perienU. Er spricht
ohne Zweifel yon der Feier des Jahrs 505, und was
er von Yemachlassigung sagt, muis auf die im Jahr
405 yersäumte gehen.
Sueton gedenkt') der Sacularfeier unter August
als eines abgekommenen, damals wieder aufgefrischten
Gebrauchs mit den Worten: Nonnulla etiam ex anti-
quis ceriinonüs paullatim abolita restituit, ut Salu^
tis augurium, Diale /laminium, sacrum Lupereale, lu^
dos saeculares» An einem andern Ort'), wo er von
der sechsten Feier spricht, die Claudius 63 Jahre später
aur Verherrlichung des beginnenden neunten Jahrhun-
derts d. St. veranstaltete , sagt er : Fecit et saeculares,
quasi anticipatos ab Auffisto, nee legitimo tempori /v-
servatos, quams^is ipse in historiis suis prodat, inter^
missos eos Augustum muUo post, diUgentissime annO"
nun ratione subducta, in ordinem redegisse. Auch
Zosimus, welcher ausführlich yon den Säcularspielen
') Dt cwit,4eiUl,±%.
*) A.a.O.
') Ctaud. c.2i.
88 Technische Chronologie.
bandelt obemerktf dafs sie August wieder aufgefrischt
babe, nachdem sie eine Zeitlang yemacblässigt worden
wären. Nach den Commentarien der Quindecim-
yirn hat aber bis zur fünften Feier hin so wenig eine
Yernachlässigung Statt gefunden, da& August nicht ein-
mahl den Schlufs des llOten Jahrs abgewartet, sondern
daä Fest schon im Verlauf desselben wiederhohlt hat.
Dagegen fehlt in der hundertjährigen Reihenfolge bei
den Geschichtschreibern die Feier, welche im Jahr 705
hätte eintreten soUen, und yermuthlich de&halb nicht in
Anregung gebracht worden war, weil in diesem höchst
unruhvoUen Jahr der Bürgerkrieg zwischen Pompeins
und Cäsar ausbrach.
Suetonius und Zosimus scheinen also die
Epochen der vier frühem Säcularfeiem , wie sie die
Quindecimyim bestimmt haben , gar nicht anzuerken-
nen. Da nun, was allerdings sehr auffallend ist, kein
Geschichtschreiber, ich will nicht sagen der beiden er-
sten Feiern aus den Jahren 298 und 408, wo es noch
schlecht um die römische Geschichtschreibung stand,
sondern nicht einmahl der beiden folgenden aus den
Jahren 518 und 628 gedenkt, di^ doch zu den merk-
wüidigsten öffentlichen Verhandlungen gehört haben
mülsten; da diese Jahre mit den von Antias, Liyias
und anderen angegebenen im Widerspruch stehen ^},
') Letztei^r bat von der dritten und vierten Feier in seinem
verloren gegangenen 49sten Buch gesprochen, wie die Epitome
zeigt. Unter den Fragmenten der FeisU Capitolini finden sich
Ludi saec, tert. ei*wähnt; allein das zugehörige Jahr ist nicht
auszumitteln. Man sehe Nr. 25 bei Sanclemente, der im er-
sten Buch seines Werks De vulgaris aerae emendatione (1,456)
diese Bruchstücke am vollständigsten gibt«
Römer. 89
und da sich Tor dem augusteiscben Zeitalter nirgends
eine Spur einer hundertzehnjährigen Feier zeigt,
aher yvohlj selbst nach dem Ausspruch der sibyllini-
scheu Bücher, einer hundertjährigen (man ver-
gleiche die aus Censorinus angeführten Worte des
Varro), so wird es niemand befremden, wenn Peta-
yius, Taffinus^) und andere die Vermuthung aufstel-
len, dais die Quindecimvirn, über die Zeit der Säcu~
larfeier von August befragt, die yier ersten Feiern er-
sonnen haben, um ihrer Angabe, dafs sie in 110 jähri-
gen Zwischenräumen zu wiederhohlen seien, desto mehr
Nachdruck zu geben.
*) Petri Taffini de veierum Romanorum anno seculari
eiusque potissimum per ludos seculares celebritate, eorum'-
que chronologia liber singularis, Tomaci l64l, 4; aucb im
achten Bande ron Gräyii Thesaurus. Derselbe Gegenstand
ist yon mehi^ren anderen Gelehrten gründlich bearbeitet worden«
▼on Onuphrius Panvinius (Gravü Thes. Tom. IX), yon
Joh. Alphonsus Turretin (Genf 1701), von Job. Matth.
Gesner (Weimar 1717) und von Chr. Fr. Ayrmann (Wit-
tenberg 1717). letzterer stellt die Hypothese auf, dafs es zweier-
lei ludi saeculares gegeben habe, 1) die ludi Terentini zu
Ehren des Dis pater und der Proserpina, die man ursprünglich
zur Abwendung der Pest angestellt, nachmals aber alle hundert
Jahre wiederhohlt habe; 2) die eigentlichen ludi saeculares,
welche zu Ehren mehrerer Geilheiten, besonders des Apollo und
der Diana, alle 110 Jahre gefeiert worden seien. August soll
diese Spiele combinirt haben. Es wäre doch aber sonderbar,
wenn Censorinus yon einer solchen Unterscheidung, die alle
Schwierigkeiten yermittelt, beim Yarro und andern kein Wort
aufgezeichnet gefunden hätte. In obigen Schriften sind übrigens
auch Notizen über die nach Augusfs Zeiten gefeierten Sacular-
spiele zusammengetragen, yon denen hier zu handeln nicht der
Ort ist. Es liegt ihnen theils das Princip des hundertjährigen,
iheils des hundertzehii)ährigeii Saeculi zum Grunde.
90 Technische Chronologie.
WaB konnte aber die Quindecimvim yeranlassen,
die hundertjährige Feier in eine hunderlsehnjäh*
rige zu verwandeln, und wird le^Utere nicht immer
noch fiör Scaliger'a Hypothese sprechen, da sie von
einem 110 jahrigen Saeculum zu zeugen scheint?
Mit einer auf Veranlassung der sibyllinischen Ora-
kel im Jahr 628 d* St. veranstalteten Sühne des Volks
mag es seine Richtigkeit haben. Ceremonien dieser Art
waren gewiis nicht selten, sind aber, wenn gleich tfhn-
liehe Lieder dabei gesungen sein mögen, mit den Sä-
cularspielen nicht zu verwechseln, wie schon ein alter
Ausleger des Horaz bemerkt: SaeaUans carminis du--
plex de^Hytio esse consueverat; out enim pro sedanda
out ^itanda pestilentia, out pro certo et constituto nu-
mero annorum. Als nun August die seit 605 oder 608
vernachlässigte Säcularfeier unter gesetzlichen Formen
zu wiederhohlen wünschte, so erklärten die Quinde-
cimvim, von jener Ceremonie als der letzten, die Statt
gefunden haben mochte, ausgehend, dafs die Spiele
vor 110 Jahren gefeiert wären, und dafs ihre richtige
Epoche wiedergekehrt sei. Es kam ihnen dabei der
schwankende Gebrauch des Worts Saeculuni zu Statten,
das nach Censorinus eigentlich spatium viiae huma-
nae longissimum partu et morte deßnitum bezeichnet.
Dem Ausspruch der Quindecimvim gemäis modelte dann
August seine Edicte und Horaz sein Carmen sae-
culare, die also gerade nur so viel Beweiskraft haben,
als der Ausspruch selbst.
In der That, es scheint so schwer, das Still-
schweigen zu erklären, das die Geschichtschreiber über
eine Feierlichkeit beobachten , die in der Verbindung,
in die sie Scaliger bringt, dem rSmiachen Volke ein
RÖMBR. 91
hohes Interesse gewähren und einen bedeutenden Ein-
schnitt in seine Geschichte machen mnfste, dals sich
in ihr durchans keine Bestfltigang der 22 jährigen Pe-
riode finden läist. Auch ist es, wie Petayius zeigt,
eine grundlose Hypothese^ dafs Seryius Tullius sein er-
stes Lustrum gerade im Jahr 188 d. St., 110 Jahre yor
den ersten Säcularspielen der Quindecimvim , gefeiert
haben soll. Ans Censorinus geht nur so viel mit
Bestimmtheit hervor, dafs es bald nach dem Jahr 177
Statt gefunden haben mu(s«
Da sich also die 22jährige Periode von keiner Seite
her bestätigen will, so kehren wir zur 24jährigen zu-
rück, die wenigstens Ein entschiedenes Zeugnifs für sich
hat* Wenn sie zu verwickelt scheinen sollte« als dafs
sie einem Yolkskalender zur Grundlage gedient haben
könnte, so mochte sie sich vielleicht gerade dadurch den
Patriciem empfehlen, denen darum zu thun sein mufste,
dafs die Plebejer ihr Kalendergeheimnils, welches, wie
wir unten sehen werden, durch Cn. Flavius im Jahr
450 d. St. zum Theil verrathen worden war, nicht vol-
lends durchschauten.
Die Frage aber, wann diese Periode eingeführt
worden, gehört zu. den schwierigsten der altern rö-
mischen Zeitrechnung. Man könnte geneigt sein, den
Consul Mahius Acilius Glabrio des Jahrs 563 als
ihren Urheber zu betrachten, weil er uns in der mehr-
mala angezogenen Stelle des Macrobius über den Ur^
Sprung des römischen Schaltwesens (2, 49) als einer der
Begründer desselben genannt wird, und weil die Pe-
riode zu genau mit dem Himmel übereinstimmt, als
dafii man ihr bei den Römern, die erst damals zu ein!-*
ger wissenschaftlichen Gultur zu gelangen anfingen, ein
92 Technische Chronologie.
höheres Alter betlegen könnte. Allein diese Annahme
ist grolsen Schwierigkeiten unterworfen.
Wenn die 24jährige Periode 563 eingeführt war ^),
so sollte man meinen; daüs ein Jahr später der römische
Kalender in Ordnung sein mulste. Er war aber 564
In einer eben so grofsen Yerwirrung wie zu Cäsar's
Zeit* Livius sagt nämlich vom Gonsul L. Corne*
lius Scipio'): Per eos dies, quibus est profectus ad
bellum, ludis ApoUinanbus , ante diem quintum Idus
QuitUiles, caelo sereno interdia obscurata lux est, cum
luna sub orbem solis subisseU Das römische Datum
dieser grolsen Sonnenfinstemifs soll also der 11. Quin-
tilis 190 V« Chr. gewesen sein. In diesem Jahr hat sich
aber keine Sonnenfinstemifs weiter ereignet, als am
14. März des julianischen Kalenders. Nach den De-
lambreschen Sonnen- und Mayer -Masonschen Mond-
tafeln hat sie zu Rom um 6 U. 33' Morg. w. Z. ange-
fangen, um 8 U. 44' aufgehört und 11 Zoll 14 Minu-
ten am südlichen Rande betragen, so dafii nur eine
schmahle Sichel von der Sonnenscheibe unveidunkelt
blieb. Ist nun der Ute römische Quintilis 564 der I4te
julianische März 190 y. Chr. gewesen, so hat, voraus-
gesetzt, dafs auf dieses Jahr kein Meroedonius traf, der
Anfang des römischen lanuarius dem 8len julianischen
September 191 entsprochen. Eine solche Verschiebung
konnte nur durch Weglassung mehrerer Schaltmoni^te
entstehen, wobei die Pontifioes damals offenbar schon
eben so willkührlich verfahren sind, wie späterhin.
^) Macrobius, der nach der calonischen Aere zu i*echnen
pflegt, nennt das Jahr 562 {2, 49).
») L xxxvn, c. 4.
RÖMBiu 93
Wir sehen uns also genöthigt, die Einführung der
24jährigen Schaltpeiiode und den Zeitpunkt, wo der
römische Kalender mit dem Himmel wenigstens im
Groben übereingestimmt hat, in eine ältere Periode zu
setzen; in welche gerade, wage ich nicht zu entschei-
den. Es ist schwer zu sagen , worauf die Anträge des
Consuls Blanius Acilius an das Volk eigentlich gerichtet
gewesen sind, ob auf eine neue Gestaltung des Schalt-
wesens'oder auf eine blofse Rectification des durch eine
willktihrliche Anwendung der Schaltprincipien verscho-
benen Kalenders. Ein Irrthum kann bei der ganzen
Notiz unmöglich im Spiel sein, da sie ^us den Fastis
seines Sleitgenossen Fulyius Nobilior, Consuls im
Jahr 565, entlehnt ist. YieUeicht ist einmahl jemand
so glücklich, eine Hypothese aufinistellen, wodurch sich
alle Schwierigkeiten vermitteln lassen« Als dieser Glück-
liche ist aber keinesweges der französische Gelehrte De
la Nauze zu betrachten, dessen Schalttheorie wir jetzt
in Erwägung ziehen wollen.
In seiner Abhandlung : Le Calendrier Romain de^
pvis les Decemvirs jusqvü ä la correction de Jules Ci-*
sar ^) beurtheilt er zuerst die Arbeit seines Vorgängers
D od well. Dieser Ghronolog, sagt er, geht in seinem
TVeike de CycUs ') in tie%e]ehrte Untersuchungen über
den römischen Kalender aus der Periode von den De-
cemvirn bis auf Cicero ein, um zu zeigen, wie der-
selbe mit dem antidpirten julianischen übereingestimmt
habe. Einer der Fäden, die ihn in diesem Labyrinthe
leiten soUen, ist die Reihenfolge der Nundinae, von
') JUSmoires de VAcaddmie des Inscriptions Tora. XXYI.
') Dissert.X.
94 Technische ChronoU^.
denen sich tha nur drei D>U airlhnt finden, ond
noch dazu erst ins den Zeiten nach Cäsar'a Hefbnu.
Die Principien, die er befolgt, sind meiatena nnsicfaere
Voraiuietzungen , ■. B. dalä der achttägige Cjdni nie
unterbrochen worden, dafä die Tage der Comitien und
Triumphe nie mit den Nondinis maaminengetroffen
sind n. s. w. Nach Gntdünken mac^t und Tervirfi er
hiemach Einschaltungen. Femer ^verwechselt er die
Jabrszeilen der Geschichtachreiber , die ungefähr den
unarigea analog aind, mit denen der landwirtbacbaft-
lichen Schrifuteller , die ihren Frühling, Sommer,
Herbst und Wioler fast sechs Woclicn vor der Rück-
kehr der Sonne zu dtin Cardinaipnnkten anfangen.
Wie er es gerade noihig Gndct, bestimmt er die Jahrs-
ttiien bald so, bald anders, und wenn er bei aller dio
•er Willkiihr auf Schwierigkeiten stufst, was häuGg der
Fall ist, ao hilft er sich mit gezwungenen Eikläruagsn
oder mit der Voraussetzung, dafs sich die Alten gäm
haben. Selbst die Nachrichlen von den Finste
verwirft er, wenn sie sich nicht in sein Sj&lent
wollen.
Dieses Urtbeil, dem ich im Wesentjj
pflichte, überhebt micli der Mühe, in du
einer der nnklarsten und meines I
testen cbronologitthen Untersuchui
je angestellt worden sind. Es i
franiöeiachen Gelehrten gelunf
nXmlich dafs es keineswegej
das Chaos der frühern
nnng Licht und Ordnd
gender zu beariieiten.
1 Römer. 95
Die HypothesCf welche seiner ganzen Untenuchnng
zum Grande liegt, ist folgende. Das Gemeinjahr der
Römer behielt his auf lulius Cfisar seine von Numa
festgesetzte Dauer yon 355 Tagen. Mit seltenen Un-
terbrechungen wurde ein Jahr ums andere der Mer«
cedonius eingeschaltet, abwechselnd von 22 und 23 Ta-
gen. Vier auf einander folgende römische Jahre hiel-
ten daher 1465 Tage, dahing^en vier julianische oder
feste Sonnenjahre nur 1461 geben. Eine nothwendige
Folge dieses Unterschiedes war, dafii der lanuarius, mit
welchem man im bürgerlichen Leben das Jahr b^nn^
in 365 Jahren alle Jahrszeiten durchlief. Die Jahre
der Stadt hingegen, nach denen die Geschichtschreiber
rechnen, sind feste Sonnenjahre ; denn sie wurden durch
den Wechsel der Consuln bestimmt, die als Befehlsha*
ber der Heere im Winter gewählt werden mulsten, imi
bei der jedesmaligen Eröffnung des Feldzuges auf ihrem
Posten zu sein. Da nun der lanuarius wandelbar war, so
ist die allmälige Verschiebung des Dattmis, mit welchem
die Consuln ihr Amt angetreten haben, ganz in der Ord«
nung. Wir wollen sehen, wie diese Hypothese durch-
geführt ist.
Nach Dionysius *) und Livius ') sind die De-
cemvirn an den Idus des Mains in Function getreten,
die ersten nach vanonischer Acre im Jahr 303 d. St.,
welches mit diesem Datum ange&ngen hat. Die an-
dern Decemvim folgten mit dem Jahr 304, und da
sie ihr Amt eigenmächtig um mehrere Monate über die
gesetzliche Frist verlängerten, ao muis das Jahr 305,
») m,36.
96 Technische Chronologie.
welches wieder ein consularisclies war, erst mit den
Idus des December begonnen haben, mit welchem Da-
tum wir bald nach dieser Epoche, nämlich im Jahr 311,
die Gonsuln eintreten sehen ^), Um also, sagt De la
Na uze, den römischen Kalender fortfuhren zu können,
mufs ausgemittelt werden 1) auf welches Jahr d. St. die
erste Einschaltung des Mercedonius traf; 2) welchem
julianischen Datum die Idus des December entsprochen
haben, womit das Jahr 305 begann. Die erste Frage
beantwortet er mit der Stelle des Macrobius (2,48):
Tuditanus refert libro tertio magistratuum, Decem^iros,
qui decem tabulis duas addiclenmt, de intercalando po-
pulum rogasse. Hiemach, sagt er, gehört die erste Ein-
schaltung dem Jahr 304 an, so dafs die geraden Jahre
d. St* Schaltjahre, die ungeraden Gemeinjahre sind« —
Aber aus dem ganzen Zusammenhange, in den der
Schriftsteller diese Worte bringt, geht nichts weiter mit
Sicherheit hervor, als dafs die zweiten Decemyirn dem
Yolke den Entwurf eines Gesetzes über die Anordnung
des Schaltwesens vorgelegt haben. Ob sie zugleich dar-
auf antrugen, dafs das laufende Jahr ein Schaltjahr sein
sollte, wissen wir nicht.
Um die zweite Frage zu lösen, geht De la Nauze
von der oben (2,92) erwähnten Sonnenfinstemifs aus,
welche sich nach Liyius am 11. Quintilis 564, nach
den astronomischen Tafeln am 14ten julianischen März
190 v. Chr. ereignet hat. Bei Yoraussetztmg eines rege!-
mafsigen Ganges des römischen Kalenders, sagt er, sind
von den Idus des December 305 bis zum gedachten
11. Quintilis 94697 Tage verflossen. Rechnen wir diese
') Dionysius am Schlufs seines elften Buchs.
Römer. 97
vom 14. Hin 190 zurück, so erhalten wir den 7ten jidia-
nischen Deoember 450 y. Chr., dem also jene Idus ent-
sprochen haben müssen. Hiernach entwirft er eine Ta-
fel, worin der Anfang eines jeden Gonsularjahrs im an-
ticipirten julianischen Kalender nachgewiesen ist. Sie
fängt mit dem ISten römischen oder 12ten julianischen
Mai des Jahrs 305 d. St. an und führt den römischen
Kalender bis zum Jahr 565 regelmälsig fort. Dem er-
sten Meroedonius gibt er 22 Tage. Die Jahre d. St. lalst
er von 305 ab mit den Idus des Deoember, von 353
mit den Calendis des October, von 467 mit den Ctt^
lendis des Quintilis, und von 533 mit den Idus des
Martins anfangen, welcher Wechsel, wie er sagt, die
Bedingung erfüllt, dafs die G>nsuln immer in den
Wintermonaten gewählt wurden.
Wer verbürgt uns aber den regelmäßigen Gang
des romischen Kalenders während eines Zeitraum^ von
mehr als dritthalb hundert Jahren? Waren die frü-
hem Pontifices gewissenhafter, als die spätem, von
denen Censorinus sagt: Ob odium vel graUam^ quo
qids magistratu cidus abiret, diuUusve fungerelurt out
publici redemtor ex anni nutgrUtudine in lucro dam-
nove esset, plus minusve ex libidine üUerculando, rem
sibi ad corrigendum maadatam ultro depmvarunt *),
Und läfst sich das Zusammentreffen des 11. Quintilis
mit dem 14ten julianischen März im Jahr 564 nicht aus
einer schon damals eingerissenen Unordnung erklären,
so wie die der Reform Gäsar's unmittelbar vorangegan-
gene ganz ähnliche Yerschiebung des römischen Kaien«
' ) c. 20. In gleichem Sinn äufsern sich Macrobius Sat, I, l4,
Ammianus Marcellinus XXYI, 1 und Solinus c.l.
/
98 Technische Chronologie.
Aex% die bIo£se Folge einer Yerletzung der Schalt^rinci-
pien üvar? Man durfte ja, so wie späterbin, nur einige
Schallmonate weggelassen haben.
Dafs die Consuln zunächst nach den Deoemvim an
den Idus des Deoember eingetreten sind, kann man zu-
.geben. Dionysius versichert es vom Jahr 311 und
•Livius ^) von .331. W<»m letzterer an einer andern
Stelle ') sagt, dafs die Militärtribunen des Jahrs 352
jgenöthigt wurden, ihr Amt ante Idus Decemhres, jo-
lemnem ineundis magistmtibus diem bereits an den Ca-
lendis des October niederzulegen , so berechtigen uns
seine Worte gar nicht zu der Voraussetzung, dals es von
nun an beim 1. October geblieben sei. Diese Ausnahme
mag damals eben so wenig zur Regel geworden sein,
wie eine andere, welche nach Livius bei den Consuln
des Jahrs 425 Statt gefunden ^), von De la Nauze als
liormbildend angesehen wird ^)»
•»*■
•) IV, 37.
• ') V,9.
') vra, 30.
*) Noch eine Anomalie scheint nach Livius beim Jahr 5S4
d. St. yorgekommen zu sein. L. XLIII. c. 11 heifst es: Comäia
eonsularia ante diem quintum Calendas Septembres fuere. Der
ganze Zusammenhang zeigt aber, dafs ante diem quintum Ca-
lendas Fehruarias gelesen werden müsse. Der Senat läfst
dem in Macedonien befindlichen Consul Hoslilius durch Legaten
andeuten, er möge die Comitien zur Wahl der neuen Consuln
dergestalt anordnen, dafs sie im Monat lanuarius gehalten wer-
den könnten und baldmöglichst nach Rom kommen. Gleich
darauf folgen obige Worte. Dann heifst es, die Legaten waren
exacto mense Februario aus Macedonien zurückgekommen und
das Jahr sei ein Schaltjahr gewesen, worauf die Erzählung wei-
tergeht mit den Worten: Principio insequentis anni, quum
RÖMBR. 99
.Von einem Eintrilt der Magistiaispenonen an den
Calendis des Quinttlis findet sich nur in der letztge»
dachten Stelle des Livius eine Spur, die aber auf
nichts Sicheres leitet. Dafs um die Mitte des sechsten
Jahrhunderts d. St. die Consuln mit den Idus des Mar-
tins ihr Amt angetreten haben, erhellet aus dem An-
£uige des 22stenf 26slen und 326ten Buchs des Livius ;
dafs es aber gerade seit dem Jahr 533 geschehen sei,
wird nii^ends bemerkt. Alles was De la Nauze Un*
verbürgtes über diesen Gegenstand sagt, beruht auf
Muthmafsungen von Lydiat und Sigonius. Wenn er
übrigens eine Bestätigung seiner Hypothese in den Da-
tis der Triumphe finden will, indem es bekannt und
auch natürlich sei, da£i die Consuln allemahl gegen
das Ende ihrer Amtsführung triumphirt haben, so steht
es damit sehr schwach. Er feiligt die Sache kurz mit
drei Triumphen ' aus den Jahren 30S, 311 und 317
ab, wo nach seiner Theorie der römische Kalender
noch wenig von dem julianischen abwich, und be-
ruft sich wegen der übrigen auf die Fasti trium-
phales (2,60). Von d^n 98 Triumphen, die in den
Fragmenten derselben während des Zeitraums von 250
bis 672 mit deutlicher Erwähnung des Jahrs und Ta-
ges aufgeführt sind, treffen 20 auf den Martins, 13 auf
cottsules novi etc. Wer kann hier zweifeln, dafs die neuen
Considn an dem damals gebräuchlichen Termin, nämlich an
den Idus des Martius, ins Amt getreten sind, und dafs die
Emendaüon Calendas Februarias, die schon Pighius und
I. F. GronoT gemacht haben, richtig ist? Gleichwohl behält
Do d well die alte Lesart bei, und macht sie zu einem der An-
gelpunkte seines chronologischen Systems, von dessen Unhaltbar-
kcit man sich hiernach einen Begriff machen kann.
[7*]
100 Technische Cluvnologie.
den Febniarius, 12 auf den September, 9 auf den Octo*
ber, 7 auf den Mains und eben so viel auf den Sextilis,
6 auf den lunius und eben so viel auf den lanuarius,
5 auf den November, 4 auf den Aprilis , und je drei
auf den Quinlilis, Deoember und den SchaltmonaU
Aus diesen Datis läist sich, so viel ich sebe, durchaus
kein sicherer Schlufs auf die Epoche des Eintritts der
Consuln machen. Dals derselbe von den Idus des De-
oember auf die Idus des Martins und endlich auf die
Calendas des lanuarius verlegt ^rorden, steht fest, und
diese Data fugen sich ganz gut in die allerdings rich-
tige Ansicht, dafii die G>n6uln mit der Eröffnung des
jedesmaligen Feldzuges in Function sein mufsten, auch
ohne dafs man sich den römischen lanuarius durch
alle Jahrszeiten irrend vorstellen darf.
Wie man, einmahl in einer Theorie befimgen,
überall die Bestätigung derselben findet, und auch, was
sie nicht unmittelbar bestätigen will, zu seinem Yor-
theil zu deuten weiis, zeigt De la Nauze noch an
folgenden Beispielen. Der Consul Duilius triiunphirte
nach den capitolinischen Marmorn im Jahr 493, nach
varronischer Aei« 494, an den Calendis intercalaribus.
Das Jahr 494, sagt er, war richtig ein Schaltjahr. Es
fing mit dem 1. Quintilis an, welcher damals nach
seiner Rechnung dem 23sten julianischen December ent-
sprach. — Hat es aber mit dem Zusammentreffen dieser
Data und dem Jahranfange am 1. Quintilis seine Rich-
tigkeit, so triumphirte der Consul am lOten julianischen
August, fünf Monate vor seinem Austritt, was schwer
zu glauben ist. Nehmen wir dagegen an, dafs das oon-
sularische Jahr schon damals mit den Idus des Martius
begann, woran uns nichts hindert, so hat er nicht
Römer. 101
lange yor seinem Abgange triumphlit. Eine ganss ähn-
liche Bewandnifs hat es mit dem Triumph des Consuls
P. Cornelius Lentulus, der nach den capitolinischen
Marmorn im Jahr S17, nach yarronischer Aere 518,
an den Idus des Schal tmonats Statt gefunden hat.
Selbst die Notiz beim Macrobius, dals der Consul
M' Acilius Glabrio im Jahr 563 den Entwurf eines
Gesetzes wegen des Schaltwesens yor das Volk gebracht
hat, deutet De la Nauze (iir sich günstig* Es gc*
schah dies, sagt er, kurz yor dem Ende seines Gonso'
lats d. i. yor den Idus des Martins ; die Einschaltung
konnte daher erst auf das folgende Jahr treffen, welches
auch seiner Hypothese nach ein Schaltjahr war. — Dafs
der Consul seinen Antrag kurz yor seinem Aus-
tritt gemacht habe, ist ein bloiser Schluik, zu weichem
die Worte des Macrobius nicht berechtigen, und wenn
der römische Kalender damals noch regelmälsig fort-
schritt (erst mit dem Jahr 565 s(dl sein Gang gestört
worden sein), so begreift man nicht, warum eine Ein«
Schaltung in Vorschlag gebracht wurde, die sich yon
selbst yerstand.
Ein paar Einwüifci die sich De la Nauze hier
macht, weifi er leicht zu beseitigen. Die Floralia,
die auf den 28. Aprilis trafen, müisten im Jahr 516, wo
sie nach Plinius eingeführt wurden, dem I4ten julia-
nischen Noyember entsprochen haben. Der 28. Aprilis,
sagt er, war der Tag, auf den sie nach der julianischen
Reform fielen ; yor derselben war das Datum ihrer Feier
yeränderlich. Wir wollen sehen, wie sich Plinius
ausdrückt^): Floralia quarto Calen^das Mail institue-
•) H,N,X\m,69.
102 Technische Chronologie.
runt urbis anno DXVI ex oraculis Sibjrllae, ut om--
nia bene deßorescerent. Hunc diem Varro detemunat
sole tauri partem guartam decimam obtinente. Es war
also ein Fest, welches von seinem Ursprünge an, so
wie die Terminalia, Palilia, Robigalia und an-
dere, an ein bestimmtes Datum geknüpft war. Es
mä&te mithin nach De la Nauze^s Theorie durch
alle Jahrszeiten gewandert sein, und dies lä&t sicli
nicht annehmen, weil es in der Absicht gefeiert wurde,
ut omnia bene, oder, wie Yarro sagt ^), tempestiife,
deßorescerent. Mochte es auch in dem frühem Ka-
lender wegen des Meroedonius in einem dreiwöchent-
lichen Zeitmum umfaerscbwanken ; es blieb doch im-
mer auf dem Frühlinge haften, von welchem es blols
durch die in die römische Zeitrechnung eingerissene
Unordnung entfernt werden konnte.
Ein zweiter Einwurf betriflt das *ver saenany das
grolse Frühlingsopfer, welches nach alter Sitte in ge-
fahrvollen Momenten der Republik, z. B. als Hannibal
sich Rom näherte, den Göttern gelobt zu werden pflegte.
Es bestand nach Li v ins') in allem was der Frühling
ex suiHo, ouilhy caprlno, boviüo grege brachte, und
zwar, wie Plutarch^) und Feslus ausdrücklich
sagen, jedesmahl der nächstfolgende Frühling. Ein
solches ver sacrum war den Göttern im Jahr 5S9.d. St*
geopfert worden. Im fügenden erhob sich darüber nach
Livius^) ein Streit. Der Pontifex P. Licinins be-
') Ä.Ä.1,1.
**) XXIIi9, 10. Vergl. Fcstus y. ver sacrum,
') Vita Fabii c. 4.
'*) XXXIV,
RÖMBA. 103
hauptetei es müsse, als uimchtig dargebiacht, medeiv
hoUt werden; denn 'ver sacrum 'uideri'pecus, quod na--
tum esset inter Calendas Martias et pndie Cakndas
MaiaSi P. Comelio Scipione et T. Sempromo Lonßo.
ConsuUbus. ,,Man sieht," sagt De la Nauze, nach:
dessen System das i«r sacrum dem julianischen I7o^
Yember und Deoemher entsprochen hahen mülslef ,,man,>
,1 sieht, dais die Partei, die es, unabhängig von den.
,,Jabrszeiten, an den Kalenderlagen, erhallen wissen;
„wollle, an die es ursprünglich geknüpft worden war,
j,deli Sieg über diejenigen davon trugv die es, der an-
„fitnglichen Anordnung gemttis, dem Frühlinge anr
,, eigneten.*' Wie ist es aber denkbar,^ da(s man mit
dem Worte ver so gespielt haben sollte l Die Zeilbestim-
mung P. Comelio Scipione et T. Sempronio Longo Coss,,
welche das Jahr 560 gibt, zeigt oflenbar, dafs der ganze
Gegenstand des Streits blofs die Frage betraf, ob die
Erzeugnisse des Jahrs 559, wo sich das Gelübde erle-»
digt haben mochte, oder die des folgenden Früh-*
lings lum *ver sacrum zu nehmen seien. Wir wollen
uns übrigens die Schwierigkeit der Sache nicht ver-
hehlen; denn bei der damaligen Anomalie des römi-
>
5chen SLalenders waren der Martius und Aprilis Win-
termonate. Wir müssen entweder annehmen, dafs
Livius das Datum der miehrmals erwähnten, vier Jahr
später eintreffenden, SonnenGnslernifs unrichtig ange-
geben, oder die ursprüngliche Bestimmung des o^er
sacrum, nach der es mit dem Martins und Aprilis
zusanunengehört haben mufs , auf das Jahr 560 über*
getragen und dem Pontifex Licinius Worte in' den
Mund gelegt hat, die er nicht füglich gesagt habep
kann.
1 1 < .«
104 Technische Chronologie.
Wir nnd nun mit De la Nauze bis zum Jahr
565 d. St. gekommen, wo nach seiner Hypothese die
erste Unordnung im römischen Schaltwesen entstanden
ist. Siö gibt sich, sagt er, auf folgende Weise zu er-
kennen. ,, Unter dem Consulat des L. Aemilius Paulus
und C. Licinius Crassus, im Jahr 586, ereignete sich
eine Mondfinstemils, wie Liyius berichtet'), Tiocle
qiuun pridie Nonas Septembres insecuta est dies, also
am dritten römischen September. Diese Finstramiis kann
keine andere sein, als die totale, die in der Nacht vom
21 zum 22. Junius des julianischen Kalenders im Jahr
168 v.Chr. eingetroffen ist'). Der 15. Martins, mit
Front' Sirai.hi2^S. Yal.Maz.YIII, 11.
') Nach meiner Berechnung trat zu Rom der Anfang der Fin-
sternifs um 5 U. AA\ der Anfang der totalen Verdunkelung um
6 U. 5i\ das Mittel um 7 U. 34', das Ende der totalen Verdun-
kelung lim 8 U. 18' und das Ende der ganzen Finstemifs um
9 U. 24' Abends w. Z. ein, in Macedonien, unter 40 Grad Lange,
99 Min. später. Die Sonne ging zu Rom und in Macedonien um
7 U* 33' unter. Eine Nachtstunde dauerte 44y Min. Aequato-
realzeit. Die erste Nachtstunde endigte sich also um 8 Ü. 17',
die zweite um 9 ü. 2', die dritte um 9 U. 46', die viei^te um
10 U. 31'. Der Mond ging demnach in Macedonien total rer-
dunkelt auf, das Mittel der Finstemif« trat am Ende der ersten
Nachtstunde ein, 'die totale Verdunkdting hörte am Ende der
zweiten und die ganze Finstemifs gegen die Mitte der vierten
auf. Man sieht der Tribunus militum G. Sulpicius Gallus,
der seihen Soldat^ auf die nächste Nacht ab hora secunda
usque ad quartam eine Mondfinstemifs rei kündigt haben s<^l,
muA. «ich sehr gut auf ihre Berechnung vei^tanden haben» Auch
Plinius und Frontin us reden von einer Vorherverkündi-
gung. Nach Cicero 'dagegen {de RepubL 1, 15. p. 44 ed. Maii)
hatte er die Armee blofs über die Statt gefundene Finstemifs
belehrt — haud dubitavit postridie palam in castHs döcere
Römer. 105
welchem das Jahr 586 d. St. hegann, entsprach mithin
dem 4ten julianischen Januar 168 v. Chr. Das Jahr
565 d. St. hat aber am 30« November 190 y. Chr. sei-
nen An£sing genommen. Das Intervall zwischen beiden
Datis beträgt 7706 Tage, da doch die 21 römischen
Jahre bei ungestörter Einschaltung nur 7680 hielten.
£s sind mithin in diesem Zeiti'aum 26 Tage zu viel
eingeschaltet worden, welche sich folgendermafsen nach-
weisen lassen. Livius sagt von L. Scipio Asiaticus,
weldier 564 Consul war: Triumphavit mense intercä"
lario pridie Calendas Martias — anno fere post^ quam
consulatu abiit ^). Dies geschah also am Schluls des
Jahrs 565, das mithin ein Schaltjahr war, da es, als
ein ungerades, ein Gemeinjahr hätte sein sollen. Dann
ging die Einschaltung wieder ganz ordentlich fort bis
zum Jahr 584 , das , wie alle geraden , ein Schaltjahr
war, und zwar mit einem Schaltmonat von 25 statt 22
Tagen; denn Livius bemerkt'): Hoc anno interca^
latum est; tertio die post terniinaUa Calendae inter-
calares fiiere. Nehmen wir also diese drei Tage mit
jenem auiserordentlichen Schaltmonat, der füglich 23
Tage gehalten haben kann, zusammen, so haben wir
die 26 zu viel eingeschalteten Tage." — Daus das Jahr
565 ein Schaltjahr war, ist gewifs; ob gerade ein
aufserordentliches, wollen wir nicht mit Sicher-
nuUum esse prodigium. Eben so stellt Yalerius Maximus
die Sacbe dar, vermutlilich der Wahrheit gemäfser. Auch das
(d^i^iovy plötzlich^ beim Plutarch, deutet eben nicht auf eine
erwartete Finstemifs.
*) xxxvn,59.
-") XLin, 11.
106 Technische Chronologie.
heit behaupten. Von dem tertio die post temunaUa
ul schon oben (2,64) die Rede gewesen. Auf keinen
FaD kann es von drei vollen Tagen zwischen den
beiden Grenzen genommen werden.
Eine zweite aufserordentliche Einschaltung, und
noch dazu von zwei Monaten, soll im Jahr S87 unter
dem Consulat des Q. Aelius Paetus und M. Innius
Pennus Statt gefunden haben; denn Livius sagt^):
Intercalatum eo anno, da doch dieses Jahr als ein un-
gerades ein gemeines hätte sein müssen. Dafs aber der
Mercedonitts zwiefach war, folgert De la Nauze dar-
aus, da£i die Censoren des Jahrs 586 nach Livius')
um eine Amtsverlängerung von einem Jahr und zwei
Monaten anhielten. Man verweigerte sie ihnen zwar,
sagt er, mufii aber nichts desto weniger ihrem Wunsch
gemäis, das nächstfolgende Jahr um zwei Monat ver-
längert haben. In der That ein bündiger Schluis! So
willkührlich auch das Schaltwesen um diese Zeit schon
gehandhabt sein mag, so ist es doch/ nicht wahrschein-
lich, dofs man in Einem Jahr zwei Monate eingeschaltet
habe. Und Livius sollte es nicht der Mühe wertli ge-
halten haben, eine solche auflallende Anomalie zu be-
merken ? -
Die Iiiothwendigkeit eines dritten aufsen>rdenUichen
Mercedonins entweder für das Jahr 587, od^r doch für
ein nicht sehr weit davon entferntes, sucht De la
Nauze auf folgende Weise dai*zuthun. M. Porcius
Cato, der im Anfange des dritten punischen Krieges
(im Jahr 604) starb, beschäftigte sich in den letzten
•) XLV, 44.
») XLV, 15.
RÖHER. 107
Jahren seines Lebens mit dem Ackerbau und verfafste
ein kleines noch vorhandenes Werk über denselben.
In diesem stehn die römischen Monate in eben dem
Yerfaältnisse zu den Jahrszeiten, -^ie im spätem julia-
nischen Kalender. So hetist es c. 146 : Dies argento
ex Cal. Noy. mensiwn decetn oleae legendae faciun*
daequß locaia est, et si emtor locarit, Jdibus soU^ito.
Es ist vom Verkauf der Oliven am Stamm die Rede,
nach PI in ins*) begann die Olivenemte nach der
Weinlese um die Zeit des Untergangs ^der Plejaden,
den er auf den 11. November setzt ^). Hiermit kommt
Cato's Vorschrift sehr gut überein, der die Oliven
am Stamm zum 1. November verkauft wissen will. Von
hier an sollen dem Käufer zum Einsammeln, zur Be-
reitung des Oels und zum Verkauf zehn Monate bewil-
ligt sein; wenn der Käufer aber die Ernte wieder ver-
kaufen will, so soll er dem ersten Verkäufer schon um
die Mitte des November Zahlung leisten.
Zu Cato's Zeit stimmte also der rSmische Kaien«
der mit dem )ulianischen überein, was nach De la
Nauze's Theorie blofs dem zufälligen Umstände bei«
zumessen ist, da(s er gerade schrieb, als der römische
lanuarius seinen Kreislauf durch das julianische Jahr
vollendet hatte. Wie ist es aber denkbar, da6 Gato
die Wandelbarkeit des römischen Jahro in seinem Werk
gar nicht berücksichtigt haben sollte? Gesetzliche Vor-
schriften, wie er sie imter andern noch über den Ver-
kauf der Weintrauben gibt, kcnmten im alten rdmi'-
sehen Kalender, wenn es damit wirididi die von De
*) H. /v. xvra, 74.
^) n,47.
108 Technische Chronologie.
la Na uze angenommene Bewandnils hatte, gar nicht
an bestimmte Data geknüpft weiden , weil sich nach
30 Jahren schon alles um einen Monat yerschoben
hatte. Cato's unstreitig ächte Schrift dient vielmehr
zum Beweise, dals das römische Jahr zu seiner Zeit
durch einen Schaltcydus gesegelt sein mufste, und dafii
nur durch die Schuld der Pontifices Anomalien ent-
standen, die er natürlich unberücksichtigt liels.
Mit dem Jahr 601 d. St. begannen die G)nsuln
ihre Amtsführung an den Calendis des lanuarius'. Die
Einschaltung ging nun nach De la Nauie auf die
ungeraden Jahre über, indem das Jahr 600 wegen des
anticipirten Eintritts der Gonsuln ein gemeines gewor-
den sein soll. Das Schaltwesen erlitt hierauf seiner Mei-
nung nach bis zum Consulat des Cicero (im Jahr 691)
keine Anomalien weiter, aber desto häufigere nach dem-
selben , wo bis 708 , dem letzten vor der julianischen
Reform, sieben Schaltmonate übergangen sein sollen.
Man sieht, dals in dieser Hypothese von einer Aus-
gleichung des altern römischen Jahrs mit dem Sonnen-
. jähr vermittelst einer Schaltperiode durchaus keine
Rede ist, da sich doch die sehr bestimmte Nachricht
von einer vier und zwanzigjährigen findet, die wir so
ganz zu vernachlässigen unmöglich berechtigt sind.
Bei der grofsen Willkühr, mit der die Pontifices'
das Geschäft der Einschaltung betrieben, scheint der
einzig sichere Weg, zur Kenntnifs der Stelle zu gelan-
gen ^ die ein jedes Consujat im julianischen Jahr ein*
nimmt, da: zu sein, dais man ohne vdrgefafiite Mei-
nung durch sorgfaltige Vei*glcichung aller sich ergeben-
den Zeitmerkmale die julianischen Data der einzelnen
Begebenheiten wenigstens annäherungsweise zu ermitteln
RÖMBB* 109
sucht. Diesen Weg hat Hr. Albert in aeinem Ahrige
chivnologüjua de VHistoire Romaine ^), so weit Li-
yins und Dionysius seine Führer waren, nicht ohne'
Glück betreten.
So unhaltbar nun auch De la Nauie's Hypo-
these im Ganzen sein mag'), so ist doch das, was er
über die Jahrsxeiten einzelner von Cicero nach Mo-
natstagen bestimmten Begebenheiten aus dem Zeitraum
seines Consulats und der folgenden Jahre beibringt, aller
Aufmerksamkeit werth«
Scaliger, Calyisius, Petavius, Usserius und
fast alle übrigen Chronologen und Annalisten, sind der
Meinung, da(s zur Zeit dieses Consulats der römische
Kalender dem julianischen schon eben so vorgeeilt sei,
wie siebzAn Jahre spater bei seiner Reform durch Ctf«
sar. Scaliger z.B. sagt^), Cicero habe dasselbe im
Jahr 4650 der juliauischen Periode (64 v. Chr.) ent-
weder am 13ten oder 23. Oktober angetreten, je nach-
dem das vorhergehende Jahr ein Gemein« oder ein
Schaltjahr gewesen sei« Man nimmt daher gewöhn-
lich an, dafii die Mondfinsternifs , deren er im zwei-
ten Buche seines Gedichts Consulatus mit den Worten
gedachte^):
*) Vjirt de virißer les dates avant Vire chrätienne
Tom. rV und V.
^) Man yergleicbe, was Hi*. Daunou über sie urtheilt. Jour^
nal des Savans 1820, p. 658 ff.
^) Emend* temp. I.V. p. 443.
*) De divin. 1, 11. Er besang sein Consulat in einem eigenen
Gedicht, von welchem er uns an dieser Stelle ein Fragment auf-
bewahrt hat.
110 Technische Chronologie.
Quod forme dirum in tempus cecidere Latinae^
Cum claram speciem concreto htmine hoia
Abelidit, et subito stellanti nocte perenUa est,
die partielle yom 7. November 64 y. Chr. gewesen sei ').
De la Nauze dagegen macht den 1. lannarias 691 zum
I4ten julianischen März 63 y. Ghr.> und bringt uns
so das Gonsulat um ganze fiinf Monate näher. Nach
ihm ist die Mondfinstemifs , yon der Cicero spricht,
die totale yom 14. Mai des Jahrs 63.
Dafs, wenn auch er nicht bis auf den Tag Recht,
doch seine Vorgänger entschieden Unrecht haben, geht
meines Eitichtens unwidersprechlich aus den Zeitum-
ständen der caülinarischen Verschwörung heryor. Aus
der Hede pro P, Sjrlla') ersehen wir, dais Gatilina
und seine Mityerschworenen ihre Plane in der Nacht
yerabredelen, quae conseciUa est posterum diem NonO'
nun Novembr. , also in der zum 7- Noyember. Am
8ten hielt Cicero die erste seiner noch yorhandenen
Reden gegen ihn, und am folgenden Tage die zweite.
In der letztern nun sagt er^): F'eruntamen quid sibi
isti miseri 'volunt? num suas secwn muUerculas sunt in
castra ducturi? quemadmodum autem iUis carere po--
terunty his praesertim noctibus? quo autem pacta
illi j^penninwn atque illas pruinas ac nives per^
ferent'? Dies pafst schlecht auf die letzte Hälfte des
August , in die der 9. November gehört haben müfste,
wenn der 1 . lanuarius des verschobenen römischen Ka-
i *) Dieser Meinung ist zum Beispiel Gal?ititts. Opus chro^
nologicum p. 397 ed. Francof. 1650, fol.
I *) eis.
fc ') c. 10.
RÖHEE. 111
lenders dem 13. Oktober des julianlschen entsprochen
hätte. Dio Cassius ferner berichtet^), GatUina sei
gleich im Anfange des Jahrs, in welchem lunius
Silanus und L. Licinius G>nsuln gewesen (692 d« St.)
vernichtet worden, also nach der gewöhnlichen Ansicht
bis z«r Mitte des Oktobers, und doch sagt Cicero in
seiner Rede pro P. Sexdo ') : Si M. Petreü non exceU
lens animo et amore reipublicae ^irtus, non summa
audoritas apud milites ... fuisset, datus illo in
hello esset kiemi locus ^ neque unquam Catilina,
cum e pruina Apennini atque e nivibus Ulis
emersisset, atque aestatem integram nactus, Jtaliae
calles et pastorum stabula cepisset, sine muUo sanguine
ac sine totius Jtaliae *vastitate miserrima concidisseU
Alles dies stimmt, wie man sieht, sehr gut zu De la
Nauze's Ansicht, dafs der römische Kalender damals
um dritthalb Monate retardirte; denn der kurze gegen
Gatilina unternommene Feldzng triflt hiemach auf den
Februar. Auch gelten obige Verse des Cicero offenbar
auf eine totale Mondfinsternils, nicht zu gedenken, dals
die Feriae Latinae, mit denen er dieselbe in Yer-
Lindung bringt, als ein auf dem hohen Mons Albanus
gefeiertes VdUisfest der Einwohner Latiums, schicklichei*
in den Mai als in den November zu setzen sind ^).
«) /?«/. XXXVn, 39.
») C.5.
*) Die Zeit ihrer Feier ww unbestimmt. Doch finden wir
gewöhnlich nur Frühlingsmonate genannt. Man vergl. Livius
XXV, 12 ; XU, 16 ; XLH, 35 ; XLIV, 22, Verhehlen wollen
wir uns übrigens die Schwierigkeit nicht, die das ein paar Vene
früher Ton Cicero dem Mons Albanus beigelegte Epitheton /ii-
valis verursacht.
112 Technische Chronologie.
Noch eine Bestätigung erhttlt diese Ansicht durch
den Horoskop des August, der sich nach der Stel-
lung, die man sonst den römischen Monaten während
Cicero 's Gonsulat gab, nicht befriedigend erkläiea
läfst. Dieser Gegenstand, der zu vielen Streitigkeitea
Anlafs gegeben hat ^), verdient hier eine Erörterung.
August wurde nach Suetonius M. TulUo Cicerone,
C. Antonio Coss, IX. Cal. Octohr. paullo ante solis
exortum geboren'). Hier fragt sich zuvöitlerst, ob
der 23. September des damaligen verschobenen römi-
schen Kalenders oder des julianischen gemeint sei.
Letzteres nimmt Dodwell an^), voraussetzend, dafs
August das römische Datum seiner Geburt auf den spä-
terhin von Cäsar rectificirten Kalender reducirt habe.
Für diese Meinung spricht die Lebensdauer, die wir
ihm beigelegt finden ; denn vom 23sten julianischen
September des Jahrs 691 d. St. bis zum. 19. August 767,
wo er starb, verflielsen 76 Jahre weniger 3S Tage, die
ihm Suetonius^), oder 75 Jahre 10 Monate 26 Tage,
die ihm Dio Gassius gibt ')• Es ist aber weit wahr-
scheinlicher, dafs der 23. September des alten Kalen-
ders nach Einführung des neuen unverändert als der
Geburtstag des Imperators beibehalten wurde, und die
') Man sebe den Thesaurus numismatum Imperaionun Mo-'
rellianus, Tom. L p. 19^ ff.
^) j4ug, c. 5. Dasselbe Datum findet sieb in einem Ton August
an seinen Enkel Caius geschriebenen Briefe (GelliusiV. >^. XY, 7)
und in den Calendariis Maffaeiorum, Pinciano und Gaprani-
c o r u m bemerk t. Man vergleiche die Sammlung des F o g g i n i.
^) De Cyclis X, 3.
*) €.100.
•) LVI,30.
Römer. 113
beiden Geschichtsclirelber hiemach seine Lebensdauer
berechnet haben, ohne sich um den gewils schon da-
mals schwer zu bestimmenden Siu dieses Tages im
julianischen Kalender zu kümmern. Dies ist auch
Scaliger's und Petayius Meinung. Nun erzählt
Suetonius^), August habe sich von dem Malhemaüker
(Astrologen) Theogenes die Nativität stellen lassen und
so viel Vertrauen zu dessen Verkündigungen gefafst, ut
thema suuni 'viägaverit, nummumquc argentewn nota
sideris Capricorni, quo natus est, percusserit. Der-
gleichen Münzen sind noch mehrere vorhanden* Der
Horoskop des August , d. i. das in der Stunde seiner
Geburt aufgehende Zeichen des Thierkreises, war also,
wenn anders Theogenes richtig gerechnet hatte, der
Steinbock. Wie ist aber dieses Zeichen und die
Frühstunde, in der die Geburt geschehen sein soll,
mit dem Julius zu vereinigen, auf den damals nach
der gewöhnlichen Annahme der 23ste römische Septem-
ber traf? Scaliger'} durchhauet den Knoten, indem
er den Suetonius in der Angabe der Tagszeit eines
Irrthums beschuldigt, und die Geburt auf den Abend
setzt. Alles hingegen geht klar auseinander, wenn wir
*) c. 94. In eben diesem Kapitel wird angemerkt, August sei
an einem Tage geboren, wo der Senat über Catilina verhandelt
habe. Bedenkt man, dafs Cicero schon eine geraume Zeit vor
Ausbruch der Yei'schwörung von ihrer Existenz untenichtet war
und den Senat davon in Kenntnifs setzte, so wird man bei die-
ser Notiz wenig Schwierigkeit finden. Dodwell hingegen be-
nutzt sie, um den 9* November des alten Kalenders, an welchem
die zweite catilinarische Rode gehalten worden ist, als den eigent-
lichen Geburtstag Augustes festzustellen.
*) Emend. temp» 1. Y. p. 443.
n. (8]
114 Technische Chronologie.
der Ansicht des französischen Gelehrten beitreten* Nach
dieser traf der 23ste römische September auf den 28sten
jiilianischen November, und erwägen wir, dafs die Rö-
mer die Aequinoctien und Solstitien auf die achten
Grade der entsprechenden Zeichen setzten ^), so wer-
den wir keine Schwierigkeit finden, den Aufgang des
Steinbocks mit der ante soUs eocortum erfolgten Geburt
des Imperators zusammenzubringen.
Welchen Gang des römische Kalender weiter wäh-
rend der letzten siebzehn Jahre vor seiner Reform ge-
nommen hat, wird sich durch ein genaues Studium
der Werke des Cicero, besonders «einer Briefe, de-
ren aus allen Jahren dieses Zeitraums noch viele vor-
banden sind ') , mit ziemlicher Sicherheit ausmitleln
lassen.
Das Jahr 708, unmittelbar vor der Reform, hatte,
wie die unten beizubringenden Zeugnisse lehren wer-
den, 445 Tage. Es fing also den 13. Oktober 47 v. Chr.
an. Da nun das alte römische Gemeinjahr 355, das
Schaltjahr abwechselnd 377 und 378 Tage hielt, so
würden wir leicht den Anfang aller übrigen Jahre aus
dem gedachten Zeitraum angeben können« wenn wir
die Schaltjahre kennten. Mit Bestimmtheit wissen wir
aber nur vom Jahr 702, dafs es ein solches war').
Alle übrigen macht De la Na uze zu Gemeinjahren.
El* glaubt sich dazu uol so eher berechtigt, da Ma-
') S. unten.
') Man vergleiche die chronologische Anordnung derselben in
der schiitzischen Ausgabe, wo ab^r nach der catonischen Acre
gerechnet ist.
') S. die oben (2,60) citirte Stelle des Aiconius Pedianus.
RÖMBE. 115
crobius eiomahl bemerkt^).: Fiat tempus, cum prop-
ter superstitionem intercalaäo omnis omissa est. Auf-
fallend nur bt es, dals Mieder Gensorinus noch ein
anderer einen so merkwürdigen Umstand, wie die Weg-
lassung so vieler Einschaltungen kurz hinter einander,
nicht erwähnt hat* Wie willkührlich es übrigens beim
Einschalten damals zuging, lehren folgende Worte des
Cicero ') : lUud tarnen memento curare per te et per
omnes nostros, inprinUs per Hortensium^ ut annus m>- '
ster maneat suo statu, ne quid tum. decematur. Hoc
tibi ita mando, ut dubitem, an etiam te rogem, ut
pugnes, ne intercaletur. Er meint das Jahr seines Pro-
consulals, 704 d. St. Der Tribun Curio hatte damals
die Einschaltung betrieben'), aber nichts ausgerichtet —
de intercalando non obtinuerat, wie es in einem Brieüe
des Goelius an Cicero heilst*).
Wäre wirklich in dem Zeitraum von 691 ein«
scblieislich bis 708 nur einmahl, im Jahr 702', einge«
sdialfet worden, so würden die Anfange der Consular-
jahre also zu stehen kommen:
A. u. 691 den 14. Man 63 v. Chr.
- 692 den 4. März 62 -
- 693 den 22. Februar 61
- 694 den 11. Februar 60 -
- 695 den 1. Februar 59 -
*) &M,l4.
') jidJtticum\,9- Man Tergleiche Y, 13. und doch sagt er
sdbst: Diligenter habenda ratio intercaUmdi est etc, S. oben
(2, 49).
') Dio CtiiBiuB HisLXL, 62.
*) Jddiv.ym,6.
[8*1
116 Technische Chronologie.
A. u. 696 den 22. Januar 58 v* Chr.
- 697 den 12. Januar 57
-> 698 den 1. Januar 56
- 699 den 22. Deceraber 56
- 700 den 12. Deoember 55
«- 701 den 2; December 54
- 702 den 21. November 53
* 703 den 3. December 52
- 704 den 23. November 51
- 705 den 13. November 50
- 706 den 2. November 49
- 707 den 23. Okiober 48 -
- 708 den 13. Okiober 47
und es wäre nun die Frage, o)> sich alle Zeitbestim-
mungen beim Cicero ungezwungen in diese Hypo-
these fügen. So viel ich sehe, allerdings. Wenn er
1« B. im Jahr 700 an den Atticus schreibt *), er habe
von seinem Bruder Quintus und von Cäsar Briefe, vom
26. September an den Ufern Britanniens nach Beendi-
gung des dortigen Feldzuges datirt, erhalten , so stimmt
damit die Angabe Cäsar*s'), dafs er seine Armee ge-
gen das Aequinoctium aus Britannien zuinickgezo-
gen habcj ganz gut überein; denn nach vorstehendem
Schema entsprach der 26s te römische September da-
mals dem 31sLen julianischen August, und das Herbst-
äquinoclium traf auf den 25sten julianischen Septem-
ber. Im Jahr 705 datirt Cicero einen Brief an den
Atticus^) vom 16. Mai, worin er sagt: Nunc qwr
') IV, 17.
') De hello Gallico Y, 23.
•) X, 17.
Römer. 117
dem aequinoetium nos monxtur. Der 16te römische
Mai war der 246te julianische Man, der Tag nach
dem Frühlingsäquinoctium.
ly. Jahr des lulius Cäsar.
Die Pontifioes, denen die Aufsicht üher den Ka-
lender oblag, bedienten sich desselben, im EinverstSnd-
niis mit ihrer Kaste, als eines Mittels zui* Bedrückung
des Volks. Zwar hatte der gewöhnlichen Sage nach
der Scriba Gn. Flayius im Jahr 450 d. St. das Ge-
heimnils der dies fosti verrathen*); allein es blieb
ihnen noch immer der Schallmonat ') , den sie ihren
jedesmaligen Privatabsichlen gemäfs gegen die Norm an-
zusetzen sich erlaubten. Sie allein, sagt Plutarch '),
wufsten um die Zeit; plötzlich und ohne dals es je-
mand ahnte, schoben sie den Schaltmonat ein. Da-
*) Ftuios circa forum in albo proposuit, ut, quando lege
agi posset, sciretur, Liv. IX, 46. Vergl. Cicero pro L. Mu^
raena c. 11. Yal. Max. II, 5. Macrob. SaLl^iS, Aus einem
Briefe des Cicero an deil Atticus (VI, 1) eraehen wir übrigens,
dafs dieser die ganze Geschichte bezweifdt und jener ihm daiin
nicht ganz unrecht gegeben hatte.
') Pontißcum arbitrio intercalandi ratio permissa, Censor.
c. 20.
^) Vita Caes, c. S9. Man yei^gleiche die oben (2, 97) aus
Censorinus, Aromianus Marcellinus und Solinus citir->
tcn Stellen. Cicero konnte daher, Tvas nach unsem Begriffen
sonderbar klingt, an den Atticus schreiben (V,21): Cum scies
Jtomae intercalatum sit, necne, velim ad me scribas. In
einem andern Briefe (ad div.yU.^ 2) sagt er: Quotidie vota
facimus, ne intercaietur, ut quam primum te videre poS'*
simus.
118 Technische Chronologie.
durch entstand eine solche Verwirrung im Kalender,
ut nequß n^essium foriae aestati, neque afindenuar-
nun autumno competerent, wie Suetonius sich aus-
drückt*).
lulius Cäsar erwarb sich als Pontifex maximns,
welche Würde er in seinen letzten Jahren unter den
höchsten im Staat bekleidete , das grofiie, noch auf die
späteste Nachwelt wohlthätig einwirkende , Verdienst,
dafs er nicht blols die römischen Honale lu den Jahrs-
leiten zurückführte, denen sie ursprünglich angehört
hatten, sondern auch zur Verhütung fernerer Verschie-
bungen eine möglichst einlache Schaltrq;el aufstellte.
Bei seinem Aufenthalt im Orient hatte er das reine
Sonnenjahr kennen gelernt. Die Aegypter haben zwar
den Vierteltag im bürgerlichen Leben nicht vor dem
Jahr 30 v. Chr* zu gebrauchen angelangen ; allein die
Hundsstemperiode , wodurch ihr bewegliches Jahr mit
dem festen ausgeglichen wurde , war auf denselben ge-
gründet. Er hatte nun den einfachen Gedanken, eine
vierjährige Ausgleichung einzuführen, indem er dreien
'ägyptischen Jahren zu 365 Tagen ein viertes zu 366
beigesellte, wodurch ein Cyclus von 1461 Tagen gebil-
det wurde, der nur um etwa -f- Stunden zu lang ist.
Dies gibt alle 128 Jahre einen Tag zu viel. Ob er
den Unterschied mit Hipparch in 300 Jahren auf
einen Tag, oder mit Gallippus auf Null gesetat hat
(1,344,352), lälst sich nicht mit Sicherheit entscheiden,
da die nicht ungelehrten astronomischen Schriften, die
er nach Macrobius hinterlassen haben soU'), iinter-
') Caesarea.
') Siderum motus, de quibus non indoctos lihros reliquii,
ab Jegyptiis disciplinis hausU, Satum.l^XS. Plinius lUhrC
Römer. 119
gegangen sind; genug er beriicLsichtigte denselben bei
seiner Schalteinrichtung nicht«
Die Ausdrücke, in denen die Schriftsteller von sei-
ner Kalenderverbesserung reden ^), zeigen, dafs er we-
der, wie in gleichem Falle Gregor XIII, blofs seinen
Namen dazu hergegeben hat, noch ganz ohne Zuzie-
hung der Gelehrten dabei zu Werke gegangen ist. Als
sein iiilius und Glavius werden uns von Plinius der
Peripatetiker Sosigen es, und von Macrobius der
Scriba M. Flavius genannt. Jener scheint ihm bei
der wissenschaftlichen, dieser bei der technischen Partie
behülflich gewes^ zu sein.
Das Wesen und die Umstände der Reform lehrt
uns am bündigsten Gensorinus kennen. Jdeo aber^
ratum est^ sagt er^ ut C. Caesar Pontifex Maximus ^
suo III. et M. AemiUi Lepiäi consulatu, quo retro
delictum com'geret, duos menses intercalarios dierum
sexaginta septem in mensem Novembrem et Decem-
brem interponeret, cum iam mense Februario dies tres
et viginti intercalasset, Jaceretque eum annuni dierum
CDXLVy simul prosddens in fiUurumy ne iterum erra-
retur, Nam intercalario mense sublato, annum ciVi-
lem ad solis curswji formavit. Itaque diebus CCCLF'
addidit X^ quos per septem menses^ qui dies undetri"
unter den von ihm beim achtzehnten Bach benutzten Quellen ein
Werk Cäsar*s de astris an.
*) Die Hauptstellen sind: Plut. vita Caes.l.c, Dio Cas-
sius XLin, 26. Appianus de hello civ, 1. II. extr. Ovid.
Ftf5MII, 155ff. Suct. CflM.l.c. Plin.Ä.iV.XVIII,57. Censo-
rinusl. c. Macrob. ^/um. I, l4. Am mianus Marc. XXVI, 1.
An letzterm Ort wird die Refoiin irrig dem August zuge-
schrieben.
i
120 Technische Chronologie.
cenos habebantf ita distribuit, ut lanuario et SextiU
et Decemhri bini accederent, caeteris singuU: eosque
dies extremis partibus mensiiun apposuit, ne scilicet
religiones sm ciuusque mensis a loco submo9erentui\
Quapropter nunc cum in Septem mensibus dies singuU
et triceni sint, quatuor tarnen Uli ita primitus instituti
eo dinoscuntur, quod Nonas habent septimanas, caeteri
quintanas. Praeterea pro quadrante diei, qiä annum
Oferum suppleiurus videbatur, instituit^ ut peracto qua^
driennii circuitu dies unus, ubi mensis quondam soU"
bat, post Terminalia intefcalaretur , quod nunc bis^
sextum ^ocatur. Ex hoc anno ita a Julio Caesars
prdinato, caeteri ad nostram memoriam luliani ap^
pellantur, iique consurgunt ex quarto Caesaris con^
sulatu.
Das Jahr also, dem CSsar eine so abnorme Ge*
stall gab» um die Calendas des lanuarius, die bis ge-
gen die Herbstnachtgleiche zurückgewichen waren, su
ihrer ursprünglichen Stelle im Sonnenjahr zurückzu*
schieben, war das, auf welches sein drittes G>nsulat
trifll, nämlich 708 d. St., 46 y. Chr. Von den neuem
Chronologen wiixl es das Jahr der Verwirrung
genannt, von Macrobius tretender annüs confusio-
nis ukimus. Nach Gensorinus bestimmter Angabe
der Länge der drei eingeschalteten Monate läfst sich
mit Zuziehung der ursprünglichen Dauer der übrigen
leicht folgendes Schema entwerfen:
RÖMBB
121
Römiflche Monate. Tagzahl.
Anfang im
juliaoischen Kalender.
lanuarius a. u« 708
29
13. Oktober 47 y. Chr.
Febiiiarius
23
11. November
Heicedonius
23
4. December
LeUle 'f age des Februarios
5
27. December
Martius
31
1 • Januar 46 y. Ckr.
Aprilis
Maius
29
31
1. Februar
2.Mär2
Iimiiis
Quintilis
Sexlilis
29
31
29
2. AprU
I.Mai
1* Junius
September
October
29
31
30. Junius
29. Julius
•
November
Zwei aufserordentliche
29
29. August
Schaltmonate
December
67
29
27. September
3. December
lanuarius a. u. 709
1. Januar 45 v. Chr.
Summa
445
Macrobius spricht nur von 443 Tagen. Da er aber
die Daner der Schaltmonate nicht angibt, so verdient
Censorinus Aussage den Vorzug. Dals das Jahr der
Verwirrung aus fünfzehn Monaten bestanden habe,
sagt auch Suetonius sehr bestimmt: Quo autem mar
gis in posterum e Calendis lanaarüs nobis temponun
ratio congrueret, inter Novemhrem ac Decembrem men*
sem interiecit duos alios, ßdtque is annus, quo liaec
consütuehantur , XV mensium cum intercalario , qui
ex consuetudine in eum annam inciderat. Wenn also
122 Technische Chronologie.
Dio Cassius versichert, dafii nur 67 Tage eingeschal-
tet wurden und die Angabe Ton mehreren als unrich-
tig verwirft^), so hat er Recht, in sofern auf den
Meroedonius, der auf das Jahr der Verwirrung ex con^
suetudine traf, keine Rücksicht genommen wird. Auf
keinen Fall kann diesem Zeugnils der Vorzug vor dem
des Suetonius und Censorinus eingeräumt werden,
was gleichwohl von De la Nauze geschieht, der das
Jahr 708 erst mit dem 5. November anfkngt*
Die 67 aufser der Ordnung eingeschalteten Tage
sind nach Puteanus nicht unwahrscheinlicher Mei*
nung ') also vertheilt gewesen :
Mensis intercalaris prior 29 27* September
Mensis intercalaris posterior 31 26. Oktober
Epagomenen 7 26. November.
Von dem erstem Monat ist in folgender Stelle des
Cicero die Rede'): Ego idem tarnen cum a. d, V.
CaL intercalares priores, rogatu fratmm tuo-
nun, venissem mane ad Caesarem • . • Dieses Datum
entspricht dem 23sten julianischen September.
Man kann, fragen, wodurch Cäsar bestimmt wor-
den sei, dem Jahr der Verwirrung gerade die Dauer
beizulegen, die er ihm gegeben hat. Offenbar wollte
er die Calendas des lanuarius zu ihrer ursprünglichen
Stelle in der Gegend der Bruma oder des kürzesten
Tages zurückfuhren. Das Wintersolstitium ereignete
sich im Jahr 46 v* Chr. unter dem Meridian Roms am
') De hissexto col. 442.
') Ad dis^.yi,ik.
RÖMBR. 123
24. Deoember um 0 U. 9' Morgens. Hatte er den 1. la-
nuarios gerade auf die Bnuna setzen 'woUen ^)) so hätte
er die sieben Epagomenen sparen können. Er mnis
aber sugleich die Absicht gehabt haben, den Anfang
des ersten richtigen Jahrs auf den Neumond zu brin-
gen, der zunächst auf die Bruma folgte, um auch in
diesem Punkt seine Achtung für die uralten, von ihm
so viel als möglich beibehaltenen Kalendereinrichtun-
gen des Numa an den Tag zu l^n. Der mittlere
Neumond ereignete sich nach meiner Berechnung zu
Rom am 1. Januar des Jahrs 45 v. Chr. oder 709 d. St.
um 6 U. 16' Abends und der wahre am 2. Januar um
1 U. 34' Morgens. Auf diesen Umstand zielt ohne Zwei-
fel Macrobius mit den nicht ganz treffend gewählten
Worten: Annum ciyilem Caesar hahitis ad lunatn
dimensionihus constitutum edicto palam posito pur
hlica\dt^). Schade, dafs dieses Edikt nicht auf uns
gekommen ist! Auch Plutarch erwähnt dasselbe,
wenn er Tom Cicero die Anekdote erzählt, dafs er,
als ihm jemand nach der Kalenderreform sagte, mor-
'} Mit den Worten des OTidiui:
Bruma novi prima est veterisque novissima solis,
Principium capiunt Phoebus et annus idem,
Fast, 1, 163.
mufs man es nicht ganz scharf nehmen. Selbst der sonst bo ge-
naue Gensorinus sagt (c. 21): Einige (er meint die Römer),
fangen ihr Jahr a novo sole id est a bruma an. Bestimmter
drückt sich Servius aus, wenn er zu Aen.yjl^*!20 sagt: Pro^
prie sol no9us est octavo Calendas lanuarias,
*) Lydus sucht den Grund der Stellung, die Cäsar dem
1. lanuarius gegeben, blofs in der Verkürzung des Mittagschat-
tens, wekhe erst acht Tage nach dem Wintersobtittum merklich
zu werden anfange p. 4l.
124 Technische Chronologie.
gen wird die Leier aufgehen, spöttisch antwortete: vei
hc dutTdyfjiaTog ^ ja wohl, nach dem Edikt!
Aus Plinius^) und Golumella') ersehen wir,
dafs Cäsar das Wintersolstitium auf den YIU. Cal. lan.
oder den 2I). Deoember gesetzt hat ^). Da es nun zu sei-
ner Zeit zwischen dem 23 und 24. Deoember schwankte,
so scheint sein astronomischer Consulent Sosigenes
hei der Bestimmung der Bruma nicht yon eigenen Be*
ohachtungen ausgegangen, sondern frühem, yielleicht
denen des Hipparch, gefolgt zu sein. Die übrigen
Cardines setzte er der Gleichförmigkeit wegen ebenfalls
auf die YIIL Calendas , ungeachtet das FrühlingsäquI-
noctium damals über einen Tag früher, und das Som-
mersolstitium einen, das Herbstäquinoctium zwei Tage
später erfolgte. Yielleicht war es dieser Umstand, der
*) A.a.O.
») Ä.Ä.IX,l4.
') Merkwürdig ist es, dafs Dionysius Ton Halicarnass,
der Ton Erbauung der Stadt bis auf seine Zeit 745 Jahre zahlt
{Jnt. 1,3)^ also nach Cäsar^s Reform schrieb, sagt (1,32), die
Luperealien würden im Februarius nach der Winterwende
gefeiert, und (1,38) die Idus des Maius wenig später als die
Frühlingsnacht gleiche annimmt, mithin die Jahrpunkte um
anderthalb bis zwei Monate hinter die Zeitpunkte setzt, die ihnen
in Casar*s Kalender angehören. Hr. Bredow glaubt, dafs er
blofs die altem römischen Geschichtschreiber, namentlich den
Fabius Pictor und L. Cincius, die er unter andern 1,6 als
seine Gewährsmänner nennt, studirt und die Jahrepochen so fixirt
habe, wie er sie bei diesen Römern nach dem damaligen yerscho-*
benen Kalender angesetzt fand, ohne sich um ihre Stellupg im
julianischen Kalender zu kümmern. Untersuchungen S. 175ff.
(1, 508). Man yergleiche das römische Datum der Finstemifs des
Jahiv 586 (2, 104) , um diese Hypothese sehr wahncheinlich xu
finden. .
Römer. 125
ihm die Schwierigkeit machte, von der Plinius spricht:
Trinis commentationiius , quanquam diligentior caete^
ris, non cessavit tarnen addubitare, ipse semet cor-
rigendo.
Was die Einrichtung betrifll, die Cäsar seinem
Sonnenjahr gab, so legte er von den zehn Tagen, um
welche er das Jahr des Numa verlängerte, je vnA den
Monaten lanuarlus, Sextilis und December, und je einen
den Monaten Apriiis, lunius, September und November
bei, die früherhin sämmtlich nur 29 Tage gehabt hat-
ten. Um nicht die Intervalle zwischen den Festen
eines jeden Monats zu ändern, oder, wie sich Gen-
sorinus ausdi-ückt, nß religiones siä cuiusque mensis
a loco submoverentar^ setzte er die neu hinzukommen*
den Tage ans Ende ihres jedesmaligen Monats, peractis
cuiusque mensis finis, wie Macrobius sagt, der die
Stellen folgendermafsen bezeichnet: im Januar kam
hinzu ly . und III. Cal. Febr. , im April VI. Cal. Maii,
im Junius III. Cal. lulii , im August IV. und III. Cal.
Sepiembr., im September lU. Cal. Octobr., im Novem-
ber lU. Cal. Decembr., im December IV. und III. Cal.
lanuarii. Im April scheint III. Cal. für VI. Cal. gelesen
werden zu müssen, weil auf IV. Cal. die Floralia trafen.
Die fünf übrigen Monate behielten ihre alte Dauer, der
Februarius namentlich, ne deum infervm religio int-
nmtaretur, wie Macrobius sagt. An den Stellen der
Nonae und Idus änderte er nichts, so dafs die vier
Monate Martins, Mains, Quintilis und Oktober sich da-
durch noch immer als diejenigen kenntlich machten,
welche ursprünglich 31 Tage hatten. Statt dais man
sonst in allen Monaten, mit Ausnahme des Februarius,
17 Tage vor den Cakndis gezählt hatte, sagte man jetzt
126 Technische Chronologie.
nach den Idos im lanuariuSi Sextilis und Deoember
a. d. XDC, im Aprilis, lunius, September und November
a* d. XYIII« im Marlius, Mains, Quintilis nnd Okiober
wie vorhin a. d. XYII , und im Februarius a. d. XYI.
Galendas, nttmlich des folgenden Monats.
Wie man beim Datiren die Monatstage geztfhlt
habe, mag hier der lanuarius lehren:
Laufende Tage. Römische Bezeichnungsweise derselben.
1 Calendae lanuariae oder lanuarii ').
2 a. d. ly. Nonas lanuarias oder Nonanun
3 a. d. in [lanuariL
4 Pridie Nonas lanuarias.
5 Nonae lanuariae. «
6 a.d. yni. Idus lanuarias oder Iduum
7 a.d.YU [lanuarii.
8 a.d.YI
9 a.d.V
10 a. d. IV
11 a.d.m
12 Pridie Idus lanuarias.
13 Idus lanuariae.
14 a. d. XIX. Calendas Februarias oder Cb-
15 a» d. Xym [ lendarum Februarü.
16 a, d. XVn
17 a. d. XVI
18 a.d.XV
19 a. d. XIV
20 a. d. Xm
21 a.d.Xn
«) Nimlidi umiuii. Die Monatmamensiad eigentlich Adiditiren
R Ö X B R.
Laufende Tage.
Römische BezeicIinungtweiM denelb
22
a. d. XI
23
a. d. X
24
a. d. IX
25
a.d.VTn
26
a. d. \U
27
a.d.VI
28
a.d.V
29
a. d. IV
30
a.d.m
31
Pridie CtUendas Februarias.
127
Dach dieser Analogie wird man den Kalender leicht
forüabren können, wenn man nnr bedenkt, dals in
den Monaten Martins, Mains, lulius nnd October der
zweite Tag mit a. d. YI. Non. , in den übrigen mit
a. d. lY. Non. bezeichnet wird. Auf die Nonas folgt
duicbgehends a. d. YlII. lilus.
Das ante diem oder abgekürzt a. d*^ welches beim
Datiren gewöhnlich der Zahl vorgesetzt wird, steht ge-
radehin fiir die 9 z.B. wenn Cicero sagt*): Scripsi
a. d. decimum sexUun Calendas Febrvarias, so heilst
dies, er hat nicht etwa yor dem 17* Januar, sondern
an diesem Tage selbst geschrieben, was auch durch
dedmo sexto Calendas Februarias ausgedruckt vor-
kommt. Es fragt-' sich, was ante in diesem Fall ur-
sprünglich bedeutet habe. Seal ige r glaubt^ das (uite
diem rühre daher, dais die Römer den. Tag mit der
Mittemacht anfingen; dies sei hier nämlich für den
*} Addw.1,2.
128 Technische Chronologie.
natürlichen Tag zu nehmen, vor dem noch sechs
Slunden des bürgerlichen hei^ingen. Dies ist weit her-
gehöhlt. Fe ta vi US meint, ante diem zeige beim Da-
tiren so viel an, als ante diem confectumy i. e. ipso
die. Malürlicher ist es wol , das a. d. decimum seay
tum Calendas durch Inveralon aus diem decimitm sea>
tum ante Calendas, wie vielleicht anfangs gesagt wurde,
entstanden sich zu denken. Die ursprüngliche, später-
hin ungewöhnliche Stellung des ante kommt noch hin
und wieder vor, z.B. beim Tacitus: tertio ante Idus
Odobres ^). Wie wenig man die Kraft des ante beim
Datiren beachtete, erhellet besonders daraus, dafs man
noch die Präpositionen in und ex davor setzte, z. B. in
ante diem quartum Cal. Decemhres distulit; nuntii tri"
stes a^enerant ex ante diem Non. Tun, usque ad pri-
die CaL Septembres '). Man scheint hier in ante und
ex ante als Ein Wort geschrieben zu haben. Selbst
wenn nicht datirt wird, findet sich ante diem ohne
Weiteres für die gesetzt, z. B. ante quem diem iturus
sit ') statt quo die, welcher Gebrauch offenbar erst
durch das Datiren entstanden ist* Auch die griechi-
schen Schriftsteller bedienen sich dieser Redeform, wenn
sie nach dem römischen Kalender datiren. So sagt
Plutarch ^), Rom sei erbauet iqiJ^pi r^ T^po tvdtKa Ka-
htyiwv Mafwv.
') Cicero Philipp. Wi, 8. Jd ML m, 17.
') Caesar </e hello ciV. 1,11. Merkwürdig ist noch bei eben
diesem Schriftsteller : Is dies erat ante diem y» Cal» Jprilis,
„es war dies der 28. März." De hello GallA,6.
*) Vita Rom. c. ±2.
RÖMBK. 129
Aus den ZaUen der Monatstage erhelUt, daili die
Römer, wenn sie ein Zeitinteryall angeben wollten, den
Tag, von welchem sie röckwärts rechneten, allemahl
mitzählten, wie wir Deutschen den Zeitraum von einem
Sonntage zum andern acht Tage nennen. Daraus ist
zu edÜaren, warum der achte Tag vor den Ilus Nonae
hieb. Auf dieser Zlddungsweise beruht folgende in der
Ausübung nützliche Regel: wenn man die römischen
Data nach unserer Weise auf laufe9de Monatstage brin-
gen wül, addire maü bei den Nonis entweder zu 5 oder
zu 7i je nachdem sie quinUmae oder septimanae aind^
und bei^den Idibus im ersten Fall zu 13, im letztern
zu IS, eins, bei den Galendis hingegen zur Tagzahl
des vorangehenden Uonats zwei, und ziehe von der
Summe die Zahl des Datums ab. So ergibt sich, dafs
a. d. III» Nonas lanuarias, der Gdyortstag des Cicero,
der 3. Januar, a. d. IV. Idus Quintiles, der Geburtstag
des Cäsar, der 12. Julias und a. d. XI * CaL Maias, der
angebliche Erbauungstag Roms, der 21. April ist.
Den Schalttag« setzte Cäsar an die Stelle des
Sclialtmonats zwischen Terminalia und Begifiigium
oder zwischen a. d. VII. und VI. CaL Martias. Um
nun im Schaltjahr an der Bezeichnung der Terminalia
und der übrigen Tage rückwärts bis zu den Idus des Fe«
hroarius nichts ändern zu dürfen, gebot er den Schalt-
tag durch a. d. bissextum CaL Martias anzudeuten, wo-
her denn derselbe den Namen bissextum erhielt — quod
nunc bissextum vocatur, wie es beim Censorinus heifst.
Natürlich wird mau auch eben so gut bissextus sc. dies
gesagt haben ^), wie sich annus bissextus fiir das Jahr
') Mit Sicherheit kommt bissextus Ton dem Tage gebraucht
nur bei sehr spaten SchriftsteUcm tof, z. B. bei Dionysiüs
n. [9]
130 Technische 'Chronologie.
findeti in welchem eingeschaltet wlid *). Das bei den
neuem Chronologen sehr gefaräudbliche hissextiUs ist
uniömisch. Es findet sich zuerst beim Beda'),
Die romischen Rechtsgelehrteh warfen die Frage
auf,* ob von den beiden Tagen, die a. d. sexUun Cid.
MarUas hiefsen, der prior oder der posterior, d.i. der
dem März nähere oder der entferkikei« , als das bissea>
tum zu betrachten sei. Sie entschieden sich fiir den
letztem, wie aus folgenden Worten des Celsns erhel-
let ^) : Cum bissextum Calendas est (im Schaltjabr), tu-
bü rejert, utrum prioroy an posteriore die tpjds natus
jüt." et deinceps (in den folgenden Gemeinjahren) sex*
tus Calendas eius natalis dies est: nam id biduum pro
uno die habetur: sed posterior dies intercalatur, non
prior. Ideo, quo anno intercalatum non est, sexto
Calendas natus, cum bissextum Calendas est, priorem
diem natalem habet.
Cäsar's Wille war, dais peracto quadriennii cir-
cuitu, wie Censorinus, oder quinto quoque incipiente
annOf wie Macrobius sich ausdruckt, das Bissextum
einliefiihrt werden sollte. Um dieser Regel vom An-
Exiguus {Argumenta paschalia p. 86 ed. lani) und Isidor
{Etxm.Tl,\1). Ob Macrobius \satumA,ii) und Ammia-
nus Marcellinus (I.e.) bissextus oder bissextum sagen, ist
nicht klar.
') Au gast in. epist. 119 c. 7: Nonplantem hoc anno vineam,
qui bissextus est. Man sieht, dafs die Aberglüubigen nicht blofs
den dies bissextus, wie Ammianus bemerkt, sondern sogar den
ganzen annus bissextus fiir ungliickbringend ansahen.
•) De temp. rat, c. 9.
') Dig. an der oben {2^59) angeführten Stelle. Yergl. Ulpian.
l TV. tit. 4, leg. 3.
RÖMBR. 131
finge CA ihre Gültigkeit zu geben, scheint er gleich
das erste Jahr seiner neuen Zeitrechnung, oder, ^ie
die Römer sagten, das erste julianischc Jahr — a. u.
709, V- Chr. 45 — zum Schaltjahr gemacht zu haben ^).
In seinem Kalenderedikt stand yermuthllch, wie beim
Suetonius, das zweideutige quaito quoque anno, und
dies gab dann zu dem Mifsgriffe Anlafsy von welchem
in folgender Stelle des Macrobius die Rede ist'):
Sacerdotes sibi errorem novum ex ipsa emendatione
Jecerunt. Nam cum (frieret diem, qui ex quadnm^
tibus conßty quarto quoque anno confecto, antequam
quintus inciperet, intercalare, Uli quario non peracto
sed incipiente iniervalabant. Hie error sex et triginta
annis permansit, quibus annis intercaUüi sunt dies duo-
decim, cum debuerint intercalari noyem, Sed hunc
quoque errorem sero depnshensum correxit Augustus,
qui annos duodecim sine intercalari die transigi iussit,
^) Ein bestimmtes Zeugnifs darüber ist nicht Torhanden, da-
her die Ansichten der Gelehrten getheilt sind« Man yergl. Pe«
tavü Doctr» iemp, IV, 2« Sancletftente findet es natürlich,
dafs sich erst Tier Viertel in eben so yiekn Gemeinjahren sam-
meln mufsten, ehe eingeschaltet werden konnte. De vulg, aerae
emend, 1, 10. Er glaubt daher ^ dafs nach Gäsai**s Absicht erst
das fünfte julianische Jahr ein Schaltjahr habe sein sollen. Dann
wären aber gleich anfangs vier Gemeinjahre auf einander gefolgt,
die dem ganzen Wesen seiner Verbesserung nfu^h nie auf einan-
der folgen konnten. Ich trete Seal ig er 's Meinung bei, der das
erste julianische Jahr für ein Schaltjahr nimmt. Emend. temp,
1. rV. p. 229, Die ganze Sache ist übrigens ziemlich gleichgültig,
da gleich Tom Anfange an Cäsar*s Regel, wie sie auch gestellt
sein mochte, verletzt worden ist.
») Saturn. I,l4. Vergl. Plin. H.N. XVin,57. Suet, jiug.
C.31. Solin. c. 1.
[9*1
132 'Technische Chronologie.
ut ilU tres dies , qui per annos tringinta et sex *vitio
sacerdotalis Jhstinationis excre\ferant ^ sequentibus an«
7215 duodecim nuUo die intercalato devorarentur. Post
hoc unum dient secundum ordinationeni Caesaris qiunto
quoque incipiente anno intercalari iussit, et omnem
hunc ordinem aereae tahaUie ad aetemani custodiam
incisioni mandüvit. Man sieht) die Pontifices, von
niemand oontrolirt (Cäsar war gleich im zweiten juliani-
schen Jahr ermordet worden), machten die Jahre 712,
715, 718, 721, 724, 727, 730, 733, 736, 739, 742
und 745 zu Schaltjahren, statt dals es die Jahre 713,
717, 721, 725, 729, 733, 737, 741 und 745 hätten
sein sollen. Im Jahr 745 wurde also zum zwÖlftenmahl
eingeschaltet, da es erst (die yon Cäsar selbst gleich
anfangs gemachte Einschaltung nicht gerechnet) zum
neuntenmabl hätte geschehen müssen. August gebot
nun im Jahr 746 ^) zwölf Jahre ohne Einschaltung hin*
gehen zu lassen, d.i. drei Schaltjahre, nämlich 749,
753 und 757 in Gemeinjahre zu verwandeln. Erst das
Jahr 761 d. St. oder 8 n. Chr. wurde wieder ein Schalt-
jahr, und yon diesem Zeitpunkt an bis auf unsere Tage
bat der julianische Kalender, der bekanntlich blols noch
bei den Bekennem der griechischen Kirche im Gebrauch
ist, keine Störung weiter erlitten*
Aus obigen Zahlen ist leicht zu folgern, dais man,
imi die in dem Zeitraum von 712 bis 757 verschobe-
nen römischen Data zu berichtigen, addiren müsse:
*) Snetonius tagt nämlich a.a.O., zugleich mit der Cor-
rection sei dem Monat Sextilis der Name Augustus beigelegt
worden. Dies geschah aber nach Gensorinus (c. 22) Mardo
Censorino G. Asinio Gallo Goss., a. u. 746.
Römer« 133
einen Tag Tom.bisaeztum a. u^ 712 bb zum 71* CaL
MA]tii7i3,
einen Tag vom biasextum 715 bia . nun YI. Cal«
Martii 717»
einen Tag zwischen' den biasextis der Jahre 718
nnd 724 %
zwei Tage bia znm YI. Gal. Martii 725«
einen Tag bis zum bisseztnm 727»
zwei Tage bia zum YI. Cal. Martii 729,
einen Tag bia znm biasextnm 730,
zwei Tage bis zum bissextum 73.6,
drei Tage bia zum YI. Gal. Martii 737«
zwei Tagp bia znm bjasextum 739,
drei Tage bis zum YI. Gal. Martii 741,
zwei Tage bis zum bissextum 742^
drei Tage bia zum YI. Cal. Martii 749,
zwei Tage bis zum YI. GJ. Martii 753«
einen Tag bis zum YI. Cal. Martii 757,
mit welchem Datum der römische Kalender wieder in
sein richtiges Geleise kommt. Man yergleiche, was
oben in der figyptischen Zeitrechnung (1,160) hieraus
für den Neujahrstag des alexandrinischen Jahrs gefol-
gert ist.
Es gibt indessen einen Umstand, der diese Reduction
ansicher macht, ich meine die Einschaltung und Au»-
merzung einzelner Tage, die man yomahm, so oft die
Nundinae mit den Nonis oder dem Jahranfange in Col-
lision geriethen. Zu der oben (2,63) aus Dio Gassius
') Man sieht also, dafs die ScUacht bei Actium^ die nach Dio
Gassius am 2. September a. u. 723 geliefeit worden ist, (1, 153)t
eigentlich am 3. September Statt gefunden hat.
134 Technische Chronologie.
ang^fahrtieti , das Jalir 714 d. St. betreffenden, Stelle
füge ich noch- eine ändere desselben Schriftstellers ^),
wo bei Bemei'kmig einer im Jahr 797 der Nondinae
wegen geschehenen Verschiebung der Tage gesagt wird,
dafs man sieh dergleichen Willkülirlichkeiien sonst
häufig — ahXoTt TTo^Xobii^ — erlaftibt habe.
Das Verdienst, welches sich Cäsar und August
um die Verbesserung der Zeitrechnung erwarben, scheint
zunächst Veranlassung zur Einführung der Monatsnamen
lulius und Augustus gegeben zu haben. Jener wutde
C Caesare V et M. Antonio Coss* ^)^ also im Todes-
jahr des erstem auf den Vorschläg'des letztern ^) dem
Qtuntilis beigelegt, in welchem der Dictator geboren
war ^). Dieseur führte Augustus selbst ein, bei Gelegen-
heit seiner yorhin erwähnten tlectification des Schalt-
wesens. Er wtfhlte nicht den September, in welchem
er geboren war, sondern «den Sextiiis, wegen der vie-
len in demselben yon ihm gewonnenen Siege, welche
in dem von Macrobius aufbewahrten Senatuscon-
sult (1,153), wodurch dieser Namenwechsel sanktionirt
wurde, aufgezählt sind^).
') Hist. LX. c, 24. Irrig sagt der GeschichUchreiber, dafs die
Nundinae — t^ Syopet rj ^la tuv Iwia ^fi9ptSv — rei'setzt worden
seien. Dies war schwerlicli jo der FalL
') Gensor. 1. c.
') Legem JerenU M. Antonio M,ßliO Consule* Macrob.^^
lum. 1, 12.
*) Dio Gassius XLIV, 5. Appian. de hello ciu, 1. U. p. 4^4
ed. Steph. Nach Macrobius traf Gäsar^s Geburtstag auf den
IV. Idos Qaintiles {2, 129).
*) Jnnum a />. lulio ordinatum, sed postea negtigeniia eon-
turhatum atque confusum, rursus ad pristinam raiionem rede^
Römer. 136
: Es ist aehr su bedauern, dala die Fasti des lulius
Cäsar nicht m ihrer ursprünglichen Form auf uns
gekommen sind. Bruchstücke davon haben sich auf
manchen in und aufser Rom gefundenen Denkmälern
erhalten, ab«r keins gibt eine Idee yon allem, nvas in
dem Kalender, wie er aus den Händen seines Urhebers
gdbommen ist, gestanden haben mufs. Diese Bruch-
stücke sind yon Gruter und vollständiger von Fog-
gini. gesammelt worden *)• Leuteier stellt folgende
elf mit gelehrten Erläuterunf^n begleitete Kalender zu-
1) das Calendarium Mcffaeiorum^ welches durch alle
Monate geht;
2) das Cal. Praenestinum von Yerrins Flaecu« zu-
sammengetragen, und nur in Fragmenten der Mo-
nate lanuarins, Februarius, Martins, Aprilis und
Deoember vorixanden;
3) das Cal. Capranicorum mit den vollständigen Mo-
naten Augustus und September;
4) das Cal. AnUteminum mit Fragmenten der Mo-
nate Maius bb Deoember;
git, in cuius ordinatione Sextilem mensem e suo cognomine
nuncupavit, magis quam Septembrem, quo erat natus, quia
hoc sibi et primas consulätus et insignes victoriae obtigis^'
sent, Sueion, Jug. c. 3i. Yergl. Die CassiusLY, 6.
•) Fastorum anni Romani a Verrio Ftacco ordinatorum re-
itquiae, ex marmorearum iabutarum Jragmentis Praeneste nw
per effossis coliectae et iüustratae, Jccedunt Verrii Flacci
operum fragmenta omnia quae exsiant ^ ac Fasti Romani
singulorum mensium ex hactenus repertis calendariis mar^
mortis inier se conlatis expressi^ cura et studio P, F. F.
Rom 1779^ fol.
136 Technische Chronologie.
' S) das Ccd* Antiatinum mit Brudistiicken der sechs
letztem Monate;
6) das Cid. ExquiUnum mit einem Theil des. Mains
und lunius;
7) das Cal. Famesianum nuir imt einigen Tagen des
Febmarius und Martins;
8) das Cal. Pincianum mit Fragmenten der Monate
lulius, Augustus und September;
9) das Cal. Kenusinum mit den voUstttndigen.Mb-
. . naten Maius und Imiius ; . .
10) das Cal. VtUicanum mit einigen Tagen des Mar*
tius und Aprilis;
11) das Cal. AUifanum mit einigen 7[*agen des lulins
und Augustus.
Ueberall finden sieb die Monatstage eben so mit den
iwiederkebrenden acht ersten Buchstaben des Alphabets
bezeichnet, wie in unsem Kalendern sonst mit den sie-
ben ersten. Diese Buchstaben beziehen sich keineswe-
ges auf einen Mondcirkel, wie Bianchini gkubt^),
sondern auf die von den NumUnis gebildeten wocfaen-
ähnlichen Zeitabschnitte. Die Römer hatten nämlich
eine achttägige Woche. Sieben Tage arbeitete der
Landmann; am > achten kam er in die Stadt, um zu
handeln und sich nach Staatsangelegenheiten zu er-
kundigen, weil jeder römische Bürger, auch auf dem
Lande, An theil an der Gesetzgebung und Yertheilung
der StaatBämter hatte. Dieser Mari^ttag wurde NwuU-
nae genannt, weil er nach römischem Sprachgebrauch
nono quoque die wiederkehrte'). Jeder Gesetzvorschlag
') De Calendario et cyclo Caesaris. Rom 1703, fol.
') Yarro R.R.U.pnef. Dionys.Vn,58. Columella in
praef. Plin. //.^iV. Xyin,3. Macrob.&i/um. I,l6. Unter den
RÖMBB. 137
muiste nach der lex Caedliä Didia *) xur Einsicht
sämmdicher römischen Bürger ein Trinundimün, d* i.
zffei römische Wochen hindurch, die Nündinas, wo-
durch sie begrenzt wurden, mitgerechnet, also siebzehn
Tage, angeschlagen bleiben. Diese Zeiteintheilung war
bei den Rdmem uralt, indem ihre Einftlhrung von
einigen dem Römulus, von andern dem Seäirius Tullius
beigelegt wird* Hächstwahrscheinlich schreibt sie sieh
Ton den Etruskern her, welche nach Macroblus')
itono qwufue die regem smun saboabant et de pro-^
priis negotüs consulebant. Die Ordnung der Nundinae
scheint eben, so wenig, wie die unserer Sonntage, je
eine Unterbrechimg erlitten zu haben; aber wohl mo-
dificirte man, wie wir oben (2, 62, 134) gesehen haben,
hin und wieder. einen Monat,, um das Zusammentreflen
der Nundinae mit ominösen Tagen zu yeihüten« Die
Ueihe jener adit Buchstaben stand also mit den Nun-
dinis in Verbindung. Zwar änderten diese, gleich un-
Bem Sonntagen, mit jedem Jahr die Stellen, cBe sie in
den einzelnen Monaten einnahmen; es konnte aber der
.1
Pfeaeni handelt am gründlichsteii bieron Erycius Puteanus in
seiner SchriA de Nundinis Romanis, S. den achten Band des
Thesaurus von Gravius. Aus dem durch die Etymologie des
*Wort8 Nundinae yeranlafsten Mifsgrifie des spatlebenden Ma-
crobius, dafs er die römischen Landleute octo diehus arbeiten,
nono auiem die in die Stadt gehen läfst, mufs man nicht mit
De la Nauze schliefsen wollen, dafs es zwei yerschiedene rö«
mische Wochen, eine acht- und eine neuntägige gegeben habe,
woTon die letztere den Zeiten Tor der julianischen Reform auf-
gehört habe.
*) Gegeben unter dem Consulat des Gäcilius und Didius a. u.
es6. Cic. Phil, y, 3.
'} Saium.I,iS.
138 Technische •Clironologie.
ihnen jedesmahl angehöiige Buchstabe in GSsar^s Ka-
lender durch einen 32jährigen Cjdus auf eine ähn-
liche Weise, wie unser Sonntagabuchstabe durch einen
28jährigen, berechnet werden, woeu sich indessen nir-
gends bei den Alten eine Anweisung- findet.
Die Einrichtung der Nwulmae bestand bis auf
Constantin. In einer Steinschrift bei Gruter')
und Puteanus ') heifst es von ihm: Pnmsione edam
pietatis 'Suae Nundinas daß solis perped anno constäuit.
Er verlegte also die Markttage auf die Sonntage« Nun
wurde die siebentägige Woche , die schon friiher beim
christlichen Cultus gebräuchlich war, auch ins bürger-
lidie Leben eingeführt«
Einige unter den obigen Kalendern begnügen sich,
blois die Tage der Calendae, Nonae und Idus in ver-
zeichnen; andere gdben zugleich jedem zwischen diesen
Haupteinschnitten der Monate liegenden Tage das ihm
zugehörige römische Datum ; alle aber vereinigen sich
dahin, den Charakter der einzelnen Tage zu bemerken,
ob sie nämlich F. (fasd)^ N. (nefasti)^ NP. (nefasii ex
prima parte) ^ EN. (endotercisi) oder G. (comitiales) wa-
ren. Eine Erläuterung dieser Benennungen findet sich
beim Yarro und Hacrobius ^). Nur bemerke ich,
da(s endotercisi oder entercisi die ältere Form des Worts
intercisi ist. Zuweilen ist ein Tag, der in dem einen
*) //i5cr. an/, p. CLXIV, 2.
') De Nundinis c. XXVT, col. 682.
^) De L /.V, col. 35. Saturn. I, l6. Griindliche Untersuchungen
über diese und andere den römischen Kalender betrefiende Ge-
genstande findet man in YanVaassen Jnimadversionum histo^
rico^criticarum ad Fastos Romanorum sacros Jragmenta ^ <<i-
gessit et praefatus est Christ. Saxius. Traj. ad Rhen. 1785, 4.
RÖHBR. 139
Kalender ein C« hat, im andern mit einem F.
net. Der Untersdiied ist gering; denn die condddles,
wenn an ihnen keine G>mitia gehalten wurden, waren
zugleich ,/!»ti* Außerdem finden sich die Feste imd in
einigen die merkwürdigsten .Uirstage. angemerkt* So
z.B. steht im Galendario Antiatino beim 1. Aus-
gast :• Augustus AlexandrUim recepit (1,153)^). Es
wurde immittelbar nach der juliamscben Refocm jffi^
brttnchlich^ dals dieVerfertiger dar Kalender deigleicben
Notiien gaben, um den Imperatoren zu schmeichelui
Cicero wirft dem M. Antonius vor '), dals er in den
Fastis bei den Luperca£en habe. anmerken lassen: Cdio
Caesari Hictatori perpetao^ M.- Antonius Consul popuU
iussu regnium detulit ; und er selbst erlaubte sich den
Namen Brutus in die Fastos tragen zu lassen^). Unter
den Kaisern ging die Licenz in diesem Punkte weiu
ITocb zwei aus dem Alterthum auf uns gekommene
Kalender müssen hier erwähnt werden* Zuerst ein Ca-
lendarium rusticiun aui Marmor, in welchem Namen
und Dauer eines jeden Monats, die Beschaffenheit der
Nonae, ob sie nämlich quintanae oder septimanae sind,
die Tages- und Nachtlänge in Aequinoctialstunden, das
Zeichen, worin die Sonne den gröfsten Tfaeil des Monats
Terweilt, die Tage der Aequinoctien und Solstitien, die
Schntzgottheit eines jeden Monats, einige ländliche Ge-
*) Wenn hiei- der I.August folgendermailien bezeichnet ist:
£. K. Aug. NP. TL Clau Spei, Aug. Alexand, recepit, so
lehrt die Yergleichung mit dem Gal. Capranicorum, dafs die Lücke
so zu ergänzen ist: Ti. Claudii natalis, Dedicatio aedis Spei.
Das anfängliche E ist der Nundinalbuchstabe.
') Phiiipp.IL,Sh.
') Epist.adBmt.Xy.
140 Technische Chronologie.
Schafte und die yornehmsten Fesle angegeben sind. Ea
findet sich bei Grater ') und mit Noten yon Fulyius
Ursinus im achten Bande des Thesaurus yon Gräyius.
Zweitens ein Calendarium nach Art der elf obigen, zu-
erst yollständig yon Lambek aus einer Handschrift der
kaiserlichen Bibliothdi su Wien mit schatsbaren Anmer-
kungen ans Licht' gestellt ')• Es ist in antiquarischer
Hinsicht wegen der darin enthaltenen Zeichnungen, fiir
uns aber delshalb meikwürdig, weil es das Jahr zugleich
in Wochen und Nundinas abgetheilt darstellt, indem die
sieben Buchstaben der Woche neben den acht der Nun-
dinae durch alle Monate wiedeikduend fortlaufen. Es
muls also in eine Zeit gehören, wo schon die christ-
liche Woche im Gebrauch, aber die heidnische noch
nicht ganz erloschen war, etwa in die Mitte des yierten
Jahrhunderts, und wirklich ist unter den yielien ELai-
sem, deren Gdi>urtstage in diesem Kalender aufgeführt
sind, Gonstantius der letzte. Erst als Theodosius
die unbedingte Feier des Sonntags durch förmliche Ge-
setze geboten hatte '), scheint yon den Nundinis nicht
weiter die Rede gewesen zu sein'
In allen bis jetzt aufgefundenen Kalendern yer-
mifst man die Auf- und Untergänge der Gestirne und
die hsiffJuuurUu oder Witterungsanzeigen, die Gisar
nach dem Beispiel seiner VorgMuger, des Meton, Eu-
doxus und anderer, in seinen Kalender aufnahm. Bei
dem höchst schwankenden Zustande, worin sich die
') //wcri>«. p. 138, 139.
^) Comment. de BibÜoth, Caesarea F'indobonensi lib. IV.
p. 277 ff. Auch im achten Bande yon Grävii Thesaurus*
0 Codex Theodos. 1. U, tiu 8. l.YIII, tit. 8.
RÖKBR. 141
misclie Zeitreclinung vor ihm befunden hatte, Tvaren
die Landleute, Schifl&hrer, kurz alle diejenigen, denen
die richtige Beachtung der Jahrszeiten ein Bedürfniüi
ist, genöthigt gewesen, sich nach den Erscheinungen
der Gestirne zu richten. Die feste Jahrform, die. er bei
seinem Kalender zum Grunde legte, machte zwar der-
gleichen Zeitbestimmungen entbehrlich; er hielt es in-
dessen für nöthig, die Römer mit den 'Monatstagen be*
kannt zu machen, denen die Erscheinungen eiitsprachen,
welche ihnen bis dahin zur Richtschnur gedient hatten»
Ob wir nun gleich diese Partie seines Kalenders nir-
gends im Zusammenhange erhalten finden, so konmien
doch so viele Brudistiicke davon in den Fastis des
Ovid, beim Plinius, Columella und anderswo vor,
dals sie sich £ist vollständig wiederherstellen lassen
wird. Es ist hier nicht der Ort, in ausfuhrliche Er-
örterungen iiber diesen Gegenstand einzugehen; ich
kann ihn nur so weit verfolgen, als er auf seine Be-
stimmung der Jahrszeiten Bezug hat.
Er theilte, wie wir aus Yarro '}, Plinius ') und
Columella') ersehen, das Jahr in acht Zeiten, de-
nen er eben so viel gleiche Theile der Sonnenbahn an-
wies. Die Einschnitte wurden durch die Nachtgleichen
und Sonnenwenden bestimmt, hätten also nach unserer
Weise dem Anfange des Widders, der Mitte des Stiers,
dem An&nge des Krebses, der Mitte des Löwen, dem
Anfange der Wage, der Mitte des Skorpions, dem An-
fange des Steinbocks und der Mitte des Wassermanns
*) Ä.Ä.I,28.
') ir. 2v. xym, 64ff.
') JI.J?.D!C,14; XI, 2.
142 Technische Chronologie.
entsprechen sollen. Allein er setzte die Nachtgleichen
und Sonnenwenden auf die* achten Grade der Wichen,
nicht etwa die Cardinalpunkte östlich, sondern die An-
fänge der pichen westlich von den Koluren schiebend,
2. B. den des Widders in den jetzigen 23sten Grad der
Fische, so da(s die Sonne den Widder acht Tage frü-
her erreichte, als das Frühlingsäcjuinoctium, jenen nach
Golumella am 17ten, dieses am 25. März. Der ein-
fache Grund dieser Begrenzung der Zeichen, über die
Scaliger und Petavius viel gegrübelt haben ^), ist
gewifs kein anderer als der, dais so die Hauptsteme
der Bilder des Thierkreises , von denen die Zeichen
ihre Namen haben, ganz und symmetrisch in densel-
ben zu stehen kamen, was weniger der Fall gewesen
sein würde, wenn man den Zeichen ihre je.tzige Stel-
lung gegeben hätte. Es gilt dies besonders für die Zeit
des Meton und Eudoxus (400 y. Chr.), die Golu-
mella als die Urheber dieser Anordnung nefint. Seine
zum Theil schon oben (1,322) angeführten Worte sind:
Nee me falUt Hipparchi ra/Üo, quae docet solstitia et
aeguinoctin non octavis, ^ed primis partibus signonun
confici. f^arum in hoc ruris discipUnn sequor nunc
Eudoxi et, Metonis, antu/uorumque fastus astrologo^
nun, gui sunt aptßti publicfs sacrificiif, quia et notier
est ista vetus agricoUs cofwepta opinio, |iec tarnen
Hipparchi subtilitas pinguioribus i ut niunt, rusticorum
litteris necessaria est. Wir ersehen hierf^nsi dafs Hip-
parch die Zeichen nach . jetziger Weise begrenat hatte«
Die Römer folgten dem Meton und Eudoxus. Jetzt
haben sich in Folge der Yorrückung der Nachlgleichen
*) Bian Tergleiche die Var. dissert, IL 4£ des lettUm.
RÖHBA. 143
Bilder und Zeidien langst gttnzlicb gegen einander ver-
schoben (1,28).
Wie die Yeigleichong der obgedachten Zeugnisse
des Yarro, Plinins und Columella lehrt, waren
die Data der acht Jahrpunkte in Cäsar's Kalender fol-
gende:
BnuHa 25. Deoember.
F'eris irudum . 7« Februar.
Aequinoctium ^emum 25. März*
Aestatis initiwn 9. Mai*
Solstitiwn 24. Junins.
Autumni initium 11. August*
Aequinoctüan autumni 24« September*
HiemU initium 1 1 . November*
Man sieht also, daft Cäsar nicht, wie es jetzt ge-
schieht, den Anfang, sondern die Mittendes Früh*
ling9, Sommers, Herbstes und Winters auf die Nacht-
gleichen und Sonnenwenden gesetzt hat. Wie weit er
dabei der vaterlitndischen Sitte gefolgt ist, lälst sich
nicht mit Sicherheit ausmitteln* So viel ist gewüs,
dals er nach uralter griechischer Weise (1,241) den
Anfeoig des Sommers noch immer an den Frühauf-
gang der Plejaden knüpfte, ungeachtet «ich derselbe
für seine Zeit imd PolhÖhe erst am 28. Mai, fast drei
Wochen nach dem Anfimge seines Sommers, ereignete*
Dafii er ihn aber wirklich so viel früher im Jahr ange-
setzt habe, lehren folgende Stellen des Columella^):
Nonis Maus Fergitiae exoriuntur mane; VU Idus Ver^
gäiae totae apparent, und des Plinius'): Sic fire
*) Ä.Ä.XI,2,39.
') J7. iV. Xym, 66. Plinius sagt ausdrücldich , däfs er alle
dergkidien Angaben ans Gasar^s Kalender entlehnt liäbe: Nos
144 Technische Chronologie.
in FI. Mus Maü, qm est Fer^giUamm exörtus, de-
currunt sidera.
* Richtiger oomLinirte er den Anfang des Winters
mit dem Frühuntergange dieses Gestirns: Vl.Idus
Novewhris VergLUae mane occidunt; Fergilianun occa-^
sus a, d,III. Idus Novembris, wie Golumella und
Plinius sagen ^}. Die Erscheinung erfolgte damals su
Rom am 9. November.
Bedeutend irrte er wieder, wenn er, 'wie Plinius
berichtet'}, den Frühuntergang der Leier zum
Zeichen des beginnenden Herbstes machte: ///• Idus
jiug. Fidicula occasu suo autumnwn incJioat, uti Cae-^
sar adnotat. Die Erscheinung traf zu Rom erst am
24. August ein.
Schon aus diesen wenigen Beispielen wird man ab-
nehmen, dafs er die Auf-* und Untergänge der Sterne,
die er in seinen Kalender brachte, nicht durchgehends
nach eigenen Beobachtungen angesetzt haben könne.
Und wirklich findet sich bei näherer Untersuchung,
dals er meistens altem, auf südlichere Pblhöhen sich
beziehenden Bestimmungen gefolgt ist^). *
seguemur observationem Caesaris; maxime haec erit Italiae
ratio. Ib. 57.
f) Ä.Ä.XI,2,84. Ä. iV. XVm, 60.
») Ib. 68.
') Ich habe dies in emer 1822 der Berliner Akademie vorge-
legten und in üiren Schrillen abgedruckten Abkatidiung über
den astronomischen Theil der Fasti des Qyid mit HUIfe
des Galcub näher nachgewiesen. Dieses Gedicht besingt die ro-
mischen Feste und die Fixstemerscheinungen , die in Gasar*s
Kalender verzeichnet standen; aber nur die erste HälAe la sechs
eben bq v^ek Monate, betreffienden Biichem ist ToUendet worden.
Der Anfiuig des Frühtiagii, der .Toa keiiier amg»*
zeichneleii HimmelHraobeinuDg begleitet war, machte
sieb dwrch .den FaYoniua oderlaueii Westwind
bemerklich , der dann zu wehen J)egann, daher. a.^^
vonio nach römiachem Sprachgehcauch eben so vom
Anfange, des Frühlings.. heilst», wie a. Vcf^Uanun
esßorUL, a FidkuUi^ ooca^ ondiä Fbfgäiarum. /oc^.
casu Toa Anfange des Sommert, Herbst^ und
Winters.
Die feste Jahrfbntii die dem jolianischte Eaknder
znm Grunde hg, entwöhnte die Lalidkule alhnahlig von
der Beachtung der Al&f- und UntergMnge der Sterne.
Columella, der am Endio des ersten Jahrhunderts
der Re£ns|n. sehrjeb., hielt, es noch für nöihig, in sei-
ner Nachweisung der wesentljchHen iKndlichen Geschäfie
überall neben den Monatstagen die suglach eintreffen-
den Fixslemeischeinmgen au erwähnen, dahingegen der
etwa hundert Jahre später lebende Palladius seinen
Roralkalender . bloik an di^ Monatstage geknüpft hat« .
So viel über die Jahrformen der ]^ömer. Wir haben
n^n noch ihre Jahrrechnungen zu. betrachten* ,
Dafs sie ihre Jahre nach den Consuln zählten,
ist eine b^kannile. Sache« Es geschah dies selbst npch
unter deu Kaisem, so wenig auch die beiden G>nsu|n,
die, einer alten Form zu genügen, fortwährend jährlich
gewählt wurden, an der Seite des Princeps zu bedeuten
oder auf uns glommen. In Tielen Hsndschriften findet iich
dem Gedicht eine kuite TwhsltMfhssige in der Form und uüter
dem Titd eines CahndarU TorgeieUt.
n- [lOJ
t t
146 Technisckm Ckp6notoffe.
haben. moohünv Dies SchaMeuweieii «rloieb mt völlig
a.tii..l294, 541 n*CU. , wo FU^in« B^silius In-
nior als der ieUt& Privatniatin genannt wird, d6r das
G>ttsalat Terwaliete ')•
t Unter deb Ycneiehnissen der ONumln, die mr dem
Fkiiae niehfersr gründlichen ÜlerthumsforBcher, eines
Panyinius, Pighins^ Sigoninsy Sanclem-ente
und- anderer verdanken, >titidient selber OeMiÄuigkeit nnd
beq[aemen Anordnung wq;en yor allen genannt cn wer^
den: Th%odori lansonii ab Almele^een Foffonin»
Bomanorum ocnsulariurh librt duo ')• Das erste Bach
gibt die- Namen in ehtonblbgischer, 'das andere in alpha*
betisi^r Ordnnng« Für die kpStere* SSeit, toihi Jriir
898 d. St. an, is« sehr brauehbar-: Petri Relandi
F^uti Consulares ad iibutmüonem Codieis lusdhianei
ac^Theodosiani^),
- '• Als die Römer gegen das Ende^ des sechsten Jahr-
hunderts d.St. ihre Geschichte mit einiger Kritik zu
bearbeiten anfingen^ kam- es darauf an, iiä Namen der
G>nsuln, Kri^tribunen und Dictatoren, nach denen
sie die Jahre bezeichnet fanden, an eine feste Aere zu
knüpfen^ wozu sich ihnen am Ualiirlichnefi' die Olym-
piadeii darboten; und so eine vaterländische Jahrrech-
nüng zu schaffen. Dies Unternehmen halte seine be-
sonderen Schwiei^igkeiten , die zunächst in dem grofsen
Haligöl urkundlicher Nachrichten lagen. Ihr ältester
*) S. Pagii Dissertatio hjrpatica seu de ConsuUbus Caesm^-
reis (Lyon 16S2, 4) p.n.c. alt.; auch leiiie CHtiea in Atumles
ßaf^nii ad tu ann. . • . ' / .
^) Amsterdam 1705, zweilfr Aiuipbo 1740, 8.
') Utrecht 1715, S.
• ' «
RÖXBR. 147
GeschichtsdiFeiber, ja eigentlidier Prosaist, Q. Fabius
Pictor, lebte ent tax Zeit des zweiten pttnischen Krie-
ges. Wie. scfaleoht esfirüberhin, nicht etwa^blois unter
den Königen, sondern selbst noch lange unter den G>n-
suln, ttm die römischen Annalen stand, geht aus fol«
gender merkwürdigen Notis beim Liyius hervor');
Lex i}eb»sta est, priscis Üttäris verhisque scripta, utl
qui praetor maanmus sit, Idihus Säptembribus cUunmi
pangat. Fixa fidt dextro laJteri aedis I(ms optimi
maxühif ex qua parte Minervae ttmphan est. Eunt
cla^um, quia rarae per ea tempora litterai
erant^ notam numeri annorum fuisse ferunt,
eoque Minervae templo dicatam legem, quid
numerus Minervae inventum sit. Noch im Jahr
391 d. St. unter dem Consulat des Cn. Genucius und L.
Aemilius Mamercinus wurde ein Dictator clas^i ßgendi
causa gewKhlt. Die Geremonie hatte jedoch damals
schon ihre frühere Bedeutung verloren ; denn man wie-
derhoblte sie blo6, um den Zorn der Götter zu besänf-
tigen, weil man ans dem Hunde alter Leute wisseii
wollte, dafi einmahl eine pestartige Krankheit in Folge
derselben aufgehört habe.
Auch dadurch scheint die Ausmittelung des Olym«
piadenjahrs delr einzelnen Begebenheiten erschwert wor-
den >su sein, dals die Zeit des Eintritts der Consuln
bis tum Anfiinge des aiebenten Jahrhunderts der Stadt
geschwankt hat. Hier ist' im Zusammenhange, was sich
über diesen Punkt angezeichnet findet. Ovid sagt vom
1. lanuarius:
•) 1.Y1L0.3.
[10*]
1 48 Technische - Chfpnologie.
Festihus intactis Tarpeias üur in arces.
Et populus/esto concolor ipse suo est.
lamque novi praeeunt fasces, no9a. purpura ßdget.
Et ncva conspicuum pondena sentit ebur.
Fast. I, 79.
Zu seiner Zeit traten also die Consoln • ihr Amt Hiic
den Calendis lanuariis an« Dies war spateriim
durchweg der Fall, friiherhin nicht. In den tfltesten
Zeiten der Republik geschah es an den Calendis
Sextilibus, itf tunc princ^ium anni agehatur, wie
Liyius sagt*)« In diese Periode mufs die vcnrliin ge-
dachte Ceremonie mit dem Nagd gehören, der an den
Idus des September, mithin nicht lange naoh Aniang
des neuen Jahrs j zur Beieichnang des abgewicheneiL
auf dem Capitol eingesehlagen wurde. Weilerhin, cur
^it der Decemvirn, ^den wir die |dus Maias als sor-
kmnes ineundis magistratibus bei eben diesem Schrift^
steUer genannt'). Dann kommen bei ihm in gj^ekhat
Beziehung die Idus Decembres ^), und späterhin die
Idus Martiae Yor^)» Erst seit dem Gonsulat des
' *) m, 6. Auch DioDjflius spricht 1. IX. c 25 beim Jahr 278
▼om Sdztilii.
*) ni,36. Yergl. Dionysius X,59.
') iy,37: y, 9 und 11. An der ers1«n Sirile ist von SSi, an
den beiden letslem yon 352 die Reds. Dionysins am Ende
des elAen Buchs bemerkt ein Gleiches von 311. Im Jahr; 352
mufsten die Militärtribunen , mit denen man unsufrieden war,
schon am I.Oktober resigniren. Es folgt aber aus den Worten
des Liyius gerade nicht, wie De la Nauxe und andere g|Utt«
ben, da(sr es yon nun an bei diesem Dato bUeb.
*) S* den Anfang des 22, ^ und 32sten Buchs. An der er-
sten Stelle wird gesagt, dafs der Consul Cn. Seryilias< 537 sein
RöxBa. 149
Q. Pidviiis Nobilior und T. Annius Lusens , A. i. seit
a. u. 601, -traten die Gonsuhif iirie naeblier immer, am
1. btmariufl ein. Dies sagt Cassiodor *) bestimmt mit
den Worten : Si primi cönsules Cedendis lanuaräs mar
gistratum inierunt propter subitum Celtiberiae beUuntJ^
Die Nachricht schemt ans dem Terloren gegangenen sie-
bennndvierzigsten Buch des Livius entkhnt zu sein.
In der Epitome, die gewöhnlich för dies Ricium
citirt wird, ist nur sehr dunkel davoo^ die Rede').
Anit an den Idiis des Mai'tiiis angetreten, und nicht bemierkt,
dafs dies damals zum ersten mahl geschah. Yiermehr lassen die
Fasti triumphales acfaliefren, dafii die Yerändermg schon
swischen den Jahran 474 und 488 geschefaen sein müsse. Im
Jahr 473 (474) triumphirte erst der Coi^sul Tibw Goruncanius,
über die Yolsinienser an den Calendis des Februarius, und dann^
der Proconsul L. Aemüius Barbula über die Tarentiner, Samni-
tei* ttnd Salentiner am "VI. Tdus QuintOes ; das Consutarjahr kann'
also damals noch nicfal mit den idus des Martius angefangen h»J
ben. Im Jahr 487 (488) ^gegtn triumphirten ent .fii^id^ C^nsubil
kurx hintereinander, der eine am Schlufs des. September, der an-
dere im Anfange des October über die Sarsinaten, und dann wie-
der beide kurz hintereinander im Anfknge des Februarius übei^
die SileBtiner und Mcssa^er. W&hrend ihrer Amtsflihnmg muftter
also schon der Febroarios der spatere Monat im Jahr «ein. *i
') Chronicoa p. 68|. Qpp, ed. Col. AQob. i656^ 4. Noch
mehr Wechsel bringt Hr. Bredow durch Con|binaUo|i heraus.
Man sehe eine hieher gehörige Abht^ldlung in seinen Untei*--
snchungen über einzelne Gegenstündil der Geschichte,
Geographie und Chronologie.
*) Es müssen mehrere Wolter aus dem* Tint gefallen ' sdn'.
S. Drakenborch. - Dafs im. Anfangs des siebenten Jahrhunderts
d. St. der December der letzte Monat wurde^ was früher dei* Fe«
bmarius gewesen, zeigt die Verlegung der Parentalia vom Fe-
bruarius (2, 52) auf de» December. Diese Verinderung machte
D. Brutus Callaicus, der 6l6'Consal war. S. G icaro de Ic^. II, 21,
löU Technische Chronologie.
Wie man siebt, gab ein pUtealkh aosgebrofilMner
Krieg YeianUssimg , dals die Gonsiiln des Jabrs 601
ibr Amt ein paar Monate früher als gewähnlicb antra-
ten. Fanden bei den. frUbem Aenderangen des Ter-
mins ähnliche Verkürzungen Statt, oder wurde die
eine zum Theil durch die andere ausgeglichen? Letzte-
res ist wahrscheinlicher; wenigstens muis der Ueber-
gang von den I4us des Maius su^d^n Idus des Deoem-
her eine Verlängerung gewesen sein, da sich die
zweiten Decemvim, wie bekannt, eigenmächtig meh-
rere Monate über die gesetzliche IVist in ihrem Amt
behauptet haben« Die richtige Beuiaheilung dieses Ge-
genstandes mufite den römischen Gbronologenum so
schwieriger &llen, da sie bei ihien Untersuchungen im-
mer einen' dreifachen Jahranfang zu unterscheiden hat-
ten, den politischen, bürgerlichen und histori-
s,chen^ Unter. dem politischen T/erstehe idi den Ein-
tritt der Gonsuln, nach deAen die Jahre in den öflent*
liehen Akten unterschieden wurden. Für den biir-
gerlichen, oder, wenn man lieber will, religiösen,
hat,, wie oben (2y^5S) gezeigt worden, lanjje der 1. Mar-
tins gegolUBD» Den historischen nenne ich den Tag,
auf den eine' -alte Tradition die Gründung Roms setzte,
und' von dem dahei^ eigentlich auch die Jahre der Stadt
gezählt wurden, ich meine das Fest der Palilia am
XL Cai; Ma^ oder 21. April (2, 47).
Man darf sich daher gar nicht wundem, wenn die
Alten über das. Olympiadenjahr dar Erbauung Roms
so vertehiedeAer Meinung waren. Die Hypothesen
beiDBders dueUbst Lambiims Ergimumg
Plutarch QtMrsf^iüdiii. XXXIV.
• •• ^ ivt«
iit>4£BR. 151
aekivnlm in AaSm lehbaMi 1f«ti^' nMt iMAgir als
Am weitsten ging in seinen Rechnungen cMr DitAk"
tor JCn'nius ^kuriftk. -In.«we( ttöi iM YärrO^^') auf-
]9efiiIirtfln"yer8eaT '/ ' *■• o..m...L
StptingenÜ sUM fntiM f^bts ma^Mn^ aHni, '
Jugißtio tngurh f^sti^mm incbäa cöiuHia Roma^st,
fßb er der StßAi «tir Alisr von 700 laufen. Da et näA
mutk vanPOtoisolMDr A^ke im Jahr SdflIgefCorben i«t'), )m>
kann er dÜe Eiliafiang Roms nicht spiter ris^ B70 v. Chr.
gesetzt haben. Man hat hier an zehnmon'atlich^
Jahne' gedacht^ iveldhe alktdmgs dife so abweichend er-
•cheineiide Zahl 700 ü$l gana auf die herrschende' Ah^
aidit lUffäeUMingen würden. AUein es >«f^' tiichc nk
hegreifim, wanm er sich einer Jahrfcnn bedient hütte,
diie längst nidit m^hr, wenn ändert je, im Odbrauch
war, nnd wie dem gelehrtesten aller Rfimer, ^r nnr
hmidert Jahr spjlter lebte« nidit eingefallen sein sollte^
waä es mit einer Zeitbestimmung, die er in den IYoiv
ten : In hoc nunc denique esS> ut- dici possü, nön ciän
Eanbu tcripdt^ als efaie verfehlte darstellt, eigentlich
iHr eine Bewandnifii- hatie. Es scheint daher an CoA^
anlaijahre gedacht werden su müssen. Yermnthlich war
dier Dichter bierin den Annaks Miaiimi gefolgt; we-
nigstens yersichert Cicero ^) , dals er mit denselben
• •) J?. /!. m, 1, Yergl. Suet.^i/g.c. 7.
\), Cawpume et PMlippo Herum ConsuHbm* .Cicero Cai,
^) De RepuhlA^iß. In Hm. Mai* s Anm^tmg wird Aos*^
kunft über diese seit den ältesten Zeiten Tom Pontifex Maxi«
mas gefnbrten Jabrhüeber gegeben. Die Häuptotdle ist Gic. de
oral. II, 12.
164 TeehnUßh^ ^f&nionologie.
^^H^aaiß :i^ XI4 iP4» Mwl erfoi|[t idi* JKe Rdtaner finem
,ydie«u Tag, auf den 4af Unlle PifteafMl PalUia
,) Iri^t, und . D«[nwn , i\m dea 6.eb jurUUf^ r- ^^däkuv -«
„der Su^U An dieieai üe^minDrtage . soll . sidi «ine
,»Soiiiienfix)ileriiiiii eteignet haben , im« .dritten Jahr
nder se«hs|^n Olympiade^ Zur Zeil» Ya^rro^ des
»^gelehrtsten xdmi^en Geachioblaohreibaei lebte Ta-
,,r«utitt6, ein. ge^v^andlec Astüolog* Dieiem. meinem
i^Fwunde gab Yarro aiif« dem.RoinnlM die Naiinlät
,,sn itellen" n.s^w. Waa über dieae^NatiTittttateUapei^
yon der auch Cicero f«det^).f gesagt wird,. übei|^
ich, da iMoh kein aicheres Datum für ^Ue Zeitiedb&nng
ilai»ftitf eMfibtl aber aus dem • 7kuiamkwi\mm\itkrkam.. in dal
hier Plutarck^dea Yarro iait dem von ihm idbst
angenommenen Erbauungqabr der Stadt fcinngt, geht
klar bervpr, da& er die gioue Stelle aus den Schriften
diesea- gelehrten Aömers entlehnt hau
Mit allem Fug nennen daher die- neuem Chronc^
logen die: Rechnitoigi naeb der. Rom im IMhlinge des
dritten Jahrs der sedisien Olympiade, 3961 der jnlia-
nisQhen Periode oder 753. y. Chr. edMH sein mXL^ die
Tarronisobe. Hiernach ist a. u« 753 das encie Jahr
vor und 754 .das .erate Jähr nacb. Christus. Um also
ein J^r der Sladt, .dessen Zahl. dickt 753 nbetateigt,
in das Jahr v» Ghi^. sü Terwandeln • oder umgekehrt,
9u(s man die gegebene Jahrsabi. yon 764 iübsieha, tto
dann der Rest das Jahr v» Chr. oder der Slädt gibt.
Z\. B.. Carthago tOtdiCdcinth vturden zeMort ^ is. 608,
d, i. 754 ^ 608 ^ 146 t. Chr.: WUl man Jahre 'd:. St.,
die grSisef als 753i isindv mit Jahren n« Chr« oder um-
') Dedhin.UAl'
gekdiit TO^dieii, so muft tauk ton dta Jdivte der
Stadt 753 absielm, und m« den Jahren nLObr^'^SS
addiren, wo man dann im csBlen EaH Jahlne n.'Gkri
und im leisten Jahre d. Sl. erhidt« Gewfihnlich 'ver*
nachlüasigt man hid>ei den tut Tieimonatlicheii Un-»
leridüed des An£uiges der Jahre d. St« (2^ 150} mid de»
Jahre unserer Zeitrechnung. Seihst die Römer seheinen
die Verschiedenheit jener Jahre von denenider Gm-^
siün, anf die Censorinus aufinerksam su maehen
fiir nöthig häk, wenig healchtet su haben% '
Es ist xn bedanem , dafii wir die Gründe ttMü
kennen, wodurch sich Yarro för 0L6, 3 hat beslim-*
men lassen. So viel ist aber gewüs, dals er dabei
nicht etwa, wie Plutarch' anaudenten seheint, von
einer xu Rom siditbaren Sonnenfinstsmüa ausgingen
ist; denn eine solche hat es in jenem Jahr niekt ge<*
geben ^). Auch die Tage der Empfkngnifi nad des
Todes des Romnlns sotten dnrch Sonnenfinsternisse aus-*
geseichnet gewesen sein f )• HoiSentlich wird man den
Astronomen gern die Mühe erlassen, diese Finslernisse,
von deren Umständen sich nichts anfgeaeichnet findet^
aostnmittehi und su berechnen '}•
') Cicero tpricht an der eben erwäli9ten SteUe nur Ton einer
Conjitnction — in iugo cum esset luna,
') Dionys.n, 56.
') Die Hypothesen der Gelehrten» woran et aud^ hier nicfat
hhk, findet man zusammengestellt in folgender kleinen Schrift des
römischen Astronomen Hm. Galandrelli: Eclisse, solare dai
di XI.Febbrajo MDCCCiy, ossavtUa nella specola asinomo^
mica deir Universitä Gregoriana nel Coiiegio Romano (Rom, 4)
p.YIff. Durch die obgedachte Note des Herrn Mai (2, 151) auf
diese Schrtfl aufiaaeriusm geancht; habt ich sie yergüchcn,' Jedoch
ohne erhebliche Belehnmg. - *
1 66 Technitehe iChmnologie.
Duä Tavka pflicfaMed, fmM seiner Mrianng kein
{geringeB ' Giewicht gibt, Pomponias Alticus und
Cioevo^bei; Ton denen Solinns yeidcken^), da£i
sie die Exbanang Roms in das dritle Jahr der sechsten
Olytaipiade gesetit haben, iir. Mai glaubt, dais hieiv
nit dbe Stelle der von ihm ans Licht geiogenen Dcbeiw
resle des Weiks deBepubUca im Widersprach stehe,
^o es .heifst*):. Si, id quod Graecorum mvestigatur
immMus^^Roma eondka est secundo anno Oljrm^
piadis septitnae, in id saeadum RomuU oeddU
00i0s, cum iam plena Graecia poetarum et musicorum
esset. Alkin Cicero legt die Worte demP.Gome«
lius Soipio in den Mund, der den dinmologischen Be-
HJmniuageti seines Freundes Polybius folgte'). Seine
eigene Meinung muls er an irgend einer verloren §»•
gaogenen Stelle desselben Werks vorgetragen haben;
denn, er lüfit den Atticus sagen ^): Ut iUos de repw'
hlioa Ubros edidisti, nihil a te sane postea aeoepimus;
eUü/ve noämet ipsi ad »veterum annalium memoriam
conif^rehendendäm ünpulsi attpte isseensi sumus ')• In
den iloch i^orhandenmi Schriften des Cicero, so wie
des Yarro, findet sich nichts, vras auf dife in Rede
') An der oben (2,152) angeführten Stelle.
' ») 1. n, c. 10.
... f
*) Sequetmur potissimum Polybium nostrum, quo nemo fuii
in exquirendis temporibus diligentior. 1. 11, c. l4. Dafs Poly-
bius die Gründung Roms in Ol. 7,2 oder eigentlich an den Schluls
TOB Ol. 7, 1' gesetzt habe, werden wir bald sehen.
*) Brutus c. i. ,
') Pfadi Otttik C.34 halte Attieas in seiMn gesdiichdiehoi
Werke annorum septingeniorum memeristm umfiifiit.
RöMBft. ^ 157
stehende Beüunnumg des ErbMumgqdift d. St« kin«*
denlele.
Zu denelben Meinung bekemt sidi andi Yellei&s
Paterculus. Sewia Olympiade, sagt er*), post duo
et wfpnd mmos, ^uam prima consiäuta ßtenU, üo-
muluSf Mariis ßüis, ukas miuHas ai^i, Bomäm urbem
PanUhus in Paiatio oondidiu A quo teinpore ad vo$
Cansules anni suni DCCLXXXJI^ Er meint du Gon-^
solat des M.Yinieius, den er knn suTor angeredet hat.
Dieser war nach yarroniacher Aeie a. u. 783 G>usnl $
bis dahin sind 782 Jahre yerfkissen ') , so wie 32 bis
auf das valnonische Erhanungqahr. Eutro|iius ver»'
dient hier nur in sofern genannt su weide», ab man
aus ihm ersieht, welehe Meinung mktst die yorhenv
sehende geworden ist; denn er spricht gana suyer-
sichtlich vom XI. CaL Maü Qfympiadis sexiae anna
Urtio% <
Die aweite Bestimmung« nach der die Gründung
Borns in den Frühling des vierten Jahrs der aeehaten
Olympiade , SU . setaen ist« schreibt Dionjains dem
M* Porcius Cato au. Er trügt sie anerst ala aeine
eigenr vor, mit den Worten:. ,flni 432slen Jahr seit
„der Einnahme Trojas erbaute eine Colonie Albaner^
,, geführt von Bomulus und Remus, die Stadt Rom,
,,im ersten Jahr der siebenten Olympiade, als der
„Messenier Daiqles im Weulauf den Preis davon trug,
*) i7wl.I,8. ;
') Dfe ZaU 782 ist ' erst' dotdi Emeüdation entstanden; die
Lesart der Handschriften schwankt. Doch stimmen sie in der
Zahl 22 überein^ Wer DGGLXXXm lesen will, lihk kofende
Jahra.
^) Bfi0ir.I,i. . * . •
tfiS Technische Chrenohgie.
„im enten des idiii|IÜirtgeii R^giaMiiU des Aichon
ffCbarops"*).— „Da aber," aeUt er hinzu, „ivegen
„der.Erkaaiing und der Erbaner der Stadt Tiel Strei-
„tens iat, so mag ich die Sache nicht fiir TÖUig ent-
„ schieden ausgehen.'^ Zwei Kapitel weiter bemerkt
er, die römischen Geschiditachfeiber, von denen keiner
sehr alt sei, hätten ans BeiUditen, die auf heiligen
Tafeln -i- h UpaS; d^roc^ -^ aufbewahrt ¥^rden, ge-
schöpft. £r meint unstreitig die Annales Maximi.
Weiterbin stellt er dier yersichiedenen Angaben der Er-
bauungsieit, die er Torfimd, snsammen, und bei dieser
Gdegenfaeit sagt er')^ „Povcius Cato bestimmt zwar
„das Olympiadenjahr -^ {XXi]wxov XP^^^ *^ ^^^ 1^
„hauung nicht; allein mit der ihm eigenen in Somm-
„lung urkundlicher Nachrichten bewiesenen Soi^alt,
„worin ihn nicht leicht jenund übertroflim' hat , setzt
„er sie 432 Jahre später, als die Zerstörung Trojas.
„Diese Zeit, dordi die Chronographie des Erato-
,^sthenea gemessen, trifft auf das erste Jatir der sie-
„henten Olympiade. Dals aber des Eratosthenes
„Kanon richtig sei , und wie man die Tönrfschen Zei-
ten mit den griechischen veq;leichen müsse, habe idi
andenwo gezeigt*'^).
M
^) Afvrlpif n wU Tpioxos-f Mai rrrpaMOnöiy firrit vi|r IX/ov SXw
VW, AKomlaiß> f^ihtnn 'AI^omI, ^fftjktkjov tud *Piinmi v^ ^^yt^iov^»
ctuT^C l;^oyTwr, ml^ovn 'P Jjfii|v, Irovc iytrwrog npjrtüv t^c iß^ift^t oX«^
müofy ^ hfiwBL pft^iftr AoTicXiic, 1Iiovi}MO(, c[p;^orroc 'A^ignit« X^o-
noi St0c vQc ^nuurioi irpwrer. Jni. l^^ 7U Wesentlich aoch eitimahl
11,2 wiederhohlt.
»\ T 7A . . , , .
') 'Ev Tofc xJF^voig^ wie Casaubonus amnerkt. Dieies Unter--
gegangene Werk wird öften TonGlemens Alezandi'invscitirt.
t t ♦ ■ w
' Auf ifdkhe Cooibmatiöiien sicli die ZahT '432 beim
Catt> *) gründen mochte/ wiesen wiir nicht." JDIe* Ver-
gleichoDg mit dem Kanon 'ded Eratosthenes hat
aber Ternmtiillch nicht er, 'Sondern erst Dionysins
angestellt, so dals wir seine ^eigentliche Meinung nicht
mit Sidierheit kennen. Yoh item Kbnon ist schon
oben (1,373) ein uns von Clemens Alezandrinns
erhaltenes Fragment angeführt woraen , auf welches
sich hier Dtonysins unstreitig bezieht. Nach diesem
beträgt der Zeitraum zwischen der Zerstörung Trojas
und de^ erstfen Olympiade 408 Jahre. Legen' wir also
diese Bestimmung zum Grunde, so' iit Rom 24 Jahre
nach der ersten Olymjiiade oder im Anfange, der
siebenten erbaut worden.''
Man köimte glauben, da&r Dionysins eben dies
mit den- Worten trovg hegvhog wpafrou'T^$ 'Ißd^jüwjj 'OXujx-
^ndte^ gesagt habe, die aucli sein Uebersetzer duiclr
initio primi anri septimae 'Ofympia£s gibt. Allein
l)«pSro$, das bei Zeitbestimmungen häufig mit sroüg tiAd
<
ft^yo; verbunden vorkommt, ^.B. in' einer obeh (1,393)
angefiihrten Stelle de^ Semösthenes j heiftt ' nichts
vfriter als im Verlaufe. '
Seine Re6hfaung zeigt jedoch offenbar, dafs er wirk«'
Kch den Anfang^ des Jahrs meint, wenn er es auch
nicht ausdrücklich sagt. Da er nun, wie alle andern,
zum Stiftungstdge die Palillen macht'), so kann es
nur der Frühling des Jahrs Ol. 6, 4, v. Chr. 752, sein;
) ,
• • •
*) Ohne Zweifel war dieser Gegenstand in seLnem grofsen his-
loiiiclMn Weriee, OrigMu betitik, doMen dk Alten dfters ge-
f^abgehaiHlelt.
») 1,88.
160 Technische Chnmaiogie.
an dien ev die Erbauung der Stadt knüpft, eben so
ifie Yarro die zwei bb drei Monate yemachltteigend,
um welcbe die, Palüien dem Abkufe 4^; Olympiaden«
Jahrs vorangehen. Die dionysische , oder, wie man
gewobialidi mit Scaliger. sagt v die cMpuische Be»
Stimmung gibt demnadi ein Jahr weniger, als die yar-
ronische. Wollten wir mit Podwell *) an die Pa-
lilien de^ Jahrs OL?* 1« ▼•Chr. 751, denken, bloili
weil Dionysius ausdrädJich dieses Jah^r nennt, so
würde er den Unterscbi^ von neun bis a^hn Mo*
naten,. der sich swischen sduier Rechnung: und der
von ihm eigentlich gemeij;iten Epoche ei|^i schwer-
lich, unberücksichtigt gelassen, und sich üt^^iaupt guu
anders ausgedrückt haben«
Wir würden hierüber noch zuverlässiger urtheilen
könn^, wenn wir mit Sicherheit wüisten, auf weldie
Jahrszeit die Einnahme Roms dipch die Gallier traf.
Dionysius sagt nämKo)i im weitem YerfiJge: „Die
„Einnahme der Stadt gehört, wieifiM allgemein ange*
f^nonuneu wird, unter den Archon Fjifpßu in OL 98, 1*
„Bis dahin eind von.dem Consulale des L. lunius Bru-
„tus und L. Tarquinius CoUatUius, dem , ersten .. nach
„den Königen, 120 Jahre ver£k>S8en. Dies ;geht unter
,iander^., ^us den Commentarien der Gensoren
„—Ix rm KoKaüixiywv njüii]T4xcpy vTrofi^imTuiv -^ hervor,
„die. aorg^tig vom Vater finf desi Sohn überliefert wer-
„den. Es haben also hi^r^ach die .ersten Consuln ihre
„Verwaltung unter dem Archon Isagoras OL 68, 1 an-
') Man sdictMiiw schwerfilKg.galelicIa, dar hudsonschett Aas>
gäbe beigedruckte, Abhandlung: Chronologia ffmücü fltwjiaa
ex hjrpoihesibus Dioiyrsü HalicermuscL
RÖMBR. 161
„getreten. Weim Hian aber von Tertrabuiig der Kö*
,,iiige röckwarts bis auf Romulua recbnet, so wird man
,,244 Jahre finden, welche aus den summirten Reh
,,gieningsjabren der einielnen Könige entstehen *). —
,, Zieht man diese 244 Jahn? oder 61 Olympiaden von
,,01. 68« 1 ab, so erhält man lür die Erbauung Roms
„das erste Jahr der siebenten Qlyn^piade." Die 120
und 244 Jahte sollen unstreitig voll genommen wer-
den« Wäre also Rom von den Galliern gerade um die
Zeit der olympischen Spiele erobert worden, so hätten
wir hier entschieden wieder den Anfang der siebenten
Olympiade. Allein die Sache stellt sich anders, sobald
wir von einer andern Jahrszeit ausgehen. Dennoch
zweifele ich nicht, .dafs auch dieser Darstellung die
obige Ansicht zum Grunde liegt«
Eusebius und Solinus treten ihr bei. Der
erste, nachdem er unter 01.6,4 bemerkt hat: „In
„dieses Jahr setzen einige die Erbauung Roms,*' nennt
OL 7t 1 als das erste der Stadt ')• Der andere drückt
*) Er gibt dieselben bei dieser Gelegenheit also an: >,Ronm-
Uu aoll 37 Jahre regiei't haben und nach ihm ein Interregnum
Ton einem Jabr eingetreten sein. Auf Numa Pompilius rechnet
man 43, auf TuUus Hostiliut 32, auf Ancus Martius 24, ayf
„Tarquinius Priscus 38, auf Senriua • TuUius 44, auf Tanquinius
„Superbus 25 Jahre.** Auch Livius sagt (1, 60): Eegnatum Ra*
mae a condita urhe ad liberatam annos ducentos quadraginia
quaiuor. Duo consules inde creati sunt L, lunius Brutus et
X. Tarquinius Collatinus* Merkwüi-dig ist es, dafs wir diese
Sohlen überall mit der vollkommensten Üebereinstimmung er*
wähnt finden. Offenbar hatten sie einen dei* ältesten römischen
Geschichtschreiber cum Gewährsmann, dem nachher alle unbe-
dingt folgten.
?) Chron.yo\. U, p. 175. (1, 211).
n. [11]
162 Teclmisehe Cf^nologie.
sieh abo aus*): CoUatis nostrir et Omeeorum tgmpo-
rihus invenimus ineipitnte OiymjHade sepfima Bxh
mam condUam.
Eine dritte Beslimmuiig endlich maeht Rom noch
ein Jahr jünger. Nachdem Dionysius, wie wir gesehen
haben mit bescheidenem Zweifel, seine Meinung ilber die
Erbauungszeit der Stadt vorgetragen* und sich dabei anf
Cato berufen hat, fahrt er also fort: nich habe nicht
,,wie Polybius^ blo& so viel sagen wollen, dafs ich
,, glaube, Rom sei im xweiten Jahr der siebenten
,, Olympiade erbaut worden"'). Man ersieht hieraus,
dafs dieser Geschichtschreiber nichts weiter als eine
ganz unbegründete Yermuthung aufgestellt haben konnte.
Nach Solinns hatte er sie indessen mitEratosthenes,
ApoUodorus, G. Cornelius Nepos und Q. Lnta-
tius Gatulus gemein'). Offenbar betrug auch der
•) A.a.O.
') Dionysius fügt hinzu: „Aoeh habe ich nicht ohne
,,tere Prüfung blofs bei dem ütVog der Pontifices stehen bleiben
,, wollen.*' Für IyK^otovi lieset nämlich Hr. Niebuhr (Rom.
Gesch. I. S. 176) ohne Zweifel richtig ^p^^tpiutft, was auch ander-
weitig für Pontifices gebraucht Yorkomrot. Es werden die A n-
nales marimi gemeint (2,151). Dafs Polybius gerade dienn
bei seiner Bestimmung gefolgt sei, wie Hr. Mai (sn Gic. ^ üe-
;7tf^/. n, 10) glaubt, liegt in Dionysius Worten gar mchl. Ich
pflichte hierin gegen meine anfängliche Ansicht meinem gddirten
Freunde Hin. K lenze mit Ueberzeugung bei.
') Solinus hätte auch noch den Diodorus hinzufügen k6n*
nen; denn auch dieser hatte in seinem yerloren gegangenen sieben-
ten Buch, wie Eusebius CAno/t.Yol. II. p. 386 und Syncellus
Chron. p. 194 vei-sichern, die Erbauung Roms in Ol. 7, 2 gesetzt.
Die Graecorum annäles beim Cicero in der oben (2, 156) citir^
ten Stelle gehen, wie man sieht, auf Eratosthenes, Apol-
lodortts und Polybius. Von Cornelius Nepos halte man
RÖMBR. 163
Unterschied zwischen der zweiten und dritten Bestim-
mung ein Jahr* Bringen wir also die zweite auf die
Palüien yon OL 6, 4, so stellt sich die dritte auf
die Palilien von Ol. 7« 1 oder auf den Frühliog des
Jahrs 751 v.Chr., so dals die eben gedachten Griechen
und Römer nicht etwa die Palilien von Ol. 7) 2 oder
den Schlufs, sondern nur den Anfang dieses Olym«
piadenjahrs gemeint haben können*
Nehmen wir nun auf die dritte Hypothese, die
niemand unter den noch yorhandeuen Geschichtschxei-
bem zur Grundlage einer Jahrrechnung gemacht hat,
und die daher über Chr. Geburt hinaus wenig Anhän-
ger mehr gefunden zu haben scheint, Leine weitere
Rücksicht, so haben wir zwei Acren der Erbauung
Roms, yon denen wir herkömmlich die eine die yar-
ronische, die andere die catonische nennen wol**
len* Jene hat zur Epoche die Palilien yon OL 6, 3
oder den Frühling des Jahrs 753^ diese die Palilien von
Ol. 6, 4 oder den Finihling des Ji^rs 752 y. Chr.
Es yerdient aber wohl bemerkt zu werden, dafs wir
beide Jahrrechnungen blois in Consularyerzeichnissen
(die jjBdoch alle in spätere Zeit gehören) und yon
Schriftstellern^ nirgends bei öffentlichen Yerhandlnngen
und nur ein paarmahl auf Denkmälern gebraucht fin-
den. Auf einer Münze des Hadrian , die in Gold und
Erz yorhanden ist, steht : ANN. DCCCLXXIIII. NAT.
URB. P. CIR. CON. , was man am wahrscheinlichsten
durch: Anno DCCCLXXIIII nataU urbis primum ctr-
dn historisches Werk unier dem Titel Chronica (Gell. iV. ^.
XYn,21), ondLntatius Gatulus schrieb de consulatu et
bus gestis suis (Gic. Brut, c. 35).
[11*1
164 Techmsclie Chronologie.
eenses constituti ergänzt und auf die Emfähning der
ludi circenses im dem Palilienfeste deutet ^). Auf
einem Marmor bei Fabretti ') lieset man: Excessit
anno urbis conditae DCCCXCVII^ Ist, wie zu yer-
muthen siebt, von der yarronischen Aere die Rede, so
gehört die Münze in das Jabr 121 , und der Marmor
in das Jabr 144 n. Chr. Sonst überall wird das Jabr
nur durcb die Gonsuln bezeicbhet.
Es ist eiiie ganz irrige, durcb die Lebrbücber der
rSmiscben Gescbicbte nur zu sehr genährte Ansiebt,
dafi Yarro und Gato selbst an die nach ihnen be-
nannten Aeren die Gonsuln auf eine ähnliche Weise
gereiht haben, wie sie uns die Verzeichnisse der Neuem
darstellen. Welche Untersuchungen beide Römer in die-
ser Beziehung angestellt haben, ist uns gänzlich un-
bekannt. Ihre Aeren sind blois als der Ganeyas zu
beti^chten, auf den die neuem Forscher, yon dem
um diesen Theil der Altertbumskunde hochyerdienten
Onuphrius Panyinius an, die Namen der Gonsuln ge-
tragen haben. Wie verschieden bin und wieder die Com-
binationen ausfallen, mag Ein Beispiel lehren ')• Nach
Panyinius, Sigonius und Trewenschröder *)
•) S. Eckhel Doctr. Num.yol\t p. 501 ff.
') Inscript. ant, p. 88.
') Ich habe einen Aufsatz unsers gelehrten Hrn. RIenze Tor
mir , in welchem die Hauptdivergenzen in der Absicht zusam-
mengettellt si^id, um zu zeigen, wie falsch die Meinung sei, da6
alle Verschiedenheiten in der römischen Chronologie schon im
Alterthum auf einen doppelten Kanon, den Tarronischen und
catonischen, reducirt sind, einen AuftaU, dessen Druck sehr xa
wünschen wäre.
*) Fasti Romanorum Liviani (Dansig l675,4) S. 31.
RÖMBR. 166
hat das Deoemyirat drei Jahre gedauert. Nach Pighins^i
Calyisius und Almeloveen dagegen sind die nttch-
sten Consoln L. Yalerius Poplioola und M. Horatius
Barbatus schon im dritten Jahr des DecemviralB einge-
treten und kein volles Jahr am Ruder gewesen, Li~
vius begünstigt die leUtere Ansicht nicht. Er nennt
uns swischen den Decemyim und Militartrihunen fünf
Paare Gonsuln ^) und sagt, dals die ersten Deoemvirn
dem Jahr 302, und die ersten Militärtribunen dem
Jahr 310 d. St. angehört haben'}.
So schwankend aber auch die Zeiten mancher (Kon-
sulate sein mögen, so leidet es doch keinen Zweifel,
dafs die sogenannte yarronische Aere wenigstens seit
Claudius yorgeherrscht hat, der rie dadurch gleich-
sam sanctionirte, dafi er in ihrem achthundertsten Jahr
unter seinem und des L. Yitellius Consulate die sechste
Säcularfeier zur Yerherrlicfaung des beginnenden neun-
ten Jahrhunderts der Stadt veranstaltete ^). Seitdem
rechnen Plinius, Tacitus, Dio Cassius, kurs
die bewKhrtesten Schriftsteller, im Sinn dieser Aere.
Der erste verbindet nicht selten die Namen der G>n-
suln mit den ihnen angehckigen Jahren der Stadt. So
nennt er die Jahre 259, 485, 505, 535, 575, 655,
657 und 676 (ein paar, bei denen die Lesart schwankt,
nicht zu gedenken] in Verbindung mit eben den Gon-
•) m, 55, 65, 56; IV,1.
') jinno treceniesimo aüero, quam condita Roma trat, ite^
rum muiaiur forma civitatis a consulibus ad decemuiros. 111^33.
jinno treceniesimo decimo, quam urbs Roma condita erat, pri-^
mum tribuni militum pro consulibus magistratum ineunt, lY , 7.
') Genserinus c. 17. Das Jahr nennt auch Tacitus Ann.
XI, 11.
166 Technische Chronologie*
8uln^}, mit denen sie die Fast! des Almeloyeen
oombiniren, welche, wenigstens in der zweiten Ausgabe,
jene Aere zum Grunde legen. Aus diesen werdeh sich
daher auch in den Fällen, wo er blo(s die Jahre der
Stadt erwähnt, die Gonsuln ergänzen lassen, z.B. Leim
Jahr 608 , in welches er die Zerstörung von Gorinth
setzt, und beim Jahr 830, wo er geschrieben zu haben
versichert *).
Seine Yergleichung der Jahre der Stadt mit der
Olympiadenäre bietet dagegen manche Schwierigkeiten
dar, die jedoch nicht von der Art sind, dafs sie uns
nÖthigen könnten, zurückzunehmen, was so eben von
seiner Rechnungsweise gesagt worden ist. Wenn er
z. B. das vierte Jahr der 4Ssten Olympiade, wo sich die
berühmte von Thaies den loniem verkündigle Son*
nenfinstemifs ereignet haben soll, mit dem 170stcn der
Stadt combinirt ^) , so ergibt sich daraus für die Er-
bauung Roms nur dann das varronische Epochenjahr
*) H.N, XXXV, 3 ; XXXIH, 13 ; XV, 1 ; XXIX, 6 ; XXXV, 4 ;
Vm, 7; XXX, 3; XXXVI, 8. Nur beim Jahr 775 finden sich die
Consuln C. Asinius Pollio und C. Antistius genannt (XXXIII, S),
die nach seiner sonst überall befolgten Rechnungsweise dem Jahr
776 angehören.
') XXXIV, 3; XXVm, 3,
') n,9. * Fünf Handschriften bei Harduin und fast alle Aus-
gaben lesen CLXX, wie Plinius höchstwahrscheinlich geschrie-
ben hat. Emendationen nach Torgefafstcn Meinungen sind hier
an der unrecliten Stelle. Es kommt blofs darauf an, wie er die
Aeren der Olympiaden und der Stadt mit einander yerglichen
hat. In welches Jahr eigentlich die Finstemifs des Thaies ge-
hört, ist eine andere Frage, auf die wir schon oben (1,209) ge-
kommen sind. Plinius beantwortet sie auf jeden Fall un-
richtig.
. Römer. 167
OL6,3| wenn man amiimmt, dafii er die Finster-
nifk in die iweite Hälfte des Olympiadenjahrs, also in
584 ▼• Chr. , setat. Wenn er sagt * ) , Mausolua sei
OL 106, 2, a* u. 402 ^ nach einer andern Lesart 404,
geaUahen, ao sollte dafiir nach vanonischer Aere ent-
weder 399 oder 400 stehen, je nachdem der Tod in
die erste oder in die iweile Hälfte des Olympiaden-
janrs gehört.
Die sogenannte catonische Aere liegt dem mv
sprüngUchen Consnlarveneichnisse von Almeloveen
zum Grunde« Uhlins, der zweite Herausgeher, hat
sie aher, die Autorität des Panyinius und Sigonius
fiir gälüger. aneritennend, als die des Pighius und
Calyisius, stillschweigend mit der vanonischen ver-
tauscht '}•
Der Unterschied beider Acren scheint zunächst da-
durch entstanden zu sein, dafs einige, wie Livius (2, 161),
dem Regiment der Könige unbedingt 244 Jahre beileg-
ten , andere aber die Consnln bereits im Verlauf des
annus regifiigü eintreten liefsen. Nach Dionysius wa-
ren bei Einfiihrung des Consulats von dem 244slen Jahr
noch vier Monate rückständig ^).
•) XXXVI, 6.
^) In der eniten Ausgabe wird das erste Gonsulat in das Jahr
244, in der zweiten in das Jahr 245 d. St. gesetzt. Beide Jahre
werden mit 509 ▼• Chr. ▼ei*glichen. »Die Gonsulate stellen sich da«
her in eineriei Jahr ▼. Chr. , aber in 'der einen Aere um ein
Jahr niedriger, als in der andern , weil die Epoche der einen
um ein Jahr jünger ist, als die der andern. Man denkt sich
dies gewöhnlich nicht bestimmt genug.
vwv . . . L.y im Anlange.
168 Technische Chronologie.
Daffl aucli die catonische Aere, vrenn gleidi
späterhin« wie es scheint, von der varronischen tct-
drängl, wirklich in Rom gebraucht worden sei, kidet
keinen Zweifel. Sie liegt deutlich den Uebenresten rines
Verzeichnisses der Consuln auf Marmor tarn Grunde^
das yon seinem Aufbewahrungsort Fasti Gapitolini
genannt wird *), daher sie auch hin und wieder die
capitolinische heilst. In diesem bis auf den Tod
des August gehenden Yerzeichnisse sind den Namen
der Consuln von zehn zu zehn die Jahre der Stadt
beigeschrieben '), welche durchgehends um eine Ein-
heit kleiner ausfallen, als in der neuen Ausgabe der
Fasti des Almeloyeen. Es scheint daher vom An-
lange hinein ein Jahr weniger gezählt zu sein, worüber
sich indessen nicht bestimmt urtheilen läfst, da das
^) Es ist seit 1547, wo die Bruclistiicke zu Rom ausgegi-aben
* worden, mehimals gedruckt worden, unter andern in folgendem
' von Sigonius herausgegebenen Werke:! Fasti amsulares ae
triumpki acti a Romulo rege usque ad THberium Caesarem
(Venedig 1556, fol.), in Gruter's Corpus Jnscriptionum p. 289—
297, und am besten geordnet bei San demente. Neuerdings
sind noch ein paai* nicht sehr bedeutende Fragmente hinzug^
kommen. Nuovi frammenti dei Ftuti consolari Capitolini iilu^
strati da Bartolomeo Borghesi. Mailand 1818, 20« 2 Vol. 4.
Petavius (Doctr.tempA.TJL^cSi) will diese Fasti dem unter
August lebenden Grammatiker Yerrius Flaccns beigelegt ttis-
sen, Yon welchem Suetonius {de illustr. Gramm* 6.17) sagt,
dafs er zu Praeneste auf eine marmorne Wand Fasti habe ein«
hauen lasten. Iitig hält er diese für die eapitolinischen , da es
doch die Fasti anni Romani sind, deren zu Praeneste gefundene
Bruchstücke Foggini ans Licht gestellt hat (2,135).
') Es haben sich folgende Zahlen eiiudten: 290, 300, 440»
490, 500, 510, 520, 530, 550, S60, 570, 580, 590, 620,
670, 680.
R ö X B a. 169
erste Fragment nicht über da» Jahr .287 d. St* an-
Tüdigehu
Es wird nicht überflüssig sein, hier noch ein we-
nig hei der ^ Frage an verweilen , wie onsere beiden
HaaplMshriftsteller über die firüheve Geschichte Borns,
Liyins und Dionjsias, gereehnet haben.
Wenn der erste die Daner der monarchischen Yer-
fassnng an 244 Jahren angibt, mit dem Zusata: duo
oonsules in de crßoti, so ist wol nicht au • zweifln, dafii
nach ihm das erste Consulat dem Jahr 245 d« St« an-
gehört* Damit stimmt denn auch überein, dajs er die
ersten Militärtribunen ins Jahr 310 setst (2, 165), und
den Camillus unmittelbar nach der Befreiung Roms
Ton den Galliern 4n einer an das Volk gerichteten
Rede vom laufenden 36Ssten Jahr der Stadt sprechen
läist-^). Wenn er dagegen, das 302te aum ersten des
DecemTimts macht, so kommt er mit den Fastis Ca-
pitolinis überein, denen auch die 488 Jahre ent-
sprechen , die sein jetxiger Text bis auf den Ausbruch
des ersten punischen Krieges unter dem G>nsul Appius
Glaudius zählt ')• Bei der Zusammenstellung der Gon-
snln P. Sulpicius Galba und C. Aurelius mit dem
SSOsten Jahr d. St. ^) muis ein tertio oder quiulo aus
^) Trecentesimus sexagesimus quinius amuu urhis/Quirites,
agUur, y,54.
') Quadringenii octoginta oeto anni a conäiia urbe ad,
Jppium Claudium ConsuUm, qui pnmus bellum Catihaginien'
sibus intulit, XXXI, 1. Das ausgezeichnete Wort ist Einend ation
Ton Glareanus; die HandschnAen lesen septuaginla^ oder Yiel-
melir sie lassen, Zahlzeichen gebrauchend, ein X weg.
') Jnno quingeniesimo quinquagesimo ab urbe' eondita P,
Sulpicio Galba et C. Aurelio Cojj. XXXIyS.
170 Technische Chronologie.
dem Text ge&Uen sein; denn ies liandelt sich hier nur
um eine Einheit. Man sieht, wie wenig diese Zahlen
(die einzigen, die er meines Wissens erwähnt) geeignet
sind, seine Jahrrechnung ganx ins Klare au setzen.
Nur so viel erheUet, dafii sie nicht durchweg mit den
Fastis des Almeloveen, weder nach der ersten,
noch nach der zweiten Ausgabe, übereinstimmt. Der
olympischen Spiele gedenkt er nur an Emer Stelle*
Nachdem er von der Wahl der Consulu- C. Claudius
Neio und H. Livius Salinator geredet hat, sagt er ^) :
Simuly quod Ofympiae tudicrum ea aestate fittumm
erat •••• Er kann nur die l43ste Olympiade mei-
nen, die auf den Sommer des Jahrs 208 y. Chr. trifll.
Jene Consuln gehören aber ins Jahr 207, mit wdcbem
Jahr der Stadt man sie auch oombiniren mag. Peta-
yiu8 zeiht ihn daher mit Redit eines Ycnefaens*).
Dionysius dagegen erwähnt bei jedem vierten
Jahr regelmafsig die Olympiade nebst dem Archan
Eponymus von Athen, und verbindet damit ein paar-
mal die« Jahre der Stadt, und £es auf eine ihm ganz
eigentbümliehe Weise. Da er die Erbauimg Roms mit
Gato ein Jahr spater annimmt, als Yarro (2-, 157),
und doch der monarchisohen Verfassung nur vier Mo-
nate weniger als 244 Jahre beilegt (2,167), welchen
Unterschied er bei seinem chronologischen Calcul ganz
vernachlässigt, so bringt er das erste Consulat in das
Jahr 508 v*Ghr., in welchem die 68stö Olympiade be-
gann, deren erstes Jahr er ausdrücklich nennt (2, 160).
Gleiche Bewandnifs hat es mit den Gonsuln A. Yirginius
') XX¥n,35.
*) Doctr, temp, IX, 53.
RÖMBR. 171
und T« Yeturiiis Geminus, die nacb ihm a. u. 260 tm*
ter dem Archon Themistodes, im Jalir yor Anfang;
der 72sten Olympiade — jükXXctxtij^ ug rcvmov t%
ißdojuLijxop]; xcä itmipoj; oh)\i7noito^ — in Function ge-
treten sind*), und mit den G)nsula P. Horatius und
Sextos Quintilius, von denen er sagt'), dals ^ie ihre
Amtsführung in der 82sten Olympiade unter dem Archon
Chärephanes, als 300 Jahre nach Erbauung der
Stadt verflossen waren — hSv rpiaxoa-lwv Ik^wtXtj-
pofjdvwy dno rov ^Pwfxrig (ntyotxia-fxcG — also im Jahr 301,
begonnen haben. Man ersieht hieraus, dafs er eben
die Jahre der Stadt nennt, denen die gedachten Con-
suln nach der gewöhnlichen Rechnung angehören, dafs
er sie aber in der Olympiadenäre um ein Jahr höher
setzt, so dafs er uns die ganze römische Geschichte, so
weit er sie ern[hlt (bis a. u. 311), um ein Jahr ntther
bringt. Dieser Unterschied von einem Jahr mufs sich
aber bei ihm weiterhin dadurch wieder ausgeliehen
haben, dafs er irgendwo ein 0)nsulat weniger zählte,
wodurch für ihn ein Jahr der Stadt verioren ging;
denn er bemerkt, es seien bis auf die 0)nsuln Clau-
dius Nero II und Calpurnius Piso (unter denen er ohne
Zweifel schrieb) 745 Jahre seit Erbauung der Stadt ver-
flossen'), woraus erheUet, dafs er dieselben ins 7468te
•) VI, 34.
») X,53.
') Von der- langen Dauer der Hemchafl der Römer handelnd,
sagt er: Tovra Ih miwn kol TtfnpaitovTct q^ij «poc foU tirroMO'&oK
rrtatV l^v tU V1WT0VC KXmi^ioy Mcpcova to ^tvrtpoiY vntntvovra *al
IltVwva KaXirovpviov , ot xaxi rqv tpirriv M toXq IvirfihfxoirTa xcd ixa-
Tov oXujütKtao'iv ämM^Bfi^av, I, ä. ^
174 Technische Chronologie.
g^ habem su^ ihrer mebrere bedient, unter andern
Kepler in seinen Schriften über das Geburtsjahr
Christi* Um ihre Jahre auf die der Stadt zu bringen,
addire man 7P8, upd um ^e mit den Jahren unse-
rer Zeitrechnung zu yetgleichen, ziehe man sie von
46 oder von ihnen 45 ab, je nachdem ihre Anzahl
kleiner ist . als 46 oder grofser als 45 , wo man dann
im ersten Fall Jahre vor und im letztem nach Chri-
stus erhtdt.
Auch die anni yiugustortun^ deren schon oben(l, 155)
gedacht worden, scheinen wenig gebraucht zu sein« Das
erste derselben ist das 727ste. d. St*
So lange regelmäßig zwei Consuln jährlich gewählt
wurden, emp&nd man im römischen Reiche das Be«
dürfiiiis einer fortlaufenden Acre wenig oder gar nicht.
E^ ward erst fiihlbar, als tiach Verlegung des Kaiser-
sitzes in den Orient die Consularär^ schwankend zu
werden begann. Wie man sich dann half, werden wir
im folgenden Abschnitte sehen.
Siebenter Abschnitt.
Zeitrechnung der christlichen Völker.
t¥yvyv^f*fV¥y¥^
D
je Zeitrechnung, die mit wenigen Modificationen
yon sttaiBitlicheii Völkern der Christenheit gebraucht
wird , ist , 80 weit sie die Form und Einthdlang des
Jahrs hetrifft, wesentlich die von lulius Cäsar ver-
besserte römische, yon der im vorigen Abschnitt ge^
liandelt ist« Nur die «iebeoitägige Woche ist aus
der jüdischen Zeitrechnung in die chrisdiehe tiheiH
gq^uigen.
Schon seit dem Anfange der christlichen Aere sdiei-
nen Woche und SabLath im römischen Reidie sehr be-
kannt gewesen, ja leisterer selbst von Niditjuden hin und
wieder gefeiert worden ^zu sein, so wie überhaupt; meh-
rere orientslisphe Religionsgebrauche, z.B. der Gultus
der Isis und des Serapis, unter den Kaisem BSagang
in den Oocident £uiden. Der Sabbath, Siüfbatum,
kommt seit dieser Zeit bei den römischen Schriftstel*
lern häufig vor. Man erinnere sich der tricesima sab'
haiä beim Horaz^), worunter das Neumondsfest
•— rosch chodesch — • der Juden, das in den ydlen Mo-
naten mit dem 30sten anfiLngt (1,513), zu verstehen
sein mufs, und vergleiche Ovidii an amandi I, 41^
^) Serm. 1,9, 69*
176 Technische Chronologie.
waÄ rßmeJia amoris 2i9 i TiballieiSe^^I,3, 17; Persii
Sät.Y, 184; luvenalis Sat.yi, 158; XIY, 96; Se-
necae epist.95^ um nicht mehr Stellen anzufahren')«
Man ersieht darauf, dafs sich mapnigfachpr Aberglaube
an den Sabbalh knüpfte« So wurde es unter andern
für ominös gehalten, an:demselben eine Reiae anzatre*
ten. Wenn August bei einer Gelegenheit sagte ') : Ne
Judaeus quidem tarn diUgenter sabhatis ieümiwn ser-
vat, quam ego hodie servavi, so hatte er eine falsche
Ansicht von diesem Tage; denn die Juden fiisten an
ihm nie. Ovid nennt ihn rebus minus apia geren-
dis. Anden dachte der 'Grammatiker Diogenes m
Rhodus, der nach Sueton's Versicherung') nur an
den Sabbathen zu dispütiren pflegte; und daher den
Tiberius, der ihn aulser der Oi^nung zu hören kam,
auf den siebenten Tag beschied» . Wamm. er gende die-
sen gewählt hatte, wissen wir nicht; es erhellet aber
aus dieser Yorliebe, dais es bereits um den Anfang der
christliehen Aere Personen gab, die Ihre Thtttigkeit
durch den siebentägigen Zeiteinschni(t bestimmten.
Ein halbes Jahrhundert später sagte losephus gar
,, schon ^) : Es gibt keine ciniige weder grkchiscbe noch
„nicht griechische Stadt, wohin sich nicht der Gebrandi
^, unserer Feier des siebenten Tages veribteitet hätte.*'
*) Eine reiche Sammlang deru&en findet sich bei Seiden
(de Iure naiumli ei gentium 1. lü. c« 15ff.) und in Gottlieb
Wernsdorfrs Di$seHaiift de gentilium sakbaHo,
berg 1722, 4.
') Suet. ^Mg. €.76..
») Tiber, c.^2.
*) Contra Jpion, U, 39.
Ghbistlichb Yölxbii. 177
•
Dte damals mehr als je in Ansehen, stdiende Stent-
deuterei , die wesentlich auf die sieben Planelen der
Alten gegründet war , trug dazu, ohne . Zweifel' nicht
wenig hei. Man vergleiche, was oben> (1,178) iibär
die vetmuthlich in Aegypten aufgekommene Benennung
der Wochentage nach den Planelen aus Dio Gassius
beigebracht worden ist. Man stellte di^ eiste. Stunde
des Sabbaths unter den Einflnfc des Sftitum, und in*
dem man jede der 24 Tagesstunden, einem andern Phrne-r
ten unterordnete, gelangte man^ den' Kreis immer wie-
der von vorn durchlaufend, mit der ersten Stunde des
nächsten Tages zur Sonne, mit der ersten des folgenden
zum Monde, und so weiter zum Mars, Merkur, Jupiter
und zur Yenus, was Gelegenheit gab, die: einzelnen Tage
der Woche also zu bestimmen. .und zu bezeichnen:
Sonnabend Dies Saturni tf
Sohntag Dies Solis . : Q'
Moütag Dies Lnnae : ^
Dinstag Dies Martis ^f.
Mittwoch Dies Mercurii Q
Donnerstag -Dies lovis - 7\»
Freitag Dies Yeneris $
Obgleich Dio Cassius der erste unter den noich
vorhandenen Schriftstellern ist, der . dieser BenennungelL
förmlich und im Zusammenhange gedenkt, so läfst sich
doch nicht zweifeln, dafs sie sc^on viel früher bekannt
und gebräuchlich waren.. Wenigstens. kommt der.NMne
dies Saturni als Synonym von sabbatum bereits in der
angezogenen Stelle des TibuU vor. lulius Fronti-
nus, der unter ITerva schrieb, sagt^), Yespasian habe
IL [12]
17S Technisehe Chwnologie.
die Jaden Saturni die^ ^uo eis nefus est quidquam
seriae rei agerßi angegriflen und besiegt, und lusti*
Has'M'tfrtyr, der um die Mitte des nreiten Jahrhun-
derts lebte, bemerkt*), Christus sei r^ npo rV^ Kpovi^
XTJg (am Freitage) gekreuiigt, und rff furci rrj^ Kpwtx^
(am Sonntage) seinen Jüngern erschienen. Beim Ter-
t^illian heifst es'): Si diem- Solis laetitiae ' indul^
gemus, alia lange ratione quam religione solis, secundo
hca ab üs swnus, qui diem Saturni otio et victui
decenumiy exorbitantes et ipsi a Judaico more, quem
ignorant, womus hervosgeht, dals um das Ende des
iweiten Jahrhunderts viele Römer den Sabbath gefeiert
haben müssen, einem fremden Religionsgebrauche yiel-
leicht um so lieber huldigend, da die Feier des dies
Saturni ihnen' einige Analogie mit den einheimischen
Satumalien zu haben schien '). Kurz aus Allem ist
klar, dafs^ die siebentägige Woche seit dem Anfange
unserer Zeitrechnung im römischen Reiche sehr be-
kannt, wenn auch nicht gesetzlich war; denn dies
wurde sie offenbar erst, als das Chrislenthum unter
G)nslBntin zur Staatsreligion erhoben wurde.
Den Sonntag dies Solis zu nennen, war bei den
Christen ganz 'gewöhnlich. In ea, heifst es beim Am-
brosius^), sah^ator veluti sol oriens, discussis in^
femorum tenebris, luce resurreetionis emicuit. Sie mach-
ten diesen Tag statt des jüdischen Sabbaths,* also den
ersten Tag der Woche statt des letzten, zum
•) Apoll, ST,
^) Apologet, c. 16.
') Man Tergleiche Taciti HisL\,h,
*) Sermo LX.
Ghristlighb YöLKBa. 179
an welcbem sie susammenkamen, sieb gemeinschaftlich
zu erbauen, und sich bei den über sie ergehenden Yer-
folgongen cur Standhafligkeit zu ermuntern. ,,An dem
„nach der Sonne benannten Tage," sagt lustinus
Martyr *), „versammeln sich die in den Stadien und
„auf dem Lande wohnenden Christen aus einem dop-
„pelten Grunde, einmahl weil es der erste Schöpfungs-
,,tag, und dann weil es der Aufersiehungstag Christi
„iK/' In letzterer Beziehung nannte man ihn früh*
zeitig den Tag des Herrn — xvpieuci], Domimcus oder
Dominica ')•
Folgende Stelle des Isidorus') yerdient hier an-
geführt zu werden: Apud Hebraeos dies prima una
sahbati didtur (1,518), quae apud nos dies domini'
cus est, quem gerUiles soli dicui^runt. Secunda sab-'
hati secunda feria^ quem saeculares diem Lunae vo^
canU Tertia sabbati tertia feria^ quem illi diem
Martis vocant. Quarta sabbati quartaferia, qui
Mercurii dies didtur a paganis. Quinta sabbati
quinta Jeria est, qui apud gentiles Jovis vocatur.
Sexta sabbati seocta feria est, quae apud eosdem
paganos Feneris nuncupatur. Sabbatum autem sep^
ümus a dominico die est, quem gentiles Satumo di-
cai^erufU et Satumi nominaverunt. Am besten richtet
man sich, fiihrt er fort, nach dem ritus ecciesiasticus,
nämlich die Wocbjenlage Ferias zu nennen; sollte
•) A.a.O.
') Ob schon die ^K'P' xupiaxj in der Apokalypse (1,10)
in diesem Sinn zu nehmen ist, oder, wie einige meinen, den
Auferstehungstag Christi bezeichnen soll, ist zweifelhaft.
^) J^/^^m.y , 30. Yergl. Beda dt temp, ratione, c.6.
[12']
180 Technische Chronologe.
einem aber auch ja einmahl einer der heidnischen
Wochennamen entschlüpfen, so bedenke man, da£s alle
die, nach deiien die Heiden die Wochentage benannt
haben, Menschen gewesen sind, die man ihrer Ver-
dienste wegen göttlich verehrt und an den Himmel
versetzt hat, so dafs man gerade keine Sünde begeht,
wenn man ihre Namen über. die Zunge bringt.
Woher es kam, dafs die Kirche das Wort Feriae,
welches bei den Römern Feiertage beseichnete f^ an
denen keine Geschäfte, sei es vor Gericht oder anders-
wo, vorgenommen wuiden, zu einer allgemeinen Be-
nennung der Wochentage stempelte, weiis man nicht
bestimmt« Nach einem Dekret des Yalentinianus 11
sollten die sieben Tage zunächst vor und nach Ostern
Feiertage sein ^). Nur die Feier der sieben letztem
erhielt sich im Gebrauch. Da nun diese Woche den
ursprünglichen Christen, die ihr kirchliches Jahr mit
dem Osterfest zu beginnen pflegten, die erste im Jahr
und ihre Tage durchaus ^noti waren, so nannte man
auch die Tage der übrigen Wochen ferias. Dies bt
die Erklärung, die Scaliger') und Du Gange') von
der Sache geben. Ungezwungener scheint folgende zu
sein« Auiser dem Sonntage pflegten die ersten Christen
noch den Mittwoch und Freitag als Tage des Ge-
bets und der Fasten zu feiern "). Um beide Wochen-
*) {Feriatos esse iubemus) sanctos quoque paschae dies,
quisepteno vel praeceduni numero, vel sequuniur, Cod, Theo-
dos. l n. tit. S de ferüs.
") Emend,iemp,I,p.6.
* ) Glossar, med, et in/, latinitatis v. Jeriae,
' ) Giern. Alezandr. Sirom. 1. YII. p. 316 und daselbst Sjlburg.
Christliche Völker. 181
tage zu untarscheiden , nannten sie den einen feria
quaria, d. i« den Feiertag, welcher der vierte Wochen*
tag war, den andern ^na sexta. Beide Tage kommen
unter dieser Benennung bereits beim Tertullian vor ^).
Natürlich zogen die feria quarta und sexta allmSlig
auch die^rui secunda, teriia, quinta und septima nach
sich. Dem Sonntage blieb der Name Dominica.
Da(s Schebua, die siebentägige Woche der He-
bräer, durch iß^ojtxog und septimana übei*setzt woi^en
sei, ist schon anderswo (1,89,480) bemerkt worden«
Letzteies Wort liommt in dieser Bedeutung meines Wis-
sens zuerst im Codex Theodosianus vor').. Isidor,
bekanntlich stark im Etymologisiren , sagt^): Hebdo-
madam nos septimanam vocamus, quasi Septem luces;
Tuun mane lux est.
Einige Chronologen sind der Meinung, dafs die
Woche bei den deutschen und nordischen Völkern uralt,
und die Namen der Wochentage in den germanischen
Sprachen schon lange vor Einluhrung der christlichen
Religion im Gebrauch gewesen seien ^)« Allein nicht
zu gedenken, dafii sich weder beim Tacitus noch sonst
irgendwo eine Spur davon findet, wäre die Analogie der
*) De ieiuniis c. 2.
^) Dominica, gui septimanae totius primus est dies. L. XY,
tit. 5, leg. 5.
') Etxm.y,^2,
*) Auch den Kalendern mit Runenschrift, die auf Stäben
eingeschnitten in den scandinarischen Ländern gefunden werden,
haben einige patriotische Schriftsteller ein sehr hohes Alter bei-
legen wollen. Es ist aber gewifs, dafs sie nichts als die christ-
liche Zeitrechnung enthalten. Yergl. Ferner de anliquitaie Ca»
lendarii Rupici. Stockholm 1758, 4.
182 Technische Chronologie.
griechisch-römischen und germanischen Benennungen
der Wochentage sehr auffallend und nur dadurch su er-
klären, da(s man sie aus einer gemeinschaftlichen orien-
talischen Quelle ableitete. Wahrscheinlicher bleibt es im-
mer, dafs die germanischen Völker die Woche erst zu-
gleich mit dem Ghrislenthum erhalten und nun die
römischen Namen dies Martis, Mercurii, low und
F'eneris mit analogen einheimischen yertauscht haben.
Dals die englischen Benennungen Tuesday, Wednes-
day nnd Thursday (bei den Schweden Tisdag, Ons-
dag und Torsdag) {iir Dinstag, Mittwoch, Don-
nerstag, yon Tun, Tue, Tug, dem Kriegsgott *),
von Wodan oder Odin, dem Merkur, und von Thor,
dem Jupiter oder Donnergott der Sachsen und Scandina-
vier entlehnt sind, leidet keinen Zweifel. Auch das
englische Friday, schwedische Fredag und deutsche
Freitag hängt höchstwahrscheinlich mitderFrea oder
Friga, der Yenus dieser Völker, zusammen. Sonn-
tag und Montag sind Uebersetzungen yon dies solis
und bmae. Sonnabend ist aus Sonntag-Abend,
d.i. Tag yor Sonntag, entstanden. Das obeideatsche
Samstag ist das zusammengezogene Sabbathstag,
und das englische Saturday das römische dies Sa-
tumi, wenn man nicht lieber auch hier mit Johnson
an den ähnlich klingenden Namen eines sächsischen
Idok denken will %
^} Auch unser Dinstag wiU Adelung daron herleiten. Nach
andern soU es so yiel als dies iudicii sein, weil man Torzüglicb
an diesem Tage Gericht gehalten habe (?), und Ding im allen
Deutsch so Tiel als Gericht heifse.
') Man Tergleicfae über dies Alks Wachter*s Glossarium und
Dissertatio historicO'-philologica de hebdomade gentiiuim ei
Ghkistlichb Völker. 183
Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dals imser
Wort Woche aus dem gothisdien PFik entstanden, ist,
welches heim Ulfilas so viel als Ordnung, regel-*
mäfsigen Wechsel, bedeutet, und vieUeicht dsM
lateinischen vicis verwandt ist. Die Angelsachsen hc^
ben es fiir Woche gebraucht, i/uia hehdomas est sep^
fem dierum ordo conünuo recurrens^ wie. sich Wäch-
ter ausdrückt.
Die Aufgabe, den Wochentag zu finden, der
einem gegebenen Monatstage der christlichen
Zeitrechnung angehört, ist von Wichtigkeit, Weil
«ich häufig neben dem Datum zugleich die Ferie ' et*
wähnt findet, und letztere Gelegenheit geben kann,
ersteres zu prüfen und zu berichtigen. Folgende Me-
thode ist leicht zu übersehen. Jedes vierte Jahr der
christlichen Aere vom Anfange hinein ist ein* Schalt-
jahr. Man kann daher die ganze Jahn^ihe in Schalt*
Perioden zu je 3 X 365+ 366 s 1461 Tagen theilen. Um
nun die Zahl der Tage zu berechnen, die vom An*
fange der Aere bis auf ein gegebenes Datum verflossen
sind, dividire man die um eine Einheit verminderte
Jahrzahl durch 4. Der Quotient zeigt die Anzahl der
abgekttfenen Schaltperioden und der Rest die noch .ab-
gelauienen Gemeinjahre an. Man multiplicire also je*
dierum a planetis denominatione (Berlin 1747, 4) , eine fleifsig
susammengetrsgene Schrift, angeblich ron einer Societas litlera«
ria. Auch yerdient hier erwähnt zu wexxlen: P. Joseph Fuchs
Abhandlung yon den Wochentagen aus den Geschich-
ten der alten Hebräer, Griechen, Römer und Deut-
schen zur Erläuterung eines bei Mainz gefundenen
alten heidnischen Altars mit acht Götzenbildern.
(Mainz 1773, 4.)
184 Technische Chronologie»
nea mit 1461 und diesen mit 365 , und addixe beide
Prodncte. Auf diese Weise erhält man sammtliehe bis
auf den Anfang des gegebenen Jahrs verflossenen Tage.
Hiäzu addire man noch die bis zum Anfange des ge-
gebenen Monats abgelaufenen Tage des Jahrs, die man
aus einer oben (1 , 103) mitgetheilten Tafel entlehnen
kann, und die. Tage des laufenden Monats» Die Summe
ist die gesuchte Zahl aller bis zum gegebenen Datum
einschließlich verflossenen Tage der christlichen Aere.
Nun ist der erste, mithin der achte, fünfzehnte, kurz
jeder siebente Tiig dieser Aere ein Sonnabend« Divi-
dirt man also die gefundene Summe durch sieben, so
wird dem Re^t 1 der Sonnabend, dem Rest 2 der
Sonntag, kurz
dem Rest 12 3 4 5 6 0
der Wochentag "fe O tt cf 5 2|- g
angehören. Es mufs aber hiebei nach dem alten Ka-
lender gerechnet werden, der nie eine Unterbrechung
erlitten hat. Ist ein Datum nach dem neuen Stil ge-
geben, so mufs man es zuvörderst auf den alten vedu-
ciren. Der neue zählt mehr vom 5. Oktober 1582 bis
«um 24. Februar 1700 zehn Tage, bis dahin 1800
elf, bis dahin 1900 zwölf, bis wieder dahin 2100
dreizehn u. s. w« Es sei z. B. die Ferie des heutigen
20. Novembers neuen oder 8. Novembers alten Stils des
Jahrs 1825 zu finden: 1824 durch 4 dividirt gibt den
Quotienten 456 ohne Rest, und 456 x 1461 «b 666216.
Bis ans Ende des Oktobers verfliefsen im Gemeinjahr 304
Tage und im November noch 8. Man hat demnach
6662 1 6 -H 304 + 8 »666528 Tage, welche durch 7 divi-
dirt den Rest 2, also nach obiger Tafel den Sonnlag
geben.
G^&rSTLICHB YÖLKBB. 186
Eine andere Methode, die Ferie eines llfonatstages
zu bestimmen, hat man zum Behuf der Berechnung
des Osterfestes erfunden, eines Festes, das bekanntlich
von den Christen immer am Sonntage gefeiert wird.
Es ist folgende. Wenn das bürgerliche Jahr durchgän-
gig 365 Tage oder 52 Wochen und einen Tag hielte,
so würde der Anfang desselben der Reihe nach von
einem Wodientage zum andern fortschreiten, und nach
sieben Jahren zu demselben Tage zurückkehiren; Da aber
jedes yierte Jahr 366 Tage oder 52 Wochen uhd 2 Tage
hat, so muls der Anfang des auf ein Schaltjahr folgen-
den Geineinjahrs um zwei Wochentage vorschreiten, so
dais, wenn das Schaltjahr z. B. mit einem Freitage an-
gefangen, das nächste Jahr mit einem Sonntage, das
folgende mit einem Montage « das folgende mit einem
Dinstage, das folgende (wieder ein Schaltjahr) mit einem
Mittwoch, das folgende mit einem Freitage u. s. w. be-
ginnt. Rechnet man auf diese Weise weiter, so findet
man, dals erst wieder nach 28 Jahren ein Schaltjahr auf
den Fi-eitag trifft, mithin erst dann dieselben Wochen-
tage ganz wieder mit denselben Monatstagen überein-
stimmen. Dieser Zeitraum wird yon den Chronologen
Sonnencirkel genannt, weil dabei das Sonhenjahr
yon 365 Tagen 6 Stunden zum Grunde^ liegt.
Theilt man die sämmtlichen Tage des Jahrs vom
I.Januar an in Perioden zu je sieben Tagen, und be-
zeichnet die Tage einer jeden der Reihe nach mit den
immer wiederkehrenden sieben Buchstaben A, B, C, D,
E, F, 6, so wird der Buchstab, der jedesmal auf den
Sonntag triiSt, der Sonntagsbuchstab des Jahrs ge-
nannt. Fängt z« B. das Jahr mit einem Sonnabend an,
so ist B der Sonntagsbuchstab, weil dann der zweite
186 Technische Chronologie.
Januar, der immer mit B bezeiclmet wird, ein Sonn-
tag ist.- Eben so mufs der Sonntagsbuchstab C, D, E,
F, 6 sein, wenn das Jahr mit einem Freitag, Donners-
tag, Mittwodi, Dinstag, Montag anfkngt. Trifft der
1. Januar auf einen Sonntag, so ist A der Sonntags-
buchstab.
Aber nicht bloft der Wochentag des 1. Januars
wird durch den Sonntagsbuchstaben bestimmt, sondern
zugleich der jedes andern Datums« Denn da der Januar
yier Wochen und drei Tage, der Februar gerade yier
Wochen, der Mttrz vier Wochen und drei Tage u.s.w.
hält, so überzeugt man sich sogleich yon der Richtig-
keit folgender Tafel, wdche den An&ngsbuchstaben
eines jeden Monats gibt:
Januar A Mai B September F
Februar D Junius £ Oktober A
März D Julius 6 November D
April 6 August C Deoember F
Wenn man femer bedenkt, dafii der erste, achte, fünf-
zehnte, zweiundzwanzigste und neunundzwanzigste alle-
mahl einerlei Buchstaben haben, so wird man leicht
durch Weiterzahlen den Buchstaben finden, der jedem
Monatstage angehört. So hat der 20. November den
Buchstaben B, weil der erste mit D bezeichnet ist*
Kennt man nun den Sonntagsbuchstaben des Jahrs, so
weifs man zugleich, auf welchen Wochentag jedes Da-
tum trifft« Im Jahr 1825 corrcspondiren die Wochen-
tage und Buchstaben wie folgt:
B G D E F 6 A
woraus erhellet, dafs der 20. November, der allemahl den
Buchstaben B hat, in diesem Jahr ein Sonntag ist.
Ghbistlighb yÖLX.SH. 187
Damit in einem Schaltjahr, worin der Fehmar
einen Tag mehr ak gewöhnlidi hat, die eben bemerkte
Folge der Anfangsbuchstaben eines jeden Monats nicht
gestört verde, also obige Tafel für alle Jahre gelten
möge, hat man folgende Einrichtung getroffen» Es bt
zwar gleichgültig, welchen Tag im Februar man als
den eingeschalteten betrachten will, ob den letzten oder
ii^jend einen andern« Allein es ist herkömmlich, den
24. Februar in den Kalendern ausdrücklich als den
Schalttag aufzuführen, weil ihn lulius Cäsar dazu
gemacht hat^). Diesem Tage nun gibt man denselben
Buchstaben F, der dem folgenden angehört, wodurch 6,
sonst der Buchstab des 2Ssten, auf den 26sten über-
geht, so dafs mit dem 1. März alles wieder ins Geleise
kommt. Dadurch mufs sich aber der Sonntagsbuchstab
ändern; denn da in der Woche, auf die der Schalttag
trifft, zwei Tage einerlei Buchstaben haben, so werden
von dem vorhergehenden Sonntage bis zum nachfol-
genden nur sechs Buchstaben gezählt, und es mufs
daher der Sonntagsbuchstab, wenn er vor dem Schalt«
tage z.B. D ist, nach demselben C sein. Jedes Schalt-
jahr hat mithin zwei Sonntagsbuchstaben, von denen
der spätere im Alphabet den Sonntagen vor, und der
frühere den Sonntagen nach dem Schalttage angehört.
Ueberhaupt folgen, wie man leicht sieht, die Sonntags-
buchstaben von einem Jahr zum andern in rückgängiger
Ordntmg auf einander. So ist 6 der Sonntagsbuchstab
*) Er setzte nämlich den Schalttag zwischen Terminalia und
Regifugium (2, 129), d. i. zwischen den 23sten Februar und den
Tag, der im Gemeinjahr der 24ste ist und im Schaltjahr der
25ste wird. Im christlichen Kalender ist Regifugium der Mat-
thiastag.
188
Technische Chronologie.
des JaliTS 1821, F des Jahrs 1822, E des Jahrs 1823,
DG des Jahrs 1824, B des Jahrs 1825 u. s. w.
Nach Ablauf des Sonnencirkels kehren die Sonn-
tagsbuchslaben in gleicher Ordnung wieder, daher der-
selbe auch, und schicklicher noch, der Sonntags-
buchstabencirkel genannt werden könnte« Man
hat nun die Sonntagsbuchstaben dergestalt an diesen
CiriLcl gereiht, dafs man dem letzten Jahr den Buch-
staben A gegeben und das erste zum Schaltjahr ge-
macht hat. Dadurch ist folgendes Yerhältniis der Sonn-
tagsbuchstaben zu den Jahren des Sonnencirkek ent-
standen :
Sonnen-
Sonntags-
Sonnen-
Sonntags-
cirkel.
buchstab.
cirkel.
buchslab.
b. 1
GF
15
c
2
£
16
B
3
D
b.l7
AG
4
C
18
F
b. 5
BA
19
£
6
6
20
D
7
F
b.21
OB
8
E
22
A
b. 9
DC
23
G
10
B
24
F
11
A
b.25
ED
12
G
26
C
b. 13
FE
27
B
14
D
28
A
b bezel<
ebnet die
i Schaltja
ihre.
Um aber diesen so geordneten Cirkel zur Bestim-
mung der Sonntagsbuchstaben gebrauchen zu können,
Ghaistlighb YÖLKEa. 189
kommt es darauf an, ihn dergestalt an die christliche
Aere zu knüpfen, dafs ein Schalljahr, welches mit einem
Montage anfangt, das erste des Cirkels werde. Ein
solches war unter andern das neunte vor unserer Zeitp
rechnung. Hierauf gründet sich folgende Regel: man
addire zur Jahrzahl 9 und diyidire die Summe durch 28.
Der Rest gibt das jedesmalige Jahr des Sonnencirkels,
oder, wie man sich wol kurz auszudrücken pflegt, den
Sonnencirkeh Bleibt kein Rest, so ist der Sonnen-
cirkel 28. So findet sich, dais im Jahr 182S der Son-
nendrkel 14, mithin der Sonntagsbuchstab DisU Hie-
bei ist aber nur vom alten Kalender die Rede. Um
den Sonniagsbuchstaben im neuen zu erhalten, bediene
man sich folgender Yei^ leichungstafeln der Buchstaben
beider Kalender (iir die Unterschiede von 10, 11, 12
und 13 Tagen, die, wie wir vorhin (2, 184) gesehn ha-
ben, während Jes Zeitraums von 1582 bis 2100 ein-
treten. Es gehören bei einem Unterschiede
von zehn Tagen
A B G D E F G im alten
zuDEFGABGim neuen;
von elf Tagen
A B G D E F G im alten
zuEFGABCDim neuen;
von zwölf Tagen
ABGDEFGim alten
zuFGABGDEim neuen;
von dreizehn Tagen
ABGDEFGim alten
zuGABGDEFim neuen.
190 Teehnischo Chronologe.
Wenn ako x.B. nach dem Wodientage gefingt wiid,
anf den der 24. Jannar nenen Slik des Jahn 1712, der
Geburtstag Friedrich's des Groiaen, traf, ao ergibt skji
zavörderst der Sonnencirkd 13, dem im alten Kalen-
der die Sonntagsbachstaben F und E entsprechen. Hier
gilt der erste. Der Unterschied beider Kalender belmg
damals elf Tage» und bei diesem Unterschiede oorve»
spondirt F im alten mit G im neuen. Nun hat der
24. Januar den Buchstaben G; Friedrich ist also an
«nem Sonnuge gebarea.
So viel über die Woche der chrisdidien Yäker.
Was ihre Monate betfifll, so behalten sie, mit Auf-
nahme der koptisdien und abessinischen Christen, die
noch immer den akxandrinischen Kalender (1, 143) ge»
brauchen, ganz die von lulius Gäsar augeordnete
Form derselben bei, nach der auf den Januar, Man,
Blai, Julius, August, Oktober und Deoember 31, auf
den April, Junius, September und November 30 und
auf den Februar im Gemeinjahr 28 , im Schalljahr 29
Tage gerechnet werden. Auch die Namen, welche die
Monate in den heutigen europäischen Sprachen (Uhren,
sind meistens die mehr oder minder entstell len römi-
schen; doch kommen auch, besonders bei den germa-
nischen und slavischen Völkern, eigenlhümliche Benen-
nungen vor, deren ZusammensteUung uns hier sn
weit führen würde. Ich begnüge mich, deishalb auf
Joh. Albert Fabricius bekannte, leider sehr un«
kritische, Gompilation ^) zu verweisen, wo man wenig-
*) Menohgium sive libeUus de mensibus, cenium cireiter
populomm menses recensens atque inier se conferens, Hain*
borg 1711^1 8.
GHaiSTLIGfiB YöliKER. 191
stens Bächer genug genannt finden wird, ans denen
man sich weiter Raths erhohlen kann* Ueher die yon
Karl dem Grofsen eingeführten deutschen Monats-
namen, die sich zum Theil noch im Gebrauch erhalten
haben, ist Eginhard ni vergleichen*).
Die römische Eintheilung der Monate nach Ca-
lenden, Nonen und Idus, und die damit zusam-
menhangende, unsern Begriffen nach widersinnige, Da-
tirungsweise ist erst sehr allmählig auiser Gewohnheit
gekommen. Gregor ins, der Grofse genannt, Papst
seit 590 , soll der erste gewesen sein , der die Monats-
tage hintereinander fortgezählt hat; er fand aber so
lange wenig Nachfolger, bis man anfing in den neuem
Sprachen zu schreiben. Noch 1350 liefs der König
Peter von Arrogonien deisfalls einen landesherrlichen
Befehl ergehen ')• Auch war im Mittelalter nichts ge-
bräuchlicher, als beim Datiren die Tage mit den Na*
men der Apostel und Helligen zu bezeichnen, die an
ihnen verehrt wurden, und man hat sich daher mit
denselben bekannt zu machen, wenn man beim Lesen
-von Urkunden und Ghrqniken keinen Anstols finden
will. Noch ietzt kommt diese Bezeichnungsweise im
bürgerlichen Verkehr häufig vor , z. B. bei Angabe der
Jahrmarkte in den Yolkskalendem.
Wir gehen nun zu einem Hauptpunkt der christ-
lichen Zeitrechnung, zur Bestimmung des Oster-
festes, über.
Zuvörderst müssen wir die Art und Weise kennen
lernen , wie man dieses Fest bis auf die gregorianische
') yUa Caroli Magni c. 29.
') Du Gange Glossar, v. annus. Tom. I, col. 468.
192 Teohnische Chronologie.
Reform bereclanet hat und im alten Ealoider noch jeut
berechnet. Es liegt dabei folgende Regel cum Grunde,
die sich in den ersten Jahrhunderten der Christenheit
gebildet hat: Das Osterfest wird . allemahl an
einem Sonntage gefeiert« und zwar an dem,
der zunächst auf den Frühlingsvollmond
folgt, und wenn dieser Vollmond auf einen
Sonntag trifft, jedesniahl an dem nächstfol-
genden. . Unter dem Frühlingsvollmonde ver-
steht ^lan aber denjenigen, der entweder am 21. Mitrx,
an den man ein für allemahl den Anfang des Frühlings
geknüpft bat, oder zunächst nach demselben eintritt.
Er wird Terminus paschaUs, Ostergrenze, genannt*
Man sieht demnach, es kommt bei der Bestimmung des
Osterfestes auf zweierlei an, einmahl das Datum, und
dann den Wochentag der Ostergienze zu finden. Von
der letztern Aufgabe ist schon gehandelt worden; wir
haben also nur noch die erste zu lösen.
Die Ostergrenze. wird nicht mit Hülfe astronomi-
scher Tafeln, deren Handhabung nicht jedannanns Sache
ist, sondern cyklisch auf ^ine Weise berechnet, die
auch der Laie leicht zu begreifen im Stande ist. Sowohl
in' der mathematischen Chronologie (1, 47)» als in der
griechischen und hebräischen Zeitrechnung (1,313,578)
ist des Gydus von 235 synodischen Monaten gedacht
worden, die sich sehr nahe mit neunzehn Sonnen jäh-
ren ausgleichen. Dieser Zeitkreis, den die Chronologen
schlechthin den Mondcirkel nennen, wird bei Be-
stimmung des Osterfestes, des christlichen so wie des
jüdischen, zum Grunde gelegt*
In dem beliebig gewählten ersten Jahr des Mond-
cirkels traf ein Neumond auf den 23. Januar. Zählt
GhhISTLIGHB YÖliKBR. 193
man von diesem abwechselnd 29 und 30 Tage weiter,
so erhdt man die Neumonde des ersten Jahrs. Diese
Neumondstage werden im alten Kalender mit I bezeich-
net. Rechnet man femer vom Iß.December, auf den
der letzte Neumond des ersten Jahrs trifft, 30 Tage
vorwärts, so gelangt man zum 12. Januar, als dem ei-sten
AMlmonde des zweiten Jahrs, den man, 'wie die folgen-
den, mit n andeutet. So geht man durch alle neun-
zehn Jahre des Monddrkels fort, nur dafs man zuweilen
zwei 30tägige oder volle Monate hintereinander zählen
muis, weil der mittlere synodische Monat nicht gerade
29 Tage 12 Stunden, sondern 44' 3" piehr hält. Auf
diese Weise ergibt sich nachstehender Kalender, den
man den julianisohen nennt, weil ihni das Jahr des
lulius Cäsar zum Grunde liegt. Man findet ihn in
vielen Büchern, unter andern in Glavü grossem Weri^e
über den gregorianischen Kalender*) und in Chri-
stian Wolfs Chronologie').
«) S.108.
*) Elemmta Matheseos Tom. IV. p. 165.
t M --
n. . [13]
194
Chnmohgie»
Immerwährender jolianischer Kalender.
Januar.
Februar.
Mars.
April.
1
A m
D
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G
2
B
E XI
E
A XI
3
C XI
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F XI
B
4
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5
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6
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9
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12
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13
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15
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16
B XVIII
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17
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19
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22
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23
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25
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C XVII
26
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27
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28
G VI
C XIV
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F xrv
29
A
D
GIII
30
B xrv
E XIV
A
31
C III
F III
Ghristlighb Völker.
196
Immerwälirender julianischer Kalender.
1
Mal.
Junias.
Juliua.
Au^l.
B XI
E
G XIX
C VIII
2
C
F XiX
A VIII
D XVI
3
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B
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4
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5
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6
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7
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A
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11
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12
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B XVIII
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13
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14
A XVIII
D
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B IV
15
B VII
E XV
G XV
C
16
C
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17
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18
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19
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20
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A
21
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22
B
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G
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23
C IX
F XVII
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D
24
D
GVI
B VI
E XIV
25
E XVII
A
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26
F VI
B XIV
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6
27
6
C III
E III
A XI
28
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D
F
B
29
B iii
E XI
GXI
C XIX
30
C
F
A
D VIII
31
D XI
B XIX
E
(13']
196
Technisciie Chronologie.
Immerwährender julianischer Kalender.
1
September.
Oktober.
NoTember.
December.
F XVI
A XVI
D
F XIII
2
G V
B V
E XIII
GII
3
A
CXUI
F II
A
4
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B X
5
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9
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B VII
E
GXV
10
11
A VII
C
F XV
A IV
B
D XV
G IV
B
12
C XV
E IV
A
C XU
13
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F
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14
£
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A I
D
F IX
16
G I
B
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G
17
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F
A XVII
18
B IX
D
G XVII
B VI
19
C
E XVII
A VI
C
20
21
D XVII
F VI
B
DXIV
E VI
G
C XIV
E lU
22
F
A XIV
D III
F
23
GXIV
B III
E
GXI
24
A III
C
FXI
A
25
B
DXI
G
B XIX
26
C XI
E
A XIX
C VIII
27
D
F XIX
B VUI
D
28
E XIX
G vm
C
E XVI
29
F VIII
A .
DXVI
F V
30
G
B XVI
E V
G
31
C V
AXIU
J^
Christliche Völker. 197
Die römischen 2aUen von I bis XIX, die hier die
Tage der Neumonde während der neunzehn Jahie des
Mondcirkels bezeichnen, werden die güldenen — nu-
meri aurei — genannt ^)« Um nun diesen KLanon rich-
tig an den Himmel zu knüpfen, kommt es darauf an,
mit einem Jahr anzufangen, dessen erster Neumond
auf den 23. Januar trifll. Ein solches war das erste
;^or Christi Geburt. Hierauf gmndet sich folgende ein-
fache Begel: um das jedesmalige Jahr des Mondcir-
kels, wie ihn die Christen gebrauchen, oder die gül-
dene Zahl zu erhalten, addire man zur christlichen
Jahrzahl 1 und dividire die Summe durch 19. Het
Rest ist die güldene Zahl, und bleibt kein Rest, so ist
sie 19. 'So findet sich, dafs das jetzige Jahr 1825 das
zweite des Mondcirkels ist, wo nach unserer Tafel der
12. Januar, 10. Februar, 12. März, 10. April u. s. w.
alten, oder der 24. Januar, 22. Februar, 24. März,
22. April neuen Stils Neumondstage sein sollen. Es
haben sich aber die Neumonde in der Wirklichkeit be-
reits am 19. Jannar, 17« Februar, 19. März und 18. April
ereignet. Man sieht also, dais dieser sogenannte immer-
währende Kalender kein immerwährender ist, son«
') Diese BeDennung ist im Mittelalter entstanden, Termuthlich
erst nach Beda, in dessen SchriAen ich sie noch nicht finde.
Durandus oder Durantis^ ein italiänischer Rech tsgclehrter des
dreizehnten Jahrhunderts, sagt in seinem Rationale divino mm
ojjiciorufn LVIII, c. 11 : Dicitur aureus numerus per similitU"
dinem, quia sicut aurum superai omnia metalla, iia iste nu"
merus omnes alias raliones lunares excellit. Die Benennung
kann aber auch ganz einfach daher rühren, dafs die güldenen
Zahlen in den im Mittelalter gemachten Kopien des immerwäh-
renden julianischen Kalendera mit goldener Dinte geschrieben
wurden.
198 TecJmische Chronologie.
dem dich seit seiner Einfahmng in den ersten Jahr-
hunderten der Christenheit um vier bis fiinf Tage ver-
schoben hat. Der Grund davon ist, dals neunsehn
julianische Jahre um anderthalb Stunden länger sind,
als 235 Mondmonate von mittlerer Dauer. Dieser Un-
terschied häuft sich nach 310 Jahren su einem Tage
an, um welchen dann die wirklichen Neumonde früher
eintieffen, als die cyklischen.
Aus den Neumonden müssen wir nun weiter die
Vollmonde herleiten* Ueberall findet sldi bei den
Verhandlungen über die Feier des Osterfestes in den
Schriften der Kirchenscribenten der Ausdruck neraupt^-
xflttdExan] (ijfiipa rr^ aiKriyrii) oder Luna decima tpuurta
als Benennung des Vollmonds tages gebniudit. Der
Vollmond ereignet sich zwar im Mittel fast 15 Tage
nach der Conjunction; die Griechen zählten aber das
Alter des Mondes nicht wie wir von seiner Zusammen-
kunft mit der Sonne, sondern von seiner Sichtbarwer-
düng am Abendhimmel, mit der sie auch ihren Monat
begannen (1,262). Da nun von der ersten Phase bis
zum Vollmonde in der Regel 13 Tage verflieisen, so
zählten die ersten Berechner des Osterfestes, um vom
neuen Lichte zum voUen zu gelangen, 13, oder mit
EinscUuls der Ifoujüiijy^t 14 Tage vorwärts. Thun wir
dieses, so erhalten wir folgende Tafel der Oster-
gren zen, die wir von dem Orte, wo sie ohne Zwei-
fel entstanden ist, die alexandrinisohe nennen
wollen.
GnaiSTLiCHB Völkeb.
199
Güldene
Zahlen.
Ostergrence.
Güldene
Zahlen.
Ostergrence.
1
2
5. April. D.
25. Mttn. G.
11
12
15. April. 6.
4. April. G.
3
13. April. £.
13
24. Mutz. F.
4
2. April. A.
22. M&rz. D.
14
15
12. April. D.
1. April. 6.
6
10. April. B.
16
21. März. G.
7
8
30. März. E.
18. April. G.
17
18
9. April. A.
29. MUrz. D.
9
10
7. April. F.
27. März. B.
19
1
17. April. B.
5. April. D.
Um in der Wahl des Neumondes, von welchem
man ausgehen muls, um den jedesmaligen Ostervdll-
mond zu erhalten, nicht zu irren, erinnere man sich,
dais die frühste Ostergrence der 21. Märt, der ange*
nommene Anfangstag des Frühlings, ist« Man über*
zeugt sich leicht, da(s die Ostemeumonde zwischen dem
8. März und S. April einschlielslich liegen müssen. Jenes
Datum gibt als frühste Ostergrenze den 21. Mttrz, die-
ses als späteste den 18. April. Ist der 21. März ein
Sonnabend, so wird das Fest gleich am folgenden 22sten
gefeiert; und ist der 18. April ein Sonntag, so trifft es
erst acht Tage später am 25. April ein. Dies sind die
beiden äuisersten, um fünf Wochen auseinander liegen-
den, Termine der Feier.
Nichts ist nun leichter , als mit Hülfe vorstehen-
der Tafel den Tag der Osterfeier eines gegebenen Jahrs
zu finden. Ist z. B. vom jetzigen 182S die Rede, das
ziui Sonntagsbuchstaben D (2, 189) und zur güldenen
200 Technisdke Chronologie.
Zahl 2 hat (2,197), so ist die Ostergrenze der 2S. März,
und da dieser mit 6 bezeichnet ist, so mufs man noch
vier Tage weiter zählen, um zum Sonntagsbuchstaben
zu gelangen« Ostern trifft also auf den 29. März alten
oder 10. April neuen Stils« Diese Regel gilt aber blois
yom julianischen Kalender, der jetzt nur noch bei
den griechischen, nestorianischen und jakobitischen Chri-
sten im Gebrauch ist« Ehe von der Bestimmung des
Festes im gregorianischen gehandelt werden kann,
müssen wir sehen, wie sich die ganze Osterrechnung
geschichtlich gestaltet hat.
Es ist schon oben (2,178) bemerkt worden, dafs
die Feier. des Sonntags besonders zum Andenken an
Christi Auferstehung unter den Bekennem seiner Lehre
f^hzeitig Aufgekommen ist. Natürlich war es^ dals
man eine so bedeutungsvolle Begebenheit auch jährlich
einmabl um die JSeit feierte, wo isie sich dem Evangelium
zufolge iugetragßn, und da{s man damit zugleich ^ie
Erinnerung an sieiuen Tod verband. Die Apostel scbei-
neu hierüber nichts festgesetzt, sondern, wie Socraies
>8tgt^),. in diesem Pankt, so wie in vielen andern,
der Frömmigkeit der Chriaten freien Lauf gelassen su
tiaben. Kein Wunder also, wenn die Feier gleich an-
fangs sehr verschieden aus&el.
Die Chi'isteu von jüdiscbeir Abkunft setzten die
Feier des Passab (1,495,514) und Wochenfestes
(1, 497^521) der Juden fort, legten aber eine christ-
liche Bedeutung hinein, die sich sehr natürlich darbot.
Wenn sie insbesondere au der Luna XIY des Nisan
das Passahmahl feiertea, so war ihnea dieses wichtig,
*) Hist.eccL\,22.
Christliche Völker. 201
theils weil sie das Jüdische Osterlamm als ein Vorbild
Gluisti betrachteten , den daher Paulas selbst das
Passah der Christen nennt^), theils weil sie dadurch
an sein letstes mit den Jüngern eingenommene Mahl
erinnert wurden. Den folgenden Tag, die Luna XV,
wehten sie, als einen Bufs*- und Fasttag, dem Anden-
ken ah Christi Leiden, und an dem dritten Tage, der
Luna XVI, begingen sie, welcher Wochentag es auch
sein mochte, die Gedächtniiafeier seiner Auferstehung.
Dieselben Anordnungen gingen natürlich auch auf die-
jenigen Heidenchristen über, die mit den jüdisch «christ-
lichen Gemeinden in Berührung standen« Alle di^ in
Syrien, Mesopotamien und EJeinasien zerstreut wohnen-
den Christen feierten das Fassahfest zugleich mit den
Juden.
Ganz anders gestaltete sich die Sache bei den Ge-
meinden,' die nicht unter einem solchen Einflüsse stan-
den, vielmehr sieh vom Anfange an gegen die Beobach-
tung des jüdischen Ceremonialgesetzes erklärten. Diese
Gemeinden, z. B. die römische, hatten ursprünglich nur
Wochenfeste. Den Sonntag feierten sie aus dem schon
bemerkten Grunde als ein Freuden- und Dankfest, und
den Freitag wegen des Andenkens an Christi Leiden
als einen Fast- und Bufstag. Indem sie nun allmählig
Einen Sonntag und Einen Freitag im Frühlinge in
dieser Beziehung besonders hervorhoben, entstand das
Osterfest der Heidenchristen. Von einem Passahmahl
war unter ihnen keine Rede.
Bei dieser Darstellung bin ich Hm. Neander's
Erläuterungen über die Veranlassung und Be-
') 1. Brief an die Gorinther V, 7.
202 Technische Chronologie.
schaffenlieit der ältesten Paf8a,listreitigkeiten
in der christlichen Kirche gefolgt *)• Etwas an-
ders stellt Moshe im den eigentlichen Streitpunkt
dar')« Er sagt, das Passahmahl hätten ursprimglich
sämmtliche Christen gegessen, nur die einen zugleich
mit den Juden an der Luna XTV, die andern, um
nicht die Fasten vor dem Osterfeste , die firnhieitig in
Gebrauch gekommen, unterbrechen su diirlen, erst in
der Nacht vor dem Sonntage, den sie zur Osterfieier
bestimmten« AUein die Allgemeinheit des Ostermahls
ist keinesweges eine beglaubigte ThatBache.
Anftngs lieis jede Gemeinde der andern ihren Ge-
bmuch, ohne sie zu verketzern • Aber schon nach der
Mitte des zweiten JahrhunderU der Christenheit wurde
der Osterstreit hin und wieder mit Bitterkeit geführt.
Man nannte diejenigen, die das Passah zugleich mit
den Juden an der Luna XIY aisen, Tiovapsffxeuiocöairait
Quartadedmani , und beschuldigte sie der Hinneigung
zum Judaismus^).
' Polycarpus, Bischof von Smyma, und Anice-
tus, Bischof von Rom, disputirten über diesen G^gen-
*) S. das kirchenhistorische ArchiT Ton Stäudlio,
TschirDer und Vater, 1823, 2tes Heft S.90.
') De rebus Christianorum ante Consiantinum Magnum conu
mentarii p. 435.
') Man vergleiche Eu sebii Hist, eccL lY, l4 und 26, V, 23 fi*. ;
vita Constant. III, 5, und Epiphanius in der Haeresis L,
welches die der Quartadecimaner ist. Es findet sich darin
auch die Notiz (p. 420 ed. Petay.), dai*s einige aus dieser Sekte
das Passah aUemahl am 2S, Mäi'z feierten, als an dem Tage, an
welchem nach den apokryphischen Akten des Pilatus Christus
gestorben ist. Auch Gyrillus gedenkt dieses Umstandes in sei-
nem Prologus paschaUs,
Ghristlighb Völker. 203
stand mündKch, über den Melito von Sftides nnd
Apollinaris von Hlempolis Schriflen verfaOsten. Die
HaupUtreitfiage war: soll in den christlichen Gemein-
den die Passahmahlzeit beibehalten werden oder nicht?
Die Anhänger des jüdischen Gebrauchs behaupteten,
dais Christus ein eigentliches Passahmahl zugleich mit
den Juden eingenommen habe* Die Gegenpartei meinte,
die Unrichtigkeit dieser Ansicht gehe schon daraus hep-
Tor, dafii er das letzte Mahl nicht am 14ten, sondern am
13ten des Monats Nisan gehalten habe (1,5,19). „In
„den frühem Jahren,'' sagt Clemens yon Alexan-
drien^), „feierte der Herr das Passahfest mit den
,, Juden und afs das yon ihnen geschlachtete Passah«
,,lamm* Da er aber verkündigte, dafii er selbst das
„Lamm Gottes sei, lehrte er seine Jünger, was die
„vorbildliche Bedeutung des heiligen Gebrauchs sei,
,, gleich am dreizehnten."
Nachdem die Streitigkeiten eine Zeitlang fortge-
dauert hatten, glaubte Victor, römischer Bischof seit
192 n. Chr., ^e Quartadecimaner durch Decrete zwin-
gen zu müssen, sich in die. Sitte der übrigen Chsisten
zu fugen, und als dies nicht geschah, vielmehr Poly«
crates, Bischof von Ephesus, den orientalischen Ge-
brauch zu rechtfertigen suchte, excommunicirte er sie
förmlich. AUein Iren aus, Bischof von Lugdunum,
rieth zur Duldung, und da sich die Asiaten selbst durch
ein langes, in der Christenheit verbreitetes. Schreiben
von dem Yerdacht einer willkührlichen Neuerung rei-
') In einem Fragment seiner Schrift tnpl tou iretoT^a, das ans
das Chronicon paschale p. 7 der par. Ausg. aufbewahrt bat.
2t[4 Technische Chvnologie.
nigten, so blieb die Sacbe auf sich bemben, bis sie
das nicänische Gonciliam im Jahr 325 wieder
aufnahm ^).
Constantin hatte diese Versammlung berufen,
nicht blois um die arianischen Streitigkeilen zu schlich-
ten, sondern auch, um wegen der gemeinschaftlichen
Osterfeier einen Beschluis zu üsusen. Dies gesdah;
allein die Yäter, die yoraussahen, dafii die östlichen
Kirchen, die noch gröCitentheils das Fest zugleich mit
den Juden feierten, schwer yon dieser Sitte abzubrin*
gen sein würden, wollten, was sie über das Passah fest-
setzten, nich^ in Form eines Kanons oder geistlichen
Gesetzes fassen, um nicht zugleich auch Strafen auf
die Uebertretung desselben, die doch nicht ausbleiben
konnte, verfugen zu müssen. Wir finden daher unter
den zwanzig auf uns gekommenen Kanons dieses Gon-
ciliums ') keinen über die Feier des Osterfestes«
Was in dieser Beziehung eigentlich beschlossen wor-
den, ersehen wir aus dem synodischen Sendschreiben
der Nicaner an die Aegypter'), aus dem Briefe Con-
sta ntin's an die Bischöfe, die nicht an derVersanun-
lung Theil genommen ^)^ und aus einigen Steilen des
^) Man vergleiche über dies alles Eusebii Hisi. eccLY^ 2SiL
und Socratis Bist, eccL a. a. 0.
') S. Beveridge's Pandeclae Canonum Tom. L p. 58 ff. und
Tergleiche Thomas Ittigius in der Vorrede zu seiner Hisioria
Concilii Nicaeni,
') Socratis hist, eccL 1,9. Theodoreti hist. eccl. 1,9- Ge-
lasii Cyziceni Acta conc» Nicaeni H, 34.
^) Eusebii vita Consttmi, Uly i7» Socrates I.e. Theodo«
retusI^lO. Gelasius n, 37.
Ghbistlighb Yölkbb. 206
EusebiusO und Athanasius '), die beide zugegen
ivaren. Es bestand blofs darin, dais das Passah hin-
fort von allen den orientalischen Gemeinden, die es
bis dahin mit den Juden ' gehalten , libereinstimmig
mit den Aegyptem an Einem Sonntage gefeiert wer-
den solle«
Unter dem Passah wird hier das Auferste-
hungsfest verstanden, das seitdem vorzugsweise mit
diesem Namen bezeichnet wird, den man fniherhin
schicklicher nur von dem Freitage gebraucht hatte, der
dem Andenken an. Christi Leiden gewidmet war ')•
Seitdem finden wir unter dem Kreuzigungspassah
— vaaxo- g-avpoM-ifAoy — und Auferstehungspassah
— TFtiax^ dyag-dniJLoy — unterschieden.
Athanasius sagt, die Absicht der Kirchenver-
sammlung sei dahin gegangen, die Christen in Syrien,
Cilicien und Mesopotamien, die das Passah mit den
Juden feierten, zur Mehrzahl der Christen hinüberzuzie-
hen. Auch Epiphanius bemierkt*}, dafs alles, was zu'
Micäa w^n des Osterfestes verhandelt worden, £ig Ivwa^tv^
auf die Eintracht, abgezweckt habe« Diese wurde
jedoch nur theilweise bewirkt* Das antiochenische
Concilium vom Jahr 341 sah sich daher veranlagt,
abermals auf diesen Gegenstand zurückzukommen und
sprach die schwersten Strafen gegen diejenigen aus> die
*) Fäa Consiant, m,ii.
') Jd Jfros episcopos epistola, Tom. I. p. 892. De Sjrnodis
Jrim. et Seleuc, p. 719« Opp» ed. Par. l698.
') Tertullian de orat. c. l4.
*) Haeres, (LXX) Audiänorum, c. 9* Die Sekte der Audi a-
ner pflichtete in der Feier des PassahfesCes den Juden und
Quartadecimaneni bd.
206 Technische Chronohgie.
der Festsetzung der Nicäner zuwider das Passah mit den
Juden feiern würden^). Nun ward es Ketzerei, das-
selbe an der Luna XIV zu essen, und das Auferste-
hungsfest an einem andern Tage als an einem Sonn-
tage zu begehen. Diejenigen, die sich derselben schul-
dig machten, wurden noch besonders mit dem Namen
Protopaschiten belegt, weil sie das Passah in der
Regel früher als die übrigen Christen feierten«
Es ist ein durch viele Bücher verbreiteter Irrtbum,
dafii das nicänische Concilium nicht blofs die Einheit
der Feier des Passahfestes geboten, sondern zugleich
auch die Principien festgestellt habe, durch welche die-
selbe zu bewirken sei, nämlich die oben (2, 192) er-
wähnte Regel, auf die sich die Berechnung des Oster-
festes gründet. Dieser Irrthum ist voü Christ. Wilh.
Franz Walch in einer akademischen Abhandlimg des
Titels: Decreti Nicaeni de paschate explicatw, gründr
lieh widerlegt worden ').
Jene Osterregel hat sich allmählig und allem An-
schein nach schon bald nach der Mitte des dritten Jahr-
hunderts unserer Zeitrechnung gestaltet. Das christliche
Passah hing natürlich mit dem jüdischen zusammen,
*) Codex canonum ecclesiae universae (Paris 1590, 8) p. 40.
Mansi Collect, conciliorum Tom. 11. p. 1307.
') No\fi Comment» Soc, Regiae Scient. Gotting, Tom. I aus dea
Jaki^en 1769 und 1770. Derselbe Gegenstand ist, n^inder befrie-
digend, fast zu gleicher Zeit yon Gbrist. Friedr. Schott be-
handelt worden unter dem Titel: Momentum constitutionis Ni»
caenae de tempore celehrandi paschatis, Tilbing^ 1770, 4.
Es Terdient auch das Kapitel de Nicaena synado in Tan der
Hagen Disseriationes de cyclis pasehalibus (Amsterd. 1736, 4)
S. 172 ff. yerglichen su werden.
Gheistlichb Yölkbr. 207
da es ein Fest zum Andenken an Christi Tod und
Auferstehung sein sollte. Aber das jüdische Osterlamm
wurde allemahl am vierzehnten des Nisan, dem ersten
Yollmondstage im Frühling, genossen (1,496). Das
christliche Osterfest knüpfte sich also an eben diesen
YoUmood« Die Frühlingsnachtgleiche traf im dritten
Jahrhundert n. Chr* auf den 21. März. Dftfs sie auf
diesem Tage nicht immer haften, sondern allmählig
früher eintreten werde, hätte man zu Alezandrien wol
wissen sollen, wo Hipparch (1,352) und Ptolemäus
gelehrt hatten, dais das Sonnenjahr nicht ganz 365 Tage
6 Stunden halte; man nahm aber, sei es aus Unwi»*
senheit oder um die Ostert^echnung möglichst zu ver-
einfachen, die julianische Schaltregel, die den Sosi ge-
nes, auch einen Alexandriner, zum Urheber hatte,
als dem Himmel vollkommen zusagend an, und setzte
dem gemäfs fest, dais allemahl der am 21 . März oder zu-
nächst nach demselben eintretende Vollmond das Oster-
fest bedingen solle. Nun wollte man es durchgängig an
einem Sonntsge feiern, dem Wochentage, an welchem
Christus auferstanden war; man nahm also dazu den
nächsten Sonntag nach der Osteigrenze, und damit
man das Fest nicht etwa zugleich mit den verhafeten
Juden feiern möchte, verschoß man es um adit Tage,
so oft die Ostergrenze selbst auf einen Sonntag traf«
Wäre diese Norm, die sich zuerst beim Epipha-
nias deutlich ausgesprochen findet^), von dem nica-
niacben Gmcilinm ausdrücklich vorgeschrieben worden,
ntaq, Haeres. L, 3. Yergl. Haer. LXX, 11.
i
208 Technische Chronologie.
so wiirden die Streitigkeiten über das Osterfest yer-
mieden worden sein, die mehrere Jahrhunderte lang
zwischen der lateinischen und griechischen Kirche ob-
gewaltet haben, indem jene zum Theil von ganz an-
dern Principien ausging, als diese, und daher das Fest
öfters an einem ganz andern Tage feierte. Auch würde
man bei den Verhandlungen, die defsialls gepflogen
wurden, und von denen noch manches Aktenstück auf
uns gekommen ist, gewifs nicht unterlassen haben, sich
auf diese ökumenische, so hoch verdirte KircheuTer-
sammlung zu berufen, wenn sie sich über die frag*
liehen Punkte bestimmt geäufsert hätte. Dazu kommt,
dafs sie, wenn die ganze Bestimmungsweise des Festes
von ihr ausgingen wäre, nicht der alexandrinischen
Kirche aufgetragen haben würde, den Tag der Osteiv
feier jährlich zu berechnen und ihn den übrigen ELirchen
anzuzeigen ^). Wir werden von dieser Thatsache durch
Gyrillus und Leo unterrichtet« Jener sagt'}: Cum
his igitur atque huiusmodi dissensionibus per umifer^
sum orbem paschaUs regula turbaretur, sandoruan to^
tbis orbis sjnodi consensüxne deeretum est, id, qua^
niam apui Alexandriam talis esset repetta ecclesia,
4/uae in huiusmodi scientia clarerety quota Calendarum
Del Iduum, quoia bma pascha deberet ceiebnui, per
*) Bfit Recht traute sie derselben eine besonders gi^iindlidie
Einsicht in dieMCi Gegenstand zu. Das Museum, jene alte Hodi-
schule dei* ernsten Wbsenschäflen, besonders der astronosuschen»
war noch immer nicht ganz erloschen.
') Prologus pro Cyclo XCV annorum, p. 481 dei^ Doctrina
iemporum des Bucherius (1,572). Yergl. Gassiani Coüai.X^
c.2. (0ipy7.p.383ed.Li|w.l737,fol0 und daselbst Gasaei An-
merkung.
Ghristlighb Völker. 209
■
singulos annos Romanae eccle^ae liUeris intimaret:
unde apostoUca auctoritate Mniversatis ecclesia per to-
tum orbem diffinitam paschae diem sine ulla discepta-
tione cognosceret. Auf eine ähnliche Weise drückt sich
der heilige Leo in einem seiner Briefe aus^). Solche
iTTtfoXoi iopTog-txal oder \cryot ioprag-txoU Utterae oder
Jiomiliae paschales, finden sich seit der Mitte des drit-
ten Jahrhunderts erwähnt ')• Erhalten haben sich der-
gleichen nur von Theophilus und Cyrillus^ die in
der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts nach ein-
ander den bischöflichen Sitz von Alexandrien bekleide-
ten. Die drei Osterreden des erstem, wdche blofs
in d^r lateinischen Uebersetzung des Hieronymus
auf uns gekommen sind^), betreffen die Feste der
Jahre 401 « 402 und 404. Die des letztem gehen auf
die Feste der Jahre 414 bis 442 n.Chr.*}. Nach aller-
lei vorausgeschickten asoetischen Betrachtungen über die
Osterfeier vrird am Schlufs einer jeden der Tag des
Festes so bestimmt, wie folgendes Beispiel zeigt: i^Wir
,, beginnen," heifst es in der ersten, ,,die Yierziglägi«
,,gen Fasten am 15. Mechir (9. Februar), und die hei-
,,lige Charwoche am 20. Phamenoth (16. März); wir
,, endigen die Fasten am 25. Phamenotli (21. März),
,,und feiern das Osterfest Sonntags den 26. Phame-
*) Epist. 94' ad Marcianum August, (ed. Paiis. 1675, 4).
') Euseb. hist, eccLYil, 20.
*) S. dessen Werke Tom. IV, p. 691 ff. ed. Par. 1706. Auch Ton
Athanasius halte man Osterschreiben , die Hieronymus er-
wähnt. De vir, illustr, c. 87.
*) S. Tom#V. Pars II der Aubertschen Ausgabe seiner Werke.
Solche Reden wurden am Epip ha nien -Feste gehalten.
n. [14]
210 Technische Chronologie.
ffDOth (22. März)." Es Ut hier vom Fest des Jahrs
414 n« Chr. die Rede, da» auf den 22. März, den früh-
sten Termin der Feier, U'af« Zur Erläuterung bemer-
ken wir, dafs es mit den Fasten, wodm-cb man sich
auf das Osterfest vorbemtete, vom Anfange her in den
verschiedenen christlichen Kii*chen sehr verschieden ge-
halten wurde. ,,Die Römer," sagt Socrates^), „fasten
,,di-ei Wochen vor dem Passah mit Ausnahme des Sonn-
,, abends und Sonntags. In Illyrien dagegen, ganz
,, Griechenland und zu Alexandrien fastet man sechs
„Wochen und nennt diese Zeit rtaatapoxo^y Quadra-
^ygesima. Noch andere fangen ihre Fasten schon sie-
chen Wochen vor dem Feste an" u. s. w. Statt Ißdc-
fia$ ToS ffwrripiwdmg niffya. beim Cyrillus, was ich
durch Gharwoche gegeben habe, sagte man gewöhn-
licher ixe/dkrj ißdoixdg, magna hebdomas paschalis. Sie
nahm am Palmsonntage ihren Anfang. Unter den Ho-
milien des heiligen Ghrysostomus handelt eine von
dieser grofsen Woche'). Sie hat, wie es daselbst
heifst, diesen Namen daher erhalten, weil uns in ihr
duixh Christi Leiden unaussprechliche Wohlthalen zu
Theil geworden sind. Es kommen auch die Benennun-
gen hebdomas azymorum und passionis vor ^). Jene
ist vom jüdischen Feste entlehnt (1,496,515), und
von dieser ist unser Gharwoche die Uebersetzung
(vom altdeutschen Char, Leid, Trauer). . Der Char-
•) HisLecciy,22,
') Opp. Tom.y. p. 52SS, der par. Ausgabe Tom Jahr 1718.
Vergl. Valesii Noten zu Euseb. Äi5/. ecc/.Y,24.
') S. Steph. Evod. Assemani Acta Marijrrum orienialium
et occidentalium^ Yol. I. p. 4l.
Christliche Völker. 211
frei tag vrarde Trapoumsvrj^ parasceve (1, 516), und der
Sonnabend vor Ostern sabbatwn magnum genannt.
Um die Berechnung des Osterfestes möglichst zu
erleichlei'n , hat man sie fi*ühzeitig auf allerlei Mond-
cykel gegründet, von denen sich der neuuzehn-
) ährige als der genauste und bequemste allein im
Gebrauch erhallen hat. Die gewöhnliche Meinung ist,
dafs das nicanische Concilium mit^stselzung der mehr-
gedachten Osterregel zugleich diesen Zeitkreis eingeführt
habe, und es fehlt defshalb auch nicht an ausdrück-
lichen Zeugnissen. So sagt Ambrosius in seinem das
Osterfest des Jahrs 387 betreirenden Schreiben an die
Bischöfe der Provinz Aemilia (1,164): Non mediocris
esse sapientiae, diem celebritatis definire paschaUsy et
scriptum diuina rios iristruit et traditio maiorum, qui,
convefiientes ad sjnoduni Nicaenam, inter illa fidei vt
ojcra^ ita admiranda decreta, etiam super celebritate
memorata, congregatis peritissimis calculandi, decem et
nov^em annorum coiiegere rationem, et quasi quendam
constituere circulum, ex quo exemplum in annos reliquos
gigneretur, Hunc circulum Enneadecaete rida nun^
cuparunt; und Dionysius Exiguus in seiner Epis--
tola ad Petronium *): Pasciuziis festi rationem expli-
care curauimus, sequentes per omnia 'venerabiUum tre--
centorum et octodecim pontificum, qui apud Nicaeam,
civitatem Bithjniae, contra vesaniam Arii coni^nerunt,
etiam rei huius absolutant veranufue sententiam; qui
») S. Jani hisioria Cycli Dionysiani p. S9, (Witemb. 1718, 4;
auch in seinen ?on Klotz gesammelten OpuscuUs. Halle 1769, 8).
Auch vergleiche man das Fragment eines das Osterfest des
Jahrs 444 betreffenden Schreibens des Cyrillus p. 72 beim
Bucherius.
[14*]
212 Technische Chronologie.
quartas decimas lunas paschalis ohservantiae per no-
ofemdecim annorum redeuntem semper in se circuhun
stabiles immotasque fixenmU So beslimmt aber auch
diese Zeugnisse lauten mögen, Walch verwirft sie
dennoch. Er sagt, Ambrosius sei offenbar der Mei-
nung gewesen, dafs der Irrthum der Quartadecimaner,
den die nicänische Kirchenversammlung verdammte,
nur durch den GehnMjfch des neuniefanjährigen Cydus
vermieden werden könne, den er ihr daher beigelegt
habe, und Dionysius habe diesem Cyclus der Alexan-
driner bei den Lateinern dadurch Eingang zu ver-
schaffen gesucht, dafs er ihn fiir eine Erfindung jenes
Conciliums ausgegeben. Walch scheint aber hierin zu
weit zu gehen. Eingeführt habeu die Nicäner den
neunzehnjährigen Cyclus alleixiings nicht (wir werden
sehen, dafs er im Orient schon früher zur Bestimmung
des Osterfestes gebraucht wurde) ; man sieht aber nicht
ein, warum sie ihn in irgend einem nicht auf uns ge-
kommenen Aktenstück nicht wenigstens gebilligt haben
sollten. Mittelbarer Weise haben sie dies auf jeden Fall
gethan, indem sie die alexandrinische Rechnungsart,
die sich auf diesen Cyclus gründete, dadurch als die
richtige anerkannten, dafs sie die Bischöfe von Alexan-
drien mit der Festsetzung des jährlichen Tages der Feier
beauftragten.
Seal ig er behauptet^), dafs sowohl die Juden als
die Quartadecimaner, die ihnen fohlen, ihren eigenen
Mondcyclus gehabt haben; allein Petavius xeigt'),
dafs die Geschichte davon nichts Sicheres erwähne.
*) Emend. tainp, 1. II. p. 150E
*) Doclr, temp, 1. II. p. 59 ff.
Christliche Völker, 213
Nach allen Nachrichten und Comhinationen hat sich
die jetzige, auf den 19 jährigen Cjdus gegi'ündete, Zeil-
rechnung der Juden nicht vor unserm vierten Jahr-
hundert ausgebildet (1,577)« Früher scheinen sie die
Neumonde durch unmittelbare Beobachtung der ersten
Phase bestimmt zu haben (1, S70]. Dasselbe gilt höchst-
-wahrscheinlich von den Quartadecimanem , wenigstens
bis zur Mitte des dritten Jahrhunderts hin; denn Hip-
polytus, Dionysius von Alexandrien und Anato-
lius, die damals lebten, werden uns als die ersten
Yerfertiger von Osterkanons genannt.
Die Geschichte des ersten iist zweifelhaft« Ge-
wöhnlich hält man ihn für einen Gallier, da er ein
Schüler des Irenäus war, wie Photius^) berichtet.
Man nennt ihn Bischof; allein selbst Eusebius') und
Hieron ymus^) haben nicht in Erfahrung gebracht,
wo er seinen Sprengel hatte ^). Dafs er im Occident
lebte, wird durch die von ihm befolgte römische Zeit-
rechnung aufser Zweifel gesetzt. Yon dem Märtyrer-
tode, den er erlitten haben soll, ist nichts Näheres
bekannt.
Eusebius erwähnt unter andern von ihm eine
Schrift über das Osterfest, woria er einen gewis-
sen Kanon dargelegt, den er auf eine sechzehnjäh-
rige Periode gegründet und auf das erste Jahr des
•) Cod. 121.
') Hist. eccl.yj, 20,
^) De viris illustr. c. 6t.
*) Nach dem Chronicon Paschale p,S und nach SjncelH
Ckronograp/iia p. 358 soll er Bisohof zu Partus (vemiulhlicL
Ostia) in der Nähe Roms gewesen sein.
1
214 Techmsclie Chronologie.
Kaiser Alexander gestellt hatte '}. Eben desselben ge*
denken auch Hieron jmus, Isidorus'} und Syn-
cellus ^). Näheres wufste man von diesem Kanon-
nichts, als man im Jahr 1551 zu Rom auf dem Wege
nach Tivoli nicht weit von der Kirche des heiligen
Laurentius unter Trümmern die marmorne Bildsäule
eines auf seiner Cathedra sitzenden Bischofs hervQrzog.
Zu beiden Seiten des Sitzes fand man in griechischer
Schrift gewisse Oslerkreise eingehauen, und am Rande
derselben ein Yeraeichnifs der anderweitig bekannten
Schriften des Hippolytus, woraus man ersah, dafs
die Statue ihn vorstellen solle. Sie wird in der vati-
kanischen Bibliothek aufbewahrt und ist öfters abgebil-
det worden, unter andern in der von Jo. Alb« Fa-
bricius veranstalteten Sammlung seiner Werke*), wo
man auch alles zusammengedruckt findet, was Scali-
ger, Petavius, Bucherius, Jo. Dom. Cassini,
Bianchini und andere über diesen Osterkanon, den
ältesten, den man kennt, geschrieben haben.
voc, XOA tiva, tutvovtt ixxai^eieaiT>]pe^o( inpi reu nar)(a. irpo3t((, nrl to
irpwTov Irec auroxparepo; 'AXt^av^pov voi$c ^poirev; mpc^pa^ii. Htst.
ecc/.VI, 22.
») EtymoLyi.n,
*) Chronogr. A. a. 0.
*) S. Hippoljrti Episcopi et Martjrns Opera non antea col'-
lecta et partim nunc primum e Mss, in luccm edita, Graece
et Latine, Hamburg 1716 und 18, zwei Bande in fol. Die In-
schliff gibt auch Gruter in seinem Thesaurus Inscriptionum
p. CXL. In dem Werke: j4cta MaHjrrum ad Ostia Tiberina
sub Claudio Gothico, ex Ms. codice regiae bibliothecae Taw
rinensis (Rom 1795) finden sich fünfzehn Dissertationcs über
den heiligen Hippolytus und seine Werke, deren siebente von
seinem Gydos paschalis handelt.
GnHiSTLicHE Völker. 215
An der rechten Seite der Cathedra steht: ,,Im er-
,,8len Jahr der Regierung des SelbsiheiTschers Aleian-
,,der traf die Luna XIV des Passalifestes auf die Idiis
ffdes Aprils, einen Sonnabend, nach dem Schaltmo*
,,nat. In den folgenden Jahren wird sie so sein,
„wie es die untenstehende Tafel zeigt, und in den
„yei*flosseuen haben die Passahs sich so ergeben, wie
,,es angedeutet worden. Die^ Faslen müssen immer
,,mit dem Sonntage unterbrochen werden" (2,210)^).
Darunter folgende Tafel der Ostergrcnzen:
Em. Idibus Apr.
G
F
E
D
C
B
A
rV. Non. Apr.
D
C
B
A
G
F
E
SS. XII. XI. Cal. Apr.
A
G
F
E
D
C
B
Em. Y. Id. Apr.
6
F
E
D
C
B
A
IV. Cal. Apr.
D
C
B
A
G
F
E
XV. Cal. Apr.
A
G
F
E
D
C
B
SS. Em. Non. Apr.
6
F
E
D
m
C
B
A
VIII. Cal. Apr.
D
C
B
A
G
F
E
Em. Idibus Apr.
C
B
A
G
F
E
D
IV. Non. Apr.
G
F
E
D
C
B
A
SS. Xn. XI. Cal. Apr.
D
C
B
A
G
F
E
Em. V. Id. Apr.
C
B
A
G
F
E
D
IV. Cal. Apr.
G
F
E
D
C
B
A
. XV. Cal. Apr.
D
C
B
A
G
F
E
SS. Em. Non. Apr.
C
B
A
G
F
E
D
Vm. Cal. Apr.
G
F
E
D
C
B
A
capicxai^iJcaTii) tov irdcx« ■i^oi'C 'AwpiiX/aic XaßßaTy l^ßoXtfiO" Hl"
yoc j'tvojuitvou. ^£^0» torc f^^c rri0-iv xoJ^uc viroTiTOJcrai h rt} ir:Vaxu
21 Q Technische Chronologie.
Em. bezeichnet den Schaltmonat * fit)y 2pßc>-
Xijüto^ — y der, wie man sieht, seinen Sitz im ersten,
vierlen und siebenten Jahr der beiden achtjährigen
Perioden hatte, ohne Zweifel zunächst vor dem Osler-
monat. SS ist eine Abkürzung für dtbrgro^, bissextus.
(Das grofse lateinische S gilt den Griechen für die Zif-
fer 6, die in der kleinern Schrift bekanntlich mit
einem g- geschrieben wirdj. Das dritte, siebente, elfte
und fünfzehnte Jahr der sechzehnjährigen Periode ge-
ben sich dadurch als julianische Schaltjahre zu erken-
nen. Warum beim dritten und elften Jahr des Cydus
zwei Data, nämlich der 21 und 22. März, neben ein-
ander stehen, ist nicht recht klar. Das erste Datum
ist eigentlich gemeint, wie die beigesetzten Ferien zei-
gen. Diese werden, vom Sonntage an gerechnet, mit
den Buchstaben A, B, C, D, E, F, 6 bezeichnet. So
geben die Buchstaben G, F, E, D, C, B, A in der
ersten Zeile zu erkennen,, dafs die Luna XIY, die
im ersten Jahr des sechzehnjährigen Cyclus an den
13. April geknüpft ist, im ersten Cyclus auf einen
Sonnabend, im zweiten auf einen Freitag, im dritten
auf einen Donnerstag u.s.w. trifft, indem sechzehn
julianische Jahre um einen Tag kürzer sind als eine
volle Wochenzahl.
Das erste Jahr des Alexander Severus, von
welchem in der Ueberschrift die Rede ist, kann kein
anderes als das Jahr 975 d. St. oder 222 n. Chr. sein,
weil nur in diesem der 13. April ein Sonnabend und
zugleich ein Yollmondstag war. Auch weiis man aus
der von Dio Cassius^) bestimmt angegebenen Regie-
>) //i^/. /Zorn. LXXDC, 3.
Ghristlighb YöiiKBü. 217
rangsdauer des Antoninus Elagabalus, dafs Alexander,
sein Nachfolger, um die Mille des März des gedachlen
Jahrs zur Regieiiing gekommen isl. Zwar hat Joan.
Vignolius in zwei gelehrten Abhandlungen de anno
primo imperii Seiten Alexandri Augusti, quem pnw-
Jert cathedra marmorea S. Hippoljrti Episcopi *} mit
'Hülfe gewisser Münzen zu erweisen gesucht, dals er
seine Regierung nicht vor dem Julius 222 angetreten
habe, dals also das Denkmal irre, wenn es schon das
Osterfest dieses Jahrs unter ihn setzt. Allein die Auto-
rität dieser Münzen mufs nicht enlscheidend sein, da
Eckhel sich nicht durch sie veranlalst gefunden hat,
von der gewöhnlichen Zeitbestimmung abzugehen ')•
Auch der astronomische Kanon (1,113), der sich
überall als zuverlässig bewährt, kommt hiermit überein,
indem er das 545sie Jahr der philippischen Acre, das
vom 29. Junius 221 n. Chr. bis zum 28sten Junius 222
reicht, zum ersten dieses Kaisers macht. Das dritte,
siebente, elfte und fünfzehnte Jahr des sechzehnjährigen
Cydus waren mithin gang richtig Schaltjahre.
Man sieht, die Oslei^renzen kehren alle acht Jahre
in gleicher Oitlnung wieder. Die erste im ersten Cyclus
ist, vermuthlich nach unmittelbarer Beobachtung, ganz
richtig angesetzt. Um nun beurtheilen zu können, wie
weit auch die übrigen dem Himmel zusagen, wollen
wir sie den ersten Cyclus hindurch mit den alexandri-
nischen (2, 199) vergleichen, die damals mit den mitt-
lem Vollmonden ganz gut übereinkamen:
') Abgedruckt unter den Werken des Hippolytus Tom. I.
S. 141 (F.
') Doctr. Num. Tom.YII. p. 252,
218
Technische Chronplope.
Jahre des
Cydus.
Jahre
n. Chr.
r
Güldene
Zahlen.
*
Oftterg
renzen
nach
Hippolytus.
narh den
Alexan-
drinern.
1
2
3
222
223
224
14
15
16
13. April
2. April
21. März
12. April
1* April
21. März
4
225
226
17
18
9. AprU
29. März
9. April
29. März
6
7
8
227
228
229
19
1
2
18. März
5. April
25. März
17. April
5* April
25. März
9
10
11
230
231
232
3
4
5
13. April
2. April
21. März
13. April
2. April
22. März
12
13 ■
233
234
6
7
9. April
29. März
10. April
30. März i
14
15
16
235
236
237
8
9
9
10
18. März
5. April
25. März
18. April
7. April
27. Mäi-z
Im sechsten und vierzehnten Jahr weichen die hier
zusammengcstellleu Ostergrenzen um einen ganzen Mo-
nat von einander ab, aber nur in Folge der ihnen
zum Gioinde liegenden Principien. Im neunzehnjähri-
gen Oslerkreise der Alexandriner nämlich , wie er im
julianischen Kalender noch jetzt gebraucht wird, gehen
die Ostergrenzen nicht über den 21. März, den als
Frühlingsanfang gesetzten Tag, zurück (1,192); in den
lateinischen Osterkreisen dagegen wurde der 18. März
CjBRi3TLicHB Völker. 219
zur frülisten Oslergrenze gemacht. Ganz anders yerhält
es sich mit der Abweichung von zwei Tagen, die be*
Teils gegen das Ende des ersten Cjclus eintritt« Diese
ist eine Folge der Unrichtigkeit desselben. Sie wächst
am Ende des zweiten Cyclus auf 5, am Ende des drit-
ten auf 9, am Ende des vierten auf 12 Tage an, so
dafs im Verlauf des fünften die Ostergrenzen in die
Gegend der Neumonde rücken, das Osterfest also nicht
mehr, dem Willen der Kirche gcmäfs, um die Zeit
des vollen, sondern des neuen Lichtes gefeiert wiixl.-
Die Divergenz vermindert sich dann allmählig wieder
und gleicht sich nach Verlauf von zehn Cjkeln voll-
ständig aus. Die Sache kann auch nicht anders sein;
denn sechzehn julianische Jahre geben 5844 Tage, 198
synodische Monate dagegen 5S47; es müssen sich folg-
lich die Neu- und Vollmonde alle sechzehn Jahre um
drei Tage im Julian ischen Kalender vorwärts schieben.
Man sieht, es ist dies die sechzehnjährige Periode, von
der in der Zeitrechnung der Griechen die llede ge-
wesen ist (1 , 296) , eine Verbesserung ihrer ursprüng-
lichen sehr unvollkommenen Oclaeteris.
Auf der linken Seite der Cathedra stehen die Oster-
sonntage durch sieben auf einander folgende 16 jährige
Cjkel verzeichnet^ mit der Ueberschrift : ,,I)er Anfang
,,im ersten Jahr des Cäsar Alexander. Die jährlichen
,, Sonntage des Passah. Die beigesetzten Zeichen deuten
,,den Bissex tus an*' *)• Diese Zeichen fehlen, vermuth-
lich durch die Schuld des Bildhauer.
stara rre;. AI ^h mtpaxivri^O'tK ^njXouo-i njv ^Iq irpo Sg.
220 Technische Chronologie.
Um die Tafel der Ostersonntage aus der der Oster-
grenzen herzuleiten, darf man nur jedesmahl von dem
in letzterer angemerkten Monats- und Wochentage bis
zum nächsten Sonntage fortzählen, wobei man jedoch
noch von einer Eigenthümlicfakeit der lateinischen Osier-
kreise Notiz zu nehmen hat, die Yictorius in der
Vorrede zu seinem Canon Paschalis mit folgenden Wop-
ten bemerkt^): Si die sahhati plenilunium esse conti"
gerit et consequenti dominico bmam XV reperiri^ eo-
dent hebdomade transmissa in altenun dient domirUr
cum, id est bmant XXII, transferri debere pizscha
dixerunt, nämlich die kurz zuvor genannten Latini.
Als Grund dieser Abweichung von den alezandrinischen
Principien, nach denen das Osterfest schon an der
Luna Xy gefeiert weiden kann, wird im weitem Ver-
folge angegeben, dafs die Lateiner dasselbe nicht vor
der Luna XVI, dem Auferslehungstage Christi, feiern
zu müssen glaubten. Wenn also im ersten Jahr des
ersten Cjdus die Ostergrenze auf den 13. April, einen
Sonnabend, trifft, so ist nicht der folgende Tag, son-
dern erst der 21. April, der Ostersonntag. Im zwei-
ten Jahr ist es der 6. April , weil die 0$tei|;renze dem
2. April, einem Mittwoch, entspricht; im dritten Jahr
ist es der 28. März u. s. w. Hier sind die Data des
Osterfestes, wie sie den ersten Cyclus hindurch über-
einstimmig mit diesen Grundsätzen auf dem Marmor
verzeichnet stehen. Zugleich sind die Data beigefügt,
an denen das Fest in denselben Jahren nach den alexan-
di'inischen Principien zu feiern war.
') Bucberius p. 4.
Chkistlichb Völkeb.
221
Jahre des
Jahre
Ostersonntag
nach
nach den
Cjclus.
n. Chr.
Hippolytus.
Alexan-
drinei-n.
1
222
21. April
14. April
2
223
6. April
6. April
3
224
28. Wirz
28. März
4
225
17. April
10. April
S
226
2. April
2. April
6
227
25. März
22. April
7
228
13. April
6. April
8
229
29. März
29. März
9
230
18. April
18. April
10
231
10. April
3. April
11
232
25. MSrz
25. März
12
233
14. AprÜ
14. April
13
234
6. April
6. April
14
235
22. März
19. April
15
236
10. April
10. Aprü
16
237
2. April
2. April
Die Abweichung yon .vier Wochen beim sechsten
und vierzehnten Jahr nicht gerechnet, ist das Osterfest
in diesem ersten Cydus nach Hippolytus viermahl
um acht Tage später gefeiert worden, als nach den
Alexandrioem. Weiterhin kommen häufigere und be-
deutendei« Unterschiede vOr. Im siebenten Cydus fin-
det sich das Fest funfmahl um drei Wochen und drei-
mahl um vierzehn Tage früher , di*eimahl um acht Tage
und fünfmal um viei*zehn Tag^ spater angesetzt.
i
222 Technische Chronologie.
Man sieht, der Osterkanon des Hippoljtus ist
auf siebenroahl 16 oder 112 Jahre gestellt, also eigent-
lich eine 'Exarovxfluduidcxam^ptg, wie die Griechen einen
solchen Zeitraum nennen wüixlen. Wenn Cyrillus *)
und Victor ins ') unter andeiTi Osterkmsen auch eines
112jährigen gedenken, so meinen sie keinen andern als
eben diesen. Sein Urheber halte aber nicht weiter als
bis auf 56 Jahre zu gehen nölhig gehabt; denn schon
nach Ablauf deichen oder zweier Soiinencirkel kehren
die Oslergrenzen zu denselbei^ Wochen lagen, mithin die
Oslersonntage zu denselben Monalstagen zurück«
Aus Allem erhellet, wie wenig der Kanon des
Hippolylus seiner Absicht entsprach, das Osterfest
in der Nähe des Frühlingsvollmondes zu befesti^n.
Es ist zu bedauern, dafs sich nicht auch seine Schrift
über das Osterfest erhallen hat (2,213). Ihr ei-
gentlicher Tllel, wie wir ihn auf der Cathedra lesen,
war: 'A^^odci^i^ xpovwv toS Tcda^a xoS-ct iv rtjÜ ^rivctxi. Nach-
Weisung der Zeiten des Passah, wie sie in der
Tafel angegeben sind. Es war also ein Comnientar
über die Oslertafel, die einen Bestandtheil derselben
ausgemacht haben mufs, wie auch Eusebius ausdi*ück-
lieh bemerkt.
In Ansehung der grofsen Mangelhaftigkeit dieses
Kanons mufs man dem Cyrillus beipflichten, der,
nachdem er yon einem 84jährigen Oslerkreise geredet
hat, von den Urhebern des 112 jährigen sagt: peius
aUquid addiderunt, Franciscus Bianchini dage-
gen kann sich nicht überreden, dals ein so gelehrter
^) Prologus in Cyclum paschalem,
») S. 3.
Ghristlichb Yolk.br. 223
Kirclienyater, wie Hippoljtus, ein solches Monstrum
za Tage gefordert , haben sollte. Vielmehr sucht er in
einer ausführlichen Abhandlung unter dem Titel : Dis^
sertatio de Canone pascfiali S, Hippolyti Episcopi et
MartyriSf die in seinem Werke de Calendario et cy^
clo lulii Caesaris 1703 zu Rom erschienen und von
Fabricius in seine mehi^edachte Sammlung aufgenom*
men worden istM, darzuthun, dafs der Kirchenvater
eine Tafel geliefert habe, die, gehörig verstanden und
angewendet, die Ostersonntage auf Jahrtausende vor-
und rückwärts übereinstimmig mit dem Himmel gebe.
Er geht von dem richtigen Satz aus, dafs nach
112 julianischen Jahren die Vollmonde um acht Mo-
natstage und um einen Wochentag früher eintreten ').
Wenn man also die Data der Ostergi*enzen um acht Tage
und die Ferien um einen Tag vermindere , * z. B. statt
des 13. April den Sten und statt des Sonnabends den
Freitag setze, so sei die Osterlafel nach Ablauf des
112ten Jahrs wieder eben so richtig, wie zu Anfange
des ersten. Auf eine ähnliche Weise lasse sie sich für
jeden andern Zeitraum, den kleinsten wie den gröfsten,
rectificiren, und zu diesem Zweck hat er eine Methode
ersonnen, der man wenigstens die Gei^echtigkeit wider-
fahren lassen muls, dafs sie kunstreich genug ist. Sie
kann indessen nur für ein Spiel des Witzes gellen.
Wenn Hippolytus wirklich ein so tiefer Kenner der
Astronomie war, wie Bianchini glaubt, so konnte es
«) Vol. LS. 93 ff.
'} 112 julianische Jahre halten 40908 und 1385 synodische
Monate bis auf eine Kleinigkeit 40900 Tage, um einen Tag we-
niger als eine volle Wochenzahl.
224 Technische Chronologie.
ihm nicht schwer werden, eine Ostertafel zu entwerfen,
die auch ohne fortwährende sehr verwickelte llectifica-
lionen mit dem Himmel in Uebereinstimmung blieb.
Er dui*fle ja nur den Ton Callippus und Hipparch
verbesserten metonschen Cyclus zum Grunde legen, der
ihm unter Bianchini's Voraussetzung unmöglich un-
bekannt sein konnte; und wenn die Data auf dem
Marmor immer erst einer Gorrection bedurften, um sie
gebrauchen zu können, mit welchem Fug konnte es
^ dann heifsen, da£i die Ostergrenzen und Ostersonntage
so angesetzt wären, wie sie sich vom Regierungsantritt
Alexander's an von Jahr zu Jahr ergäben?
Der Kanon des Hippolytus ist nichts weiter als
ein roher Versuch, der nur auf wenige Jahre die Probe
bestand. Wenn daher das ihm gesetzte Denkmal, wie
es scheint, zunächst dazu bestimmt war, die römischen
Christen mit der Zeit der Osterfeier bekannt zu machen,
so mufs es ihm sehr früh, vielleicht schon unter
Alezander Severus selbst, errichtet worden sein,
während dessen dreizehnjährigen Regierung die Christen
ihrem Cultus ungestört oblagen. Wer könnte sich, als
die Unrichtigkeit des Kanons nach Ablauf einiger Cjkel
anerkannt war, noch die Mühe gegeben haben, den
Urheber desselben durch ein solches Monument verewi-
gen zu wollen? Dieser Meinung ist auch Philippus
a Turre, der gegen Vignolius geschrieben hat*).
Unter den verloren gegangenen Werken des Hip-
polytus, die auf dem Marmor erwähnt werden, fin-
det sich auch ein Chronicon, das von dem Buche
über das Osterfest verschieden gewesen sein mu£s, wie
*) Opp, Hippoljti Vol. I. p. I64ff.
GHBISTIilGHE YÖLKBa. 225
aus dem Hieronymus erhellet, nach welchem er nilib*
nem paschae und temporum canones usque ad primum
armum Alexandri Imperatoris geschrieben. Es scheint
eine Chronik von Adam bis auf das erste Regierungs-
jahr des Alexander Seveinis gewesen zu sein. Yerschie*
dene Kirchenväter haben dergleichen Bucher in der
frommen Absicht yer&fst, um den sehr entfernten Ur^
Sprung der göttlichen auf die Qiristen fortgepflanzten
Lehre im Gegensatz mit den Fabeleien des Ethnicismus
darzuthun. Wir haben Nachricht von mehreren solchen
Chroniken, die nach Ostercykeln geordnet waren, wohin
unter andern die Chronographie des Mönchs Ania*
nus gehört, von der unten die Rede sein wird. Höchst-
wahrscheinlich hatte Hippel ytus seine Geschichte nach
112jfihrigen Perioden abgetheilt, und zugleich die Zei-
ten der Passahs angegeben, deren im alten Testament
gedacht wird ^). Es läfst sich sonst nicht wohl erklä-
ren, was die Wörter Exodus, in Eremo, lesus
(losua), Ezechias, losias und Esdras sagen sollen,
die man in der Tafel der Ostergrenzen gewissen Jahren
des 112)ährigetf Cyclus beigesetzt findet. Auch zielen
dahin vermuthlich die Worte der Ueberschrift (2, 215):
,,In den verflossenen Jahren haben die Passahs sich so
,, ergeben, wie es angedeutet worden."
Doch genug von einem Denkmal, das blofs in
archaol<^scher Hinsicht einige Aufmerksamkeit verdient*
Ehe von den anderweitigen Yersuchen gehandelt wer*
den kann, die im Occident zu einer richtigen cjklischen
Bestimmung des Osterfestes gemacht worden sind, müs-
') 2.Mo8.Xn; 4. Mos. DL; losuaY; 2.Chron.XXX und
XXXY; EsraVI.
IL ^ [15]
226 Techni$clie Chronologie.
seil wir sehen, was in dieser Beziehung im Orient ge-
schehen ist«
Eusebius gedenkt in seiner Kirchengeschichte
zweier Osterbriefe — img'okau koprag-ücal — des Dio-
nysius, Bischo£i von Alexandrien in den Jahren 248
bis 265 n. Chr. In dem einen soll er einen achtjäh-
rigen Kanon aufgestellt haben, von dem Grundsatze
ausgehend, dafs das Osterfest nur nach der Fiühlings-
nachtgleiche gefeiert werden dürfe ^). Yon welcher
BeschafTenheit die zum Grunde gelegte Octaeteris sein
mochte, wissen wir nicht* Yon einem Alexandriner steht
jedoch zu erwarten, dafs er etwas yollkommneres als
Hippolytus geleistet haben werde. Die Yerbesserun-
gen 'der ursprünglichen Octaeteris durch Eratosthenes
und andere (1, 305) waren ihm ohne Zweifel bekannt,
und es konnte ihm nicht schwer fallen, die julianisch-
alexandrihische Jahrform an die Stelle der griechischen
zu setzen.
Der achtjährige Cyclus wurde aber bald durch
den neunzehnjährigen verdrängt, der, so viel wir
wissen, zuerst von Anatolius zur Bestimmung des
Osterfestes gebraucht worden ist ')• Dieser Kircl|en-
vater, von Geburt ein Alexandriner, gehörte nach
') *Ev ^ lud xavova ImlBittu Jirrarrvip/^oc, in pj aXXort ^ fur«
vijir iapcin]v lffv)^ip(av irp00>fxei ti}v tou nac^a lopnlir htvnXth mp««
^ifuvog. LVn, c. 20. Nicephorus wiederhohlt. diese Notiz in
seiner Rirchengeschichte, aber minder bestimmt. YI, 18.
*} Merkwürdig ist es, und Pctavius kann sich nicht genug
darüber wundem, dafs der hundeit Jahre später lebende Epi-
phanius (Haeres.LXK^ i3) blofs die Octaeteris erwähnt und
erklärt, ohne des 19jährigen Cydus, der so riel ToUkommener
bt, mit einer Sylbe zu gedenken.
Christliche Yölkbb. 227
Eusebius ') und Hieronymus ') zu den gelehrtesten
und beredtsten Männern seiner Zeit Er schrieb unter an-
dern *Api3^fJLrjfruiaj; liffayuryalg in zehn Büchern, von denen
sich in den Theologumenis arithmeticae ^) noch einige
Fragmente erhalten haben. In der Philosophie hatte er
sich einen so groOsen Namen gemacht, dafs ihn seine
Alezandriner aufforderten, eine Schule der aristotelischen
Weltweisheit nach Art der zu Athen bestehenden pla-
tonischen zu eröffnen; er zog es aber yor, sich ganz
dem Beruf eines Religionslehrers zu widmen. Bei einer
Reise durch Syrien wuixle er ums Jahr 270 n. Chr.
zum Bischof von Laodicea gewählt. Er lebte noch un«
ter Carus im Jahr 282.
Von seinen Schriften hebt Eusebius besonders
seinen Osterkanon hervor, einiges daraus mitthei-
lend, was jedoch nicht hinreicht, denselben mit Sicher-
heit wiederherzustellen. Sehr giündlich oommentirt dar-
über Van der Hagen %
Zuvörderst bemerkt Eusebius, dafs Ana toi ins
im ersten Jahr seiner Enneadecaeteris die Noujüi)]vta des
ersten Monats auf den 26. Phamenoth der Aegypter
oder 22. Dysti*us der Syrar, d. i. auf den 22. März,
gesetzt habe. Unter dem ersten Monat wird hier,
wie es in den ersten Jahrhunderten der Christenheit ge-
wöhnlich geschah, nach dem Vorgange der Juden, die
ihr Kirchenjahr mit dem Nisan anfangen, derjenige
verstanden, dessen Luna XIV zunächst nach der Frtih-
*) JETiVr. eec/.Vn, 32.
*) De viris illustr, c. 73.
') S. 9, 16, 34, 56, 64. (Paris 1543, 4.)
*) De cxciis^paschaUbus S. l42ff.
[15*]
228 Technische Chronologw.
lingsnachtgleiche eintritt und das Osterfest bedingt.
Traf nun der Neumond auf den 22. März, so entsprach
die Luna XIV dem 4. April. Dies ist aber in der
alexandriniscben Tafel der Oslergrenzen das Datum der
Luna XIY fctr die güldene Zabl 12. Das erste Jahr
des Anatolius muis folglich mit dem nacbmaligeu
zwölften der Alexandriner identisch gewesen sein« und
er hat hiernach seinen Cydus mit dem Jahr 277 n* Chr.
b^jonnen, dem die güldene Zahl 12 angehört.
Yan der Hagen fragt, warum er sich gerade far
dieses Jahr entschieden habe. Er glaubt, da(s 277 das
erste Jahr des Pi'obus gewesen sei, und dais Anatolius
eben so das erste dieses Kaisers gewählt habe, wie
Hippoljtus das des Alezander Severus« Allein der
astronomische Kanon macht das 599ste Jahr der
philippiscben Acre, das am 16.Junius 275 n.Chr. be-
gann, zum ersten des Probus, so dafii das Osterfest
des Jahrs 277 seinem zweiten Regierungsjahr angehört
hat. Hiermit stimmen auch die Ergebnisse der sehr
griindlicheu Untersuchungen überein, die Noris über
diesen Gegenstand angestellt hat ^). Der einfache Grund,
warum Anatolius seinen Kanon an das Jahr 277
knüpfte, war ohne Zweifel der, weil er ihn in dem*
selben entwarf.
Weiterhin heilst es beim Eusebius: ,, Jener
,,26.Pbamenoth war bereits der vierte Tag, seitdem
,,die Sonne in das erste Himmelszeichen getreten war.'*
Wir ersehen hieiAus, dafs Anatolius die Frühlings-
nachtgleiche auf den 19. März setzte. Wer, sagt er,
die Luna XIV des Osterfestes in das vorhergehende
'} Jnnus et epochae Sjrromaeedoiupn^ disi.II, c.3. p. Il4fr.
Gheistliche Völker. 229
Zeichen (die Fische) bringt, irrt sehr. Er berief ^ich
defsfa'Is auf die Autorität mehrerer gelehrten jüdischen
Schriftsteller, des Aristobulus (eines der 70 Doli-
inetscber), des Philo, losephus und anderer, nach
denen das Oslerlamm allemahl nach der Friihlings-
nachtgleiche in der Mitte des ersten Monats geschlach-
tet werden müsse« Hiemach scheint ihm der 20. März,
der Tag nach der Nachtgleiche, die frühste Oster-
grenze, mithin der 21* März der frühste Ostertag ge-
wesen zu sein«
Dies ist alles, was uns Eusebius von dem Osteiv
kanon des Ana toi Ins berichtet. Man sieht, es be-
schränkt sich blols auf die beiden Punkte, da£i im ersten
Jahr seines Cjdus die Luna XIV auf den 4. April traf,
und dafs ihm die frühste Ostergrenze der 20. März ge-
wesen sein mnjGi. Diese Data reichen aber, wie ge-
sagt, nicht hin, seine Ostertafel wiederherzustellen,
und Yan der Hagen hat sich de&falls viel vergeh«
liebe Mühe gegeben.
Bucherius hat in seinem mehrgedachten Werke ^)
einen vollständigen, mit einer Einleitung begleiteten,
Canon paschaUs AnaloUi Alexandrini Laodiccnsis EpU
scopi ans einer lateinischen Handschrift ans Licht ge-
stellt« In der Yoraussetsung, dafs derselbe wirklich dem
Bischöfe von Laodioea angehöre, hat er ihm die ächten,
uns von Eusebius aufbewahrten, Bruchstücke zu einem
bunten Ganzen angeflickt. Die lateinische Uebersetzung
legt er dem Rufinus, dem alten Interpreten des
Eusebius, bei.,
*) S.433.
230 Technische Chronologie.
Es ist unbegreiflich, wie der sonst so einsichtsvoUe
Gelehrte, trotz der groben Fehler dieses Kanons, die er
selbst richtig aufgedeckt hat, ihn nicht ohne Weiteres
für %in Machwerk hat erklaren können, das eines Man-
nes völlig unwürdig sei, Ton welchem Hieron yniu8
sagt: cuius ingenii magnitudinem de "volununCf quod
super pascha composuit, et decem lihris de arithme^
ticae instituXionibus intelligere possumus *).
Der Urheber des Kanons und des damit gans
Übereinstimmigen Prologus war ein ganz« unwissender
Mensch, der nicht einmahl das Wesen des julianischen
Jahrs kannte. Um nach Ablauf des neunzehnjährigen
Cyclus nicht blo(s 4>€ Ostergrenzen, sondern selbst das
Fest zu denselben MonaUtagen zurückzuführen, macht
er von diesen neunzehn Jahren nur zwei zu Schalt-
jahren, das siebente und siebzehnte. Eine seltsame
Verwirrung der Begriffe! Dafs er die Frnhlingsnacht-
gleiche im Widerspruch mit dem wahren Anatolius
nicht auf den 19ten, sondern auf den 25. März setzt,
wollen wir nicht einmahl rügen,
Yan der Hagen, der umständlich von diesem
Product handelt'), glaubt, dals es nicht vor der er»
sten Hälfte des siebenten Jahrhunderts entstanden sein
könne, weil darin des bekannten Bischofs Isidorus
aus Sevilla gedacht wird, der 636 gestorben ist, und
zwar irgendwo in England oder Schottland, wo wäh-
rend der daselbst in jenem Jahrhundert herrschenden
^} Noch bei Jo. Alb. Fabricius spielt der Pseudo- Anato-
lius die Rolle des wahren. Opp, Hippol. Yol. I. p. 42. BM.
Graeca Vol. m. p. 461 d. n. A.
*) De Cyclis paschalibus S. 115 ff.
Ghkistlighb Völker. 231
Straügkeiten über die Feier des Osterfestes leicht je-
mand auf den Gedanken kommen konnte, sich auf die
Autorität des gelehrten Bischofs von Laodioea, yon dem
man aus Eusebius wufste, dafs er einen Oslerkanon
geschrieben hatte, durch eine ihm angedichtete Schrift
berufen zu wollen. Aufser Beda und ein paar andern
Angelsachsen, deren Zeugnisse Bucherius beibringt'),
bat ihrer niemand weiter gedacht. Dafs jener, der
Chronologie sonst so kundige, Schriftsteller den oflen-
baren Betrug nicht geahnet hat, ist allerdings auffal-
lend; doch die Kritik war damals in der Kindheit.
Ob der neunzehnjährige Osterkanon des wahren
Anatolius irgendwo zur Bestimmung des Osterfestes
angewendet worden ist, wissen wir nicht mit Sicher-
heit. So yiel ist aber gewifs, dafs derselbe bald nach«
her diejenigen Modificationen erfahren hat, mit denen
wir ihn Ton den Alexandrinern, und nachmals yon
der ganzen Christenheit gebraucht finden.
Man kann mit Recht fragen, und diese Frage hat
uns oben (1, 162) beschäftigt, wodurch die ägyptischen
Christen yeranlafst worden sind, den Regierungsantritt
ibies grausamsten Yerfolgers, des Diocletian, zur
Epoche einer eigenen Jahrrechnung zu machen, die
sie, g^n die sonst in Aegypten herrschende Gewohn-
heit, auch über seinen Tod hinaus fortgesetzt haben.
Yermuthlich hat es damit dieselbe Bewandnifs, wie mit
unserer christlichen Acre , die ihre allgemeine Verbrai-
tung zunächst der auf sie gegründeten Osterlafel des
Abts Dionysius verdankt. Wenigstens wissen wir
mit Sicherheit, dafs Cyrillus die seinige an die
•) S.451.
232 Technische Chronologie.
diodeüanische Aeie geknüpft hat *)• Es ist wol kern
Uofser Zufall, dafi ein Anfang unsers 19 jährigen Mondr
cirkek anf das Jahr 285 n.Chr., das erste des Dio-
cletian, trifft, so dais eine blofse Division der nach
ihm gezählten Jahre die jedesmalige güldene Zahl gibt.
Es ist daher wahrscheinlich, dals die Osterrechnung
der Alexandriner unter der R^erung dieses Kaisers
entstanden ist. Dafs sie von der nicänischen Kirchen*
Versammlung zwar nicht, wie man gewöhnlich glaubt,
eingeführt, aber doch gebilligt worden ist, haben wir
bereiu gesehen (2, 212).
Wann und durch wessen Mitwirkung sieh der
neunzehnjährige Ostercydus völlig ausgebildet haben
mag, ist nicht mit Bestimmtheit auszumitieln. Buche-
rius') imd Jan^) glauben, dafs der berühmte Euae*
bius daran einen vorzüglichen Antheil gehabt habe«
Sie berufen sich unter andern auf die Zeugnisse voa
Hieronymus und Beda. Der erste sagt^): Hijh-
polytus XVI annorum circulum, quem Graeci boceudc-
Kxurt^plid vocantf rtperit, et Eusehio, qui super pa-
sdui decem et nos^em annonun circuhun, id est lyysa-
KCuitHOMTripiiay composuity occasionem dedit. Der an*
dei*e gibt geradezu diesen Kirchenvater als den Uilie*
ber des neunzehnjährigen Cydus an'): Decemnotfenr-
') Die Metropoliten vonApamea in Syrien dagegen gebniiiGli<-
ton die seleucidtsche (1,451). Yergl. Noris Jnm. et Epockme
^jTomiicedonum II, 2, 1 .
») 8.127.
') Historia cycli Dionysiani S. 7.
*) D0 viris illustr. c. 6l. Yergl. Gennad ins de seriptoribus
pvvhsUifiviM c. 88. Isidorus Etjrm,yij 17.
*) Dt Umporum raiione c. 42.
* .
Christliche Völker. 233
naUs circuli ordtnem primus Eusebius Cesareae Palae*
stinae episcopus, ob quartasdecimas lunas festi pa»
schaUs ipsumque diem paschae inyeniendum composuit.
Van der Hagen erregt aber gegen diese Meinung
groCie Zweifel^). Eusebius sage zwar selbst'), dals
er ein Buch über das Osterfest geschrieben, und
iheile ein BelobuDgsschreiben mit, das er defsfalls von
Constantin erhalten. Allein er nenne es juvfixfjy dyaxa'
Xvtf/ty roS r^; iopTTJ^ XiyoVi e4ne Enthüllung der
Hysterien des Festes, welcher Titel auf einen
ganz andern Inhalt schliefsen lasse, als auf eine Ent-
wickeiung der Grunde, nach denen das Osterfest zu
berechnen sei. Auch hätten Theophilus, Cyrillus,
Proterius und alidere Alexandriner, die über diesen
Gegenstand geschrieben, nirgends eines analogen Werks
des Eusebius gedacht. Diese Gründe, sind allerdings
erheblich; doch scheint es immer sehr gewagt, von
einem so bestimmten Zeugnisse , wie das des gelehrten
Hieronymus, behaupten zu wollen, dals es auf
einem Hilsverständnisse beruhe ')•
Ehe wir in unsem geschichtlichen Erdrterungen
weiter gehen, wird es nöthig sein, noch einige Bemer-'
kungen über die Anordnung des Ostercyclus der Alcxan*
driner zu machen. Sehr gründlich, aber mit ermüden-
der Weitschweifigkeit^ handelt davon Yan der Hagen
in der gröfsem Hälfte seines Werks De cycUs por
schaUbus.
') De cyclis paschalibus p. 157 ff.
*) rUa Constanl, IV, 34, 35.
^) Statt des Eusebius nennt Dionjsius Exiguus {Episi.
ad Pelronium) den Athanasius, Ton dessen Verdiensten um
die Osterrechnung aber nichts bekannt ist.i
234 Technische Chvnologie.
0
Dionysius Exiguus sagt^): DecemnoifennaUs
Cyclus per C^doadem et Hendecadem semper in se
revolvitur* Diese Eintheilung in eine achl- und elf-
jährige Periode, die in allen aus dem Alterthum auf
uns gekommenen neunzehnjährigen Ostertafeln ange-
trofifen wird, und yermuthlich schon in der Ursprung-
liehen alexandrinischen vorkam, schreibt sich aus einer
Zeit her, wo man an die Stelle des achtjährigen Cyclus
den neunzehnjährigen setzte, also zu den acht Jahren
noch elf hinzufügte. In technischer Beziehung ist sie
von keiner Bedeulimg.
Die Jahre, die dem Cyclus* der Alexandriner zum
Grunde- lagen, sind die julianischen, aber in der bei
ihnen gebräuchlichen Form, von welcher in der Zeit-
rechnung der Aegjpter gehandelt worden ist. Wenn
also vorhin (2,232) bemerkt wurde, daCi das erste
Jahr des Diocletian und zugleich des Mondcirkels das
Jahr 285 n. Chr. sei, so muls man mit Bezug auf die
Alexandriner den Anfang desselben auf den l.Thoth
oder 29. August des vorhergehenden setzen.
Bei der Anordnung des Cyclus kam es darauf an,
die im Verlauf desselben eintretenden 235 Neumonde ge>
hörig zu vertheilen, und in jedem Jahr denjenigen Mo-
nat, dessen Luna XIV an oder zunächst nach der Früh-
lingsnachtgleiche eintraf, zum Ostermonat zu machen«
Die Nachigleiche erei^ete sich zur Zeit der nicänischen
Rirchenversammlung am 20. März in den Nachmittag»-
slunden(l,78). Ana tolius wählte den 19.März(2,228).
Die Alexandriner entschieden sich für den 25. Phame-
noth oder 21. März, und glaubten, dafs das Aequi-
^) In der Epistola ad Bonifacüim,
Christlicub Yölkbr. 235
noctium auf diesem Tage haften werde, worin sie sich
jedoch irrten; denn es verschiebt sich alle 128 Jahre
um einen Tag (1,67)* Den 21. März machten sie sn-
gleich lur frühsten Ostergrenie«
Wir wollen annehmen, dals sie in dem beliebig
gewählten ersten Jahr des Cydus dbn Oatervollmond
durch unmittelbare Beobachtung bestimmten und den
5. April fanden. Da auf zwölf mittlere Mondmonate
nahe 354 Tage gehen, so erhielten sie, um so viel
Tage vorwärts rechnend, den 25. März als Ostei^grenie
des zweiten Jahrs« Gingen sie abermals 354 Tage wei*
ter, so gelangten sie zum 14. März, den sie aber nicht
zur Ostergrenze machen konnten, da er der Nacht-
gleiche vorangeht. Sie muftten also noch einen Mo-
nat weiter zählen, und diesem 30 Tage heilend fan-
den sie den 13. April als Ostergrenze des dritten Jahrs.
Auf diese Webe bald 354 , bald 384 Tage vorwärts
gehend, wie es die Rücksicht auf die Nachtgleiche er-
forderte, bestimmten sie die Ostergrenzen durch alle
neunzehn Jahre des Cydus so, wie sie oben (2, 199)
angegeben sind. Man sieht, da£i sie von einem Jahr
zum andern entweder 11 Tage weniger oder 19 mehr zu
nehmen hatten. Nur um vom 17. April, der Oster-
grenze des neunzehnten Jahrs, wieder zum S.April,
von dem sie ausgegangen waren, zurückzukommen,
mufiiten sie nicht elf, sondern 12 Tage weniger zählen.
Dies haben die lateinischen Rechner Dionysius, Beda
und andere den saltus btnae genannt.
Auf die ]ttlianischen Schalttage konnte hiebe! keine
RttdLsicht genommen werden, da der 19jährige Gycliis
dem vierjährigen Schaltcirkel inoommensurabel ist und
236 Technische Chronologie.
sich beide erst nach 76 Jahren ausgleichen. Man mufste
die Ostergrenzen so bestimmen, ab wenn es keine
Schalltage gäbe, nvas freilich ein Schwanken der cycli*
sehen Vollmonde gegen die wirklichen zur Folge hatte.
Nur wenn die Dauer des ganzen Zeilkreises beslimmt
werden sollte, kamen natürlich die inzwischen elnlref-
fenden Schalltage in Betracht.
Setaen wir obige Rechnung durch alle neunzehn
Jahre des Cydus fort, so erhallen wir zwölf Jahre
zu 354, sechs zu 3S4 und eins zu 383 Tagen. Auf den
viermaligen Cydus gehen also, mit Einschlufs der unter-
dessen eintretenden neunzehn Schalttage, 27759 Tage.
Gerade so viel hat Callippus seiner 76)ährigen Pe-
riode gegeben ( 1,344). Diese ist es also, welche die
alexandrinischen Rechner zum Grunde gelq^ haben.
Ihre Verbesserung durch Hipparch (1,352) haben
sie entweder nicht gekannt, oder doch zu berücksich-
tigen nicht für nöthig erachteL Daher verschiebt sich
der 19 jährige Oslercydus alle 310 Jahre um einen Tag.
Um ihn mit dem Himmel in Uebereinstimmung zu er-
hallen, hätte man nach jeder sechzehnten Wiederhoh-
lung mit Hipparch einen Tag weglassen, also die
Data der Ostergrenzen um eine Einheit vermindern sol-
len. Bei der gregorianischen Kalenderverbesserung ist
eine analoge Einrichtung geUroffen worden.
Ab die Jahre des Cydus, in denen man einen drei-
zehnten Monat zu zählen hatte, um nicht die Oster-
grenze vor die Frühlingsnachtgleiche treten zu lassen,
ergeben sich (man vergleiche die Tafd der Ostergren-
zen) das dritte, sechste, achte, elfte, vierzehnte,
siebzehnte und neunzehnte t die auch Dionysius
Ghaistlichb Völker. 237
ausdrücklich als die Schaltjalire des Osterkreises auf*
führt *). Und dafs diese dreizehnten Monate als die
Schaltmonate betrachtet worden sind, geht schon
daraus hervor , dais man ihnen durehgehends dreilsig
Tage gegeben hat. Auch die Juden legen ihrem Schalt-
monat Adar dieüsig Tage bei; sie setzen ihn aber nicht
unntittielbar vor den Ostermonat Nisan, sondern tren*
nen beide durch den Yeadar, einen Monat von 29
Tagen (1, 541). Dais sie übrigens in ihrem neunzehn«
jährigen Cydus eben jene Jahre zu Schaltjahren machen,
ist zu seiner Zeit bemerkt worden (1, 542). Sie fimgen
ihn aber um fiaist drei Jahre später an, als die Christen
den ihrigen. So ist das jetzige Jahr 1825 das zweite
des christlichen Cjdus; von dem jüdischen nimmt das
neunzehnte zugleich mit dem Jahr 5586 der Weltare
am 13. September 1825 seinen Anfang. Dionysius
und Beda unterscheiden unter beiden Zeitkreisen so,
dais sie den christlichen cycbis decemnafennaUs , den^
jüdischen cycbiS bmaris nennen, als wenn nicht beide
neunzehnjährig und nicht beide Mondkreise wären. Da
also beide Cykel nicht zugleich anfangen, so sind natür-
lich die Schaltjahre in dem einen nicht immer zugleich
auch Schaltjahre im andern.
Doch genug für jetzt von dem neunzehnjährigen
Cydus der Alexandriner, auf den wir unten zurückkom-
men werden. Ob er gleich genauer war, als jeder an-
dere Zeitkreis, den man zur Bestimmung der Osterfeier
gebraucht hat, dauerte es doch ein paar Jahrhunderte,
ehe er auch bei den ooddentalischen Christen Eingang
fand. Der Grund davon kg theils darin, dais er die
*) Epistola ad Bonifacium,
238 Technische Chronologie.
Ferien, mithin auch die OstersonnUge, nicht in gleicher
Ordnung zurückfuhrt, theik und vornehmlich darin,
dab die lateinische Kirche das Osterfest nach etwas an-
dern Principien feierte (2,218,220), und auf die Be-
achtung derselben eine besondere Wichugkeit legte.
Wie sie yor dem Jahr 222 n. Chr. den Ostemeu-
mond bestimmt habe, und wie lange der damals ent-
standene Canon paschalis des Hippolytus im Ge-
brauch geblieben, wissen wir nicht mit Sicherheit« Dais
sie sich aber bereits im Anfange des vierten Jahrhun-
derts zu diesem Behuf eines 84 jährigen Zeitkreises be-
diente, leidet keinen Zweifel. Die nicänische Kirchen-
versammluDg, die so sehr auf die Einheit der Osterfeier
drang, scheint dies nicht gewufst, vielmehr vorausge-
setzt zu haben, dafs die römische Bestimmungsweise
des Festes nicht wesentlich von der alezandrinischen
verschieden sei, weil keine Spur vorhanden ist, dals sie
'auf jene ii^nd einige Rücksicht genommen hatte.
Der Kardinal Noris hat seinem Werke über die
syromacedonische Zeitrechnung (1, 400) drei Abhand-
lungen angehängt, von denen die erste die aua einer
Han^iBchrift der kaiserlichen Bibliothek zu Wien ans
Licht gezogenen Fasti oonsulaies eines Ungenannten,
die zweite den 84 jährigen Ostercydus der Lateiner,
und die dritte die 95jährige Ostertafel von Ravenna
erläutert.
Die Fasti consulares gehen von 246 d. St. bis
1107 oder 354 n. Chr. Dals ihr unbekannter Yerfinsser
damals gelebt haben müsse, erhellet daraus, dafs er
das Mondalter in den letzten Jahren seiner Tafisl ganz
richtig angesetzt hat. Die Namen der G>nsuln gibt
er zum Theil sehr £üsch. Auch nennt er von den
GHaiSTLiCHE Völker. 239
Deoemvim und Hllilärtribunen nur immer zwei, noch
andere Fehler nicht zu gedenken, ypn denen einige
jedoch auf die Rechnung seiner Abschreiher kommen
mögen.
Für uns ist dieses Yerzeichnifs wegen der ihm bei*
gefugten Zeitcharaktere wichtig. Zuerst sind den Jahren
der Stadt die eines 84jährigen Cydus beigeschrieben,
dergestalt dals das Jahr 246 das 36ste und 1107 das
57sie desselben ist. Der letzte GS^clus erneuert sich
mit dem Jahr 1051 d. St. oder 298 n.Chr. Zweitens
sind die julianischen Schaltjahre durch ein den Con*
suln vorgesetztes B. gröistentheils richtig bezeichnet.
So ist das Jahr 709 d. St. , das erste julianische , ein
Schaltjahr. Nur rückwärts vom Jahr 461, dessen Q>n-
suln L. Papirius Cursor und Sp. Carvilius Maximus
ausgelassen sind, stehen die B. falsch. Die Consuln
Brutus und Collatinus; womit die Fasti anfangen, ge-
hören daher auch nicht dem Jahr 246 d. St., sondern
dem vorhergehenden an. Drittens sind die dem I.Ja-
nuar entsprechenden 'Wochentage bemerkt. Das erste
Jahr des Cydus beginnt mit einem Sonnabend, das
zweite mit einem Sonntage, das dritte mit einem Mon-
tage, das vierte, das erste nach einem Schaltjahr, mit
einem Mittwoch ü. s. w. Nach 28 Jahren , der Dauer
eines Sonnencirkels, kehren die Ferien in gleicher Ord-
nung wieder. Viertens endlich hat der Ungenannte
das Alter des Mondes am I.Januar, die sogenannte
Epakte^), durch alle 862 Jahre seiner Tafel an-
*) Unter Epakte — von lwfy$w binzufugen, einschal-
ten — Tcpteht man im Allgemeinen den Üebenchuis eines be-
stimmten Zeitraums über einen andern von ungleicher Dauer,
wird fast nur gehraucht, wenn man cum Behuf der Bestim-
240 Technische Chronologie.
gesetzt. Nur im letzten Cyclus stimmen dieselben mit
der mittlem Bewegung des Mondes überein, yon welcher
sie sich wegen der Mangelhaftigkeit des Cyclus um so
weiter entfernen, je tiefer man in die Yorwelt zurück-
geht. Im ersten Jahr ist die Epakle I, d. h. es trifft
ein Vollmond auf den I.Januar, so dafs das Mondjahr
zugleich mit dem Sonnenjahr seinen Anfang nimmt.
Der dreizehnte Neumond dieses Jahrs ereignet sich 354
Tage weiter am 21.December« Die Epakte des zwei*
ten Jahrs ist also XII; ferner die des dritten XXIII,
die des gierten XXXIV, oder nach Weglassung eines
dreifsigtSgigen Monats, IV u. s. w. Mit jedem Jahr
wachst sie um 11 Tage; nur nach je zwölf Jahren
nimmt sie einmahl um 12 zu, weil sich sonst die
cyklischen Neumonde im Verlauf des ganzen Zeitkreises
SU weit von den astronomischen entfernen wurden« So
springt die Epakte II des zwölften Jahrs im dreizehnten
auf XIV über. Solcher stüttu binae gibt es sechs, nach
den Jahren 12, 24, 36, 48, 60 und 72. Am Scblufi
des ganzen Cyclus ist keiner angesetzt, damit die Epak«
tenreihe wieder mit I von vom anfange.
Auf 84 julianische Jahre gehen 30681 Tage. Aber
die inzwischen eintreffenden 1039 synodischen Monate
halten 30682 Tage 6 St. 48'. Der 84 jährige Cyclus gibt
also an seinem Schlufs die Neumonde um mehr als
einen Tag zu früh, der 19jährige hingegen erst
mung des Osterfestes die Lange des Mondjalirs mit der des Son-
nenjahrs vergleicht, und gibt dann zu erkennen, der wieridsie
Tag des Mondmonats der 1. Januar oder irgend ein anderer be-
stimmter Tag des Jahrs ist. Die deutschen Chronplogiea haben
Epakten durch Mondzeiger, und die Ccmpntislen des Büttel-
alten durch adiectiones Umae ^UierMtst.
Christliche Yölkbr. 241
sechzehnmaliger Wiederhoblung um einen Tag sni spät.-
Jener stimmt demnach minder genau mit dem Himmel
überein, als dieser. Er empfiehlt sieh indessen dadurch,
dafs er die cyklischen Neumonde nicht blofs zu denselben
Mouatstagen, sondern auch zu denselben Ferien zurück-
fuhrt, daher sich nach seinem Ablauf nicht bloüs, wie
beim neunzehnjährigen Cydus, die Ostergrenzen , son*
dein auch die Data des Osterfestes in gleicher Ordnung
erneuern. Diese Eigenschaft veixlankter dem Umstände,
dafs er dem 28jährigen Sonnencirkel oommensurabel ist.
Um sie ihm zu geben, verlängerte man die caljippische
Periode, den viermaligen 19jälirigen Cjclus, absichtlich
um eine Octaeteris, ob man gleich wissen mufste, daia
man ihre Genauigkeit daduitsh bedeutend vermindere«
Es hat unter den Chronologen lange der Glaube
gelien'scbt, dafs bei den Lateinern eben so, wie bei den
Alexandrinern, von Alters her ein 19jähriger, ui*sprüng-
lieh von lulius Cäsar eingeführter, Gjclus im Ge-
brauch gewesen sei, und zwar eben der, den Dionysius
und Beda zum Untei*schiede von dem aleiandrinischen
lunaris nennen (2,237). Selbst noch Petavius*) legt
den Lateinern einen solchen Zeitkreis bei und liefert
einen darauf gegründeten immerwabi*enden julianischen
Kalender, der sich von dem obigen (2, 194) nur da-
dnitsh unterscheidet, dafs die güldenen Zahlen durch-
geliends um drei Einheiten kleiner ausfallen. Allein
Bücher ins und Noris sind der richtigem Mei-
nung, dafs sich die lateinische Kiix;he vor Annahme
des Cyclus der Alexandriner keines 19jährigen, sondern
des 84 jährigen bedient hat. Einen Beweis dafür liefert
*) Doctr, temp.yi, 5. Vergl. c, 12.
n. [16J
242 Technische Chronologie.
das Sendschreiben des Pascfaaslnus an Leo. In
demselben heifst es bei Gelegenheit des Osterfestes des
Jahrs 444 n. C^r. ^): Cum Romana supputatio, quae
cyclo concbtditur, ciuus ipse, de quo agitur, erit an-
nus LXIIT, qui coepit a consulatu AntonU et Sjragrüt
nobis duhietatem afferret etc. Hier ist von einer eige-
nen römischen supputatio die Rede, welche sich auf
einen Cyclus gründen soll, von dem das gedachte Jahr
das 63ste war. Das Gonsulat des Antonius und Sya-
grius trifllt auf das Jahr 382 n. Chr., mit welchem die
Fast! Consulares einen neuen Cydus beginnen,
und von diesem war das Jahr 444 das 63ste. Es lei-
det also keinen Zweifel, da(s der 84 jährige Cydus des
Ungenannten gemeint ist. Wie sollte er auch dazu
gekommen sein, einen solchen Zeitkreis in seine Tafd
zu bringen, wenn derselbe nicht den kirchlichen Ge-
brauch seiner Zeit für sich gehabt hätte? Was noch
weiter dafür spricht, ist, dafs Prosper Aquitanus,
ein Schriftsteller des fünften Jahrhunderts, in seinem
zuerst von Labbe vollständig herausgegebenen Gbro-
nicon auf die Consulate des Messala und Sabinus, des
Faustus und Gallus und des Antonius und Syagrius,
d.i. auf die Jahre 214, 298 und 382, die Anfange
eines Cydus seUl '], den man sogleich für den 84 jäh-
rigen unsers Ungenannten erkennt. So sagt er beim
erstem Consulat: Finis cycli secundi et initium tertii.
Man ei*sieht hieraus, dafs er, bis gegen Christi Tod
zurückgehend, als ersten und zweiten Cydus diejenigen
*) Bucherius p. 75.
*) S. Labbei No\^a Bibliolheca manuscHptomm lihrorum
Vol. Lp. 35, 39, 47.
Christliche Yö&klbr. 243
auffahrt, deren Anfange auf die Jahre 46 und 130 n. Chr.
treffen« Wegen einer Verwirrung in den Gonsuln knüpft
er sie aber nicht an die richtigen Jahre. So heiüit es
Vetere et Nerviliano Coss., d.i. bei SO n«Chr.^):
Paschalis cycli ratio ab his cotuulibus incfpit, per tmr
nos LXXXIV et ad eandem legem- re^rtens. Sein«
drai ersten Cykel kommen jedoch nicht in Betracht, da
sich die Lateiner vor dem Schlüsse des dritten Jahr-
hunderts schwerlich einer geregelten Besiimnrang des
Osterfestes bedient haben. Will man freilich dem
Cyrillus Glauben beimessen (2,222), so hat bei ihnen
der 84jährige Cydus schon vor dem 112jährigen (des
Hippolytus) bestanden. Hiemach scheint es, dafs
man mit der Einfahrung oder doch Bildung des erstem
wenigstens bis zum Jahr 214 zurückgehen müsse, auf
welches einer seiner Anfänge trifft ')• Vielleicht war er
in seiner ersten Anlage so unvollkommen, dafs Hip-
polytus in dem seinigen etwas besseres lieferte, oder
doch zu liefern glaubte.
•) p.26.
*) Nach einer oben (1,571) angeführten Stelle des Epipha-
nius foU der 84 jahrige Gyclus bei den Joden gar schon sn
Christi Zeit im Gebrauch gewesen sein. Petayius (Noten zum
Epiphanius Th. II. S. 151), Bucherius (in einer ausführlichen
Abhandlung de antiquo paschali ludaeorum cyclo p. 313 sei-
nes oft citirten Werks) und andere haben sich riel Mühe mit
Ermittelung der Einrichtung dieses jüdischen Cydus und seines
Verhähnisses zn dem chiistlichcn geg;eben. Tan der Hagen
{jObserv, in Chronicon Prosperi p. 358) zeigt aber, da(s die Notiz
beim Epiphanius zu unbefriedigend ist, als dafs man durch sie
auf irgend etwas Sicheres kommen könne. Bei den jüdischen
SchriAstellem findet sich keine Spur dayon.
[16*1
244 Technische Chronologie.
Was den Gebrauch dieses SSeitkieises bei den La*
teinem vollends aulser Zweifel seUt. ist, da(s wirklich
noch eine auf denselben gegründele vollständige Oster-
tafel vorhanden bu Miiralori nämlich bat im drit-
ten Bande seiner Jnecdola ex Ambrosianae BihUothecae
codicihvLS einen vennuthlich dem neunten Jahrhundert
angebörigen liher de comptUo ans Licht gestdit« in
welcbem sieb unter mehreren Aussägen aus allerlei die
Bestimmung des Osterfestes betreffenden Schriften der
frühem Jahrhunderte auch eine Tafel findet*), die
durch einen Zeiti^um von 84 Jahren den Wochentag
und die Epakte des I.Januar (beides eben so, wie
die Fast! consulares)^ das Datum des Osterfestes
und das gleichzeitige Alter des Mondes angibt. Die
erste Zeile lautet also:
Annus /« Dies solis^ lAma XXI. Pasch. V. Id. Apr.
Luna XXI.
Die Zahlen sind durch die Schuld der Abschreiber zum
Theil sehr entstellt, so wie schon hier Luna XXI
als Epakte des I.Januar für Luna XII steht, lassen
sich indessen aus dem ihnen zum Grande liegenden
leicht wahrnehmbaren Gesetz überall mit Sicherheit
verbessern. Mach der kui'zen, veimutlilich von dem
Verfasser des Computus heiTÜhrenden, Vorige beginnt
die Tafel mit dem Consulale des Festus (1. Faustns)
und Gallus, d. i. mit dem Jahr 298 n. Chr. Sie hat
sich aber dei*gestalt versclioben, dafs jene Zeile eigent*
lieh dem Jahr 299, dem zweiten, und die letzte Zeile
LXXXir. Dies VII. Luna /. Pasch. XF. CaL Mai.
Luna XVIII.
*) p. 204 ff.
Ghkistlichb Yölkbb. 245
dem Jahr 298 oder 382, dem ersten des Cyclus, an-
gehört. Am Schlüsse sieht: Iterum ad caput reverti^
tur, zum Zeichen, dafs nicht etwa blofs von einer an
besüramte Jahre geknüpflen Osierlafel, sondern von
einem sich stets erneuenden Cyclus die: Bede ist. Die
sehr dunkele Nachschrift ist oflenbar ein ohne Sach-
kennUiifs gemachler Auszug aus einer der Tafel von
ihrem Urheber beigefügten Erlüulerung. Der XII. CaL
Apr. oder 21. März scheint ihm, wie den Alexandri-
nei'n, für den Tag der Frühlingsnachlgleiche zu gellen,
an und vor welchem kein Osterfest gefeiert weixlen
soll. Unter dem veteri laterculoy von welchem er
spricht, mnfs er eine ältere Tafel verstehen, die er
durch die seinige hat verbessern wollen. Ein paarmal
setzt er ein doppeltes Datum für die Oslei*feier an mit
der Bemerkung: Quia una (pascha) obsetvanda est,
erit in arbitrio summi Sacerdotis confisnv cum pres^
bjrteris, qui dies eligi debeat. Man sieht, dafs dies
geschrieben sein mufs, als der 84 jährige Cyclus noch
im Gebrauch war.
Yan der Hagen hat diese Tafel ausführlich ei*-
läutert und ihre Zahlen berichtigt*). Da sie sowohl,
als die Fasti consulares lehi*en, dafs die Lateiner
ihr Osterfest vermittelst der Epakte und Fene des
I.Januar bestimmlen, so fragt es sich, nach welcher
Regel sie die Dauer der einzelnen Monate gerechnet
haben. Hierüber gibt unsere Tafel die vollsländigsle
*) In seinem Werke: Observationes in Prosperi Aquitani
Chronicon integrum eiusque LXXXiy annorum cjrclum^ ei ia
Anonjmi cyclum LXXXIV annorum a Muratorio editum, nee
non in Anonymi laterculum ptuchalem centum annorum a
Buchene editum (Amsterdam 1733, 4), S. 245 ff.
246 Technische Chronologie.
Auskunfl; denn aus dem Aller des Mondes am Tage
des Osterfestes labt sich das Datum des Ostemeumon-
des, und aus der Epakte des 1. Januar das Datum des
zunächst vorhergehenden Neumondes herleiten. Aus
der Yergleichung beider ergibt sich dann Folgendes:
(ur den ersten Monat des Jahrs wird derjenige ge*
nommen, dessen Alter am I.Januar durah die jedes*
malige Epakte bezeichnet ist* Der Tag des Decembers,
auf den der Anfkng desselben trifft, nvird leicht ge-
funden, wenn man die jedesmalige Epakte von 33 ab-
zieht. So ist (ur die Epakte YII der Neumond des
Januars der 26. Deoember. Der erste Monat wird im-
mer voll gezählt, und von hier an wechseln die vollen
und hohlen Monate regelmäfsig bis zu Ende des Jahrs,
so dafs der letzte Monat im gemeinen Mondjahr hohl,
und im Schaltjahr voll ist. Die Neumonde , die z. B.
zur Epakte YII geholfen, sind: der 26. December, der
25. Januar, der 23.Febi*uar, der 25. März, der 23. April,
der 23. Mai, der 21.Junius, der 21. Julius, der 19. Au-
gust, der 18. September, der 17* Oktober, der 16. Novem-
ber und der 15. December. Mit dem letztem ftingt der
erste Monat des folgenden Jahrs an, dessen Epakte XVIII
ist. Hat man nun den Osterneumond gefunden, so zahlt
man^ um den Tag des Festes zu erhalten, nach den
Grundsätzen der Lateiner (2, 220) bis zu demjenigen
Sonntage fort, der auf oder zunächst nach Luna XYI
trifft, woraus folgt, dafs Luna XXII der späteste Ter-
min der Feier ist.
Aber welcher unter den jedesmaligen Neumonden
des Jahrs wurde flir den Osterneumond genom-
men, der vierte oder fünfte? D^n nur einer von bei-
den konnte es sein. Die lateinische Kirche hat, wie
Ghaistliche Völker. 247
schon oben (2,218) angedeutet woitlen, zur frühsten
Oslergrenze nicht, wie die Alexandriner, den 21. März,
sondern den ISten, mithin zum fi*ühsten Oslerneu-
monde nicht den 8. März, sondern den 5ten gemacht.
Dies sagt uns Victor ius in folgenden Worten *): In
regulis prinU mensis (2,227)9 quo pascha dominiciun
celebrari statunnt, magna oritur lUrisque (Alexandrinis
et Latinis) dissensio. Latini namque a III. Nonas Mardi
usque in III. Nonas j^priUs, diebus scilicet XXIX, ob"
servandum maxime censuerunt, ut quocunque eonun die
lunafuerit naUiy ejßcial primi mensis initium etc. "Wenn
hier der Zeitraum vom 5. März bis zum 3. April auf 29
Tage gesetzt wird, so ist dies die Dauei* des vierten Mo-
nats im Mondjahr der Lateiner, der immer hohl war.
Es ist aber eine der beiden Grenzen auszuschliefsen,
weil man sonst 30 Tage erhalten wüixle. Vielleicht hat
Victorius usque in IF^, Nonas Aprilis geschrieben,
und wirklich nennt er gleich nachher den 15. April
als die äuüserste Ostergrenze: Decimas quartas lunas
mensis eiusdem a XF. Cal. jiprilis usque in XF^II. CaL
Mail cLSserunt esse seryandas. Wir sehen also, dafs
die Laieiner zum frühsten Osterneumond den 5. März
und zum spatesten Oslervollmond den 15. April mach-
ten. Sie fügten aber noch eine Bestimmung hinzu, die
sich hiemit nicht immer vereinigen liefs, nämlich die,
dafs das Osterfest nicht später als am 21. April gefeiert
werden solle. Dies geht unter andern aus einer Aeufse-
rung des Paschasinus hervor, der in seinem iSend-
schreiben an Leo berichtet, das Osterfest des Jahrs 417
sei auf Befehl des Papstes Zosimus am 25. März ge-
') Bucherius p. 4.
248 Technisclie Chronologie.
worden , ne X. Cd. Mail die teneretun In die*
sem Jahr nanilich waren nach dem 84 jährigen Cyclns
der 4. März und 2. April Keumondstage. Eigenüich
hätte letzlerer das Osterfest bedingen sollen, weil der
erste aufser den von Victorius als herkömmlich be*
zeichneten Grenien lag; allein die Luna XIV würde so
anf den IS. April, und, da dies ein Sonntag war, das
Osterfest auf den 22. April getroffen sein. Man ver-
letzte nun die eine Kegel, um eine andere, deren Be-
achtung noch wichtiger schien, (warum? werden wir
nnten sehen) in Ehren zu halten. Das maxime in
obigen Worten des Victorius scheint auf einen
solchen Fall hinzudeuten, der auch in den Jahren 360
und 444 eintrat. Wie man in jenem verfuhr, sagt
uns die Geschichte nicht; in diesem verschob man das
Fest nach den Grundsälzen der Alexandriner, die nun
schon Eingang zu finden anfingen, auf den 23. April.
Auch die Rücksicht auf die Frühlingsnachlgleiche roufi
den Lateinern Bedenklichkeilen verursacht haben. Die
frühste Oslergrense sollte der 18. Harz sein, und war
dies ein Fit^ilag, so mulste das Osterfest gleich am
206ten gefeiert werden, mithin am Tage vor der Nacht-
gleiche, wenigstens nach der Bestimmung der Aleian-
di*iuer. Früherhin scheint man sich hierüber we^;e-
setzt zu haben; dafs es aber späUsrhin nicht geschah,
lehrt die Ostertafel bei Muratori.
Aus Allem geht hervor, dafs es den Oslerprincipien
der Laieiner gar sehr an der Einfachheit und Festigkeit
gebrach, welche die Alexandriner in die ihrigen zu
bringen gewuist hatten, und dafs in ihnen der Keim
7u Sireiligkeiten lag, die nur durch einen Machtspruch
des Summus Episcopus entschieden werden konnten*
GnaiSTLIGHB YÖLKBE.
249
Nor 18 hat in seiner zweiten oben (2,238) er-
wähnten Ahhandlung die 84jährige Oslerlafel der La-
teiner aus den Epakien der Fast! consulares des
Ungenannten wiederherzustellen gesucht« Wenn der
scharfsinnige Mann hierbei ein par Fehlgrifle gethan
hat, so wiixl sich niemand darüber wundern, da wir
erst durch die aus dem Alterlhum auf uns gekommenci
ihm noch unbekannt gebliebene, Tafel vollständig von
den Giünden ihrer Construction unterrichtet worden
sind. Ich liefere sie hier mit den nöthigen Berichti«
gungen.
Yier und achtzigjährige Ostertafel der
lateinischen Kirche^).
I.
1
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
298, 382
7
I
31. M
17. A
XVIII
2
299, 383
1
xn
20. M
9. A
XXI
3
b. 300, 384
2
XXIII
9. M
24. M
XVI
4
301,385
4
IV
28. M
13. A
XVII
0
302, 386
5
XV
17. M
S.A
XX
6
303, 387
6
XXVI
6. M
21. M
XVI
7
b. 304, 388
7
VII
25.. M
9.A
XVI
8
305, 389
2
XVIII
14. M
l.A
XIX
9
306,390 3
XXIX
l.A
21. A
XXI
10
307, 391
4
X
22. M
6. A
XVI
!ii
b. 308, 392
5
XXI
11. M
28. M
XVIII
12
309, 393
7
11
30. M
17. A
XIX
•
') M bedeutet März und A ApriL
250
Technisclte ChronoU^ie.
I.
11.
ni.
IV.
V.
VI.
vn.
13
310,394
1
XIV
18. M
2.A
XVI
14
311,
395
2
XXV
7.M
25. M
XIX
15
b.312,
396
3
VI
26. M
13. A
XIX
16
313,
397
5
XVII
15. M
5.A
XXII
17
314,
398
6
xxvm
2. A
18. A
xvn
18
315,
399
7
IX
23. M
10. A
XIX
19
b.316,
400
1
XX
12. M
l.A
XXI
20
317,
,401
3
I
31. M
21. A
XXII
21
318,
,402
4
XII
20. M
6.A
XVIII
22
319,
,403
5
xxin
9.M
29. M
XXI
23
b. 320,
404
6
IV
28. M
17. A
XXI
24
25
321,
,405
1
2
XV
17. M
2.A
XVII
322,
,406
XXVII
5.M
25. M
XXI
26
323,
,407
3
VIII
24. M
14. A
XXII
27
b.324,
,408
4
XIX
13. M
29. M
XVII
28
325,
,409
6
XXX
31. M
18. A
XIX
29
326,
,410
7
XI
21. M
10. A
XXI
30
327,
,411
1
XXII
10. M
26. M
XVII
31
b.328,
412
2
III
29. M
14. A
XVII
32
329,
,413
4
XIV
18. M
6.A
XX
33
330,
,414
5
XXV
7.M
22. M
XWl
34
331,
,415
6
VI
26. M
11. A
xvn
35
b. 332,
,416
7
XVII
15. M
2.A
XIX
36
37
333,
,417
2
3
XXVIII
4.M
25. M
XXII
334.
,418
X
22. M
7.A
XVII
38
335,
,419
4
XXI
11. M
3o:m
\x
39
b.336
,420
5
II
30. M
18. A
XX
40
337
,421
7
XIII
19. M
3.A
XVI
41
338
,422
1
XXIV
8.M
26. M
XIX
42
339
,423
2
V •
27. M
15. A
XX
43
b.340
,424
3
XVI
16. M
6.A
XXII
44
341
,425
5
XXVIl
5.M
22. M
XVIII
45
342
,426
6
VIII
24. M
11. A
XIX
46
343
,427
7
XIX
13. M
3.A
XXII
47
b.344
,428
1
XXX
31. M
15. A
XVI
48 345
.429
3
XI
21. M
7.A
XVIII
Ghkistliche Yölkeb.
2dl
I.
n.
in.
IV.
V.
VI.
VII.
49
346, 430
4
XXIII
9. M
30. M
XXII
50
347,
,431
5
IV
28. M
12. A
XVI
51
b.34S,
,432
6
XV
17. M
3.A
XVIII
52
349,
,433
1
XXVI
6. M
26. M
XXI
53
350,
,434
2
VII
25. M
15. A
XXII
54
351,
,435
3
XVIII
14. M
31. M
XVIII
55
b.352,
,436
4
XXIX
l.A
19. A
XIX
56
353,
,437
6
X
22. M
11. A
XXI
57
354,
,438
7
XXI
11. M
27. M
XVII
58
355,
,439
1
II
30. M
16. A
XVIII
59
b.356,
,440
2
XIII
19. M
7.A
XX
60
61
357,
,441
4
5
3LXIV
8.M
23. M
XVI
358,
,442
VI
26. M
12. A
XVIII
62
359
,443
6
XVII
15. M
4.A
XXI
63
b. 360,
,444
7
XXVIII
4. M
19. M
XVI
64
361,
,445
2
IX
23. M
8.A
XVII
65
362,
446
3
XX
12. M
31. M
XX
66
363,
,447
4
I
31. M
20. A
XXI
67
b. 364,
448
.5
XII
20. M
4.A
XVI
68
365,
449
7
XXIII
9. M
27. M
XIX
69
366,
450
1
IV
28. M
16. A
XX
70
367,
,451
2
XV
17. M
l.A
XVI
71
b.368.
,452
3
XXVI
6. M
23. M
XVIII
72
369,
453
5
6
VII
25. M
12. A
XIX
73
370,
,454
XIX
13. H
28. M
XVI
74
371,
,455
7
XXX
31. M
17. A
XVIII
75
b.372,
,456
1
XI
21. M
8.A
XIX
76
373,
,457
3
XXII
10. M
31. M
XXII
77
374,
,458
4
III
29. M
13. A
XVI
78
375,
,459
5
XIV
18. M
5.A
XIX
79
b.376.
,460
6
XXV
7.M
27. M
XXI
80
377.
,461
1
VI
26. M
16. A
XXII
81
378,
,462
2
xvir
15. M
l.A
XVIII
82
379,
,463
3
XXVIII
2.A
21. A
XX
83
b. 380,
,464
4
IX
23. M
12. A
XXI
84
381,
,465
6
XX
12. M
28. M
XVII
i
252 Technische Chronologie.
Von den sieben Zahlenreihen In vorstehender Tafel
gibt die erste die Jahre des Cydus, die zweite die ent-
sprechenden Jahre nach Christus (die b. bezeichnen die
Schal tja h 1«) , die dritte den Wochentag des ersten Ja«
nuars, die vierte die Epakte des ersten Januai*s, die
fünfte das Datum des Ostemeumondes , die sechste das
Datum des Osterfestes, und die siebente das zugehörige
Alter des Mondes.
Dais man wahrend des Cyclus von 298 bis 381
die Osterfeier wirklich nach dieser Tafel geordnet habe,
leidet keinen Zweifel, da die Fasti consulares,
aus denen sie abgeleitet ist, in demselben entstanden
sind (2, 238). Ob aber die ihr zum Grunde liegende
Gonstructionsmethode auch noch wahrend des folgenden
Cyclus von 382 an unverändert beibehalten woixlen ist
oder nicht, wird sich besser unten untersuchen lassen.
Die Ostertafel bei Muratori weicht an vier Stel-
len von der vorliegenden ab, jedoch nicht wesentlich.
Zuerst setzt sie beim sechsten Jahr neben dem 21. März
zugleich den 18. April als Datum der Osterfeier an.
Letzleiies vei^stöfst gegen ein Hauptprincip der Latei-
ner, dafs das Fest nicht an der Luna XV gefeiert wer-
den soll (2, 220) ; denn der Neumond, von dem es ab-
hangen würde, gehört dem 4. April an. Das erste hielt
der Urheber der Tafel für unrichtig, weil er mit den
Alexandrinern kein Osterfest vor dem 22. März gefeiert
wissen will (2, 245). Beim SSsten Jahr hat er wieder
zwei Data, den 22. März und 19. April. Warum er
das erste gesetzt bat, begreift man nicht; denn der
Neumond, auf den es sich bezieht, trifll schon am
3. März , also zwei Tage vor dem gesetzlichen Ter-
min (2,247)^ ein, dahingegen das zweite durchaus
Ghbistlichb Völker. 263
tadellos ist. Beim 638teii Jahr gibt er den 16. April
als Datum der Feier, wieder die Luna XV, wofür er
aber, vielleicht durch eine pia fraus, Luna XYI ge-
scbriebea hat. Der 19. Man war ihfu offenbar an-
sldrsig, da er schon den 2l8ten verwarf. Im 82siea
endlich setzt er das Fest auf den 24. März; er macht
es also vom Neumonde des 4. März abhängig« und dies
ohne NoUi; denn der 21. April verletzt kein Princip.
Wählend des ersten Cyclus, auf den unsere Tafel
geht, hatten die Lateiner ihr Osterfest dreizehnmahl,
nämlich in den Jahren 2, 9, 16, 19, 20, 22, 23, 26, 29,
43, 46, 49 und 53, acht Tage später, achtmahl, in den
Jahi'en 6, 14, 25, 33, 36, 44, 52 und 71« vier Wochen,
und einmahl, im Jahr 63, fdnf Wochen früher als die
Griechen gefeiert. Es konnte nicht fehlen, dafs die
Bischöfe von Alexandrlen, die von dem nicänischen
Concilium beauftragt waren, über die richtige Feier
des Festes zu wachen, die so häufigen Abweichungen
mifsfällig vernahmen. Es wurden nun in dem Ver-
laufe des folgenden im Jahr 382 anfangenden Cyclus
zwischen der aleiandrinischen und römischen Kirche
mehrera Schriften über diesen Gegenstand gewechselt,
wodurch die letztem allmählig zu den Ansichten und
Grundsätzen der erstem hinübergezogen wurde, in die
sie jedoch erst im sechsten Jahrhundert unbedingt ein-
ging. Wir wollen diese Schriften hier kurz durchge-
hen. Sehr gründliche Untersuchungen darüber findet
man in folgendem Werke des oft gedachten Holländers
Yan der Hagen ^): Observationes in veterwn patrum
') Amsterdam 1734^ 4. Um alles beisamnien zu haben, was
dieser um die Chronologie, besonders Nieder Christen, sehr
264 Technische Chronologie.
et pontificwn prohgos et epistolas paschales aiiosque
antiquos de ratione paschali scriptores. Accedit dis'
sertatio de cyclo lunari Dionysii et Bedae,
Den ersieti Anlais zu Erörlerungea JSbet die Oster-
feiei^ gab das Fest des Jabrs 387, das die Alexandriner
auf den 25. April, die Laieiner auf den 21. Mttrz seuten.
Der Kaiser Theodosius, dem diese Abiveichung von
fünf Wochen auffallend war, forderte den Theophilus,
Bischof von Alexandrien, dessen Osterreden oben (2,209)
erwähnt sind, auf, seine Meinung darüber zu sagen,
und eine Osterlafel auf eine Reihe Jahre im voraus zu
berechnen. Dies geschah. Die Tafel ist verloren gegan-
gen, aber der an Theodosius gerichtete Prologus
noch vorhanden. Er findet sich lateinisch bei Buche-
rius*), und zugleich seinem gröfsten Theile nach in
der Ursprache bei Petavius'). Die spätem Oster-
scribenten Gyrillus, Leo, Proterius, Yictorius,
Dionysius, Beda, beziehen sich häujBg auf diese
Schrift. Unter den Neuern handeln von ihr am bün-
digsten Noris'), Jan ^), Van der Hagen *) und
Terdiente Gelehrte geschrieben hat, erinnere man sich der Titd
dreier schon oben (1,110; 2,206, 245) erwähnten Werke und
füge dazu noch folgendes: Observationes in Heraelii impera»
toris methodum paschalem^ ui et in Maximi Monachi compu^
tum paschalem, nee non in Anonymi chronicon pasckaUm.
Amsterdam 1736, 4.
*) S.471.
') Im Anhange zur Doctrina temporum S. 501.
') De Cyclo Ravennate c. 1.
^) Hist. Cycli Dionysiani S.9.
*) Ohservationes in prologos paschales p.l.
Ghbistlighb Völker. 255
Horrebow*). Sie enthält fast die ganze Lehre der
Alexandriner über die Bestimmung der Osterfeier. Die
Gründe werden theils vom mosaischen Gesetz, theils
von dem entlehnt, was Evangelien und Tradition über
die Tage des Leidens und der Auferstehung Christi be-
richten. Das mosaische Gesetz, heifst es, lehre zweierlei,
einmahl^ dafs das Osterfest im ersten Monat, und dann,
dals es an der Luna XIV gefeiert werden müsse. Die
Frühlingsnachtgleiche hafte auf dem 21. März, und die
Luna Xiy, die ihr vorangeht, gehöre dem letzten Mo-
nat an, bestimme also das Osterfest nicht. Diese Yor^
Schrift werde nicht blofs von den Juden, sondern auch
von vielen Christen vemachtessigt, womit ohne Zweifel
auf die Lateiner angespielt wird , die im Jahr 387 das
Fest am Tage des Aequinoctii feierten.
Aus dem Schlufs des Prologus ersehen wir, dais
Theophilns seine Ostertafel mit dem ersten Con-
sulat des Theodosius, d. i. mit dem Jahr 380 n. Chr.,
angefangen hatte, für welqhes er sich um so lieber be-
sümmt haben wird, da es zugleich das erste des 19jäh-
rigen Gjdus der Alexandriner war. Er anticipirte die
Tafel um einige Jahre; denn er verfertigte sie, als er
schon Bischof war, was er erst 385 wurde. Dafs sie
hundert Jahr umfalste, bemerkt er selbst. Welche Ru-
briken sie enthielt, wissen wir nicht; er selbst sagt
nur, dals die Lunae XIY und die Tag(! des Osterfestes
darin aufgeführt waren. Die Jahre scheinen nach kei-
ner Aere gezählt, sondern nur mit einer fortlaufenden
Nummer versehen gewesen zu sein. Cyrillus gedenkt
*} Petri Horrebowii in veterum patrum aliquot monu'
menta paschalia breves annotaiiones* Opp. Tom. U. p. 1201^
266 Technische Chronologie^
in seinem Prologus einer 41 8 jährigen Oslertafel des
Tbeophilus mit dea Worl«tn: Cuius (Theodosii)
praeceptis obtemperans quadringentonan octodecim an^
norum circulum ^) paschalem instiiuit; und ^weiterhin:
ne forte quadringentonun octodecim annorum infinita
congeries out Jastidtiun cognoscendi aut prigitiam de^
scribendi qwbusdam afferret^ in nonaginta quinque an^
nos eundem circulum bre%fia%fi. Da wir nirgends weiter
etwas von einer solchen 41 8 jährigen Oslertafel lesen,
so ist es schwer zu sagen, In welchiem Verbftltnils sie
snr 100jährigen stand. Vermulhlich hat Theophilus
dem Theodosius nur den Anfang derselben, der die er-
sten hundert Jahix: umfafste, zugesandt und das Uebrige
zuinickbebalten , was dann blofs in die Hände seines
Neffen Cyrillus gekommen sein mag.
Eben das streitige Osterfest des Jahrs 387 hat das
Schreiben des Ambrosius ad Episcopos per demiliam
constitutos veranlafst ') , von welchem Van der Ha-
gen^) und Horrebow^) ausführlich handeln. Der
Meti*opolit unlen*ichlete darin die Bischöfe seiner Diooes
von der Bestimmungsweise des Osterfestes, besonders
mit Be^Ug auf das gedachte Jahr. Von den Bischöfen
der römischen Kirche, wie er sagt, aufgefoi'dert , über
diesen Gegenstand sein Gutachten abzugeben, tritt er
*) Für circulum würde besser laterculum stehen. Von cinGiii
circulus oder einer sich erneuernden Ostertafel war bei Theo*
philus nicht die Rede. Die scinige hätte, um diesen Namen za
veixlienen, auf 532 Jahi'e ausgedehnt werden müssen.
*) Es ist der 23ste Brief dieses Kirchenvaters, Vol. Bf. p.880,
nach der Ausgabe der Benedictiner.
') Observaiiones in prologos S.i7.
') S.208.
Ghbistlighe Völker« 267
der Rechnmig der Alexandriner bei, nach welcher das
Fest erst am 25. April, dem äufsersten Termin, gefeiert
werden sollte, weil der 18. April, die Ostergrenze, auf
einen Sonntag treffe und daher die Feier um acht
Tage hinauszuschieben sei.. Eben dies Princip sei in
den Jahren 373 und 377 von den Alexandrinern und
Mailändern befolgt worden. Das Wichtigste, was wir
aus diesem Schreiben lernen, ist, dals die Bischöfe des
Occidents schon damals in der Bestimmung der Feier
des Osterfestes nicht durchgängig der römischen Kirche
beitraten; denn die mailändische soll bereits vor dem
Episkopat des Ambrosius im Jahr 360 das Fest zu-
gleich mit den Alexandrinern gefeiert haben. Noris
meint ^), dafs der Gebrauch der alexandrinischen Rech-
nung von dem Cappadocier Auxentius, der 360 Me-
tropolit von Mailand wurde, nach Italien gebracht sei.
Auch verdient bemerkt zu werden, dafs sich Ambro-
sius in diesem Schreiben durchgebends des alexandri-
nischen Kalendera und der dioclelianischen Aere be-
dient*). Er mufs seine Zeilbestimmungen unmittelbar
von den Alexandrineni entlehnt haben, die er ver-
muthlich über das zweifelhafte Fest des Jahrs 387 be-
fragt hatte.
Ferner hat man eine kurze im Jahr 413 geschriebene
Epistola Innocentü Papae ad Aurelium Carthaginensem
Episcopum, das Osterfest des Jahrs 414 betreffend, von
') De paschali Latinorum cyclo p. 115.
*} Man vergleiche die Stellen, die oben (1,1 65) daraus ange-
fühil sind.
IL [17]
2Ö8 ^ Technische Chronologie.
Bucherius mitgethellt^} und von Yan der Hagen*)
und Horrebow^) erläutert. Innocenz setzte die
Luna XIV auf den 20sten, also die Luna XYI auf
den 22. März, einen Sonntag, den er somit nach latei-
nischen Principien richtig zum Osiertage machte. Wäre
die Luna XIY auch nach der Rechnung der Alexandri-
ner der 20* Mäi*z gewesen , so würden sie nach ihren
Grundsätzen das Fest vier Wochen später haben feiern
müssen. Für sie war aber Luna XIY der 21. März,
der Tag der Nachtgleiche, und so hatten auch sie am
folgenden Tage das Fest. Die Bedenklichkeiten des
Papstes rührten nun daher, da(s, wenn es mit der
alexandrinischen Ostei^;renze seine Richtigkeit hätte, die
römische Kirche gegen ihre sonstigen Grundsätze das
Osterfest an der Luna XY feiern würde« Er hatte des-
halb, wie es scheint, die Astronomen befragt, und es
hatte sich ergeben, dafs der 22. März paene Luna XVI
war; nam quippiam minus est, wie er sich ausdrückt.
Hierdurch wurde er beruhigt.
Besonders wichtig für die Geschichte der Oster-
rechnung ist der im Obigen schon mehrmals erwähnte
Prvlogus paschalis des Cyrillus, Bischofs von Alezan-
drien und Yerfassers vieler noch vorhandenen Osier-
reden (2,209). Diese von Petavius^)-und Buche-
rius') mitgetheilte Schrift ist in einer schwülstigen
*) S. 480. Es ist der zehnte unter den Briefen dieses Papstes,
die man im ersten Bande der Epistolae decretales summorum
Pontificum (Rom 1591| fol.) zusammengedruckt findet.
') Observationes in prologos p. 36.
0 S.222:
♦) S. 502.
») S.481.
Christliche Völker. 259
SpTache alsge&ist, und bIo(s noch in einer sleifen, hin
und wieder sehr verderbten, lateinischen Uebersetzung
vorhanden, und daher ungemein dunkel. Einen gründ7
liehen, die Schwierigkeiten gröfstentheils hebenden,
Commenlar über dieselbe liefert Yan der Hagen^).
Ihr Inhalt ist kurz folgender. Nachdem Cyrillus
Yon den falschen Berechnungen des Osterfestes, insbe-
sondere von dem 84 und 112 jährigen Ostercyclus der
Lateiner gesprochen hat, bemerkt er, dafs das nicä-
nische Concillum der alexandrinischen Ku'che aufgetra-
gen habe, der abendländischen jährlich die richtige Zeit
der Osterfeier anzuzeigen, dafs aber dadurch dem Zwie-
spalt nicht abgeholfen sei; dafs Theophilus auf Be^
fehl des Theodosius eine 41 8jährige Ostertafel berech-
net habe, und dafs er, Cyrillus, dieselbe, um sie
gemeinnütziger zu machen, auf 95 Jahre abgekürzt lie-
fere. Das Uebrige betrifft die Grundsätze, nach denen
Theophilus seine Tafel berechnet hatte, verglichen
mit den In*Igen Principien der Lateiner. Unter andern
findet sich hier der Satz, dafs das Osterfest allemahl in
dem fünfwöchentllchen Zeitraum vom 22. März bis zum
25. April eiuschllefslich gefeiert werden müsse (2, 199).
Von der 95jährigen Ostertafel des Cyrillus,
der sein Prologus zur Einleitung diente, ist nur noch
ein Stück vorhanden ^). Sie zerfiel in fünf neun-
zehnjährige Abtheilungen, und ging, wie wir aus des
'} Observationes in prologos S. 4l. Man vergleiche Noris
de. Cyclo Ravennate c. 1, Jani hist, cjrcli Dionjrsiani S. 10
und Horrebow p.224.
') Erläuterungen darüber gibt Yan der Hagen, de cjrclis
paschalibus p.42.
[17*1
260 Technische Chronologie.
Dionysius Exiguus Epistola ad Petronium*) er-
sehen, vom 153sien Jahr Diodetian's bis zum 247slen.
Jenes nahm am 29. August 436 n. Chr. seinen An-
fang; das erste Osterfest in der Tafel war also das des
Jahrs 437. Cyrillus fing sie mit einem neuen Mond-
cirkel au, nachdem von der des Theophilus bereiu
drei abgelaufen waren. Das letzte oder 95ste Oster-
fest war das des Jahrs 247 der diokletianischen Acre
oder 531 n.Chr. Hier schlofs sich die Fortsetzung an,
die ihr Dionysius abermals auf 95 Jahre gab. Es
geschah dies 525 , wo sein Brief an den Petronius ge-
schrieben ist. Da, wie er sagt, damals noch sechs
Jahre von der Tafel des Cyrillus übrig wai-en, so
tviederhohhe er den letzten neunzehnjährigen Cyclus
als den laufenden noch einraahl, und fügte dann vom
Jahr 532 ab noch fünf andere hinzu. Im Codex Dig-
baeanus, einer Handschrift der bodlejanischen Biblio-
thek aus dem Anfange des neunten Jahrhunderts, be-
findet sich gedachtes Schreiben des Dionysius, das
seiner Ostertafel zur Vorrede diente, mit einer von 513
bis S92 dui-ch zwanzig neunzehnjährige Cykel fortlau-
fenden Tafel, von der Jan die ei*sle 19jährige Abthei-
lung für die Arbeit des Cyrillus und die iiinf fol-
genden für die des Dionysius hält*). Van der
Hagen erregt einige Zweifel dagegen^). Es ist auch
alleitlings möglich, dafs spätere Fortsetzer etwas an der
Form geändert haben; allein Jan 's Meinung bleibt
immer sehr wahrscheinlich, weil man sonst nicht be-
') S. Jani hisL cycli Dionjsiani p.63.
») Ebcnd. S.XVIlIff.
^) De cyclis paschalibus p. 28.
Christliche Völker. 261
greift, warum mit dem letzten neunzehnjährigen Cyclus
des Cyrillus der Anfang gemacht ist, und warum,
wenn diese Abtheilung nicht wesentlich von ihm her-
rührte, gerade in ihr und nicht weller die Jahre nach
Diocletian gezählt sind.
lieber die acht Rubriken dieses von Jan *) mit*
getheilten Fragments müssen hier einige Erläuterungen
gegeben werden« Die beiden ersten siud j4nni DiO"
clettani und Quae sint iruUctiones überschrieben« Von
den Indictionen wird unten gehandelt weiden. Die
dritte hat die TJebei'schrift Epactae i« e. adiectiones
lunae. Diese Epakten bezeichnen eben so, wie in den
Ostertafeln des Dionysius und Beda, das Alier des
Mondes nicht am I.Januar, wie in den Fasti consula-
res des Anonymus, sondern am 22. Man. Beda sagt
uns dies in folgenden Worten ^) : Quae in circulo de-
cemnovfennali adnotatae sunt epactae, bmam, quota sit
in XI, CaL y^priks, ubi paschaUs est festi principium,
signant. So trifft im ersten Jahr des Mondcirkels ein
r^eumond auf den 23. März ; das Alter des Mondes am
22slen ist also XXX oder 0. Im folgenden Jahr fUlt
ein Neumond auf den 12. März; die Epakte ist mit-
hin XL Die vierte Rubrik mit dem Titel Concumn-*
tes dies gibt die Wochentage , auf die der 24. März
trifft, wie uns wieder Beda sagt^): Cum suas {fuae-
que anni dies ftabeat concunentes, hae quae in cir--
culo adßxae conciirrentes sunt, specialiter quae sit nono
Cal. Aprilium feria designant. Begreiflicherweise wer-
*) S.74.
'} De temporum ratione c.48.
') Ebend. c.51.
262 Technische Chronologie.
den die Concurrentes eben so durch den 28jährigen
Sonnencirkel bedingt, wie die Sonntagsbuchsta-
ben. Sie bangen, da F allemahl der Buchstabe des
24. Man ist, dergestalt zusammen, dafs die concurren-
tes 1, 2, 3, 4, S, 6, 7 den Sonntagsbuchstaben F, E, D,
C, B, A, 6 entsprechen. Jene schreiben sich aus dem
Orient; diese sind eine Erfindung des Occidents*). Die
fünfte Rubrik ist Quotus sit lunae circulus überschi-ie-
ben. Sie gibt die Jahre des cyclus lunaris der
Juden, dessen güldene Zahlen durchgehends um drei
Einheilen kleiner ausfallen, als die des ' 19 jährigen
Cyclus der Alexandriner (2, 237). Hauptsächlich dieser
Rubrik wegen will Van der Hagen die Tafel nicht
für die ächte Arbeit des Gyrillus gelten lassen, weil
dieser in seinem Prologus nichts von einem solchen
Cyclus erwähne. Allein Dionysins hat sie vermuth*
lieh hinzugefügt, um dem von ihm mitgelheilten Frag-
ment ganz die Form seiner Ostertafel zu geben. Was
es mit den drei letzten Rubriken: Quae sit luna XIV
paschalis; Dies dominicae festiv^itatis und Quota sit baia
ipsius diei dominicae, für eine Bewandnifs habe, ist
für sich klar. In der letzten steht beim achten Jahr
Ogd,, bei dem neunzehnten Hend., um die beiden Ab-
theilungen des neunzehnjährigen Cyclus zu bezeichnen,
von denen oben (2, 234) die Rede gewesen ist.
Der 95 jährige Zeitraum ist kein wahrer Cyclus,
kommt aber einem solchen sehr nahe. Die Data des
Osterfestes kehren nämlich mit Ausnahme jedes vierten
') Warum die Epaktcn gerade an den 22, März und die
Concurrentes an den 24sten geknüpft sind, untersucht scharf-
sinnig Van der Hagen in seinen Observaliones in Chronicon
Prosperi p.203.
Christliche Völker.
263
wieder, und bei diesem vierten bat man meistens
nur, wie sich Gjrillus ausdrückt, unum assem, eine
Einheit oder eiuen Tag, propter rationes bisseocti,
am ändern. Folgende Zusammenstellung der Data des
Festes aus den ersten 19 Jahren zweier auf einan-
der folgenden 95jährigen Perioden wird dies ins Licht
setzen: ^
Jahre
n. Chr.
Osterfeste.
Jahre
n. Chi*.
Osterfeste.
437
438
1 1 . April
27. März
b.532
. 533
11. April
27. März
439
b.440
441
16. April
7. April
23. März
534
535
b.536
16. April
8. April
23. März
442
443
b.444
445
446
12. April
4. April
23. April
S.April
31.Miürz
537
538
539
b.540
541
12. April
4. April
24. April
8. AprU
31. März
447
b.448
449
20. April
11. April
27. März
542
643
b.544
20. April
5. April
27. März
450
451
b.452
16. April
S.April
23. März
545
546
547
16. April
8. April
24. März
453
454
455
12. AprU
4. April
24. April
b.548
549
550
12. April
4. April
24. April
264 Tecfmische Chronologie.
Es yerdienea hierüber Noris') und Van der Hagen')
verglichen zu werden. Letzterer sagt gans richtig'):
In laterculo centiun annörum paschali nullus obtinet
paschae recursus. Sed in XCV annorum cjrclo, {/tio^
lern primus edidit Cjrrillus, quidam paschae recursMAS,
sed non praecisus, observatur, quia spado XCV anno--
mm evoluto eadem fere paschata reamunt. Cyrillus
suchte dem 19jährigen Cyclus, indem er ihn so fönf-
mahl nahm, wenigstens einigermafsen den Vorzug zu
verschaffen, den die Lateiner an ihrem 84jährigen
rühmten, dafs nach Ahlauf desselben die Data der
Osterfeier wiederkehrten. Dionysius behielt nachmals
aus gleichem Grunde diese Form bei«
Aufser dem Prologus hat man von Gyrillns noch
zwei hiefaer gehörige Briefe, von denen der erste 419
an die Synode von Carthago, der andere 443 an die
lateinische Kirche geschrieben ist. Jener ist dem Papst
Bonifacius mitgetheilt worden, und beide haben sich
vermuthlich in den päpstlichen Archiven bei einander
gefunden, daher sie auf eine unschickliche Weise zu
einem Ganzen verbunden worden sind. So haben sie
Pctavius^) und Bucherius ^) ans Licht gestellt.
Jener will den zweiten Brief, der mit den Worten:
Quod optamusj cliarissimi fratres anfangt, dem Bischöfe
von Alexandrien absprechen; aber dieser eignet ihn
demselben zu, und gewifs mit Recht. Nachdem darin
^) De cjrclo Ravennaie c.2.
') Obseivationes in prologos p. 68.
^) De cjrclis paschalibus p. 183.
*) S.503.
^) S.72.
Ghristlighb Völker. 265
yerscbiedene das Osterfest im Allgemeinen betreflende
Regeln aufgestellt sind, wird insbesondere von dem
Feste des Jahrs 444 gehandelt und bemerkt, dals es
die Alexandriner auf den 23. April setzten, die Latei-
ner aber ihren irrigen Principien zufolge einen Monat
früher feiern wollten. In dem ersten sehr kurzen Briefe
muis von dem Feste des Jahrs 420 die Rede sein, und
daher XIY. Cal. Maii statt IX. Gal. Maii gelesen wer-
den. Uebef beide oommentirt Van der Hagen mit
seiner gewohnten Gründlichkeit 0*
Von dem streitigen Feste des Jahrs 444' handelt
auch ein 443 abgefafstes Sendschreiben des Pascha«
sinus, Bischofs von Lilybäum, an Leo'). In diesem
für die Geschichte wichtigen Aktenstücke wird die Rech-
nung der Alexandriner fär richtig und die der Römer
für irrig erklärt. Letztere, heifst es, wollten aus dem
Embolismus oder Mondschaltjahr (ein solches war
das dem Jahr 444 correspondirende , das achte des
19jährigen Gydus) ein Gemeinjahr machen, mit an-
dern Worten, das Fest einen Monat früher feiern. Man
vei^leiche Yan der Hagen 's Erläuterungen ')•
Leo sah sich durch die Gründe des Cyrillus und
Paschasinus bewogen, das besprochene Fest gegen die
Grundsätze der Lateiner auf den 23. April zu verlegen,
weil wenigstens, wie er sich in seinem Briefe an den
Marcianus ausdrückt, das pascha dominicae passionis
(das TüiffxoL g-aopwcTLiioy) nicht über den herkömmlichen
Termin des 21. Aprils hinausrückte, welchen Beruhi*
*) Observationes in prologos S.9^,
') Bucherius S.75.
') Ohservationes in prologos S.lll.
266 Technische Chronologie.
gongsgrund ihm Paschasinus an die Hand gege-
ben. Aueh Pros per sagt*): Theodosio XVIII et AU
bino Coss. pascha domini IX. Cälendas Mail celebru-^
tum est; nee erratum est, qida inde XI. Calendarum
Maiarum dies passionis Juit, ob cuius reverentiam
natalis urbis Romae sine circensibus transiiu
Die letzten Worte sind wichtig. Sie scheinen den Grund
zu enthalten, warum die römische Kirche so streng
auf die Satzung hielt, dafs das Osterfest nicht über
den 21. April hinaus gefeiert werden solle (2,247)*
Hätte man mit den Alexandrinern auch noch den 22,
23,24 und 25. April dazu nehmen woUen, so würde
der Geburtstag Roms (2,47), ein uraltes Volksfest,
auf die Charwoche getroffen sein, und es hätte, wie im
Jahr 444, von keinen circensischen Spielen die Rede
sein können. Fiel das Osterfest auf den XI. Cal. Maii
selbst, so durften die Ciroenses gerade nicht untersagt
werden, weil das christliche Fest, eben so wie das heid-
nische, ein Tag der Freude war.
Den Papst mochte es geschmerzt haben, dafs in
einem so wichtigen Punkt, wie ihm die Bestimmung
des Osterfestes erschien, die Autorität des alexandrini-
sehen Bischofs mehr gelten sollte, als die seinige. Er
nahm also die Gelegenheit wahr, die ihm das Osterfest
des Jahrs 455 darbot, den lateinischen Grundsätzen den
Sieg zu verschaffen. Nach diesen sollte das Fest, wie
er glaubte völlig tadellos , am 17* April gefeiert wer-
den, nach der Ostertafd des Theophilus hingegen
acht Tage später, am 24sten. Er schrieb defshalb im
Jahr 453 den vorhin erwähnten Brief an den Kaiser
') Chronicon S.53.
Christliche Völker. 267
Marcianus, und einen andern an den Bischof lulia*
nus Coensis, seinen Geschäftsträger zu Constantino-
pel (nicht, wie die altem Ausgaben sagen, an Eudocia
Augusta, die Wittwe des jungem Theodosius), und
da ihm jener antwortete, dafs er den Alexandrinern
aufgegeben habe, die Sache zu erwägen, so befahl er
dem lulianus in einem zweiten Schreiben vom Jahr 454,
die Angelegenheit zu betreiben *). Aus dem Ton dieser
Briefe geht Gereiztheit und Vertrauen in seine Ansich-
ten hervor. In dem erstem, der für die Geschichte
des 05tei*strelts besonders wichtig ist, sagt er unter an-
dern : j^b XI. Calendarum Apriliwn usque in XI ^ Ca-
lendajum Maiarum tegitimum spatium sit praeßamm,
intra quod omnium varietatum necessitas concludatur,
ut pascha dominicwn nee prius possimus habere ^ nee
tanUus, In Ansehung der ersten Grenze hatten sich
also die Grundsätze der Lateiner bereits dahin modiGcirt,
dafs sie das Osterfest nicht mehr an oder vor dem
Tage der Frühlingsnachtgleiche, wie es wol sonst ge-
schehen war, feiern wollten ; aber auf die zweite, den
21. April, wurde noch immer strenge gehalten.
So zuversichtlich aber auch Leo der lateinischen
Bestimmung des Osterfestes das Wort redete, so gab er
dennoch den Alexandrinern nach, um den Frieden in der
Kirche nicht zu stören. Es vei'anlafste ihn dazu beson-
ders das ausführliche, noch in der lateinischen Ueber-
setaung des Dionjsius Exiguus vorhandene, Send-
schreiben, das Proterius, Bischof von Alexandrien,
auf Befehl des Kaisers an ihn richtete. Diese Schrift
') Es sind die Briefe 94, 9S und 100 nach der oben (2, 209)
genannten Ausgabe.
268 TecJmische Chronologie.
preiset Beda als den Inbegriff der wahren Lehre vom
Pascha, und sie gehört auch wirklich zu den wich-
tigsten dieselbe betreffenden Aktenstücken« Sie findet
sich unter Leo's Werken^), auch bei Petavius'),
Bucherius^) und Jan^). Man vergleiche Van der
Hagen's Commentar '). Des nicänischen Gonciliums
wird nicht gedacht, aber der legales libri, worunter
die mosaischen Vorschriften verstanden zu werden schei-
nen, und der Institute der alten Lehrer« Yorzüglicfa
hält Proterius viel auf die Ostertafel des Theophi-
Ins und empfiehlt ihre genaue Beachtung. Sie irre sich,
sagt er, im vorliegenden Falle nicht; denn die Luna
Xiy sei der 17* April, ein Sonntag, und defshalb müsse
das Fest um acht Tage hinausgeschoben werden *). Wenn
der Vollmond immer auf den Donnerstag träfe, so
könne gar kein Zweifel über die Feier des Festes sein,
da Christus an der Luna XIV das Osterlamm gegessen
habe, an der Luna XV gestorben und an der Luna XVII
auferstanden sei u.s.w. Durch dergleichen Grunde, denen
der Wunsch des Kaisers noch mehr Gewicht gab, wurde
Leo vermocht, das Osterfest auch in den Kirchen des
Occidents am 24. April feiern zu lassen« Wir haben
noch das vom 28. Julius 454 datirte Rundschreiben,
•) S.646.
') S.497.
^) S.82.
^) S. 95. Hier wird ein nach HandschnAen yerbesserter Text
gegeben.
') Observationes in prologos p. 131.
*) Diese Regel hatte zwar die lateinische Kirche mit der alezan-
drinischen gemein; allein nach ihrem Cydus traf die Luna XTV
ein paar Tage früher ein (2,251).
Ghaistliche Völker. 269
das er de&falls an die Bischöfe Ton Gallien und Spa-
nien erlieis * j. Es schliefst mit folgenden Worten : Quia
ergo studio unitatis et päcis malui orientalium defini^
tioni acquiescere, quam in tantae Jestii^itatis observan--
tia dissid^re, noverit fratemitas vestra, die VIII. Ca--
lendas Maias ob Omnibus resurrectionem dominicam
celebrandam, et hoc ipsum per vos aliis esse Jhatri"
Bus intimanduni, ut diyinae pacis consortio, sicut una
fide iungimur, ita una solennitate Jeriemun Man siebt,
der Papst war nur überredet, nicht überzeugt worden«
Prosper, der damals schrieb, ist sehr unzufrieden mit
der Wenduug, die die Sache genommen hatte. Eodem
anno, so endigt er sein Cbronicon'), pascka domi-^
nicum die FIII. Calendas Maii cclebratum est, perti-^
naci intentione Alexandrini Episcopi, cui omnes orien^-
tales consentiendum putai^runt, quamvis sanctus Papa
Leo XV. Calendas Maii potius obsen^andum protesta^
retur, Eoctant eiusdem Papae epistolae ad clementis^
simum Principem Marcianum daiae , quibus ratio o^e-
ritalis sollicitatae ei^identer patefacta est, et quibus
ecclesia catholica instrui potest, quod haec persuasio
studio unitatis et pacis tolerata sit potius quam pro^
bata; nunquam deinceps imitanda, ut, quae exitialem
attulit offensionem, omnem in perpetuum perdat aucto^-
ritatem.
Moris ist der Meinung, dafs obige aus den Con-
sular-Fasten gezogene Osler tafel auch noch während
des Cyclus von 382^ bis 465 gebraucht worden sei. Es
*) Epist. i09. Auch beim' Bucherius S. 88.
') S.55.
270 Technische . Chronologie.
scheint aber keinem Zweifel zu unterliegen, daüs wenig-
stens zu Leo*s Zeit eine neue, etwas veränderte, Be-
arbeitung derselben im Gange sein mufste. Cyrillus
sagt in seinem Briefe an diesen Papst Ton dem Oster-
feste des Jahrs 444 : Quod si faciatis VII. Calendas
Aprilis lAUia XXII, ut iam praeparatis, communent
annum facitis de embolismo, dum observatis lunam
incensam in III. Nonas MartiaSy iuxta regulam La-
tinorum^ Aber nach jener Tafel traf der Oslemeumond
nicht auf den 5. März, sondern auf den 4ten, und das
Fest nicht auf den 26sten, sondern auf den 19len.
Leo schreibt an den Marcianus: Scquenti annOy pridie
Nonas Aprilis, eadem propitio Deo erit habenda Jesii--
mtas, sicut regulariter centenariae annorum ixxtionis
ordo declarat. Er meint das Fest des Jahrs 454, das
die Lateiner, wie er sagt, übei^einslimmig mit der Oster-
tafel des Theophilus am 4. April feiern würden , und
jene Tafel setzt es auf den 28. März,
Yan der Hagen hat den treflenden Gedanken,
dals sich diese Abweichungen Jurch einen Cyclus mit
dem saltus luuae nicht nach je zwölf (2,240), sondern
nach je vierzehn Jahren i-echtfertigen lassen. Dals wirk-
lich beide Constructionsmethoden bei dem 84jährigen
Cyclus in Anwendung gekommen sind, lehren folgende
Worte des Victor ius^): Tum deinde ii, qui cjrclum
annorum LXXXIV ediderunt, XII peractis annis lu--
nanh unam adiiciendam legitimo cursui esse praeci-*
piunt.' Item sunt qui hanc eandem XV demwn inci^
pierUe anno magis adnumerari definiunt.. Setzt man
*) Buckerius p.3.
Chhistlighe Völkbr.
271
aun mit Beibehaltung aller übrigen Principien den
saltus lunae nach je vierzehn Jahren an, so ändern sich
in obiger Tafel folgende neun Osterfeste:
Jahre
Jahre des
Epakte
Oster-
Osterlag.
Alter des
n. Chr.
Cydu».
des 1. Jan.
Neumond.
Mondes.
394
13
XIII
19. März
9. April
XXH
421
40
XII
20. März
10. April
XXII
431
50
1
III
29. Mära
19. April
XXII
444
63
XXVII
5. März
26. März
XXII
448
67
XI
21. März
11. April
XXII
451
70
XIV
18. März
8. April
XXII
454
73
XVIII
U.März
4. April
XXII
458
77
II
30. März
20. April
XXII
463
82
xxvn
»
S.März
24. März
XX
Yictorius sagt zwar nicht, daSs die letztere Con-
stmctionsmethode an die Stelle der erstem getreten sei;
es ist jedoch sehr wahrscheinlich. Denn einmahl ist
jene genauer als diese, wie ein jeder, der sich die Mühe
geben will) beide mit der mittlem Dauer des syno-
dischen Monats zu vergleichen, leicht finden wird ^).
*) Z. B. für den Anfang des 738ten Jahrs stellt sich die Epak«
tenrechnung also:
72 'julianische Jahre halten 26298 Tage.
890 Mondmonate . ^ 262S2 Tage^ 5 St. 25'.
Unterschied 15 Tage, 18 St. 35'.
Epakte des ersten Jahi's 1 Tag.
Epakte des 73sten Jahrs 16 Tage, 18 St. 35',
oder nahe 17 Tage.
saltus nach 12 Jahren ist die Epakte XIX, bei dem* nach
272 Technische Chronologie.
Zweitens werden die Feste der Jahre 444 and 454 durch
den vierzehnjährigen saltus lunae richtig dargestellt. Drit-
tens gedenkt Cyrillus hlofs des 84jährigen Cydas mit
diesem saltus, zum Zeichen, dafs derselbe zu seiner Zeit
im Gebrauch sein mufste. In seinem Prologus heilst
es nämlich ^): In ordine autem annonun illorum qui--
dam in decimo quarto anno , quidam decimo sexto
(letzteres soll auf den Canon des Hippolytus gehen)
unam diem de incrementis hmaribus addiderunt: hone
sanctus Theophibis in decimo nono adiicit ( 2, 235).
Auch sagt dieser Kirchenvater ')> dafs man den 84 jäh-
rigen Cyclus in sex quatuordecennitates (im Ori-
ginal stand ohne Zweifel TEa-o-apcffxaidcxamj/^ideg) getheilt
habe, welche Eintheilung nur durch den gedachten sal-
tus begründet sein konnte.
Yan der Hagen glaubt^), dafs es Prosper
Aquitanus war, der diesen verbesserten Cyclus ord-
nete; denn er bemerke in seinem Chronicon jedes-
mahl den Anfang eines neuen Cyclus (2,242), auch
gebe er durch das, was er über die sti^itigen Oster-
feste der Jahre 444 und 455 sagt, ein besonderes In-
teresse an diesem Gegenstande zu erkennen. Was aber
l4 hingegen XVIII. Letztere weicht, wie man sieht, um einen
Tag, erstere um zwei Tage von der genauem Bestimmung ab.
*) Bucherius S.483.
') Ebend. S.481.
^) Obsen»ationes in Chronicon Prosperi p. 1 76. Schon Buche-
rius conslrutrt S. 427 seines "Werks eine 84 jährige Ostcrtafel
mit der Ueberschrifl Cjrclus latinus seu Prosperianus ^ an deinen
Schlufs er sagt: Talisjere esse potuit Latinorum cjrcU dispo*
sitio. Van der Hagen findet aber daran mit Recht sehr viel
zu tadeln.
Ghbistlichb Völker. 273
Yoniigllch fiir die Hypothese spreche, sei, dafs Gen«
nadius und Isidorus ihn ausdrücklich xu den Yer-
fertigem von Osteicykeln zahlen. Jener sagt *): yicto^
rius natione Aquitanus, caiculator scrupidosus^ compo^
suit pcLSchalem cursum inaagatione cautissima, post qua^
tuor priores i qui composuerunt^ id est Hippoljtum, Eu-
sebium, Theophilum et Prosperum. Dieser ') : Pascha^
lern cjrcluni Hippoljtus Episcopus temporibus Alexandri,
imperatoris primus conscripsit. Post quem probatissinU
auctores Eusebius Caesariensis, Titeophilus Alexandri"
nufi, Prosper Aquitanus et Victorius muUipUces circw^.
los ediderurU.
So gern man aber auch dem gelehrten Mann in.
diesem Punkte beipflichtet, so schwer ist es, über fol-
genden in seine Ansicht einzugehen.
Bucherius thetlt aus einer alten Handschrift ei-
nen Latercubis paschaUs centum armorum mit ^) , den.
nachher Joh« Georg Eccard aus demselben Codex
der kaiserlichen Bibliothek zu Wien, der die Fasti
consulares des Ungenannten enthält, in sein Corpus
historicwn medü aevi gebracht hat ^). Es ist ein Yer-
zeichnils der Gonsuln von 312 bis 411 n.Chr. mit bei-'
gesetzten Tagen der Osterfeier.
Schon beim ersten Anblick der Data des Festes ist
es auflallend, dafs als frühster Termin der Feier ge-
^) De viris illustribus c.88.
') Ongg.yi,i7.
*) 'Zuerst gibt er diese Tafel S.252 so, wie er sie in seiner
Handschrift fand ; dann S. 259 noch einmahl mit berichtigten
Zahlen und hinzugefügter Ferie des I.Januar.
*) Tom.I. col. 14-16.
n. [18]
274 T^echnische Chronologie.
gen die sonstigen Grundsätze der lateinischen Kirdie
der 24. Bfän angenommen ist, wenn gleich denselben
gemäfs zum spätesten der 21. April gemacht wird. Ver-
gleicht man dann in der wahrscheinlich richtigen Tor—
ausseizung, dafs diese Tafel mit dem 84 jährigen Cydus
in Verbindung steht, die Data mit dem jedesmahligen
Mondalter in obiger Oster tafel (2, 249), so zeigt sich,
dals das Fest neunmahl (in den Jahren 313, 317, 323,
330, 340, 360, 373, 387 und 401) auf Luna XV, vier-
mahl (in den Jahren 316, 320, 333 und 404) gar schon
auf Luna XIV, und einmahl (im Jahr 357) auf Luna
XXni gesetzt ist, alles gegen die oben nachgewiesenen
Principien der Lateiner.
Van der Hagen nun, der von dieser Tafel aus-
fuhrlich handelt ^), sieht darin ein aus den päpstlichen
Archiven gezogenes Verzeichniis der zu Rom wiiUich
gefeierten Osterfeste ^ und nachdem er sie scharfsinnig
analysirt hat, stellt er, jedoch nicht ohne willkiihrliche
Aenderuog mehrerer Zahlen, die Hypothese auf, dals
die lateinische Kirche das Fest ursprünglich von Luna
XTV bis XX, und erst seit 343 von Luna XVI bb
XXn, ausnahmweise bis XXHI, gefeiert habe, und
dals der frühste Termin der Feier an&ngs der 25.HSrz,
ausnahmweise der 245te, und vom Jahr 382 an der
22. MSrz gewesen sei. Er macht sich selbst verschiedene
Einwürfe, z.B. die, dais Innocentius in seinem oben
(2,257) erwähnten Schreiben sagt: In vigesima tertta
luna nullum pascha unquam factum 'esse cognosdmus;
femer die, dais Victor, römischer Bischof am Ende des
zweiten Jahrhunderts, in der heftigsten Of^osition gegen
') Observeiiones in Praxen Ckromcon p.293.
Christliche VöLKBii. 275
die Quartadecimaner sUnd (2, 203), es also nicht wahr«^
scheinlich ist, dafs die Römer selbst ihr Osterfest da-
mals an der Luna XIY gefeiert haben u. fr.M. Aber
an den sehr erheMithen Einvrm*f , dafs wir schon im
Canon des H.ippolytus das Osterfest am 21. Märt Und
nicht yor Lnna XVI gefeiert finden (2,218,220) scheint
er nicht gedacht zu haben.
Höchstwahrscheinlich hat es mit diesem Laterculus
paschalis dieselbe Bewandnils , wie mit dem Canon
paschalis des Ana toi ins (2,229); denn auch nach
diesem wird das Fest ton Lutoa XIY bis XX uhd.
frühstens am 25. März gefeieil. beide Tafeln gehören
in die Kategorie dfer sogenannten jicta Concilii Cäesa*
riensis und des Tractatus Anastäsü de ratione paschae^
die anerkannt unflcht sind ^).
Wir sind nun in unsem Untersuchungen bis zum
Canon paschalis des Ylctorius gekommen.
Es ist noch ein kurzes Schreiben vorhanden, worin
der Papst Hilarius, damahls noch Archidiaconus, den
Victdrius ') aus Aquitanien auffordert zu untersuchen,
*) Die Acta findefa «ch in Beda^s kleiner Schrift de ver<m
nali aequinoctio (Opp, Tom. 11. p»232), wo sie überschrieben
sind: De ordinatione feriarum paschalium per Theophilum
Episcopum Caesariensem äc reliijuorum episcoporum Synodum,
Bucherius gibt sie S. 469 nach Handschriften yerbessert unter
dem Titd: Epistola PkÜippi de pascha. Dann hat sie Baluziua
in seinei* Pfova Concilionim colleciione col. 13 aus zwei sehr
alten Handschriften abdrucken lassen. Auch stehen sie in dem
Ton Muratori mitgetheilten über de Computo {Anecdota
Tom.in, p.l89)* Den Tractatus de ratione paschae haben zu*
erst die Benediktiner in ihrer Ausgabe des Anastasiu» ans
Licht gestellt. Tom. 11, p.74l.
*) Nicht Victor oder Yictorinus« wie einige neuere Chro«
Belogen schreiben.
[18']
276 Technische Chronologie.
woher die Yersqhiedenlieit der Bestimmung des Oster-
festes eigentlich rühre und wie die Wahrheit zu er-
forschen sei. Der Calculator scrupulosus, wie ihn Gen*
nadius nennt > arbeitete nun einen neuen Osterka-
non aus-, den er auf einen Cyclus von 532 Jahren,
gründete, und widmete ihn in einem Constantino et
Rufo Coss, d. i. im Jahr 457 geschriehenen Prologas
dem gedachten Papst« lieber diesen Prolog und Kanon
hat der Jesuit Aegidius Bucherius das gelehrte, im
Obigen schon oft angeführte, Weik : De Doctrina tem--
porum commentarius in Victorium AquiXanwn geschrie-
ben. Den Prolog, der für die Geschichte der Oster*
feier in der römischen Kirche besonders wichtig ist,
gibt auch Petayius ^). Ueber beides oommentirt Yan
der Hagen ').
Zuerst handelt Yictorius von den Ursachen der
Divergenz der Osterfeier. Er findet sie in der Yer-
schiedeuheit theils der zum Grunde übenden Oykel,
theUs der R^ln, nach denen der Ostermonat und in
diesem die Luna paschalis bestimmt wird. Der Osler»
kreise nennt er drei, den 84, 95 und 112jährigen.
Unter dem 95]Shrigen versteht er den Zeitraum, den
die Ostertafel des Cyrillus umfalste, der aber den Na-
men eines Cjdus eigentlich nicht verdient, weil er die
Data des Osterfestes nicht in vollkommen gleicher OrdU
nung zurndiführt (2, 262). Auch hat ihn sein Uihe-
her nicht, wie Yictorius zu glauben scheint, für einen
wahren Cyclus ausgegeben. Mit dem 112jährigen meint
er den des Hippolytus. Bei der Yergleichung die*
*) S.504.
') Ohsetvaiiones in prologos pascMes p. l44.
Christliche Völk.er. 277
ser drei Kreise wird besonders die Verschiedenheit des
Saltos lunae hervorgehoben (2,235,270). Im li2jäh-
rigen soll derselbe nach je 16 Jahren eingetreten sein;
die Yergleichung der oben (2,215) gegebenen Tafel zeigt
aber, dafs im Verlauf von 16 Jahren zwei saltus Statt
finden , im dritten und elften , wohin auch das zwie-
fache Datum bei diesen Jahren zu deuten scheint. Sollte
vielleicht dieser Cyclus nach Vollendung des Kunstwerks,
das uns ihn allein kennen lehrt (2,214), Modificatio-
nen erlitten haben, wodurch man seiner grofsen Un-
Vollkommenheit abzuhelfen suchte?
Noch einen Grund von der so httafigen Verschie-
denheit des Oslertages bei den Alexandrinern und La-
teinern findet Victor i US mit Recht in der abweichen-
den Zählung des Mondalters« Cum Jegyptii, sagt er,
XF' lunam verbi graiia nunierant^ nostri eandem XVI
'vel XVII calculantur. Es war dies eine Folge der
UnvoUkommenheit des 84 jährigen Cyclus (2,240). Um
deutlich zu sehen, wie sich dei-selbe allmahl ig verschob,
wollen wir die Luna XIV paschalis seiner Anfangsjahre
298, 382 und 466 mit der der Alexandriner vergleichen.
In diesen drei Jahren trifft der Ostemeumond des Cy-
clus auf den 31. März (2, 249), also die Luha XIV auf
den 13« April. Es sind aber die entspredienden gül-
denen Zahlen 14, 3 und 11, mithin die zugehöri-
gen Lunae XIV der Alexandriner der 12te, 13te und
15. April (2,199).
Was Victor i US über die Construction seines Oster-
kanons sagt und was der Kftnon selbst davon lehrt, ist
wesentlich folgendes«
Er oombinirte den 19jährigen Mondcirkel mit dem
28j2thrigen Sonnencirkel zu einem 532 jährigen Cyclus
278 Technische Chronologe.
lunisoläro (19 x 28 b» 532), nach dessen Ablauf die Lu-
nae XIV nicht blols zu denselben Daus, sondern auch
zu denselben Ferien zurüdikehren, die Monatstage der
Feier sich also in vollkonimen gleicher Ordnung erneu-
ern. Diesen Oster kreis nennen die Chronologen ge-
wöhnlich nach ihm die yictorianische Periode.
Er ist aber nicht der Erfinder derselben, yrie Buche-
rius glaubt; schon ein halbes Jahrhundert früher bat,
wie wir unten sehen werden, der ägyptische Möoch
Anianus einen solchen in seine Chronographie ver-
flochten.
Yictorius hatte eigentlich, um eine vollständige
Udbersicht vom Laufe der Zeiten zu geben, die Absiebt,
seinen Kanon an die mosaische Schöpfung zu knüpfen
und ihn bis zu dem zunächst nadi ihm eintretenden
Schlufs einer ä32iährigjen Periode fortzuführen. Sd
quia inimensum opus, sagt er, maioiis est otii, ne dia-
tius praecepta differrem, brei^iariam eius Interim tx-
plicayi.
Die Berechnungen des Eusebius ^) und Prosper
zum Grunde legend , nimmt er von der Schöpfung bis
zur Siindfluth 2242 und von hier bis zur Geburt Abra-
ham's 942 Jahre an. Von Abraham bis auf das sechste
Consulat des Valens und zweite des Yalentinianus lu-
nior, d. i. bis zum Jahr 378 n.Chr., redinet er 2395
Jahre« Von hier an. bis zum Consulate des Placidios
Yalentinianus und Anthemius, 455 n. Chr., wo Pros-
per sein Chronicon endigte, verflielsen 77 J^l^^*
Er selbst schrieb noch zwei Jahre spater* Dies gibt
') S. den zweiten Theil ton Eusebii Chronicon unter deo
Werken des Hieronymus.
Ghrisvlighe VöLSLfiii. 279
sufiammeoL bis auf das Jahr 457 n. Chr. 5658 Jahre, so
dais das 5202le seiner WeLtäre mit dem ersten unserer
Zeitrechnung zusammen triJOTt. Da er nun Christi Lei-
den in das Jahr 5229 setzt, so sieht man, dafs es sei-^
ner Heinnng nach in das Jahr 28 unserer Aere ge-
hört^). Dies ist das ecsle seines grolsen Cyclus, in
de^uen 430stem Jahr er seine Tafel construirt zu haben
versichert. Bis dahin hat er die Ginsuln angemerkt
und dann noch 102 Jahre ohne Consuln hinzugefügt.
Das Verzeichnifs ist yon einer spätem Hand ergänzt
worden.
In der Handschrift, aus der Bucherius den Ka-
non ans Licht gezogen hat, fanden sich acht Rubi*iken,
zu denen er noch acht andere hinzugefügt hat. Jene
müssen hier erklart werden; von diesen werden die
Ueberschriften genügen: jirnU numdi Eusebümi; anni
Ckrisii vulgares primae ät secundae periodi; cyclus so^
lis et litte rae dominicaies; cyclus bmae Alexandrinus ;
anni u. c. F'arroniani; Consules Romani veri; anni im-
peraiorum Romanorum ; cyclus bmae, Fictorii.
Yon den ursprünglichen Rubriken führt die erste
bei Bucherius die Ueberschrift: Consules FictorU vi^
tiosi. Es nnd nämlich yiele Namen falsch angegeben
*) Was ihn hauptsachlich bestimmte, es in dieses Jahr zu brin-
gen, ist das Datum, auf welches das Osterfest damals traf, der
28. März. Die Schöpfung hatte nach einem in der lateinischen
Kirche gangbaren^ auch von ihm angenommenen Glauben am
25. März begonnen, auf den Cäsar das Frühlingsäquinoctium
setzte. Sonne und Mond schuf Gott nach der Genesis am vier-
ten Tage^ also den 28. März. Welcher Tag konnte zur Aufer-
stehung Christi .geeigneter scheinen^ als eben der, an welchem
Sonne und Mond, letzterer, wie er sagt, mit vollem Lichte, zu
leuchten angefangen hatten?
280 Technisclie Chronologie.
und ganze Reihen yerschoben. Erst vom Jahr 346 n«Ghr.
an finden sie sich richtig verzeichnet.
Die zweite zählt die Jahre der viclorianischen
Periode. Um sie auf unsere Zeitrechnung zu bringen,
hat nuin 27 zu addiren. Wenn es also in der Grab*
Schrift des heil. Johann von Reome, eines Benedicti-
ners, hcifst, da(s er gestorben sei jinno Domini quin--
gentesimo duodecimo iuxta quod in Cyclo B. Fidorii
numeratur^)^ so ist das Jahr 539 n. Chr. gemeint.
Die dritte gibt durch ein gehörigen Orts gesetztes
B. die julianischen Schaltjahre, und die vierte
die Ferie des I.Januar zu erkennen.
Die fünfte zeigt die Epakte am 1. Januar.
Yictorius behielt nttmlich die bei den Lateinern ge*
brauchliche Weise, die Osterfeier vermittelst der Ferie
und Epakte des 1. Januar anzusetzen, bei. Nur bei
der Bestimmung der Epakten verfuhr er nach den
Grundsätzen der Alexandriner, indem er den saltos
lunae weder nach 12 noch nach 14 Jahren, wie im
84jährigen Gyclus, sondern erst nach 19 Jahren an«
brachte (2, 235, 270). Dadurch erhielt seine Periode
vollkommen die Genauigkeit des 19 jährigen Gyclus, von
dem sie nur ein Vielfaches ist. Wenn wir sie aber
von vorn hinein in 19jährige Abschnitte theilen und
die Jahre derselben einzeln numerii^en, wie es Buche*
rius gelhan bat, so trifH der saltus allemahl auf den
Schlufs des sechzehnten Jahrs. Warum er ihm ge-
rade diese Stelle angewiesen hat, begreift man nur,
wenn man erwägt, dafs seine Periode ihrer ursprüng-
lichen Anlage nach mit der Schöpfung beginnen sollte«
*) L'jirt de virifier les dates Tom. I. p.60.
Christliche Völkbe, 281
Natnrlicb setzte er den saltus lanae nach dem Vor-
gänge der Alexandriner an den jedesmaligen Schlafs
des neunzehnjährigen Cydus. In einem Gydus aber,
der mit dem Jahr 5229 der Welt, dem ersten seiner
Periode, beginnt, ist, wie man leicht sieht, jedes sech-
zehnte Jahr das neunzehnte in einem ändern, der sei-
nen Anlang mit der Schöpfung nimmt. Die Epakten
der einzelnen Jahre seines 19jährigen Cyclus bleiben
die ganze Periode hindurch unverändert. Uebrigens
sind sie so angesetzt, dafs die Divergenz des 84jälirigen
Cyclus dadurch glücldich gehoben wird. Im Jahr 457
z. B., dem 430sten der Periode, ist nach dem Prolog
und Kanon die Epakte XX, ganz mit dem Himmel
übereinstimmig, indem der mittlere Neumond am vor-
hergebenden 13.Deoember eingetreten war, ui^ 7U. 35'
Morgens römischer Zeit. Der 84jährige Cyclus dage-
gen gibt in seinem entsprechenden 76sten Jahr die
Epakte XXII (2,251), also den Neumond um zwei
Tage zu früh.
Die sechste Rubrik enthält die Tage des Oster-
festes. Die Grundsätze, nach denen Yictorius die-
selben ansetzt, sind folgende: aus der Epakte des I.Ja-
nuars leitet er auf eben die Weise, wie es oben (2, 246)
beim 84jährigen Cyclus geschehen ist, die Neumonde
her. Der Ostemeumond ist ihm, wie den Alexandri-
nern, derjenige, welcher das Fest zunächst nach dem
21. März, dem Tage der Frühlingsnachtgleiche, gibt.
Hiernach construirt sich leicht folgende Tafel, die durch
die ganae Periode wiederkehrt:
282
Technische Cftronoio^.
Jabre.
Epakten
des 1. Jan.
■ n
Ostergrenzen 1
nach
Yiclorius.
nach den
Alo|[andr.
1
XIX
26. März
27. März
2
3
4
XXX
Xf
XXII
14. April
3. April
23. März
15. April
4. April
24. März
5
6
7
III
XIV
XXV
11. April
31. März
20. März
12. April
1. April
21. März
8
9
VI
XVII
S.April
28. März
9. April
29. März
10
11
12
XXVIII
IX
XX
15. April
5. April
25. März
17. April
5. April
25. März
13
14
15
I
XII
XXIII
13. April
2. April
22. März
13. April
2. April
22. März
16
17
IV
XVI
10. April
29. März
10. April
30. März
18
19.
XXVII
VIII
16. April
6. April
18. April
7. April
Man sieht hier den saltus lunae nach dem sechzehnten
Jahr in dem Sprunge der Epakte Ton IV anf XYI.
Der yierte Neumond im Jahr bestimmt ihm in der
Regel das Osterfest; nur im zehnten und ad^tsehnten
Jahr der fünfte. Die frühste Luna XIV paschalis ist ihm
der 20. März imd die späteste der 16. April. Im zwei-
ten Jahr behandelt er den Monat, der am 2. Janoair
Christliche Yölkbr. 283
anftngt, als den ersten; sonst uvurde ihm der Ostemeu-
mond der 31. März sein, da er doch, wie seine Oster-
data beweisen, den I.April dazu macht. Das erste Jahr
seiner Periode und seines Cydus trifft mit dem Jahr 28
unserer Zeitrechnung zusammen« In diesem ist die gül-
dene Zahl 10, und mehr bedarf es nicht, um aus der
oben (2, 199} gegebenen Tafel seinen Lunis XIV die der
Alex^indriner beizuschreiben. Die Yergleiichung lehrt,
dalii sie bald übereinstimmen, bald um einen oder zwei
Tage von einander abweichen. Der Grund d^von liegt in
der verschiedenen Bestimmungsweise der Neumonde.
Der allen Maxime seiner Kirche, das Osterfest nicht
vor Luna XYI zu feiern, bleibt er getreu, und bierin
unterscheidet sieb seine Rechnung wesentlich von der
der Alexandriner. Dagegen bindet er sich nicht weiter
an die früher beobachtete Regel, das Fest nicht über
den 21. April hinaus zu verschieben. Er läfst es am
22, 23 und, wiewohl selten, noch am 24. April feiern,
aber nie am 25slen, dem äufsersten Termin der Feier
bei den Alexandrinern, weil die späteste Luna XIV bei
ihm der 16te, nicht der 18. April ist.
Zuweilen setzt er ein doppeltes Datum tnr das
Fbst an, die Wahl zwischen beiden dem Oberhaupt
der Kirche anheimstellend. Es geschieht dies in zwei
Fällen: erstlich wenn die Luna XIV in einem der
Jahre 11 bis 16 seines Cyclus, wo sie mit der alexan-
drinischen übereinstimmt, auf einen Sonnabend triflt;
dann feiern die Alexandriner das Fest gleich am folgen-
den Sonntage» die Lateiner hingegen, denen Luna XV
nicht paschalis ist, acht Tage später. Beide Tage merkt
er an. Dieser Fall kommt in seinem Kanon 24 mahl
vor. Der zweite ist folgender t wenn die Luna XIV im
2S4 Technische Chronologie.
zehnten und achtzehnten Jahr seines Cychis, wo sie
zwei Tage früher eintritt, als bei den Ale^Landrinem,
aaf einen Freitag ftllt; so ist ihm der nächste Sonn-
tag, ak Luna XVI, der Ostertag, den Alexandrinern
dagegen, die d^ Fest nicht an der Luna XIV feiern
dürfen, erst der folgende. Beide Tage bemerkt er wie-
der. Dieser Fall tritt achtmahl ein. Von dem ersten
spricht er in seinem Prolog, von dem andern nicht.
Mit Ausnahme dieser 32 Doppeldata stimmen alle übri-
gen mit den alexandrinischen überein. Eine Abweichung
yon einem Monat, .wie sie im 84 jahrigen Cydus nicht
selten war, kommt bei ihm nicht vor.
Die siebente Rubrik gibt das Mondalter am
Tage des Osterfestes. Es schwankte wie in dem 84 jäh-
rigen Cydus, zwischen Luna XVI und XXII.
Die achte endlich enthält die von Bucherius
verbesserieir Indictionen. In der Handschrift eilten sie
den richtigen um drei Jahre vor. Yermuthlich sind
sie von späterer Hand auf eine ungeschickte Weise hin-
zugefügt worden. Im Prolog ist von keinen Indictio-
nen die Rede.
Es leidet wol keinen Zweifel, dafs Hilarius, der
den Yictorius zur Bearbeitung seines Osterkanons
aufgefordert hatte, denselben nach seiner im Jahr 461
erfolgten Erhebung auf den päpstlichen Stuhl einge-
führt habe, und zwar im Jahr 465, wo der 84jährige
Gjdus der Lateiner zu Ende lief. Aber auch so war
der über die Feier des Osterfestes in der Christenheit
obwaltende Streit noch inimer nicht ganz beseitigt;
denn nicht zu gedenken, da£i noch hin und wieder
im Occident der alte Cyclus im Gange blieb, liefi die
neue von Yictorius bearbeitete Tafel zuweilen den
Gheistlighb Völker. 285
Tag der Feier zweifelhaft, wo dann der Papsl für das Da-
tum entschied, das den lateinischen Piincipien zusagte.
So wissen wir, dals unter andern in den Jahren 475,
495, 496, 499 und 516 das Fest im Ooeident überein-
sümmig mit der Tafel des Yictorius acht Tage spä-
ter als im Orient gefeiert wurde ^). Der römische Abt
Dionysius, mit dem Beinamen Exiguus, erwarb
sich daher um den Frieden der Kirche kein gerin-
ges Verdienst dadurch, dafs er die beinahe abgelaufene
95jährige Oster tafel des Cyrillus ganz nach gleichen
Gnindstttzen fortsetzte und den Gebrauch derselben auf
eine Weise empfehl, welche endlich die Gemüther
vereinigte«
Dieser Mann wird von seinem Zeitgenossen Gas-
siodorus eben so sehr seiner Gelehrsamkeit als sei-
ner ächtchrisUichen Gesinnung wegen gepriesen ')• Un*
ier mehreren Schriften imd Uebersetzungen aus dem
Griechischen, die Fabricius verzeichnet^), hat man
von ihm einen Prolog zu der von ihm construirten
Ostertafel, der gewöhnlich unter dem Titel Epistola ad
Petronium dtirt wird, und eine auf denselben Gegen-
stand sich beziehende Epistola ad Bonifacüun. Jener
ist 525, diese 526 geschrieben, wie die Exempel (ur
*) Man sehe die Anmerkungen zur Table chronologique im
ersten Bande des Wei-ks V Art de värißer les dates,
') Vionursius monachus Scyiha natione, sed moribus omnino
Romanus, in utraque lingua valde doctissinms, reddens actio^
nibus suis, quam in libris domini legerat, aequitatem etc.
Divin, lect. cXXIII. Beim Beda heifst er {de temp, rßt, c.45)
uenerabilis Abbas Romanae urbis.
') In seiner Bibliotheca Lutina mediae ei infimae aetatis,
1. IV. p.99.
286 Technische Chronologie.
die Osterrecbnung lehren, die alle yon diesen Jakfen
entlehnt sind. Ueber beide haben Norisi Jan und
Yan der Hagen commentirt ^).
In der Epistola ad Petroniwn, die D-ionysius
selbst Praefalio nennt, empfiehlt er dringend den
19 jährigen Gyclus der Alexandriner. Dieser sei von
den nicänischen Yätetn non tarn peritia saeculari,
quam S. Spiritus ülustratione genehmigt. Bitter tadelt
er diejenigen, die diesen Osterkreis vernachlässigten nnd,
ludaicis inductijabulis, einer ganz andern Bestimmungs-
weise des Festes das Wort redeten, womit er auf den
84jährigen Gyclus deutet, den die llömer mit den Ju-
den gemein gehabt haben sollen (2, 243). Dann lobt
er die standhafte Beharrlichkeit der Alexandriner, des
Athanasius, Theophilus und Gyrillüs. Die
95 jährige Ostertafel des letctem, von der noch sechs
Jahre übrig seien, setze er hiermit in gleicher Form
auf abermahlige 95 Jahre fort (2, 260) , nur mit dem
Unterschiede, dafs er die Jahre nicht nach Diocletian,
dem grausamen Verfolger der Christen, sondern ab In-
camatibne Domini zähle. Was er liefert, nennt er
einen circulus nonaginta et quinque annorum; er be^
merkt jedoch selbst, dafs dieser Zeitraum kein voll-
kommener Gyclus sei. Zwar führe er die Epakten
und die OsteivoUmonde , aber keinesweges die Ferien,
mithin auch Qicht die Data der Oslerfeier in ganz gleicher
Ordnung zurück (2, 264). Hiernächst geht er au den
') Der erste in seiner Disseriatio de cyclo paschali Raven»
naiCj der zweite in seiner Hiitoria cjrcli Dionysiani, der dritte
in seinen Observationes in prologos paschales S. 188, 311, and
in seinen J)isseriaiioncs de cyclis pasdialibus p. 1.
GäRISTLIGHS VÖLKBII. 287
GrandsäUen überi auf denen die Osterrechnung der
Alexandriner beruht, und die hauptsachlich darin be-
stehen, dafs der Anfang des Ostermonats — pnmi
mensis — zwischen den Grenzen des 8. März und 5. Aprik
liege, die Luna XIV paschalis frühstens auf den 21. März
und spätestens auf den 18. April treffe, und die Früh-
lingsnachtg] eiche nach den Aegyptem, qui caiculationis
prae omnibus gnari sunt, am 21. März eintrete. Nach-
dem er. nun noch einiges über die Dauer des Mond-
jahrs gesagt und die seiner Behauptung nach von den
nidinischen Vätern festgesetzte Osterregel nochmahls al«
len, qiubus amor ät cura est christianae reb'gionis, em-
pfohlen hat, schliefst er mit der Bemerkung, dafs er
seiner Ostertafel den Tön ihm übersetzten Brief des
Proterius an Leo (1,267) und die Argumenta pascha'
Ua der Aegjpter beifüge. Hierunter versteht er die Re-
geln, nach denen sich die Inhalte der einzelnen Rubri-
ken seiner Ostertafel -^paschales tituli^ aus gegebenen
Datis berechnen lassen, z.B. die Epakten und con-
currentes (2, 2&1) aus der jedesmahligen Jahrzahl,
dergteichen Anweisungen sich auch bei den ägyptischen
Ostertafeln befunden haben müssen.
Aus dem Briefe an den Bonifacius, den er
ein Jahr später geschrieben, geht hervor, dafs seine
Ostertafel, wenn gleich auf die Autorität des nicänischen
Concilii gegründet, dennoch vielen Widerspruch gefun-«
den hatte, offenbar von Seiten derer, die ihr den Cjdus
des Victorius vorzogen. Da nun, sagt er, unterdessen
aus dem Archiv der römischen Kirche das Schreiben
des Paschasinus an Leo (2,265) hervorgezogen sei,
daa vollkommen bestätige, was er zur Empfehlung sei-
nes Cydns gesagt habe, so wolle er auf diesen Gegen-
288 Technische Chronologie.
stand hier noch einmahl zurückkommen« Dem zufolge
handelt er yon der Bestimmung des Oslermonats, wobei
es, bemerkt er, hauptsächlich auf den Unterschied der
Gemein- und Schaltjahre ankomme. Er geht hiebei
den 19jäbrigen Gyclus durch und gibt die Beschaflen-
heit jedes einzelnen Jahrs an (2, 236}«
Beide Briefe finden sich bei Petayius*} und
Bucher ius'). Am correctesten gibt sie Jan, mit
Benutzung der Lesarten mehrerer yon ihm yergliche-
neu französischen und englischen Handschriften« Die
älteste ist der Codex Digbaeanus (2,260), und keine
entspricht so ganz dem, was Dionysius über die-
sen Gegenstand geschrieben haben will, daher sidi
nicht zweifeln läist, dals sie, einige Interpolationen in
den Argumentis paschalibus und die Fortsetzung sein»
Ostertafel über die yon ihm gesteckten Grenzen hin-
aus abgerechnet, seine ächte Arbeit enthält. Nach dem
ersten Briefe stehen die ohne Zweifel yon ihm selbst
herrührenden Worte: Incipit cjrclus decemnoyennalis,
quem Graeci Enneacaidecaeterida yocant, constiiulus
a Sancüs patribus, in quo XIV as paschales omni
tempore sine uUa reperies falsitate; tantum meminens
annis singulis, qui cjrclus huiae et qui decemna^fen"
nalis existat (2, 237)* In praesenti namque tertia in-
dictio est, consulatu Probi lunioris, tertius dedmus
drcubis decemnovennaUs ^ decimus hmaris est. Diese
Zeitcharactere passen auf das Jahr 525. Dann folgt
eine Ostertafel durch zwanzig Cykel fortgeführt, yon de^
nen Jan nur die sechs ersten hat abdrucken lassen, die
') S.498.
') S.485.
Christliche Yölker. 289
er mit Recht für die Arbeit des Dionysius hielt,
Scbon obea (2, 260) ist das Nöthigste über die Zeit,
die sie umfassen und über ihre Anordnung gesagt wor-
den. Hier fuge ich blols noch die Bemerkimg hinzu,
dals man die Einfuhrung der Sonntagsbuchstaben
zwar xiemlich allgemein unserm Dionysius beilegt,
dafs sich aber in seinen Schriften noch keine Spur da-
von findet.
«
Auf die Ostertafei folgen in dem Codex die Ar^
gumerOa de tituUs paschalibus Aegjrptiorum, in Allem
sechiehn« Was darunter von späterer Hand ist, maqht
sich leicht durch die Zahlen kenntlich; denn Diony-
sius entlehnt alle Beispiele vom Jahr 525. Zur Er-
läuterung dieser Osterrechnung hat Jan viel beigetra-
gen, besonders durch Anfuhrung von Parallelstellen aus
den Werken des Beda; es bleibt aber immer noch
Manches su thun übrig. Den Beschluls macht das von
Dionysius übersetzte Sehreiben des Proterius und
sein eigenes an Bonifacius.
Dafs sein Kanon wenigstens von der Kirche zu
Ravenna frühzeitig angenommen sei, beweiset die mar-
morne Tafel der dortigen Metropolitankirche , welche
Noris mit einem grofsen Aufwände von Gelehrsamkeit
erläutert hat« Es ist eine ächte, wiewohl nicht vollstän-
dige Kopie der dionysischen Ostertafei, nicht kolum-
nenwebe, sondern kreisförmig geordnet, dergleichen
Rotae paschaks sich hin und wieder in Handschrif-
ten- finden ')• In dem äufsersten Kreise sind die Jahre
des Cjrclus bmaris und im zweiten die des Cjrclus
decemnovermalis nebst den zugehörigen O^tei^nzen
') S. Jani Mist. Cycli Dion. p.47.
n. [19]
290 Technische Chronologie.
bemerkt. Dann folgen die Tage des Osterfestes nnd
die Lnnae paschales durch die fänf Gykel der dionysi-
schen Ostertafel. Die Jahre nach Christus, die In-
dictionen, Epakten und Gincurrentes sind w^gelassen.
Die Tafel ist offenbar zum Behuf der Kirche von Ra-
yenna angefertigt worden und kann nicht viel jüng^er
als Dionysius sein, weil man sich sonst nicht die
Mühe gegeben haben würde, die Feste der abgelaufe-
nen Jahre noch mit aufzuführen.
Da seine Ostertafel allmählig in Gebrauch kam,
so Itt&t sich erwarten, da{a sie gegen die Zeit ihres Ab-
laufs mehr als einen Fortsetzer gefunden haben werde.
Es sind uns deren zwei bekannt, ein Abt Felix und
Isidorus, Bischof von Sevilla, welche beide die Tafel
abermals durch fünf 19jährige Cykel von 627 bis 721
continuirt haben. Felix wird in dem Liber de com^
puto bei Muratori^) Abbas Cyrillitanus genannt.
Wir wissen nichts weiter von ihm, als dafs er 616 ge-
schrieben hat. Es geht dies aus seinem im Codex
Digbaeanus befindlichen Prologus deutlich hervor, wo
er sagt, dafs von der Tafel des Dionysius noch zehn
Jahre übrig seien und dafs er fünf andere neunaehn*
jährige Cykel nach Art der abgelaufenen hinzugefügt
habe. Die Tafel selbst fehlt; sie wurde von den Ab-
schreibern natürlich weggelassen, da sie für die spälem
Zelten von keinem Interesse weiter war.
Isidorus gibt') nach einer kurzen Einleitung,
auf die wir oben schon ein paarmahl gekommen sind.
•) S.168.
') Etjrm,\l,i7. S. Van der Hagen*s Commentar: Obser-
vationes in Prologos paschales p.239.
Christliche Völker. 2^1
eine Ostertafel, worin et* durch den Buchstaben JB, der
aber in den Ausgaben immer um ein Jahr zu früh steht,
die julianischen Schaltjahre, imd durch die Budistaben
C und E die Mond- Gemein- und Schaltjahre bezeich-
net, und die Tage des Osterfestes nebst dem zugehöri-
gen Mondalter fünf 19jtthrige Gykel hindurch ansetzt.
Die Jahre selbst fugt er nicht bei; aber aus de^ Datia
des Festes ist klar, dafs sich die Tafel an die diony-
sische anschliefst, also von 627 bis 7^1 geht. Dafs er
den 95jährigen Cjclus für einen vollkommenen gehal-
ten habe, lehren die Worte am Schlufs: Post cuius
expletioTiem ad primum exordiwn recurrendum.
Eine neue Fortsetzung, aber nach einem viel um-
fassendem Plan, lieferte Beda Yenerabilis, Presby-
ter der angelsächsischen Kirche, ein in der ersten Hälfte
des achten Jahrhunderts lebender, für seine Zeit tief-
gelehrter Mann. In seinem Werke De temporum m-
tione sagt er '): Grcidus paschae magnus est, qm mul^
tipUcato per imncem solari ac lunari cyclo, DXXXII
conßcitur annis. Nachdem er bemerkt hat, dafs dieser
grofse Zeitkreis cuncta, quae ad solis vel bmae curswn
pertinent, eodem quo praeterierant semper tenore re-
staurat, fugt er hinzu: Quod ut apertius clarescat, plor
cuit eundem plenario ordine circuhun praesenti opus*
culo praeponere, sumpto exordio a quingentesimo trice-
simo secundo donUnicae incamationis anno, vbi primum
Dionjsius cüculum coepit, et perducto opere usque ad
miUesimum sexagesimum tertium eiusdem sacrosanctae
incamationis annum. Von dem Herausgeber seiner ehro-
nologischen Schriften Joh.Noviomagu8 (Bronchorst)
*J C.63.
[19*]
292 Technische ChronoU^.
ist nachmals die Tafel bis su Christi Geburt zurück und
bis 1633 fortgeführt worden ^). Aus mehreren mit ein«
ander verliehenen Stellen seiner Werke geht deut-
lich hervor, dais seine Ostertafel in ihren Rubriken
vollkommen mit der des Dionysius übereinsdmmle.
Wenn sich also in jener grofsen Tafel noch eine ßu-
brik mit den Sonntagsbuchstaben findet, so vermulhet
Van der Ha|[en mit Recht'), dals dieselbe von spä-
terer Hand hinzugefügt sei.
Es ist eine von mehreren wiederhohlte irrige Be-
hauptung Scaliger's^), dafa Dionysius selbst seine
Ostertafel durch 532 Jahre geführt und Beda sie erst
von 1063 an fortgesetzt habe. Letzterer sagt dies nir-
gends und ersterer drückt sich in seiner Praefaüo sehr
bestimmt so aus: Nor^aginta quinque annorum hunc
cyclwn studio, quo valuimus, expedire coniendimus ^).
Man hat also Unrecht, ¥renn man die victorianische
Periode (2,278) auch die dionysische nennt. Wollte
man von einer dionysischen Periode reden, so mülsle
man sie wenigstens von der victorianischen unterscb^
den, und jene an das Jahr 1 vor, und diese an das
Jahr 28 nach Christus knüpfen.
Unter den chrondqgischen Werken Beda's führt
das erheblichste den Titel De ten^orum ratione. Es
ist als ein vollständiges Lehrbuch der Zeit- und Fest-
*) Bedae Presbyteri Anglosaxonis opuscula complura de
temporum ratione diligenter castigata, Cöln 1537, fol. Auch im
ersten Bande der Opera nach der Gölner Ausgabe von 1688, fol.
') De cyclis paschalibtis p. 11.
') Emend, temp. 1. ü. p. ±62.
*) Man yergleicfae Jan p.42, S6,
Ghhistliche Völker. 293
rechnung lu betrachten und im Jahr 725 geschrieben,
urle alle von demselben entlehnte Beispiele zeigen. Es
werden darin unter andern die Gründe des oben (2, 194)
milgetheilten immerwährenden julianischen Ka-
lenders entwickelt. Tan der Hagen, der denselben
in einer etwas andern Form hat abdrucken lassen, er-
klärt alle dahingehörige Stellen dieses alten Chronologen
in einer ausfuhrlidien Abhandlung de Cyclo Dionysü
et Bedae ').
Zunächst überredete Dionysius die Römer und
übrigen Italiäner zur Annahme des neunzehnjährigen
Cydus und der alexandrinischen Osterregeln. Doch
war noch im Jahr S50 der Kanon des Y ictorius nicht
überall in Italien abgeschafft. Es erhellet dies aus fol-
gendem von Beda ^) mitgetheilien Fragment eines Buchs
De pascha, das Victor , Bischof von Capua, damals
schrieb: Cum paschaUs veneranda solennkaSy quanam
die potissimum proveniret, per anni praesentis indictio-
nem tertiam decimam a nobis soUicite quaereretur^ et
iuxta patnan venerahilium constituta FIII^ Catertdo'
rum Maiartun diceremus resurrectionem domini procul
dubio celebrandamf aliquibus nunime rationabilis visa
est nostra responsio, eo quod F'ictorius quidam in cir-
culo paschaU, quem edidit, aliter diem dominicae rß"
surredionis adfixerit, licet et hunc designaverit, quem,
nos celebrandum pariter proßtemur. Victor ins hatte
nämlich für das Osterfest jenes Jahrs, des 523sten sei-
ner Periode, ein doppeltes Datum angesetat, den 17ten
und 24. April, von denen Victor nach den Grundstftxen
*) Observaiiones in prologos paschaies S.330.
') De temp. rat, c.49.
294 Technische Chronolo^.
der Alexandriner, die er in seinem Bnche verfocht,
letzteres für das richtige erklärte.
Länger erhielt sich die Ostertafel des Victorias
in seinem Vaterlande im Gebrauch. Im ersten Canon
des vierten Goncilii von Orleans aus dem Jahr 541 hei&t
es ^): Placuit, deo propitio ut sandum pascha secun-
dum laterculwn Fictorii ab omnibus saccrdotibus uno
tempore celebretur. Gregorius von Tours bemerkt
beim Jahr 577 '): Eo anno dubietas paschaeßäu In
GaUiis nos cum multis cwitatibus quaito decimo Calen-
das Maias sandum pascha celebrauimus* AUi "vero
cum Hispanis duodecimo Calendas Aprilis solennitatem
hone tenuerunt. Das erste Datum ist das von Yicto*
rius angesetzte. Die Alexandriner feierten das Fest
eine Woche später, die Spanier, wie man hier sieht,
vier Wochen früher. Beim Jahr 590 sagt er^): Dubie-
tos paschae fuit ob Iu)c, quod in cyclo Fictor (Victo-
riusj luna XV pascIuL scripsit fieri. Sed nc Christiani
ut ludaei sub liac luna haec solennia celebrarent, ad-
didit: Latini autem luna XXII. Ob hoc multi in
Galliis XV luna celebraverunU Nos autem XXII.
Man ersieht hieraus, dafs am Scblufs des sechsten Jahr-
hunderts in Gallien das Osterfest schon hin und wieder
übereinstimmig mit den Alexandrinern gefeiert wurde,
dafs sich aber noch manche Kirchen nach der Talel
des Victor ins richteten. Erst mit dem Ausgange des
achten Jahrhunderts verschwinden alle Spuren einer
abweichenden Feier des Osterfestes bei den Fi*anken.
*) Mansi Collectio Concil. Tom. IX. coLll4.
') Hisi, Francor.^^ 17. Vcrgl. Chronicon Remense in Labbe*s
DibL Mss, Tom. I. p. 358.
0 X, 23,
Ghaistlighb Völker. 295
«
Nach welchen Grundsälzen die Spnier das Fest
im Jahr 577 am 21. März gefeiert habend ist nicht klar.
Sie waren damals noch Arianer. Erst nach 587 « wo
Reccared, König der Westgotfaen, zur katholischen
Kirche übertrat, scheint der 19jährige Cyclus in Spa-
nien eingeführt zu sein. Isidorus, der um das Jahr
620 schrieb, empfahl ihn nicht blofs^ sondern setzte
auch, wie wir gesehen haben, die Osteiiafel des Dio-
nysius fort.
Am längsten hielten sich die alten Cykel auf den
brittischen Inseln. Die Britones, zu denen das Chri-
stanthum schon zu Tertullian's Zelten gegen das Ende
des zweiten Jahi*huuderts gekommen war, gebrauchten
den 84 jährigen Cjclus, den sie aber auf eine ihnen
eigenthümliche Weise ordneten. Sie feierten das Fest von
Luna XIY bis XX, auch wohl ausnahmweise bis XXI,
setzten die Fnihlingsnachtgleicfae auf den 25. März, vor
welchen kein Fest fallen durfte, und machten zum
spätsten Termin der Feier den 21. April, wie ursprüng-
lich die Bömer. Die Notiz von diesem alten Cyclus,
der auch im Jahr 432 durch den heiligen Patricius
nach Irland, das damals von den Scoten bewohnt wurde,
und von hier aus zu den Picten nach Schottland kam,
ist hauptsächlich zu schöpfen aus des Cummianus,
eines Irländers, Brief an den Abt Segienus Hyensis,
geschrieben üms Jahr 634^), und aus Beda^s Eccle-
siastica historia gentis Anglonan. Das Wichtigste davon
stellt Yan der Hagen bündig zusammen').
") Es ist der elfte in Usher's Sylloge veterum epistoUrum
Hibemicarum (Paris 1665, 4).
^) In einem Kapitel seiner Observationes in Prosperi Chro^
nicon S.336.
296 Technische Chronologie.
Usher siebt als den Urheber des 84jäbrigeii Cydns,
wie er auf den britUschen Inseln gebrancbt wurde, den
Sulplcius Severus an, d^ ihn ums Jahr 410 in
Gallien construirt haben soll, Yon wo er dann zunächst
durch Patricius nach Irland und durch dessen Schüler
weiter zu den Britten und Fielen gekommen sei. Van
der Hagen macht aber gegründete Einwendungen ge-
gen diese Hypothese. Seiner Meinung nach haben die
Britten den 84 jährigen Osterkreis schon nnter G>ii»
stantin von dem allem Cjdus der Lateiner copirt, sei
es nun, dafs sie diesen unmittelbar aus Rom, oder watr
nächst aus Gallien erhielten. Dafs der Cydus schon so
früh in Britannien existirt habe, ist allerdings wahr-
scheinlich, aber weit weniger, dafs er you dem altem
romischen entlehnt sei, yon welchem er in den wesent-
lichsten Punkten abwich. Usher sagt*): Eo tempore
(ums Jahr 410) iUe a Bucherio nuper edäus paschaUs
centum annorwn latercubu primum est conscriptuSy üi
quOi licet a Ubrariis pessime accepto^ huius pascha-
Us LXXXIV annorwn cycli (veteri Latinorum ilH mal'
tum disparisj non obscura mihi ^isus sum deprehei^
disse vestigia* In der That, wenn der Lateradus cen^
tunk imnorum nicht etwa, wie oben angedeutet wor>
den (2, 275), ein ganz untergeschobenes Produkt ist^ ao
kann er nur yon den Brillen gebraucht worden sein,
mit deren Osterprincipien er ganz übereinstimmt«
Nach der Eroberung ihres Landes durch die An-
gelsachsen sich nach Cambrien, dem heutigen Wallis,
zurückziehend, behielten die Britten ihre alten Reli-
*) AniiquUaies ecclesiarum Britannicarum p.931 der Dubli-
ner Ausgabe.
Ghaistlighb Yölkbr. 297
gionsgebiauche hartnäckig bei, ohne von den römischen
Cerimonien und dem 19jährigen Gydus, die Augu-
stin us, der sogenannte Apostel der Angeln, im
Jahr 596 nach Engbtnd brachte, etwas wissen zu wol-
len. Sie feierten nach wie Yor, gleich den Scoten und
Fielen, das Osterfest nach dem 84jährigen Cydus. Es
entstanden nun über diesen Gegenstand zwischen ihnen
und den zum Chrlstenthum bekehrten Angelsachsen
langwierige Streitigkeiten, deren Geschichte man in
Usher's Andquitates ecclesiarum Briuumicarum und
dem beigefügten chronologischen Register abgehandelt
findet. Wesentlich trug zur Beilegung derselben ein
ums Jahr 710 abgefaüstes you Beda ') aufbewahrtes
Schreiben des Abt Ceolfrid an Naitan, König der
Fielen, bei, das den 19jährigen, von den Angeln schon
lange gebrauchten, Cjdus dringend empfiehlt und das
Wesen desselben mit grofser Klarheit darstellt. Man
vergleidie, was Van der Hagen darüber sagt'). Erst
im Jahr 729 vereinigte sich der grSiste Theil der Brit-
ten mit den Angieln durch Annahme des 19 jährigen
Cydus, besonders auf Betrieb des Beda, der ein Schü-
ler von Ceolfrid war. Nur wenige brittische Kirchen
setzten ihre Widersprüche noch eine Zeltlang fort.
In die Mitte des siebenten Jahrhunderts, wo jene
Osterstreitigkeiten besonders lebhaft geführt wurden,
gehört die Entstehung des Canon paschalis des AmUo-
tolius, der Acta Concilii Caesariensis und des Tractor
tus Anastasü de ratione paschae (2, 275 )• Alle drei
Schriften sind in dem Geiste der Osterprindpien der
*) EccL ÄM/.V, 22.
') Obsetv. in Prologos pasehales p.248.
298 Technische Chronologie.
Britten und offenbar von Anhängern derselben abge-
fafst worden 9 die sie als Waffen wider ihre Gegner ge*
braucht haben. Man wulste aus der Kirchengeschichte
des Eusebius, dafs Anatolius einen Osterkanon
construirt hatte; man ks in eben derselben *), da(s
von den Bischöfen in Palfistina unter dem Yorsitz des
Tbeophilus von Cäsarea und Narcissus von Jeru-
salem wegen des nicht mit den Quartadecimanem zu
feiernden Osterfestes eine Synode gehalten und ein
Synodalschreiben erlassen war, und ersah aus verschie-
denen in den Schriften des Athanasius vorkommen-
den Andeutungen (2| 205) , dafs dieser Kirchenvater ein
besonderes Intei'esse an der richtigen Bestimmung des
Osterfestes genommen halte« Mehr bedurfte es nicht,
um diesen untergeschobenen Produkten in einer so un*
krilischen Zeit Glauben zu verschaffen.
Um die Zeit Karins des Grofsen endlich hatte
der alexandrinische Osterkanon, den man im
westlichen Europa den dionysischen zu nennen
pflegt« über alle Widersprüche gesiegt und die Chri«
slenheit sich über einen Punkt vereinigt, der sie so
lange entzweiet hatte. Die nächsten acht Jahrhunderte
hindurch wurde nun das Osterfest mit vollkommener
Uebereinstimmung gefeiert. Dann aber trat au& neue
eine Spaltung ein, die noch immer nicht gänzlich ge-
hoben ist.
Der Kanon gründet sich auf die Voraussetzungen,
dafs das tropische Jahr 365 Tage 6. Stunden und der
Cyclus von 235 synodischen Monaten gerade 19 )ulia-
uische Jahre halte. Beide sind unrichtig. Die neuste
Christliche Yölkeb. 299
Astronomie lehrt, da(s das tropische Jahr um 11' 12^*
und der Cydus um 1 St. 28' 15" kürzer. ist Die Nacht-
gleichen und Neumonde treten daher allmählig immer
früher im julianischen Jahr ein, jene alle 128, diese
alle 310 Jahre um einen Tag. Eine Folge davon ist,
da£i weder die unheweglichen noch die heweglichen
Feste an den Stellen hleihen, die ihnen ursprünglich
angewiesen sind. Jene, an bestimmte Tage des julia*
nischen Jahrs geknüpft, rücken immer tiefer ins tro-
pische Jahr hinein; diese, zugleich mit dem Osterfest
vom Frühlingsvollmonde abhängig gemacht, erfolgen bei
immer späterem Mondalter. Das Princip, nach welchem
die Osterfeier angesetzt wird, verliert daher mit der
Zeit seine ganze Bedeutung, indem sich dieselbe, irei-
lich auf eine erst nach mehreren Jahrhunderten auf-
fallende Weise, sowohl von der Frühlingsnachtgleicbe
als vom Vollmonde entfernt.
Es dauerte auch wirklich lange, ehe man hier-
über ganz aufs K]are kam. Isaacus Argyrus, ein
griechischer Mönch, der im Jahr 1372 n. Chr. eine in
Petavü Uranologium abgedruckte Anweisung zur
Festrechnung schrieb, ein Thema, das unter dem
Titel CompuXus im Mittelalter häufig abgehandelt wor-
den ist, war einer der ersten, der die ye;*schiebung des
alexandrinischen Mondcyclus wahrnahm. Er setzte sie
zu gering auf zwei Tage seit der Einführung ^). Im
fünfzehnten Jahrhundert standen nun mehrere auf, die
eine Verbesserung der Zeit* und Festrecbnung für noth-
') S. das sechzehnte Kapitel überschrieben mpl t^^ tov iro^a
300 Technische Chronologie.
wenclig erachteten und in eigenen Schriften empfahlen,
unter andern die Kardintfle Petrus de Alliaco
(d'Ailly) und Nicolaus Cusa, die eine solche
Reform 9 der eine auf dem Kostnitzer, der andere auf
dem Basler Goncilio, als eine der Kirche höchst wich-
tige Angelegenheit zur Sprache brachten. Sie waren
die ersten, welche mehrere Tage aus dem Kalender
auszumerzen riethen, um das Frühlingsäquinoctium
zum 21.Mttrz zurückzufuhren. Der Papst Sixtus lY
hatte die ernstliche Absicht, den Kalender zu Ycrbes-
sem, und berief zu dem Ende 1475 den geschickten
Astronomen Johannes Regiomontanus nach Rom,
der aber bereits im folgenden Jahr starb, ehe das Un-
ternehmen zur Reife gediehen wat^). Es wurde von
neuem unter Leo X auf dem lateranischen Goncilio
besprochen, welches Paulus von Middelburg,
Bischof von Fossombrone, dringend dazu in einem
Schreiben aufforderte, worin er besonders die Yerbease-
rung des numerus aureus anrieth, qui diutumiiate tem-
poris iam Jactus est plumbeus ') ; allein wichtigere An-
gelegenheiten zogen für jetzt die Aufmerksamkeit des
Oberhaupts der Kirchs auf sich. Das tridentiner Gon-
cilium trug endlich dem Papste die Kalenderverbesse-
') S. Gas 8 endlos yUa Georgii Peurbachii et Johannis Re^
giomontani im fiinAen Bande seiner Werke.
') S. seine Exhoriaiio pro Calendarii emendaiione im sech-
sten Bande der Supplemente zu M ans i*s Sammlung der Gön*
cilien S.461. Ei' schrieb selbst ein ausführliches Leo X gewid-
metes Werk über die Kalender -Yerbesserang unter dem Titel:
Paulina, sive de recia Paschae celebratione et de die passio^
nis Domini nostri lesu Christi. Forosempronii 1513, fol.
Ghhistlichb Völker. 301
rang fönnlich auf, und Gregor XIIIi der dieser Ver-
aammliuig als Reehtsgelehrter beigewohnt battCi brachte
sie im Jahr 1S82 glücklich xu Stande.
Unter mehreren Vorschlägen, die ihm dazu gemacht
worden waren, genehmigte er den des Aloysius Li-
lius, der als der eigentliche Urheber des neuen Kalen-
ders zu betrachten ist^). Unter dem Titel Compendium
noyae rationis restituendi Cakndarium legte er den Plan
dieses Mannes im Jahr 1577 den Fürsten und berühm-
testen Universitäten Europas cur Prüfung vor, und
setzte dazu selbst eine Gommission von Gelehrten zu
Rom nieder, unter denen der Deutsche Christoph
Clavius, der Spanier Petrus Ciaconius (Cha-
con) und der Italiäner Ignazio Danti die ein-
sichtsvollsten waren. Letzterer beobachtete an einem
1575 in der Kirche des heiligen Petronins zu Bologna
errichteten Gnomon die Solstitien, um genau die Tage
des jnlianischen Jahrs auszumitteln, auf welche die Jahr-
*) Man weiis Ton seinen Lebensumständen weiter nichts, als
dafs er ein Galabresa war. S. Tiraboschi Sioria della lette^
ratura Italiana Tom.YII. P.I. p.390. Geschrieben hat er nichts
weiter. Man spricht gewöhnlich von den Gebrüdem Lilio; al-
lein Antonio, römischer Arzt, hat weiter kein Verdienst um
die Sache, als dafs er den Phin seines Bruders dem Papst über-
reichte. In der Bulle desselben heifst es: Dum Uaque nos in
hac cogitatione curaque versaremur, allatus est nobis Über
a dilecto ßlio Antonio Lilio, artium et medicinae doctore^
quem quondam Jlojrsius eius germanus f rater conscripserat.
Moreri (art. Giraidi) und mit ihm Delambre {Astronomie
Tom. ni. p. 711) Terwechseln diesen Luigi Lilio mit Lilio
(eigentlich Giglio) Gregorio Giraidi, einem Ferraresen, der
in der ersten Hälflte des sechzehnten Jahrhunderts über allerlei
antiquarische Gegenstände, unter andern eine unkritische Abhand-
lung de annis et mensibus geschrieben hat.
302 Technische Chronologie. '
punkte damals trafen ^). Nachdem die römische Com-
mission noch einige kleine Aenderungen mit dem ur-
sprünglichen Plan vorgenonunen hatte, arbeitete sie die
mehr ins Einzelne gehende Schrift Canones in Caten-
darium Gregorianum perpetuum aus, auf deren Grund
dann der Papst in einer vom 24. Februar 1581 '} da«
tirten Bulle die Reform definitiv anordnete. Ein noch
ausfiihrlicheres Werk erschien nachmals unter dem Ti-
tel: Romani Calendarü a Gregorio XIII P. M. restir
tuU expUcatio, Clementis VIII iussu edita. Auetore
Christophoro Cla'vio Bamhergensi Sqcietatis
lesu^). Dies ist das Hauptwerk über die gregorianiscfae
Kalenderverbesserung, in welchem man auch jene bei-
den ihr vorangegangenen Schriften und die Bulle abg^
druckt findet.
In der letztern wird der Gegenstand der ganzen
Reform folgendermafsen angegeben: Curtwimus non so^
lum ,ae</uinoctium ^emum in pristinam sedent, a qua
iam a Concilio Nicaeno decem circiter diebus recessü,
restituendum, et XIF" paschalem suo in loco, a quo
quatuor et eo amplius dies hoc tempore distat, repo^
nendam, sed viam quoque tradendam et rationem, qua
') Dominic Cassini, Manfred i und' Zanotti haben nach-
mals diesen berühmten Gnomon yerbessert, an ihm beobachtet
und über ihn geschrieben.
^) Eigentlich yom 24. Februar 1582. Der Papst fing das Jahr
nach florentiner Weise mit dem 25. März an. Hierron unten.
') Rom 1603 fol. Wiederhohlt in der I6l2 zu Mainz erschie-
nenen Sammlung der Werke des Glayius. Noch yerdient we->
gen der grofsen Klarheit, womit es abgefafst ist, Gassendt's
Eomanum Calendarium compendiose expositum genannt zu wer-
den. Es findet sich im fiinften Bande seiner Werke.
Christlighb Völker. 303
cai^atur, ut in posterum aequmoctium et XIV luna
a proprüs sedibus nuiu/uam dimo\^antun Um den
ersten Zweck zu erreichen, befiehlt der Papst, -dafs im
Oktober des Jahrs 1582 zehn Tage aus dem Kalender
weggelassen werden sollen, dergestalt, dafs nach dem
4ten sogleich der 15te gezählt werde^ wodurch sich der
Sonntagsbuchstabe 6 dieses Jahrs in G verwandelte. ,Um
die Frühlingsnachtgleiche auf dem 21 .März, zu welchem
sie hiemit zurückgeführt war, für immer zu erhalten,
sollen alle 400 Jahre drei Schalttage weggelassen wer-
den, und zwar aus den Säcular jähren — centesinus
annis — oder den letzten Jahren der Jahrhunderte, so
dals die Jahre 1600 und 2000 Schaltjahre bleiben, die
dazwischenliegenden Säcularjahre 1700, 1800 und 1900
hingegen Gemein jähre werden, und nach diesem Gesetze
weiter. Zur Erreichung des zweiten Zweckes, näm-
lich zur Befestigung des Ostervollmondes, soU an die
Stelle der sich allmählig yerschiebenden güldenen Zah-
len der von Lilius erfundene Epaktencyclus gesetzt
weiden, welshalb der Papst auf die der Bulle beigefüg-
ten Canon es verweiset. Dann sagt er, dafs er das
von ihm hiedurch sanctionirte Calendarium correctum^
zugleich mit dem Martyrologium oder dem Verzeich-
nisse der von der Kirche anerkannten Heiligen und
Märtyrer, zu Rom drucken zu lassen befohlen habe,
wo es auch 1S86 unter dem Titel: Martjrrohgium Mo-'
manum, ad nouam Calendarii rationem et ecclesiasticae
historiae veritatem restitutum cum notationibus Cae^
saris Baronii Sorani erschienen ist. Schlieüslich
befiehlt er sämmtlichen Kirchen, hinfort die Feste dem
neuen Kalender und Martyrologio gemäis zu feiern, und
ermahnt den Kaiser Rudolph und die übrigen Könige,
304 Teclimsche Chronologie.
Fürsten und Republiken, ut quo studio Uli a nohis
contenderunt, ut hoc tarn praeclarum opus perficere''
mus, eodenif imo etiarn maiorß, ad conservandam in
celebrandis Jestiyiiaiibus inter Christianas nationes con»
cordiam, nostrum hoc Calendarium et ipsi susapiant,
et a cunctis sibi subiectis populis religiöse suscipiendusn
imaolatet/ue ohsetvandum curent.
Aus dem Bisherigen erhellet, dafii Gregor eigent-
lich nur das Yerdienst hat, die längst anger^te Kaien-
derverbesserung sunächst Teranlaist und ins Leben ge-
rufen SU haben. Der neue Kalender, den er an
die Stelle des alten oder julianischen su setaen
gebot, fuhrt nach ihm den Namen des gregoria-
nischen, auch wol hin und wieder nach seinem
wahren Urheber den des Jilianischen. Eine Me-
daille, die auf die Reform geschlagen worden ist, stellt
auf der Vorderseite das Bildniis des Papstes, und auf
der Rückseite einen Widder mit einem Blumengewinde,
dem Symbol des Frühlings, dar ; umher eine Schlange,
die in ihren Schwanz beiist, mit der Aufichrift : Anno
restituto MDLXXXII '}•
Tom 15. Oktober 1582 bis zum 24. Februar 1700
hat der neue Kalender zehn Tage und von hier an bis
zum 24. Februar 1800 elf Tage mehr als der alte ge-
ztthlt. Seitdem beträgt der Unterschied zwölf Tage.
Mit jedem Säcularjahr, das sich nach Weglassung der
beiden letzten Ziffern nicht durch 4 ohne Rest dividi-
ren läftt, wichst derselbe um einen Tag.
') S. Bonanni Numismata Pont, Rom. p.368, No.IJX der
Miinsan Grsgor*s.
Ghristlighb Völker. 305
Die Weglassung von drei Tagen in 400 Jahren
setzt eine Jahrlänge von 365 Tagen 5 St. 49' 12" vor-
aus, welche nur um i" geringer ist« als sie die al*
phonsinischen Tafeln geben, auf die sich die Ka-
lenderverbesserer hiebei berufen *).' Nach Lalande's
jetzt allgemein angenommener Bestimmung beträgt die
Dauer des tropischen Jahrs 2^" weniger (1^ 35), welche
sich in 3600 Jahren zu einem Tage anhäufen werden«
Delambre thut den zweckmälsigen Vorschlag'), das
Jahr 3600 unserer Zeitrechnung, das nach Gregor ein
Schaltjahr sein sollte, und seine Vielfachen 7200, 10800
u. s. w. zu Gemeinjahren zu machen. Dadurch würde
der Kalender in vollkommene Uebereinstimmung mit
der Sonne gebracht werden. Modificirt man die gre-
gorianische Schaltregel nicht, so wird der Kalender nach
36000 Jahren wieder um eben so weit wie 1582 vom
Himmel abweichen» Im julianischen Kalender wird
dann das Osterfest den Kreis der Jahrszeiten schon
grölstentheils durchlaufen haben.
Die cyclischen Neumonde, die der immerwährende
julianische Kalender gibt, trafen zur Zeit der gregoria-
nischen Reform bereits um vier Tage später als die
Conjunctionen, und um etwa drei Tage später als die
ersten Phasen ein. Man hätte sie durch Verschiebung
der güldenen Zahlen wieder mit dem Hinunel in Ueber-
einstimmung bringen können; allein nach drei Jahr-
hunderten würde eine abermahlige Verschiebung dersel-
ben nöthig gewesen sein. Li 1 ins hielt es daher für
gerathener, ganz von ihnen abzugehen und statt ihrer
*) ClaTius p.74.
') Astronomie Tom. EI; p.696.
II. [20]
306 Technische Chronologie.
einen Epaktencyclus einsufiihren, den wir jetzt ken-
nen lernen wollen.
Triflt ein Neumond auf den 1. Januar, so kann
man diesen Tag als den ersten des Mondmonats beU'ach-
ten, und ihm mit den frühem Computisten, die das
Alter des Mondes nach laufenden Tagen stthlten, die
Epakte I geben. Man kann aber auch sagen, das Alter
des Mondes sei dann Null, und den Tag mit der E|)akte
0 bezeichnen. Der grqiorianische Kalender setzt dafür *
und schreibt eben dieses Zeichen neben die übrigen
Neumondslage des Jahrs, welche man findet, wenn man
abwechselnd 30 und 29 Tage weiter zählt. Im folgen*
den Jahr ist der Mond am ersten Januar 11 Tage alt,
weil das Mondjahr um 11 Tage kürzer ist als das Son*
nenjahr. Der erste Neumond gehört also dem 20. Ja*
nuar an, neben den man die Zahl XI setzt, um an*
zudeuten, dafs bei dieser Epakte der 20. Januar ein
Neumondstag ist. Dieselbe Zahl kommt wieder bei al-
len übrigen Neumondstagen des Jahn zu stehen. Im
dritten Jahr ist die Epakte XXII , . welche neben den
9. Januar gesetzt wird. Schreibt man auf diese Weise
die jedesmalilige Epakte oder die Zahl der am I.Ja-
nuar vom Mondmonat verflossenen Tage das ganze
Jahr hindurch den Datis bei, auf welche bei dieser
Epakte die Neumonde treffen, so entsteht folgender
Christliche Yölkeb.
307
Immerwährender gregorianischer Kalender ^).
Januac
Februar.
Man.
April.
1
k*
DXXIX
D*
GXXIX
2
BXXIX
E XXVHI
EXXIX
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3
C XXVIII
F XXVU
F XXVIII
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4
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G XXVU
C XXVI
5
E XXVI
A XXV. XXIV
AXXVI
DXXV.XXIV
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CXXII
CXXIV
FXXII
8
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DXXI
D XXIII
GXXI
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11
C XXI
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FXXI
BXIX
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13
F XVIII
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B XVIII
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14
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16
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30
B I
EI
A XXIX
31
1
C*
F •
') S. ClaTiua S.40.
[20']
308
Technische Chronologie.
Immerwährender gregorianischer Kalender.
Mai.
Junius.
Julius.
i
August. '
1
B XXVIII
E XXVII
GXXVI
C XXV.XXIV
2
C XXVII
FXXVI
AXXV
D XXIU !
.3
DXXVI
GXXV.XXIV
B XXIV
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4
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DXXII
GXX
6
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CXXI
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7
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A XVIII
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11
DXIX
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BXVII
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15
BXIV
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21
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22
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23
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25
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26
F III
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GXXIX
27
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28
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DXXIX
FXXIX
B XXVII
29
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G XXVIII
GXXVI
30
CXXIX
F XXVII
A XXVII
DXXV
31
DXXVIU
B XXVI
E7CXIV
Ghbistlichb' Völker.
309
Immerwährender gregorianischer Kalender.
1
September.
Oktober.
NoTQmber.
December.
F XXIU
AXXII
DXXI
FXX
2
6 XXII
B X\I
EXX
GXIX
3
AXXI
CXX
FXIX
A XVIII
4
BXX
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G XVIII
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5
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6
D XVIII
F XVII
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7
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10
11
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19
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21
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B II
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23
61
B»
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G XXVIII
24
A *
CXXIX
F XXVIII
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25
B XXIX
D XXVIII
G XXVII
BXXVI
26
C XXVIII
E XXVII
AXXVI
CXXV
27
D XXVII
FXXVI
B XXV. XXIV
DXXIV
28
E XXVI
GXXV
G XXIII
E XXIII
29
F XXV. XXIV
AXXIV
DXXII
FXXII
30
G XXIU
B XXIII
EXXI
GXXI
31
CXXII
AXX
310 Technische Chronologie.
Da jede Zahl in dieser Tafel neben dem Monats-
tage steht, auf den bei der ihr gleichen Epakte ein
Neumond trifft, so kommt es nur auf die jedesmablige
Epakte des Jahrs an, um sammtliche Neumonds- folg-
lich auch Vollmonds -Tage zu kennen; und da jede
der dreifsig Epaktenzahlen abwechselnd in 30 und
29tägigen Intervallen wiederkehrt, so mufsten bei den
29tägigen irgend jiwei Zahlen an Einem Tage angesetzt
werden. Lilius hat sich für XXV und XXIV ent*
schieden.
Nach dem alten KLalender trifll im ersten Jahr des
Mondcirkels ein Neumond auf den 23. Januar (2, 192).
Durch Weglassung der zehn Tage im Jahr 1582 rndite
dieser Neumond auf den 2. Februar, mithin der yor*
hergehende auf den S.Januar. Lilius setzte ihn auf
den 31.December. Er nahm also, wie man sieht, eine
Verschiebung des Cydus yon drei Tagen an.
Trifll ein Neumond auf den 31.Deoember, so ist
die Epakte am 1. Januar I. Es gehören also zunächst
nach der Kalenderyerbesserung die güldenen Zahlen mit
folgenden Epakten zusammen:
Christliche Yölkea.
311
Tafel I.
Güldene
Zahfcn.
Gregor.
EpditeD.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
1
I
11
XXI
2
XII
12
II
3
XXUI
13
XIII
4
IV
14
XXIV
5
XV
15
V
6
XXVI
16
XVI
7
VII
17
XXVII
8
xvm
18
VIII
9
XXIX
19
XIX
10
X
1
I
Mit jedem Jahr wächst die Epakte um elf Einhei-
ten; nur vom letzten Jahr zum ersten springt sie um
zwölf weiter, weil nach neunzehn Jahren dieselbe Epak-
tenmhe wiederkehren muls.
Allemahl wenn ein Schalltag aus dem Kalender
we^ielassen wird, weicht der Anfang des gregorianischen
Jahrs im julianischen um einen Tag zurück, und die
Epakten yermindem sich um eine Einheit. Dies nennt
man in der Epaktenrechnung die Sonnengleichung.
Eine solche trat im Jahr 1700 ein, von wo an folgende
Epoktenreihe gilt: '
i
312
Technische Chronologie,
Tafel n.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
1
*
11
XX
2
XI
12
I
3
XXII
13
XII
4
III
14
XXIII
5
XIV
,15
IV
6
XXV
16
XV
7
VI
17
XXVI
8
XVII
18
VII
9
XXVIII
19
XVIII
10
IX
1
«
Bleibt dagegen zwar der Jahraufang an seiner Stelle,
weichen aber die Neumonde um einen Tag zuräck , so
wachsen die Epakten um eine Einheit. Dies nennt man
die Mondgleichung. Eine solche sollte zwar alle
310 oder nach der Meinung der Kalenderreformatoren
alle 312 4^ Jahre einmahl vorkommen; allein der leich-
tern Uebersicht wegen läfst man sie alle 300 Jahre, und
M^enn dies siebenmahl hintereinander geschehen ist, ein-
mahl nach 400 Jahren, also in 2^00 Jahren achtmahl
wiederkehren. Zum erstenmahl wird sie im Jahr 1800,
und dann in den Jahren 2100, 2400, 2700, 3000,
3300, 3600, 3900, 4300, 4600, 4900, 5200, 5500,
5800, 6100, 6400, 6800 u. s. w. angeseut. Treffen
Ghhistliche Völker.
313
beide Gleichungen zusammen, wie im Jahr 1800, so
wird die eine durch die andere aufgehoben. Die zweite
Tafel gilt daher bis zum Jahr 1900, wo die Sonnen-
gleichung allein .eintritt. Dann erhält man folgende
neue Epaktenieihe :
Tafel III.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
1
XXIX
11
XIX
2
X
12
¥■
3
XXI
13
XI
4
II
14
XXII
5
XIII
15
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6
xxrv
16
xrv
7
V
17
XXV
8
XVI
4
18
VI
9
XXVII
19
XVII
10
VIII
1
XXIX
Im Jahr 2000 kommt weder die Sonnen- noch die
Mondgleichung vor, und im Jahr 2100, wo beide zu-
gleich eintreten, heben sie einander auf. Die dritte
Tafel bleibt dabei: bis zum Jahr 2200 im Gange. Dann
ändeiii sich wegen der Sonnengleichung die Epakien,
wie folgt:
314
Technische Chronologie,
Tafel IV.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
1
XXVIII
11
XVIII
2
IX
12
XXIX
3
XX
13
X
4
I
14
XXI
5
XII
15
II
6
XXIII
16
XIII
7
IV
17
XXIV
8
XV
18
V
9
XXVI
19
XVI
10
VII
•
1
1
xxvni
Diese Tafel gilt bis 2300, und da dann die Son-
nengleichung wieder allein eintritt, so erhält man fol-
gende Epaktenieihe t
Tafel V.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
Güldene
Zahlen.
Gregor.
Epakten.
1
XXVII
11
XVII
2
VIU
12
xxvm
3
XIX
13
a
4
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14
XX
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XI
15
I
6
XXII
16
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III
17
XXIII
8
XIV
18
IV
9
XXV
19
XV
10
VI
1
XXVII
Ghristlighb Völker« 315
Im Jahr 2400 findet blöd die Mondgleichung und
im Jahr 2500 blofi die SoQnengleichang Statt ; mit dem
ersten Jahr kommt also wieder die vierte und mit dem
andern wieder die fünfte Tafel an die Reihe. Man
sieht, da£i es solcher Tafebi in Allem dreifsig gehen
mufs, indem die Epakte im ersten Jahr des Mondcy*
clus oder fiir die güldene Zahl 1 dreifsig verschiedene
Werthe haben kann. Da das Gesetz, nach welchem
die Sonnen- und Mondgleichung wechseln, klar ist,
und da die Epakten, wenn die erste allein eintritt, um
eine Einheit abnehmen, wenn die zweite allein gilt,
um eine Einheit zunehmen, und wenn beide zugleich
oder beide gar nicht Statt finden, ungeändert bleiben,
so wird man leicht alle dreüsig Tafeln mit den Jahr*
hunderten, denen sie angehfiren, hinschreiben können.
Bis zum Jahr 8200 unserer Zeitrechnung kommen alle,
dreifsig an die Reihe; aber erst nach 300000 Jahren
ist die Ordnung, in der die beiden Gleichungen und
die zugehörigen Epakienreihen wechseln, vollkommen
wieder dieselbe. Man sehe die grofse Tabula aequor
tionis bei Clavius ').
Wenn die Verschiebung des Mondcydus bisher
immer in 310 Jahren zu einem Tage berechnet worden
ist, so setzt dies eine mittlere Dauer des synodischen
Monau zu 29 Tagen 12 St. 44' 3* voraus. Gregorys
Mathematiker nahmen mit den prutenischen Ta-
feln, die damals die vollkommensten waren, 29 Tage
12 St. 44' 3" 10« 48'^ an «). Dies gibt in 312 1 Jah-
*) S.134.
') GlaTius S. 102. Der Urheber dieser Tafeln, Erasmus
Reinhold, hatte des Ptoleokäus und Gopernicus Beobach-
316 Technische Chronologie.
ren einen Tag. Setzt man dagegen mit Tobias Mayer
den Mondmonat nur 9pi 29 T. 12 St. 44' 2% 8283,
so erhält man bereits nach 308 Jahren einen Tag, und
hiemach würde der gregorianische Kalender, der durch
die Mondgleichung alle 2500 Jahr acht Tage ausmerzt,
die T^eumonde nach etwa 21000 Jahren um einen Tag
zu spat geben. Allein die mittlere Bewegung des Mon-
des ist nicht constant —Mayer 's Bestimmung gilt für
das Jahr 1700 ^} •*- und so wollen wir auf diese ohne-
hin sehr geringe Abweichung kein Gewicht legen.
Soll nun für irgend ein Jahr das Datum des Oster-
fiestes im gregorianischen Kalender gefunden werden, so
suche man zuerst nach der oben (2, 197) gegebenen
Regel die güldene Zahl. Dann nehme man in der je-
desmahligen Epaktentafel die der gefundenen güldenen
Zahl angehörige Epakte und suche sie in dem immer-
währenden gregorianischen Kalender vom 8. März bis
zum ä. April einschliefislich auf. Der Tag, neben wdchem
sie sich findet, ist der Ostemeumond. Zählt man yon
diesem 13 volle Tage weiter, so hat man die Luna XIV
oder Ostergrenze, von welcher das Fest noch immer
auf die alte, oben (2, 192) angegebene, Weise abhängig
ist. Z. B. im gegenwärtigen Jahr 1825 ist die güldene
Zahl 2, und dieser entspricht in der zweiten Tafel, die
für das achtzehnte und neunzehnte Jahrhundert gilt,
die Epakte XI. Diese Epakte findet sich neben dem
tuDgen mit einander vergliclien und daraus die gedachte Dauer
des synodischen Monats hergeleitet. Seine Tafeln waren genauer
als die alphonsinischen und kopernicanischen, und sind
erst durch die rudolphinischen von Kepler iibertroffea
worden.
*) Lalande Astronomie Art. 1421. .
Gheistlighb Völker.
317
20. März. Die Luna XIY ist also der 2. April , der
mit dem Buchstaben A bezeich^f t ist. Da nun diesem
Jahr der Sonntagsbuchstab B angehört, so ergibt sich
der 3. April als Datum des Festes. Hier sind die der
zweiten Tafel entsprechenden Ostergrenzen:
Güldene
Güldene
■
Zahlen.
Ostergrenzen.
Zahlen.
Ostergrenzen.
1
13. April. E.
11
24. März. F.
2
2. April. A.
12
12. April. D.
3
22. März. D.
13
1. April. 6.
4
10. April. B.
14
21. März. C.
S
30. März. £.
15
9. April. A.
6
18. April. C.
16
29. März. D.
7
7. Aprü. F.
17
17. AprU. B.
8
27. März. B.
18
6. April. E.
9
15. April. 6.
19
26. März. A.
10
4. April. G.
1
13. April. E.
Diese Tafel gibt auf einen Blick das Datum des Oster-
festes, wenn man die güldene Zahl und den Sonntags-
buchstaben des Jahrs kennt. Ist bei der güldenen
Zahl 14 der Sonntagsbuchstab D, so trifft das Fest auf
den 22. März , und ist bei der güldenen Zahl 6 def
Sonntagsbuchstab G, so fällt es auf den 25. April. Dies
sind die äulsersten Termine der Feier. Beide kommen
in diesem Jahrhundert nur einmahl vor; der erste ISIS,
der andere 1886.
Ist der Tag des Osterfestes ermittelt, so hat man
zugleich die Tage aller übrigen beweglichen Feste und
die Ordnung aller Sonntage im Jahr. Tabellen dar-
318 Technische Chronologie.
über, 80 wie Notizen von den unbeweglichen Festen
und Erklärung aller in den Urkunden, besonders den
deutschen, vorkommenden auf den Kalender sich be-
ziehenden Wörter und Namen findet man in Chri-
stian Gottlob Haltaus Calendarium medii aad
praecipue Germanicum*), in Johann Heinrich Wa-
ser's historisch-diplomatischem Jahrbuch zur
'Prüfung der Urkunden'), in Pilgram's QUenda-
rium chronologicum medii potissimwn gevi ntonumen^
tis accommodatuni^) und in Joseph Helwig's Zeit-
rechnung zur Erörterung der Data in den Ur-
kunden für Deutschland^). Besonders bequem
sind die 35 vollständigen Kalender bei Fi 1 gram für
alle die ver3cbiedenen Monatstage vom 22. März bis zum
25. April einschließlich, auf die das Osterfest treffen
kann, mit Angabe aller der Jahre aus dem Zeitraum
von 300 bis 2000 unserer Aere, denen jeder dieser Ka-
lender angehört. Der letzte z. B. stellt die beweglichen
und unbeweglichen Feste aller der Gemein- und Schalt-
jahre dar, in denen das Osterfest auf seinen äuisersten
Termin, den 25. April, fiillt« Es sind deren in dem
gedachten Zeitraum nicht mehr als 14, nämlich 387,
482, 577, 672, 919, 1014, 1109, 1204, 1451, 1S46,
1666, 1734, 1886 und 1943.
Man spricht auch von julianischen Epakten
und versteht darunter diejenigen , welche zur Zeit der
Kalenderreform durch die neunzehn Jahre des Mond-
') Leipzig 1729, 8. Deutsch, Erlangen 1794, 4.
») Zürich 1779, fol.
») Wien 1781, 4.
♦) Wien 1787, fol.
GhRISTLICHB VÖliKER.
319
cyclos dem 1. Januar a. St. entsprachen. Man findet
sie, wenn man in der erslen Tafel (2,311) die Epakien
um 10 Einheiten vergröisertt weil der damahlige Un-
terschied heider Kalender so viele Tage hetrug.
Güldene
Julianische
Güldene
Julianische
Zahlen.
Epakten.
Zahlen.
Epakten.
1
XI
.11
I
2
XXII
12
XII
3
III
13
XXIII
4
XIV
14
IV
5
XXV
15
XV
6
VI
16
XXVI
>
7
XVII
17
VII
8
xxvm
18
XVIII
9
IX
19
XXIX
10
XX
1
XI
Man sieht, dafs man, um die jedem Jahr des Mond-
cydus angehörige julianische Epakte zu erhalten, die
güldene Zahl mit 11 zu multipliciren und aus dem
Produkt, wenn es groiser als 30 ist, so oft 30 wegzu-
lassen hat, als es angeht. So gehört dem sechzehnten
Jahr die Epakte 26 an, weil 16 X 11 « 176 durch 30
dividirt den Rest 26 gibt. Diese Epakten werden nicht
etwa zur Bestimmung des Osterfestes im alten Kalender
gebraucht — die Methode bt noch immer die oben (2, 199)
beschriebene — sondern blofs, um durch sie bequem die
gregorianischen Epakten zu finden; denn man darf nur
den jedesmaligen Unterschied der gregorianischen und
jnlianischen Epakten, der von 1582 bis 1700 zehn,
320 Technische Chronologie.
von 1700 bU 1900 elf und von 1900 bis 2200 zwölf Tage
beträgt, von den letztern, nachdem man sie nöthigen-
falls um 30 Einheiten veigröi^rt hat, abziehen, um die
erstern zu erhalten*
Die cyklischen Neumonde, die der immerwährende
gregorianische Kalender gibt, sollten eigentlich die mitt-
leren astronomischen sein. Da aber die Kalenderver-
besserer nach alter Weise den YoUmondstag als die
Luna Xiy angesehen und die alte Regel, nach der man
vom Neumonde 13 volle Tage vorwärts zählen muls,
um zum Vollmonde zu gelangen, noch immer beobachtet
wissen wollten, "so stellten sie die angeblichen Neumonde
so, dafs sie dem ersten, auch wol erst dem zweiten
Tage nach der Gonjunction entsprachen, dem Begriff der
vtfjuiYjvia bei den Griechen gemäfs, die darunter die erste
Phase verstanden. Die Vollmonde dagegen kommen
meistens mit den mittleren Oppositionen überein oder
wteichen höchstens um einen Tag von denselben ab.
Eine vollkommene Uebereinstimmung der cyklischen
Rechnung mit der astronomischen ist schon defshalb
nicht möglich, weil die cyklischen Monate immer aus
einer vollen Tagzahl bestehen« Es ist daher ganz un-
vermeidlich, dals das Osterfest der Juden, das immer
bei vollem Licht gefeiert werden soll, gegen den Wil-
len des nicänischen Conciliums zuweilen mit dem der
Christen zusammentrifft. Dies ist z. B. im gegenwär-
tigen Jahr 1825 der Fall. Der 3. April ist der Oster^
tag bei den Christen (2, 317), und eben so bei den Ju-
den (1,560), deren cyklische Rechnung diesmahl, wenn
auch nicht immer, mit der astronomischen überein-
stimmt; denn der wahre Vollmond ereignet sich nach
den Delambreschen Sonnen- und den Hayer-Masonschen
Ghristlighb Völker« 321
Mondtafeln am 3. April um 7 U. 18' Morgens ber-
liner Zeit.
Es ist sehr zu bedauern, dafs Gregor XIII nicht
das Fest an einerlei Sonntage, z.B. am letzten des
März oder ersten des Aprils, zu feiern angeordnet hat.
Jetzt kann der gemeine Mann, ja mancher Gebildete,
nicht begreifen, warum es in einem Zeiti'aum von fiinf
Wochen umherirrt. Auch macht es in manche Ver-
hältnisse des biiigerlichen Lebens einen Einschnitt, des-
sen Wechsel nicht anders als unbequem ^in können.
Dals die Kirche das Recht zu einer solchen Feststellung
der Feier gehabt habe, gesteht selbst Clav ins ein ^)j
so sehr er auch übrigens der Epaktenrechnung das Wort
redet. Vielleicht einigt sich noch einst die gesammte
Christenheit über diesen wichtigen Punkt, wodurch un-
sere Zeitrechnung die einfachste von der Welt werden
würde, weil dann die Bestimmung des Osterfestes allein
von dem Sonntagsbuchstaben abhängig wäre.
Der gregorianische Kalender wurde in dem gröfsten
Theil Italiens, so wie in Spanien und Portugal, gleich
an dem Tage eingeführt, den die Bulle des Papstes fest-
gesetzt hatte. In Frankreich geschah es erst zwei Mo-
nate später, indem man einem Edikt Heinrich 's III zu-
folge vom 9. December zum 208ten überging ^). Die
katholischen Kantone der Schweiz und die katholischen
r^iederlande traten der Verbesserung 1583, Polen 1586
und Ungarn 1587 bei. 'In Deutschland kam sie 1582
auf dem Reichstage zu Augsburg zur Sprache. Der
Churfürsf August von Sachsen, nachdem er den wegen
*) S.59.
') VAH de virifitr les daies Tom.L p.82.
n. [21]
322 Technische Chronologie.
seiner astronomidchen Kenntnisse berühmten Landgra*
fen Wilhelm von Hessen zu Rathe gezogen halte,
erklärte sich dawider, und die übrigen evaugelischen
Stände und Staaten in und aufser Deutschland folgten
seinem Beispiel, theils aus Besoi*gni(s , dem Eapsle zu
viel einzui'äumen , theils weil Mästlin und Joseph
Sca liger nicht ohne Grund die Meinung geltend zu
machen gesucht hatten, dafs auch die neue Zeitrech-
nung nicht ganz fehlerfrei sei ^), Der Kaiser und die
katholischen Stande hingegen nahmen sie 1583 an.
Man pflegte nun in den öffentlichen Akten den alteu
und neuen Kalender oder Stil zu unterscheiden
und Ix*i Verhandlungen zwischen Katholiken und Pro-
testanten das Datum nach beiden anzusetzen.
Letztere verharrten lan^ bei ihrer Weigerung, den
neuen Kalender anzunehmen. Man besprach sich tw
auf dem Ck>nvente zu Rothenburg an der Tauher über
diesen Gegenstand; da aber keine Religionspariei der
andern nachgeben wollte, so ging man unverrichteter
Sache auseinander. Es konnte nicht fehlen, daft die
zwei so verschiedenen Zeitrechnungen zu vielen Strei-
tigkeiten und yei*wirrungen Anlais gaben, besonders an
Orten, wo Protestanten und Katholiken unter einander
gemischt lebten. So entstanden zu Augsburg grobe,
mehrere Jahre anhaltende Unruhen, die unter dem
') Man sdbe des Clav ins Schiiften: Nwi Calendarii üo-
mani apologia adversus Michaelem MaestUnum und Responsio
ad convicia et calumnias Josephi Scaligeri in Calendariua^
Gregorianum im fiinften Theil seiner Opera (2,302). Einsichu-
voUe Katholiken gestehen selbst die Mängel des gi<egorianischen
Kalenders ein. Man fiadet sie sehr gut entwickelt in L'^f^ ^^
vdrifier les dates Tom. I. p. 85 ff.
Ghristlighb Völker. 323
Namen des Kalenderstreits bekannt sind. So oft
man aber auch, wie auf dem Reichstage von 1613,
bei den westphälischen Friedensunterhändhmgen 1648,
auf dem Reichstage von 1654 und später in die evan-
gelischen Stände dringen mochte, den neuen Kalender
' des bessern Einverständnisses wegen anzunehmen, wichen
sie doch jedesmahl aus, weil sie das wiederhohlte kaiser-
liche Ansinnen als eine Schmälerung ihrer Majestäts- ^
rechte ansahen. Als aber nach dem ryswicker Frieden
wegen der Kalenderverschiedenheit neue Unruhen in
der Pfals, in Schwaben und anderswo auszubrechen
drohten, nahmen die evangelischen Stände die Sache
in nähere Ueberlegung und beschlossen nun, besondei's
auf Leibnitzens Betrieb und mit Zuziehung des
Jenaer Mathematikus Erhard Weigel, am 23. Septem-
ber 1699, mit dem nächsten Jahr einen sogenannten
Verbesserten Kalender einzuführen, nach welchem
mit Weglassnng von elf Tagen statt des 19. Februars
des Jahrs 1700 sogleich der I.März gezählt, und das
Osterfest so lange, bis die Fehler des gregorianischen
Kalenders verbessert sein würden, nicht nach cykli-
sclier Rechnung, sondern, sowohl mit Bezug auf die
Nachtgleiche, als auf den Vollmond, nach astronomi-
scher angesetzt werden sollte, und zwar nach Kepler's
rudolphinischen Tafeln und fUr den Meridian von
Uraniburg, der beriihmten ehemaligen Sternwarte
Tycho's^). Diesem Beschlüsse der evangelischen Stände
sind gleichzeitig Dänemark und die Vereinigten Nie-
*) S. Petri Horrebowii Actorum circa reformationem
Calendarii narratio historica ex documeniis authenticis. Opp.
Tom. II.
[21*]
324 Technisclie Chronologie.
derlandef und im Jahr 1701 die evangelischen Kantone
der Schweiz beigetreten^). In England ist der neue
Kalender erst 1752 und in Schweden 1753 eingeführt
worden. Dort ging man vom 2. September zum Ulen^),
und hier vom 17. Februar zum I.März über^). Die
Russen und Griechen beharren nunmehr in Eui'opa
allein noch beim alten Kalender.
Durch die Weglassung der elf Tage im Jahr 1700
hatten sich die Evangelischen den Katholiken zwar in
so weit genähert, dafs sie ihr Jahr zugleich mit ihnen
anfingen ; allein die abweichende Bestimmungsweise des
Osterfestes muiste zuweilen eine Verschiedenheit des
Tages der Feier und somit neue Streitigkeiten herbei-
führen. Der erste Fall dieser Art trat im Jahr 1724
ein, wo die astronomische Rechnung den Yollmond auf
Sonnabend den 8ten, die cyklische hingegen anf Sonn-
tag den 9. April gab, das Osterfest also (ur die Evan-
gelischen auf den 9ten, fiir die Katholiken auf den
16. April traf* Eine zweite Verschiedenheit der Feier
fand im Jahr 1744 Statt, wo die Evangelischen das
Osterfest am 29. März, die Katholiken am 5. Apnl
feierten. Eine dritte würde 1778 und eine vierte 1798
*) Letztere fingren das achtzehnte Jahrhundert mit dem 12. Ja-
nuar 1701 an, die ei*sten elf Tage gai* nicht zahlend. Helwig^
Zeitrechnung S. 75.
^} Man vergleiche die Parlamentsakleybrnegu^/i/i^^^^^"'
mencement qf the year and for correcting the Calendar now
in use , in den Statutes at Large qf England. Vol. VI. p- ^ "-
England nahm gleich damahb die cydische Rechnung an.
^) S. Computus ecclesiasticus inraUad sd väl rfU^ ^^
gamla som nja stylen (Stockholm 1780, 8), p. 32.
Christliche Völkeä. 326
eingetreten sein, wenn nicht aiif den Antrag Frie-
d rieh's II das Corpus Evangelicorum am 13. Deoem«
ber 1775 beschlossen hätte, den nach der cyklischen
Rechnung geordneten Kalender unter der Benennung ei-
nes Yerbesserten Keichskalenders anzunehmen^).
Dem Conclusum sind die evangelischen Kantone der
Schweiz, Dänemark und Schweden beigetreten.
Wir haben nun noch die Jahrrechnungen der
christlichen Yölker durchzugehen. ZuYÖrde]*$t müssen
wir aber die verschiedenen bei ihnen . yoi^ekommenen
Jahrepochen kennen lernen.
Ueberall in Europa wird jetzt das Jahr mit dem
1 . Januar angefangen. Diese Epoche hat sich offenbar
zugleich mit dem julianischen Kalender von deii Rö-
mern zu uns fortgepflanzt; sie ist aber im Mittelalter
keinesweges die einzig gebräuchliche gewesen.
Die Benennung mensis primus für mensis pa-
schalis kommt bei den Osterscribenten Yictorius,
DionysiuSf Beda nicht selten vor. Sie ist, wie
schon (2,227) bemerkt worden, von den Hebräern ent-
lehnt, denen der Ostei*monat Nisan der erste im Kirchen-
jahr ist. Yon einer bürgerlichen Zählungsweise der.
Monate kann hiebei um so weniger die Rede sein, da
die Christen die Eintheilung ihi^r Zeit nirgends auf den
Lauf des Mondes gegründet, und denselben blofs bei
der Bestimmung ihres Osterfestes berücksichtigt haben.
Es zeigen sich jedoch in den ersten Jahrhunderten
der Christenheit manche Spuren, dafs man die Benen-
') Man yergleiche über dies alles den Artikel Osterfest
in Häberlin*« Repertorium des deutschen Staats- und
Lchnrechts.
326 Technische Chronologie.
nung des ersten Monats auf denjenigen Sonnenmo-
nat iiberlrug, der in der Regel dem Nisan entsprach.
Wie wir oben (1,430) gesehen haben, wurde der April
von den Syrern mit dem niacedonischen Namen Xan-
thicus und mit dem einheimischen Nisan belegt* Hier-
nach war es der April, der den Namen des ersten
Monats erhielt. In den Constitutionibus S. Jpostohrum,
einer in das dritte und vierte Jahrhundert gehörigen
Schrift, heilst es^): „Beobachtet die Festtage, zuerst
,,die Geburt Christi am 2Ssten des neunten Monats,
,,dann Epiphanias am 6ten des zehnten." Weiterhin
ist vom Xanthicus als dem ersten und vom Dystrus
als dem zwölften Monat die Rede'). Auch Epipha-
nius scheint wenigstens sein Kirchenjahr auf eine ähn-
liche Weise angefangen zu haben; denn er sagt^): Hpo
irriixspiag ou Trhripw^asreu ro erog, ,,Vor der Nachtgleicfae
,,geht das Jahr nicht zu Ende."
Im Occident änderte sich dieser Sprachgebrauch da-
hin ab, dals man den März zum ersteh Monat machte,
sei es nun, weil das religiöse Jahr der alten Römer mit
diesem Monat begann (2,53,150), oder aus welchem
Grunde sonst. Der heil* Leo hat Reden über die Fa-
sten des siebenten und zehnten Monats geschrieben^ und
Gelasius, sein vierter Nachfolger im Pontificat, setzt
die Einweihung der Geistlichen auf die Fasten des vier-
ten, siebenten und zehnten Monats *). Es werden die
*) 1. V. c. 13. SS. Palrum, qui temporibus apostolicis ßo^
ruerunt, Opera, ed. C o tele rii Vol. I.
') c.l4 und 17.
') Haer, LXX, c. 11.
') Epist.JX, c.ll. Manai Collect. ConciL Tom.ym, col.39.
Ghristlighb Völkba. 327
grofsen Quatemberfasten der katholischen Kirche ge-
meint, die auf Mittwoch nach Invocavit, nach Pfing-
sten, nach Kreuzerhöhung (14. September) und Lucia I
(13. December) treffen.
In Italien scheint aber diese Zähluugsweise der f
Monate blofs bei kirchlichen Verhandlungen üblich ge^
wesen zu sein. In Frankreich dagegen ist sie unter
den Merovingem auch ins bürgerliche Leben überge«
gangen. Gregorius von Tours nennt den Julius
den fünften, den September den siebenten, den Decem-
ber den zehnten Monat des Jahrs'). Anderswo^) setzt
er das Fest des heil. Vincent ius auf den XII, Gil.
mensis XI. Es muis offenbar XLGal.mensb XII heifsen ;
denn es ist vom 22. Januar, dem Tage dieses Märtyrers,
die Bede. Aus einetn gleichzeitig geschriebenen Buche
de miracuUs sancti MarcelUni citirt Mabillon^) die
Worte: A mense Augusto usque ad mensem Maitium,
qui apud nos primus sine dubio vocitatur . • t Noch
im achten Jahrhundert kommt dieser Jahranfang iii
Frankreich vor; denn in einem Statut des 755 gehal-
tenen Ck)ncilii Vernensis wird verordnet^), ut bis in'
anfio sjmodus ßat, Prima sjrnodus niense primOj quod
est Afartiis Calendis. Vermuthlich hat aber neben die-
sem Jahranfange zugleich auch der im volksthümlichen
') De mirac. S. Mariini 1. IV. c.4. De mirac. S. luliani
C.25. De gloria Martyrum c.91.
^) ^^ gloria Marijrum c. 90.
^) De re diplom, II, 2^^ 4. (Ich gebrauche die Ausgabe Paris
1709, fo].) Auch Fredcgarius, der Fortsetzer der Geschichte
des Gregorius, fangt in seiner Chronik das Jahr mit dem
1. März an, so wie wieder seine Fortsetzer.
*) Canon 4. S. Mansi's ColL Conc. Tom.XII, col.580.
328 Technische Chronologie.
m
Gebrauch nie ganz erloschene mit dem 1* Januar Be-
standen« Wenigstens bleibt sich Gregorius in seiner
Zählungsweise der Monate nicht gleich; denn er nennt
einmahl ^) als den fünften Monat bestimmt den Mai.
Um diese Schwierigkeit zu heben, will Mab il Ion bei
ihm ein zwiefaches Jahr unterscheiden, das Sonnen-
jähr, das mit dem I.Januar, und das Mondjahr,
das um den 1. März begonnen haben soll« Man sieht
aber leicht, dafs sich durch diese schon an sich wenig
wahrscheinliche Hypothese die angeführten Stellen nichl
rechtfertigen lassen. Doch wir wollen bei einer Jahr-
epoche, über die sich wenig Genügendes sagen lädt,
nicht länger verweilen.
Weit allgemeiner und das ganze Mittelalter hin*
durch sind die Jahi*e entweder mit der Empfängnifs
Maria, oder mit der Geburt Christi, oder mit der
Beschneidung, oder mit der Auferstehung azige-
fangen worden. Zuerst einiges im AUgemeinen über
diese vier Jahrepochen.
Nichts nöthigt uns zu der Voraussetzung, dais
Dionysius £xiguus, der seine Ostertafel im Jahr
525 n.Chr. berechnete (2,285), den zu Rom damals
noch immer gebräuchlichen Anfang des Consularjahrs
(der letzte ConsulBasilius lunior gehört ins Jahr 541)
geändert, und die seiner Tafel zum Grunde liegenden
Jahre von irgend einer andern Epoche gezählt habe.
Da die Kirche die Geburt Christi auf den 25. Deoem-
her setzt'), so stellt sich die nach dem Evangelium
') De miraculis S, Juliani c.35.
') Octavo Calendas ApHUs concepius creditur Christus
quo et passus. NcUus traeUtur octavo Calendas lanuarias.
Christliche Völker. 329
#
acht Tage später geschehene Beschneidung auf den 1. Ja-
nuarf und dieser Jahraniang — a Gircumcisione —
erhielt somit auch für. die Christen eine gewisse Be-
deutsamkeit.
Machmals hielt man es aber fiir schicLlichei*, die
Jahre ab Incarnatione Domini auch wirklich mit
dem Tage anzufangen , auf den die Kirche die Geburt
Christi setit, zumahl da dieser Tag dem Wintersolstitium
näher war, welches die natürlichste Jahrepoohe eu sein
schien, wie schon Ovi^ an einer oben (2,55) ange-
führten Stelle bemexk^t ^). Dieser Jabraufang.— a Na-
tivitate — war daher das ganze Mittelalter hindurch
in Italien, Deutschland und andern Ländern sehr ge-
bräuchlich» ,
Andere &nden es dem Begriff der Beul aipKwav;
oder Incarnatio angemessener, das Jahr mit Maritt
Verkündigung oder der Empfängnifs — • ab An-
nuntiatione oder a Coüceptione — anzufangen,
welche die Kirche auf den 125. März aetzt. Auch die-
ser Jahranfang ist in vielen Gegenden herrschend ge-
wesen, in einigen selbst bis auf die neuem Zeiten,
z. B. zu Pisa und Florenz. Von diesen benachbarten
Augustin. de trinitA.TV, c. 5. Die lateinische Kirche hat das
Fest frühzeitig am 25. December begangen. Die griechische fei-
erte es anfangs am Epiphaniastage den 6. Januar, trat aber im
vierten Jahrhundert der lateinischen bei. S. Chrysostomi //o-
milia in diem natalem Christi. Opp, Tom. II, p.354 ed. Montf.,
und das Schreiben des Johannes von Nicaea in Gombefisii
Hisi, haer. Monotkeliiarum, co]. 298 ff.
*) Gregor XIII hätte den Anfang des Jahrs leicht auf diese <
Epoche )>ringen können, wenn er statt 10 Tage 21 bis 22 aus-
gemerzt hatte.
/
330 Technische Chronologie.
Städten fing die erste die Jahre der Incamaüo neun
Monat sieben Tage früher, die andere zwei Monat liinf
und zwanzig Tage sjnter an, als wir« 'Beide wichen
also in der Zahl ihrer Jahre um eine Einheit von ein-
ander ab. Jene Zählungsweise wird der Galculus Pi-
sanus, diese der Calculus Florentinus genanht^)*
Beide sind erst im Jahr 1749 vom Groisherzoge Franz I
abgeschafft worden* Die Verordnung^ wodnith der An-
fang des Jahrs 1750 für alle Toskaner auf den 1* Januar
gesetzt wird, ist, in Kupfer eingegraben, auf der groften
Arnobrücke zu Florenz aufgestellt'). Die florentiner
Rechnung ist allgemeiner verbreitet gewesen, als die
pisaner, und man hat daher bei Begebenheiten aus der
iflorentiner Geschichte, die sich zwischen dem 1. Januar
und 25* März zugetragen haben , gemeinhin ein Jahr
mehr zu zählen, als man angegeben findet. Nicht im-
mer steUen die Geschichtschreiber die Reduction selbst
an, wie Yillani in folgender Stelle seiner Florenti-
ner Geschichte^): ,,Am 25. Januar des Jahrs 1348
,,nach kirchlicher Rechnung — secondo ü corso
j^della chiesa di Roma ^ in der ersten Indiction, oder
,,des Jahrs 1347 nach unserer Weise, die Jahre
,,mit derVerkündigung anzufangen ^^secondo il
y^nostro corso deWannunziazione della nostra Donna ^^
„ereignete sich ein furchtbares Erdbeben."
*) Eine bestimmte Notiz übei* beide gibt GoTarruvias f^ar.
ResoL 1. 1. c. 12. p. 94 (ed. Francof. 1571, fol.)
') Man findet sie unter andern abgedruckt in L'jirt de v^ri^
fier les dates, Tom. I. p. 24.
^) l.Xn,c. 123.
Ghristlighb Völker. 331
4
Beda berichtet*), AdSs die Gallier anfänglich das
Osterfest am 25. März, als an dem Tage gefeiert haben,
quando Christi resurrectio fiusse tradebatur ')• Yiel-
leicht schreibt sich die im Mittelalter, besonders in
Frankreich, sehr verbreitete Gewohnheit, das Jahr mit
4
dem Osterfeste zu beginnen, ursprünglich von der
Verbindung dieses Festes mit dem der Verkündigung
her. Schon frühzeitig finden sich Spuren davon, am
deutlichsten bei dem im vierten Jahrhundert lebenden
Zeno Veronensis, der sich in seiner mystischen
Sprache über den Tag der Auferstehung also äufsert'):
Idem sui successor itemque decessor, longaeva semper
aetate noveUus, anni parens, annique progenies, ante^
cedit seqidturque tempora et saecula infinita. Die be-
' sondere Heiligkeit des Osterfestes, das im Mittelalter
festiuitas festivitatwn und solemnitas omnium solemni"
tatwn genannt iirurde, war es hauptsächlich, die dieser
Jahrepoche Eingang verschaffte, so unbequem sie auch
sein mochte, da sie bei ihrem Hin- und Herschwanken
dem Jahr keine feste Dauer gab. Man begreift leicht,
dafs einerlei Tage des März und April in Einem Jahr
zweimahl oder gar nicht vorkommen konnten. Das
Jahr 1179 z.B. fing mit dem I.April an und hörte
mit dem 19. April 1180 auf; es enthielt also einen voll-
ständigen April und noch zwei Drittel eines andern,
*) De temp, rat, c. 45.
*') Zuerst betrachtete man den Tag der Empfangnifs Christi
zugleich ab den seines Leidens, wie aus der yorhin citirten
Stelle des Augustinus erbellet. Späterbin setzte man dafür
den Auferstebungstag. ,
^) TracU 46, p. 272 ed. Ballerin.
332 TechniscIiQ Chronologie.
und wenn sich daher eine Urkunde dieses Jahrs von
einem der ersten 19 Tage des Aprils dalirt findet, so
weifs man nicht, ^b das nach unserer Weise gerechnete
Jahr 1179 oder 1180 gemeint ist, es sei denn, dals
ante pascha oder post pascha dabei stände, was ge-
wöhnlich der Fall ist^). Auch die Indiction, die sel-
ten fehlt, hebt gemeinhin alle Zweifel. Eigentlich war
die Kerzweihe in der Nacht yom Gharsonnabend bis
zum Ostersonntage das Signal des beginnenden Jahrs.
Besonders deutlich erhellet dies aus zwei Urkunden des
Königs Johann von Frankreich ') , von denen die
erste vom Gharfreitage dem 31. März des Jahn 1362,
die andere vom Gharsonnabend dem I.April 1363 nach
der Kerzweihe, also vom ersten Augenblick des neuen
Jahrs, datirt ist« Auf der geweihten Kerze pflegten die
chronologischen Merkmale des Jahrs, wie sie die Oster>
tafeln angaben, nämlich das Jahr Ghristi, die Indiction,
die Epakte, der Sonntagsbuchstab, die Ostergrenze, das
Datum der Osterfeier , die güldene Zahl u. s.w., so
wie auch der Name und das Regierungsjahr des j<
maligen Papstes verzeichnet zu sein^).
Man wird leicht erachten, welche Verwirrung
Verschiedenheit des Jahranfangs im gegenseitigen Ver-
kehr nach sich ziehen mufste. Der Mönch Gervasius
von Ganterburj, der im Anfange des dreizehnten Jahr-
hunderts schrieb, klagt darüber bitler in der Einleitung
zu seiner Chronik mit folgenden Worten *) : Inter ipsos
*) S. Mabillon de re diplom,lI^23^6.
') VJrt de virifier les dates, Tom. I. p. ii,
^) Du Gange Glossarium s, v, cereus paschalis und Ma*
billonn,23,8.
*) HisLAngUcanaeScHploresX (London i6S2y(oh)c€A 1336.
Christliche Völker. 333
etiam Chronicae scriptores nonnuUa dissensio est. Nam
cum omnium unica et praecipua sit intentio annos Do-
mini eorumque condtientias supputaHone veraci enar-
rarcy ipsos Domini 'annos diversis modis et terminis
numerant, sicque in ecclesiam Dei mukam mendacio"
rum confitsionem inducunt. Quidam enim annos Do-
mini incipiunt computare ab Annuntiatione, alii a Na-
tiyitate, quidam a Cirvumcisione, quidam ^ero a Pas-
sione. Qu ergo istorum magis credendum est? — Man
würde ein Buch schreiben müssen, wenn man yon Re«
gent zu Regent, von Land eu Land, von Stadt zu Stadt,
die verschiedenen Jahrepochen angeben wollte. Vieles
findet man bei Mabillon, Du Gange ^), in dem
Werke L^Jrt de verifier les dates^) und in Helwig's
Zeitrechnung^) gesammelt; doch bleibt noch immer
viel nachzutragen übrig. Wir müssen uns auf folgende
Notizen und Bemerkungen beschränken.
Die Päpste haben in ihren Bullen und Breven
alle Arten obiger Jahranfänge gebraucht« Einige rech-
neten vom 1. Januar. Wie aber die frommen Christen
über diese heidnische Epoche dachten, geht unter an-
dern aus folgendem Kanon des Concilii Turonensis
vom Jahr 567 hervor*): Cogrto^imus nonnullos inve^
niri sesquipedas erroris antiqui^ qui Calendas lanuarii
cohmt, cum lanus homo gentilis fiterit: rex quidem,
sed deus esse non potuit. Quisquis ergo unum deum
*) Glossarium s, v. annus,
') Tom. I, p. 8 ff. und in den folgenden Bänden unter den
einzelnen Regenten.
') S.6tff.
*) Mansi Collect. Concil, Tom. IX, coL 803.
-"
\
I
334 Technische Chronologie.
patrem regfumtem cwnßlio et spiritu sancto credit, certe
hie non potest integer Christianus dici, qui aliqua de
gentilitate custodit^). Kein Wunder also, dafs dieser
' Jaliranfang , an den sich so manche heidnische Ge*
brauche knü[)ften, an dem Sitz des Oberhaupts der
Kirche wenig beliebt war. Viel häufiger finden wir
daselbst das Jahr mit Weihnachten oder mit der Ver-
kündigung Maria angefangen. Im letztem Falle wird
bald nach pisaner, bald nach floventiner Weise gerech-
net. Wenn eine Bulle des Papstes Gelasius II yom
20.December 1119 datirt ist, ungeachtet er am 29. Ja-
nuar 1119 starb, so darf man nur an den Calculus
Fi sanus denken, um hierin nichts' befremdendes zu
finden. Eben so wenig wird man sich wundem, daß
Pius IV die Beschlüsse des 1563 im December geendig-
*) Auf ähnliche Aeufserungen stöfst man in den Schnften der
Kirchenväter nicht selten. Die vierte Homilie des Asterius
eifert gegen die ausschweifenden YergnüguBgen des Festes der
Kalenden-^T^$ lopriJcTw» KeCkav^Sv — d. i. des 1. Januars. Eben
so die fiinfte Homilie des Maximus Taurinensis, worin es
unter andern heifst: Quis sapiens, quidominici natalis iniel^
ligit sacramentum, non ebrietatem condemnet Satumalium,
non declinei lasciviam Calendarum, et partem cupiens habere
cum Christo, particeps noUt esse cum Saeculo? Ferner die
155ste Homilie des Petrus Chrysologus von Ravenna und
eine Rede des Caesarius, Bischofs von Arles, welche also an->
hebt : Dies Calendarum istarum , fratres carissimi, quas la^
nuarias vocant, a quodam Jano homine perdUo ac sacriiego
nomen accepit» {Opp, Augustini ed. Benedict. Tom.V. App.
col. 233). Selbst heidnische Schriftsteller misbilligten den syha-
ritischen Unfug, der am Feste der Kaienden getiieben wurde.
Man vergleiche Libanii Rede tU tcIc KctXaV^ac uncl seine Be-
schreibung des Kaiendenfestes. Ed. Rebke Vol. I, p. 2SS. Vol. IV,
p. 1053.
Christliche Völkbr. 335
ten tridentiner Conciliums in einer Bulle vom 26* Ja-
nuar 1563 bestättigt; er rechnet nach florentiner
Welse. Seihst einerlei Päpste sind bierin nicht gans
oonsequent ver&hren. Im dritten Bande des Werks
VArt de venfier les dates steht eine Chronologie hi^
storique des Papes, in der bei jedem einzelnen Papst,
von dem man es weifs, angegeben ist, mit welcher
Epoche er das Jahr angefeingen hat. Innocenz XII,
der 1691 den päpstlichen Stuhl bestieg, setzte endlich
fest, dafs das Jahr mit dem !• Januar ange&ngen wer-
den solle, und dies ist seitdem ohne weitern Wechsel
geschehen. Dais übrigens die zu Rom gebräuchlichste
Jahrepoche das Weihnachtsfest gewesen sein müsse, geht
schon daraus hervor, dais man sie nicht selten mos
oder stilus curiae Romanae genannt findet. Auch im
übrigen Italien kommt sie häufig vor,. z.B. zu Mailand«
Zu Lodi, Lucca und Siena dagegen herrschte der
Galculua Pisanus, Zu Venedig ist bis auf den Un-
tergang der Republik das Jahr in doi öflentlichea Akten
mit dem 1. März angefangen worden.
Dies war, wie wir gesehen haben (2,327), auch
der älteste Gebrauch der Franken. Unter den Caro-
lingern ward dafür der Jahranfang mit der Geburt
Christi der herrschende. So setzen die Annales Fran^
corum Mettenses bei Bouquet *) die Krönung Karl's
des Grofsen auf den Dies natatis domini anni DCCCI^
da sie doch, nach jetziger Art zu rechnen, am Weih-
nachtsfeste des Jahrs 800 vor sich gegangen ist. Wenn
dagegen eben diese aus sehr verschiedenen Quellen ge-*
*) Historiens des Gaules et de la France Tom.Y, p. 350.
336 Technische Chronologie.
schöpften Annalen den Kttiser 813 sterben lassen^), so
fangen sie nach spaterer französischen Weise das Jabr
mit dem Osterfeste an. In der Grabschrift bei
Eginhard') ist das Jahr nach damaligem Gebrauch
richtig gerechnet; <lenn sie kutet: Sub hoc conditorio
situmest corpus CaroU, magni atque orihoeloxi Impe-
ratoris, qui regnum Francorum nobiliter amptiavit et
per annos XLVII feliciter rexit, Decessit septuage-
narius, anno ab Incamatione Domini D CCCXIF, in-
dictione F'll, V. Calend. Fehruarias. Eben dieser Jahr-
anfang kommt noch lange nachher in Frankreich yor.
So heilst es nach Mabillon ') in den Actis Sancd Ful-
cranni, die im vierzehnten Jahrhundert geschrieben sind,
dieser Heilige sei zum Bischof ordinirt worden, arm
gmtiae DCCCCXLIX pr. Non. Februarii, guae dies
döminica erat, und gestorben anno gratiae Christi
MVI Idih. Febr. quartaferia, was alles entweder den
Jahranfang mit dem 25. December oder den heutigen
voraussetzt. Von letzterm finden sich jedoch in Fnnk-
reich bis zum sechzehnten Jahrhundert keine deutliche
Spuren. In den Statuten der Kirchen von Gabors
und Kodez vom Jahr 1289 wird bemerkt*): f^ota
quod numerus lunaris (die güldene Zahl) et littera do-
minicalis mutantur annuatim in Jesto CXrcumcisioms;
anni vero Incamadonis Domini mutantur in terra ista
•) P.358.
') P'ita Caroli Magni c. 31.
') De re dipiom. ü, 23, 6.
*) Thesaurus novus Anecdotorum von D. Martene uod
D.Durand, Tom. IV. col. 7M.
Ghristlighb Yölkea. 337
in festo Annuntiationis Beatae Mariae, et in quibus^
dam regionibus in festo Natiintatis Domini. Es ist von
Provinzen die Rede, die damals unter der Herrschaft
der Engländer standen. In diesen fing man, wie aus
vielen Urkuuden erhellet, das Jahr hier mit Christi
Geburt, dort mit dem zunächst folgenden Feste der
Verkündigung an. In dem übrigen Frankreich dagegen
war es seit der Zeit der Cape tinger fast durchge*
hends gebräuchlich, das Jahr mit dem Osterfest zu
eroffnen; wenigstens findet sich in den Urkunden und
Annalen vom elften bis zum sechzehnten Jahrhundert
selten ein anderer Jahranfang erwähnt, wobei der Zeit-
raum vom 1 . Januar bis Ostern noch zum alten Jahr
gerechnet wird. Man nannte dies in dem von den
Engländern besetzten Theil des Landes und in den
Nachbarstaaten stilo Franciae oder more GaUico dati*
reu« So ist der zwischen dem Kaiser Friedrich III
und dem llerzog Karl von Burgund am 17* Novem-
ber 147S abgeschlossene Friede von letzterem more
Güdlico am 31. Januar eben dieses Jahrs, nach jetziger
Weise 1476, ratificirt worden ^). Als eine Ausnahme ist
es zu betrachten, dafs in einigen Urkunden des Kö-
nigs Robert und seines Nachfolgers Heinrich I der
Calculus Pisanus gebraucht wird'). In einer z. B.
heifst es : Data VII* Calend, Noi^mbris, indict. XII ^
anno XII regnante Roberto Rege • • • anno incamati
^erbi miUesimo. Das zwölfte Regierungsjahr des Kö-
nigs und die zwölfte Indiction geben das Jahr 999.
Dieser groisen Verschiedenheit im Datiren wurde end-
') HelwigS.66.
') VAr{ de virif. les dates^ Tom. I, p. 11.
n. [22]
338 Teckniscfie Chronolo^.
lieh durch' ein Edikt Karl's IX vom Jahr 1563, das
aber erst 1567 vom Farlenxent einregistrirt zur Aus-
. führung kam, ein Ende gemacht, indem darin der An*
fang des Jahrs auf den 1. Januar gesetzt wurde *)• Das
Jahr 1566, das letzte, welches mit dem Osterfest be-
gann, hatte in Frankreich nur 8 Monat 17 Tage. Erst
von nun an findet man in dieser Beziehung ein gleich-
förmiges Verfahren in den französischen Annalen und
öffentlichen Akten beobachtet. Für die frühem Zellen
mufs man alle jene Jahmnfänge gegenwärtig haben, wenn
man nicht, besonders bei den vier ersten Monaten des
Jahrs, auf Widersprüche ohne Zahl stolsen will. Die
benachbarten Länder Lothringen, Franche Comte
und Burg und folgten dem von Frankreich gegebenen
Beispiel.
In den Niederlanden fingen einige Provinien,
als Utrecht, Geldern und Friesland, das Jahr
mit dem Weihnachtfeste an. Zu Delft, Dortrecht
und in Brabant begann man es mit dem Charfrei-
tage« in Holland, Flandern und Hennegau mit
dem Osterfeste. Im Jahr 1575 setzte eine Verordnung
Philipp's U die Jahrepoche auf den I.Januar, worin
sich nach und nach alle, auch die von Spanien abge-
fallenen, Provinzen vereinigten ')•
In Arragonien gab der König Peter im Jahr 1350
den Befehl, das Jahr mit Weihnachten anzufangen, da
man es zuvor mit dem 25. März begonnen hatte. Das-
') M abillon 11, 23, 7. L'JH de vär. les dates, Tom. I, p. 15.
*) S. Oliyari V redii Sigilla Comiium Flandriae ei Jfuen'p^
tiones diplomatum ab iis editorum (Brugis l£39| fol.) p. 228.
VAH de vär. les dates Tom. I, p. 26.
Ghristlichb Yölkbr. 339
selbe verordneten die spanischen Cortes 1383 und
der König Johann I von Portugal 1420 ^). Dieser Ge-
brauch fand noch 1526 in Spanien Statt; denn in dem
Traktat zwischen Karl Y und Franz I, .welcher der
Gefimgenschaft des letztem ein Ende machte, heilst es:
Ainsy faicti traictk et conclu en la viUe de Madiid,
au diocese de Toledo, le dimanclw, quatorzieme jour
du mois de Jam^ier 1526, pns ä la Nativiii de No--
stre Seigneur sehn le style d^Espagne ')« Fast gleich-
zeitig wie in Frankreich ward es in Spanien und Por-
tugal gebräuchlich , das Jahr mit dem 1 • Januar anzu-
fangen, ohne dals jedoch dariiber ein ausdrückliches
Gesetz vorhanden ist.
Beda bezeugt^), daüs die Angeln das Jahr mit
dem YIU. Calend. lanjuarii oder dem Weihnachtfeste
begannen. Nachmals sind drei Jahranfänge auf den
brittischen Inseln unterschieden worden, der histo-
rische, gesetzliche oder bürgerliche und der
liturgische. Der erste hat seit langer Zeit auf dem
1 . Januar, der zweite bis zum dreizehnten Jahrhundert
auf dem 25. December und späterhin auf dem 25. März ^),
*} S. die Vorrede Ton Don Gregorio May ans i Siscar zu
den Obras chronologicas des Marques de Mondejar S.^3
und 24.
*) VJrl de virif. des dates, Tom. I. p. 2S.
^} De temp, ratione c. 13.
*)Wenn einige Chronikensdireiber die Krönung Wilhelm*s
des Eroberers, die am Weihnachttage Tollzogen wurde, in
1067, andere in 1066 setzen, so haben die erstem das Jahi* 1067
mit eben diesem Tage, die letztem aber erst mit dem folgenden
25. März angefangen.
[23'1
340 Technische Chwnologie.
und der dritte auf dem 1. Advenlsonntage gehaftet^].
Erst 1752, zugleich mit der Einführung des neuen Ka-
lenders, ist die bürgerliche Jabrepocbe auf den I.Ja-
nuar gesetzt worden (2, 324).
In Deutschland kommt der Jahranfang mit dem
2S. December seit dem elften Jahrhundert vor. Wlppo
sagt in seinem Leben Konrad's des Saliers^):
Inchoante anno Nativitalis Christi MX XV 11 Rex Chuon-
radus in Jpo regia civitate natalcm Domini celebrm'U,
Doch war diese Epoche nicht überall üblich. Zu Köln
fing man von Alters her das Jahr mit dem Osterfeste
an. Erst die 1310 daselbst gehaltene Kircbenversamm-
lung veroixlnete, ut ex nunc de caetera annus Domini
obsen^tur et in Natiuitate Christi innos^etur a quolibet
anno, proiU sacwsancta Romana Ecclesia id ohservat^)]
jedoch behielt man im bürgerlichen Verkehr den alun
Jahran&ng noch immer^ bei und nannte dies den süks
curiae, im Gegensatz des stibis ecclesiasticus. Die Uni-
versität fing das Jahr mit dem 25. Mäi*z an. Eben dies
geschah zu Trier. In den Urkunden heilst dies more
l'resfijrensi oder Treverico datiren. Die Gesta fmd-
rorum ^) lehi*en, dals dieser Jahranlang schon 1307 g^
*) In dem Annual Register für 1759 steht eine Dissertation
of the antient manner qf dating of the beginning ofihejtar^
die eine gute Uebei*sicht über die in England und ScholtiiDd
bis 1752 gebräuchlichen Jahranfänge gibt.
*) Pistorii Retmm Germanicarum scriptores fT/p. 433.
*) Mansi Collect. ConciL Tom. XXV, p. 243.
^) c. 123. S. den zweiten Band Yon Hon t h eim*s PnH/romui
Hist, Trevir, tliplomatica.
Christliche Völker. 341
br änchlich war. B y m e r ^ ) gibt eine Akte E d u a r d ' s Tll
von England vom Jahr 1338 (1339) mit der Unterschrift :
Secundum stibun et consuetudinem Ecclesiae AngUcanae
et prcmnciae Trßverensis die penukima mensis Fehruariu
Zu Brower's Zeit, im Anfange des siebzehnten Jahr-
hunderts, fing man das Jahr daselbst schon mit dem
1 • Januar an ; doch behielten die Notare noch immer
die alte Jahrepoche bei ')• Erst seit dem westphäli-
sehen Frieden verschwinden alle Spuren eines Jahran-
fangs mit dem 2ä. März. Man bediente sich nun der
Formel stilo communis um die Epoche des I.Januar
zu bezeichnen. Zu Lüttich begann man von Alters
her das Jahr mit dem Osterabend nach der Kerzweihe,
wie Johann Hocsem in seinen Gestis Pontificwn Leo--
diensium berichtet. Seine Worte sind']: Attendendwn
est, quod a tempore , cvdus memoria non existit, an-
norum Natix^itatis Domini cumuiatioy sive cuiusUhet anni
succrescentis initium in eereo consecrato paschali /uic-
tenus appensa depingi tabula consuei^it, et ab illa hora
annus dominicus inclioabat. Im Jahr 1333, sagt er
weiter, wurde der Anfang des Jahrs auf Weihnachten
verlegt. Eben diese Epoche war zu Mainz im Ge-
brauch . und hieraus wurde allmähllg seit dem fünf-
zehnten Jahrhundert der I.Januar. Wie die deut-
schen Kaiser die Jahre Christi und ihrer Regierung
*) Acta publica inter Reges Angliae et atios quosvis Int"
peratores etc. Tom. 11, part. IV. p. 43.
') Aniiquitates et Annales Trevirenses 1. XYIII. Tom. II,
p. 258.
') c. 1. S. Chapeauville^s Sammlung der Gesta Pontificum
Tungrensium, Trajectensium et Leodiensium.
342 Technische Chronologie.
in ihren Urkunden gezählt haben, lehrt Helwig in
seiner Zeitrechnung ^). Die erstem scheinen sie bis
zur letzten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ohne
Ausnahme mit dem 25. December angefangen zu haben.
In VA»t de verifier les dates wird behauptet'), dafs
es Maximilian gewesen sei, der die Epoche des er-
sten Januars in die kaiseriiche Kanzlei eingeführt habe;
allein Helwig zeigt, dafs sowohl dieser Kaiser, als
Karl y und Ferdinand I noch beim 25. December
geblieben sind. So ist Maximilian's Testament vom
30. December 1519 datirt und am 6. Januar desselben
Jahrs vollzogen.
Der Calculus Pisanus ist in Deutschland, so
wie in Portugal, Spanien und auf den brittischen In-
seln, nicht gebraucht worden. In Italien, wo er mei-
stens nur vorkommt, finden sich sogar Spuren, dafs
man ein ganzes Jahr mehr als gewöhnlich gerechnet
hat, wozu eben dieser Calculus Anlafs gegeben haben
mufs, bei dem man schon drei Vierteljahre mehr zählt
Man hat nämlich zwei Bullen von Pascal II, der am
14. August 1099 die päpstliche Weihe erhielt. Die erste
ist vom 14. Februar, die andere vom 21. Mäi-z 1103
datirt, und beide sind mit der Indictio X und dem
dritten Regierungsjahr bezeichnet^). Diese Merkmale
passen auf das Jahr 1102, und da die BuUen vor dem
25. März ausgefertigt sind, so bleibt nichts übrig, als
entweder einen Irrthum des expedirenden Kanzlers oder
jene ungewöhnliche Zählungsweise anzunehmen.
*) S.68 und l43.
') Tom. I, p. 16.
') Mabillonn, 25, 9. Du Gange y. annus col. 464.
Gheistliche Völker. 343
So verschieden aber ancli die im Mittelalter bei
öffentlichen Yerhandhingen gebraacblichen Jahrepochen
sein mochten, so hat man doch im bürgerlichen Ver-
kehr nie aufgehölt, den I.Januar als den Jahranfang
zu betrachten. Die güldenen Zahlen und die Sonntags-
buchstaben, von denen die Bestimmung des Osterfestes
abhängt, haben immer mit dem 1. Januar gewech-
aelt (2, 336). Die Tafeln und Rechnungen der Astrono-
men und Astrologen waren auf das gewöhnliche julia-
nische Jahr gestellt. Die Martyrologien und Kalen-
der, so viel ich deren zu vergleichen Gelegenheit ge-
habt halbe — einige darunter gehen tief ins Mittelalter
zurück^) — fangen mit dem 1. Januar an. Stets blieb
dieser Tag ein Volksfest, an welchem man nach altrö-
miscfaer Sitte Geschenke und Glückwünsche austauschte.
Es war also sehr natürlich, dafs die Regierungen end-
lich allgemein zu dieser Epoche zurückkehrten, so grofse
Yorurtheile auch die frommen Gemüther gegen dieselbe
hegen mochten.
Nun wollen wir die von den christlichen Völkern
gebrauchten Jahrrechnungen durchgehen.
In den ersten Jahrhunderten nach Christus ge-
brach es dem Occident gänzlich an einer fortlaufenden
Aere. Man bezeichnete die Jahre entweder nach dem
Regierungsantritt der Kaiser, oder noch gewöhnlicher
nach den Consuln. So finden wir die im westlichen
Europa gehaltenen Goncilien in der Regel nach den
Consuln datirt , z. B. das erste von Toledo nach dem
Consulate des Stilico (400 n.Chr.). Ein ausdrückliches
') Z.B. ein Calendarium vom Jahr 826 in d'Achery Spici"
legium Tom. II, p. 64.
♦ .
i
344 Technische Chronologie.
unter den Con^uln lulianus und Probianus (322 n. Chr.)
' gegebenes Gesetz Constantin's bestimmt^ da£i keine
G)nstitution rechtskräftig sein solle , wenn nicht Tag
und 0>nsuln darin benannt seien ^). Noch 537« kurx
vor Erlöschung des 0)nsulats, bestätigte lustinian
diese Verordnung dahin, dafs in allen Instrumenten
zuerst das Regierungsjahr des Kaisers, dann die Namen
der Consuln und zuletzt Indiction^ Monat und Tag
bemerkt werden soUten ')•
Nach Verlegung des Kaisersitzes in den Orient wurde
in der Begel (man weifs nicht genau, von welchem Jahr
an) ein Consulzu Ck)nstantinopel und einer zu Rom
gewählt und nach beiden, wie früher, das Jahr bezeich-
net. Zuweilen liefs man aber den Namen des einen
in den Fastis weg, z.B. im Jahr 413 den des Hera-
cllanus, des Cx>nsuls im Oocident, weil er rebellirt
hatte ^]. Oefters wurde auch nur in der einen Hälfte
des Reichs ein Consul ernannt, z.B. 411 im Orient.
Kannte man den Namen des einen Cx>nsuls noch nicht,
so nannte man blofs den des andern mit dem Beisatz:
et qui nuntiatus fuerit*). Oefters findet sich ein Jahr
mit post consulatum, iutoL Ti]y v^rarctay, der vorherge-
henden Ck)nsuln bezeichnet, wenn es auch seine eige*
nen hatte, z. B. das Jahr 429 eben so durch post con^
sulatum Felicis et Tauri, wie durch Florentio et Dio^
nysio Coss*^). Wurde, welcher Fall auch vorkam, gar
') Cod. Theodos. 1. 1. tit. I. const. 1.
») Novella XLVH.
') Cod. Theodos. 1. XY. tit. XIV, const. 13.
*) Ib. l.VI. tit. XXVII. const. 23. 1. X. tit. X. oonst. 34.
') Man Tergleiche Pagi^s Criiica in Annales Baronii and be-
sonders Petri Relandi zum Gebrauch sehr bequeme i'Vuli Coit-
Christliche Völkbr. 345
kein Consul gewählt, so war man auf das post consu-^
latum beschränkt. So finden wir die Jahre 536 und
537, in denen es keine Consuln gab, durch P. C Be-
lisarii anno I und // angedeutet. Im Jahr 434 wird
Theodorus Paulinus als der letzte 0>nsul des Occi-
dents genannt. Der letzte Consul im Orient und über-
haupt der letzte Privatmann, der dem Jahr seinen Na-
men lieh, war Flayius Basilius lunior im Jahr 541.
Nachher zählte man noch 25 Jahre, bis 566 einschliefin
lieh, post consulatum Basilii fort, woraus erhellet, dals
man das G)nsulat nicht als abgeschafft, sondern nur
als unbesetzt ansah ^).
lustin der Jüngere, der Nachfolger lusti-
nian's, stellte das Consulat in einer eigenthümlichen
Form noch einmahl wieder her. Schon lange vor ihm
hatten die Kaiser dasselbe als eine Veranlassung be-
trachtet, sich durch Spiele und Spenden beim Volke
sulares (2, l46), wo man angegeben findet, wie jedes einzelne
Jahr sowohl in den Rechtsquellen als Geschieh ts werken bezeich-
net vorkommt.
*) "Wie Pagi zeigt (Dissert. Hjrpatica p. 319), wurden die
Postconsulatjahre entweder so genommen, dafs man das erate
Jahr nach Basilius durch anno P. C, Basilii, das zweite durch
anno jP. C. Basilii secundo, oder das erste durch anno secundo
P, C, Basilii, das zweite durch anno iertio u. s. w. bezeichnete.
Letztere Zählungsweise kommt unter andeiii in einer zu Arles
gefundenen Grabschi*ift beim Baron ius {Annales ad ann. 587)
Tor, die defshalb merkwürdig ist, weil sich sonst nirgends eine
so grofse Zahl Ton Jahren P. G. Basilii ei-wähnt findet. Sie lautet
also: Obiit bonae memoriae Caesaria medium noctis die Do^
minico inlucescente Vh Id* Decembris quadragies et VJ. P. C.
Basilii lunioris V, C. anno XU Begni Domini Childeberti Re^
gis, Indictione quinia. Der Ferie und Indiction nach gehört
Monument ins Jahr 586.
346 Technische Chronologe.
beliebt zu machen. In dieser Absicht nahmen es Ana-
stasius, lustin und lustinian gleich mit den er-
sten Calendis lanuariis an, die sie als Kaiser erlebten.
Der jüngere lustin nun wollte zwar die Privat -Con-
suln nicht wiederherstellen, aber doch die Gelegenheit,
seinen Regierungsantritt durch Feste zu verherrlichen,
^icht unbenutzt lassen. Er legte sich daher am I.Ja-
nuar 567 9 in seinem zweiten Begierungsjahr (sein Vor-
gänger war am 14. November 565 gestorben), den Con-
suUitel bei, und liefs nun in den ÖfTentlichen Akten
die Jahre eben so von seinem Consulat, wie von sei-
nem Regierungsantritte zählen. So findet sich das
Jahr 567 mit anno secundo lustino Augusto primum
solo Consule, das Jahr 568 mit emno terlio, P* C. Iw-
stini primo u. s. w. bezeichnet^). Auf gleiche Weise
fuhren seine Nachfolger fort; wie lange, wird sich
schwerlich genau ausmitteln lassen, da der öffentlichen
Akten aus spätem Zeiten nur wenige vorhanden sind.
Zum letztenmahl finde ich das post consulatum in
dem Schreiben, wodurch der Kaiser lustinian II im
Jahr 68 7 f im zweiten seiner Regierung und nach sei-
nem Consulat, die Akten des seit 680 zu Gonstantinopel
gehaltenen Concilii bestätigt'). Leo Sapiens, der
886 den Thron bestieg, hob endlich die obgedachte
Verordnung lustinian's förmlich auf ^).
Als Karl der Grofse zum Kaiser des Occidents
gekrönt war, nahm er, um den Imperatoren des Orients
in keiner Beziehung nachzustehen, den 0>nsultitel gleich-
') S. Pagi l.c.p.329ff.
') Mansi Collect, ConciL Tom. XI, col. 738.
') Pagi p.362.
GnRISTLIGHB YÖLKBR. 347
falls an. Das Edikt, wodurch er die von ihm verbes-
serten Gesetze der Longobarden sanctionirt, ist folgen«-
detmaisen datirt: jinno ab Incamatione Doimni nostri
Jesu Christi DCCCI, indicU IX, anno regni nostri in
Francia XXXIII , in Italia XVIII y consulatus autem
nostri primo '}. Mehrere seiner Nachfolger, als Ludwig
der Fromme, Ludwig II und Karl der Kahle,
folgten seinem Beispiel, wovon man die Belege bei
Du Cange') und Pagi'} nachsehen kann.
Als um die Mitte des vierten Jahrhunderts n. Chr.
die Consularäre schwankend zu werden anfing, kamen
die Indictionen in Gebmuch. So heifsen die einzel*
neu, mit dem I.September beginnenden, Jahre eines
fünfzehnjährigen Zeitkreises, die man in stets wieder-
kehrender Oixlnung fortzählte, indem man, ohne Rück-
sicht auf die Anzahl der seit ii^end einer Epoche ab-
gelaufenen Cykel, ganz einfach angab, dafs etwas in
der oder der Indiction geschehen sei. Diese im ganzen
Mittelalter sehr gewöhnliche Bezeichnungsweise der Jahre
ist aus der spätem Steuerverfassung des römischen Reichs
hervorgegangen, wie man schon früherhin vermuthet,
aber ei*st neuerdings Hr. von Savigny in seiner Ab-
handlung: Ueber die Steuerverfassung unter
den Kaisern^) befriedigend nachgewiesen hat.
*) Sigonius de regno Italiae 1. lY. ad ann. 801.
') Glossarium y. ConsuL
^) l.c.p.364ff.
*) S. die Schriften der Berliner Akademie aus den
Jahren 1822 und 23. Historisch • philologischer Theil von
S. 57 an.
348 Technische Chronologie.
Als Basb der zu erhebenden Grundsteuer diente ein
Kataster, welches von Zeit zu Zeit erneuert wurde. Für
jedes Steuerjahr, das mit dem I.September anfing, wurde
die Grundsteuer im Ganzen bestimmt, und dann durch
die aus dem Kataster bekannte Zahl der Steuerhufen
dividirt, wodurch sich unmittelbar ergab, wie viel
jede Steuerhufe ^) für dieses Jahr an Giiindsteuer zu
zahlen habe. Die Zahlung erfolgte in drei gleichen
Terminen am I.Januar, I.Mai und gegen Ende des
Steuerjahrs ').
Diese Steuereinrichtung findet sich zwar nirgends
vollständig und im Zusammenhange beschrieben; allein
die beiden Hauptbestandtheile derselben, der in jedem
Jahr neu bestimmte Steuersatz (l^riv^/xijo-ig, delegatio, in--
dictio)^ und die gleichen Steuerportionen, die von jeder
Hufe entrichtet wurden, lassen sich durch unwider-
sprechliche Zeugnisse darthun, weishalb ich auf die er-
wähnte gehaltvolle Abhandlung verweise.
Dafs der Cyclus der Indictionen ursprünglich
eine Steuerperiode war, lehrt theils die Identität des
Anfanges des Steuerjahrs und der Indictionen, wie sie
in der Chronologie gewöhnlich gerechnet werden, theils
und noch mehr der Name Indictio, welcher vom Steuer-
satz auf das Steuerjahr selbst übergegangen ist^). Dieser
'} Caput, Hieraus ist spät im Mittelalter Capitastnim als
Name des Grundbuchs, und durch Gomiption Catastrum
entstanden.
') Triperiiio autem omniafiscalia inferantur . . . videlicet
CaL lanuariii, et Cal, Malis, et ad finem indictionis in tres
aequas partes divisa. Cod. last. X, 16, 13.
') Indictio heifst im Allgemeinen quidquid in praestaiionem
indicitur, wird jedoch nur yon der Grundsteuer gebraudit. /n-
Ghristlighb Völker. 349
ZusammenliaDg der chronologischen Indictionen mit dem
Steuerwesen liegt so nahe, dafs er auch im Mittelalter
nie ganz in Vergessenheit gerathen ist* Dahin deutet
schon der alldeutsche Ausdiiick Römer-Zinszahl,
unter welchem die Indiction in den deutscheu Volks-
kalendern his auf die neusten Zeiten angesetzt worden
ist, weil das Reichskammergericht zu Wetzlar bis zu
seiner Auflösung nach Römer- Zinszahlen datirt hat ^).
Fragt man nun weiter, sagt Hr. von Savigny,
welche Einrichtung im Steuerwesen darauf führen
konnte, gerade eine fünfzehnjährige Periode auszuzeich-
nen, so bietet sich keine natürlicher dar, als die all-
gemeine Erneuerung der Kataster im römi-
schen Reiche. Diese Erklärung hat so viel innere
Wahrscheinlichkeit, dafs eben um ihretwillen die sonst
unerweisliche Thatsache des fünfzehnjährigen Katasters
angenommen werden darf. Da dieser Cyclus das Drei-
£aiche des alten römischen Lustri ist, so könnte man
sich vorstellen, dafs der Provinzialcensus mit dem Bür-
geroensus gleichzeitig, nur letzterer öfter gehalten wor-
den sei. Allein vor August kann kaum eine etwas
dictiones non personis sed rebus indici soieni, Cod, lust, X, 16, 3.
So beim Lactantius in folgender Stelle: . , . ut enormitate in^
dictionum consumtis viribus colonorum deserereniur agri et cul^
iurae verterentur in silvam. De mort, persec. c. 7. £s scheint in
diesem Sinne zuerst bei Plinius dem Jüngern vorzukommen.
Paneg,c,29. Von den St euer jähren wurde es erst dann ge-
nommen, als man nach solchen zu zählen anfing.
*) Arentinushatin der üeberselzung seiner Annales Boiorum
einige Urkunden des neunten und zwölften Jahrhunderts deutsch
mitgetheilt (wiederhohlt in Schilter^s Glossarium p. A27 ß»), in
denen er die Angabe z.B. der ersten Indiction so überträgt:
der kaiserlichen stewr anlegung im ersten Jahr.
36 0 Technische Chronologie .
gleichförmige Steaerver£&ssung der Proyiazen angenom-
men werden, und schon unter ihm kommt kein regel-
mäfsiger Bürgeroensus mehr vor, indem er während
seiner langen Regierung überhaupt nur dreimahl den
Gensus veranstaltet hat^).
Hr. von Sayigny ist geneigt, für den Anfang
des dritten Jahrhunderts n.Chr. eine zehnjährige
Erneuerung der Katastrirung anzunehmen, weil sich in
einem Fitigment des Ulpian die Bestimmung findet,
dals nur diejenigen Grundstücke als Aecker oder Wie-
sen gelten sollen, die als solche während der letzten
zehn Jahre genutzt worden wären ')• Er räumt jedoch
die Möglichkeit ein, dafs der fünfzehnjährige Cyclus
schon früher gegolten liat, und da(s die zehn Jahre
heim Ulpian davon ganz unabhängig sind.
Im Ghronicon Paschale heifst es unter 01.183'):
Hp&rov Iro^ tt]; i xa2 dcxamj/si^o^ rm lydiWiuv ^) ino np^
TOD ETou$ Tfäov *lovkCov KotVopo^, j,das erste Jahr des
„fünfzehnjährigen Cyclus der Indictionen hat mit dem
„ersten Jahr des Caius Julius Cäsar seinen Anfang ge-
,,nommen." Gleich nachher folgt mit Uncialbuchsta-
ben: 'Apx^ 'lydtxncüvcuv, Anfang der Indictionen.
Unter dem ersten Jahr von Cäsar's Herrschaft wird
hier das erste der antiochenischen Aere (1^ 468) yer-
*) Suet. Aug. c. 27.' Monum, Ancyranum Tab. U.
*) , . , et id arvum, quod inira decem annos proximos sa^
tum erit, quot iugerum . . . pratum, quod intra decem annos
proximos sectum erit, quot iugerum, />^. L, 15, 4.
') S. 187 der par. Ausg.
*) Für hnvkfivfi-ii oder U^onuiv findet sich bei den Byzantinem
auch ig Ulitnog,
Ghrijstlichb Völkbr. 351
standen. Van sieht also, dais der Verfasser dieses
Chronicon, vermuthlich ein Antiochener, den Ur*
sprang der Indictionen auf das Jahr 705 d. St. oder
49 v.Chr. setzt. Von hier ai^ zählt er die Jahre regel-
ma(sig nach .Indictionen fort, bis OL 273, wo er beim
dritten Consniat des Constantinus und Licinius, d.i.
beim Jahr 1066 d.St«, 313 n.Chr., anmerkt^): Ivduc-.
Tvmwv Rmg-amviaym ivräärty dpX'^y ,,hier nehmen die
„oonstantiniscben Indictionen ihren. Anfang." Merk«
wardig ist es, dafs auch die Jahre der antiochenischen
Aere mit dem l.Gorpiäus o4er September be^innen^
und da(s sich beide Indictionskreise , der antioche*
nische und der constantinische, genau an einan-
der schlieCsen, indem auf den Zeitraum vom 1. Septem-
ber 705 d.St. bis zum I.September 1065, wo der
neue Kreis anfängt, gerade vierundzwanzig 15jährige
Cykel gehen.
Es läist sich nicht wohl annehmen, dals die ganze
Notiz von dem friihern Kreise auf einem Irrthum beruht,
wenn wir gleich bis zum vierten Jahrhundert n. Chr.
nirgends weiter eine Spur von Indictionen finden. Hat
man wirklich in Syrien schon seit dem Anfange der
antiochenischen Acre hin und wieder nach Indictionen
gezählt, so setzt dies freilich die Existenz eines fünf-
zehnjährigen Steuerkreises wenigstens in den östlichen
Gegenden des römischen Reichs voraus. Dadurch Heise
sich zugleich die sonst unerklärliche Verschiebung der
Epoche des syrischen Jahrs vom 1. Oktober auf den
I.September (1,454) rechtfertigen.
*) S.281.
352 Technische Chronologie,
Die älteste sichere Erwähnung cler Indiction
als eines Zeitmerkmals findet sich in einem Edikt des
Constantius vom Jahr 356 ^). Es fragt sich, warum
das Chronicon Paschale die Indictionsrechnung ge-
rade an den Cydus geknüpft hat, der am 1. September
312 n. Chr. seinen Anfang nahm« Offenbar weil sich
dieselbe, wenn sie anders schon wirklich früher existirle,
erst damals über das gesammte römische Reich su yer-
breiten anfing, ob in Folge gesetzlicher Bestinmiungen,
oder nur des allgemein gefühlten Bedürfnisses einer
festen Bezeichnungsweise der Jahre, sieht dahin. Die
Zeitumstände waren übrigens bedeutungsvoll genug, um
zu einer solchen Neuerung Anlals geben zu können.
Gonstantin, der in den westlichen Provinzen des
Reichs schon seit 306 regiert hatte, gelangte gegen Ende
Oktobers 312 ') durch Besiegung seines Gegners Ma-
xen tius zum Besitz Italiens und gewissermafiien zur
Alleinherrschaft, und gab von nun an eine entschiedene
Vorliebe für das Ghristenthum zu erkennen. Dals man
^) Oder 357; denn da der Februar des Jahrs 356 nicht zur
15ten Indiction pafst, so mufs entweder Indict, XIV oder Consta»-
tio Villi et lul. II Coss. gelesen weixlen. Cod, Theod, XII, 12, 2.
In einem Fragment des Athanasius de Sjrnodis wird schon
bei Erwähnung des antiochenischen Goncilü Tom Jahr 34l die
vierzehnte Indiction genannt {Opp, Tom. L Part. 2. p. 737); allein
der KircheuTater hat dieses Werk erst in den letztern Jahren
seines Lebens geschrieben, wo die Indictionen bereits sehr ge-
bräuchlich sein mufsten.
') Das Datum der Schlacht am Pona Milvius ist nicht genau
bekannt. Imminebat dies, sagt Lactantius bei der Beschrei-
bung derselben, quo Maxeniius imperium receperai, qui est
ad sextum Calendas Novembris, De mort, persec, c. 44.
Christliche Völker. 353
bei der Rechnung nach Steuerjahren dxfa herkömmlichen
An&ng derselben ungeändert lieb, darf uns um ao vre-'
niger befremden, da auch andere Jahrreehnungen der
alten Welt , z. B« die philippische, antiochenische und
diodetianische Aere, nicht das Datum der Begebenhei-
ten, die ihnen zum Grunde liegen, sondern den zu-
nächst Torhei^henden Jahranfang zur Epoche haben.
Was Scaliger ') über den Zusammenhang der
Indictionen mit den Quinquennalien und Decen-
nalien der rSmischen Kaiser') sagt, ist, wie schon*
Pagi bemerkt'), theils unverbürgt, theils unrichtig. ^
*) Emend. iemp. l.YI. p. 501.
^) Dio Cassius erzählt (1. LIII, c. 13 und l6), August habe
im Jahr 727 d. St. die Herrschaft über das römische Reich auf
zehn Jahre übernommen, und sie sei ihm nachmals yon zehn zu
sehn Jahren erneuert worden. Hiervon leitet er die Quinquen*
nalia und Decennalia'ab, welche die Imperatoren, obgleich
auf ihre ganze Lebenszeit gewählt, gleidisam, als Emeuerungsfest
ihrer Herrschaft von fiinf zu fünf Jahren mit grofsem Pomp zu
feiern pflegten. Bis auf Commodus sagte man Decen nalia
prima, secunda, tertia, nachmals Decennalia, Yicenna-
lia, Tricen nalia. Beim Antritt der Regierung eines Kaisera
that man Gelübde für sein Wohl in quinquennium oder decen-
nium , und nach Ablauf dieses Zeitraums brachte man sie dar,
indem man sie auf ähnliche Zeiträume wiederhohlte. Die Quin*
quennalia bildeten aber eben so wenig, wie die Lustra, die
ihnen ursprünglich zum Grunde gelegen haben mögen, regel*
mafsig begrenzte Zeitabschnitte; denn sie wurden öfters schon
nach Ablauf von vier Jahren gefeiert. Der dunkle Gegenstand ist
zuerst Ton Pagi aufgeklart worden, DUs.- hjrpal, P. 11, c. 2 u. 3.
Gans neueriich hat Hr. Eichstädt in einer akademischen Schrift
De voiü Xj XX et XXX Imperaiorum Romanorum gehan-
delt. (Jena iS2S).
') l.c.p.l02ff.
n. . 123]
3Ö4 Teclinisclie Chronologie.
Eben so wenig hält eine scharfe Prüfung ans, was
Gothofred über einen vier&chen Gebranch der Indiciio-
nen im Codex Theodosianus bemerkt^). Er un-
terscheidet nämlich eine Indictio Italica, Orien-
talis und zwei afrikanische, von denen die erste
312 f die zweite 313, und die beiden letzten 314
und 315 angefangen haben sollen* Dals die Onenlalis
von der Italica nicht verschieden sei und beide mit dem
Jahr 312 anfangen, zeigt schon Noris '). Gothofred
ist dadundi irre geleitet worden, dais er einem Coosu-
lat bald die Indiction der ersten acht, bald die der
letzten vier Monate beigeschrieben fand , was ganz in
der Ordnung ist; denn man sieht, dals dabei alles auf
das jedesmahlige Datum ankommt^). Was die beiden
afrikanischen Indictionen betrifll, so hat mir Herr
Biener erlaubt, darüber aus einem handschriftlichen
Aufsatze von ihm folgendes mitzutheilen : 9,Fnr Africa
,,proconsulari5 nimmt Gothofred eine Indiction
,,an, welche 314 anfangen soll. Er gi*ündet sie auf
„1. 8. C. Th. de indulg. XI, 28, und findet hier, dals
„die Indictionszahlen um zwei Einheiten zu klein sind.
*} In seinem Laterculus indiciionum XXIV, quarum meniio
ßi diserte in Codice Theodosiano, C/ironologia Cod, Tkead.
Tom. I. p. GCY der Ausg. Lipsiae 1736, fol. Das Nähere an
mehreren Stellen seines Commentars.
*) Annus ei Epochae Sjrromacedonum 1. IV. c. 4. p. 406 ff.
') Wenn das Chronicön Paschale bei den Indictionen inuner
ein Jahr zu wenig zu zählen scheint, so mufs faSemerkt werden,
dafs es einem jeden Consulat nicht die Indiction beisdireibi,
welche in demselben anlangt, sondern die, wdche-ihm seineiii
gröfsem Theil nach angehört und auf welches die drei Zahlungs-
fristen der Steuerpflichtigen fallen (2,348).
Christliche Völker. 355
,, Erklären wir aber die Stelle so, cUfs die Indictions-
ffbeseichaung von den ersten acht Monaten des Jahrs
,, entnommen ist, so sind die Zahlen nur um eins zu
,, klein, und ich glaube demnach, eine eigene afrika-
,,nische Indiction annehmen zu müssen, welche 313
,, anfing. Diese Stelle bt schon Scaliger und Petavius
,t beschwerlich gewesen, und sie haben, wie Gothofred
,, bemerkt, emendirt. Ich kann diesen Emendationen
„nicht beipflichten, weil mehrere andere Gründe für
,,die Annahme einer besondem afrikanischen Indiction
,, sprechen. Einmahl bt G)nstanlin erst 313 in den
,, Besitz von Afrika gekommen, wie Gothofred bei
,,1. 6. de indulg» erwiesen hat; auch mag er wol das
,, Steuerwesen daselbst wenig rq[ullrt gefunden haben,
,,so dals eine neue Einrichtung nöthig war. Dann bt
,,hier sehr entscheidend die NoifeUa posttheodosiana 36
,,(nach der Zählung im lus cwüe anteiustinianeurn,
,, Berlin 1815, Tom. IL p. 1281) von Yalentinian aus
9, dem Jahr 438. Hier werden alle Steuerreste für
,, Italien bis zur vierten, für Afrika bis zur dritten In-
j^diction erlassen, was höchst wahrscheinlich sich auf
,, dasselbe Steuerjahr bezieht. Gothofred kannte diese
,, Novelle nicht; sie ist erst 1766 aus einer ottobo-
,,nischen Handschrift edirt. Für die Dioecesis Afri-
,,cae nimmt Gothofred eine Indiction an, welche
,,315 anfangt. Seine Beweisstelle bt 1. 3 ^fe equor* coU
j,lat. XI, 17 vom März 401. Hierin wird die zwölfte
,, Indiction als praesens angegeben. Er berücksichtigt
,, nicht, dafs die Stelle aus den ersten Monaten des
,, Jahrs herrührt, und findet also hier drei Einheiten
,,zu wenig. In der That aber fehlen nur zwei^ da im
,,Härz 401 die Indiction 14 war. Noch eine zweite
[23*]
356 Technische Chronologie.
,,eigenthümliche Indiclion fiir Afrika ansunehmen, balle
,,ich nicht für thunlich. Emendiren wir ex pmecederai
,, statt ex praesenti^ so haben wir nur eine Einheit
,,feu wenig, und auch diese Stelle dient dann zum Be-
,, weise fiir die um eins geringere Zahl der afrikanischen
,,Indiction. Ob aber diese Indiction in Africa, abge«
,, sehen von der Steuererhebung, auch zur Zeitbestim-
,,mung gebraucht worden ist, muüs bezweifelt werden,
„bis sich Beweise dafür vorfinden.
Aufser dem Codex Theodosianus ergibt sich
nirgends eine Spur einer solchen Yerschiedenheit der
Indictionsrechnung , es sei denn, dais man so manche
in den Handschriften verderbte oder unrichtig von spä-
terer Hand hinzugefügte Zahlen dahin deuten wollte.
Dionysius Exiguus kennt keine andere Indiction, als
die vom Jahr 312. Schon er gibt *) die in allen chro-
nologischen Büchern wiederhoblte Regel, dafs man, um
die Indiction eines Jahrs n*Chr. zu finden, zur Jahr-
zahl 3 addiren und die Summe durch 15 dividiren
müsse, wo denn der Rest, oder im Fall kein Rest
bleibt , 1 5 die Indiction ist *) , welches Verfahren sich
darauf gründet, dafs unter andern drei Jahre v. Chr.
') Argumenta paschalia (2, 287) No. IL
') Dies wird auch so ausgedrückt, dafs man die Jahnahl durch
15 dividiivn, und cum Rest, oder, falls kein Rest bleibt, zu 15,
drei addiien solle. Es TCrsteht sich, dafs die Summe nie gröfser
als 15 sein darf, also nur der Uebenchufs in Rechnung zu brin-
gen ist, wenn sie 15 übersteigt. Die 21ste Indiction, welche
sich nach VArl de värißer les daies (Tom. I. p. 38) in einer
Urkunde des Jahrs 1023 findet, gibt nichts weiter ab eine grobe
Unwissenheit des Goncipienten su erkennen, der, Ton einer
frühem Indiclion Torwarts zahlend, auf die 21ste kam, ohne xu
wissen^ dafs der Kreis mit 15 yon Tom anfangt.
Christliche Völker. 357
ein neaer Indiction&krexs angefiuigen haben mülste,
ynenn die Rechnung wirklich schon damaUs im Gange
gewesen und seitdem ununterbrochen fortgeführt wäre.
So ergibt sich (ur das Jahr 1825 die Indiclion 13, die
jedoch bereits mit dem 1. September 1824 ihren An-
fang genommen« Verlangt man nicht die Indiction,
die dem gröfiiten Theil des Jahrs angehört, sondern
die, welche in ihm b^innt, so muis man zur Jahrsahl
4 addiren.
Diese Rq;el ist hin und wieder dahin mifsverstan-
den worden, dals sich die ganxe Indiclionsrechnong yon
einem drei Jahre y. Chr. im römischen Reiche yenin*
stalteten Census herschreibe. So sagt Duranti *)i
Caesar AugusUu edictum proposuit, ut descriheretur
vniversus orbis, id est, ut quiUhet aestünaret bona sua^
describens orbem sub tribuio sibi smgulis qumdecim
annis reddendo, quod quidem tempus divisit per tria
iustra etc. Nachdem er noch mehieres Ungehörige über
diesen Census hinzugefügt hat, gibt er als Grund jener
Addition yon drei Jahren an, quia tot ptaecesserant de
indictione, quando Christus natus ßut, vel quia prae^
nüssum edictum Caesaris tribus annis praeeessit nativi^
totem Christi. Vermuthlich meint er die Schätzung, yon
welcher der Eyangelist Lucas im Anfange seines drit-
ten Kapitels spricht. Dafs aber diese mit unsem In-
dictionen in keinem Zusammenhange, stehe , werden wir
unten sehen.
Noch unstatthafter ist die bei Cedrenns') und
andern spätem, der lateinischen Sprache unkundigen,
*) Speculum Iuris 1. 1, part. 2, p. dSl ed. Franef. 1612, fol.
') Hist. eompend, p. 327 ed.
358 Technische Chronologie.
Byzantinern vorkommende Notiz, dals sich die Indictio-
nen von Augnst's Siege bei Actium datiren, eine
Notiz oder vielmehr Yermuthung, die sich gewifs anf
nichts iveiter gründet, ab auf die seltsame Etymologie,
nach der das Wort 'lyduencov ans 'Ivaxruvy entstanden
sein soll. Weitläufig läist sich darüber der Verfasser
eines der Zu«[tze aus, welche unter dem Titel Para-
titla das noch ungedruckt liegende Rechtsbuch des
Kaisers Basilius Macedo begleiten. Durch Herrn
Biener's Verwendung ist mir das dahin gehörige Frag-
ment aus der in der leipziger Rathsbibtiothek befind-
lichen Handschrift mitgetheilt worden, das jedoch nichts
der Aufmerksamkeit des Chronologen nur irgend wür-
diges enthfilt.
Wie schon bemerkt worden, hat sich die Indictions-
rechnung erst seit Gonstantin über das rSmische
Reich verbreitet, jedoch mit Ausnahme der pyrenlfi-
sehen Halbinsel, auf der sie nie Wurzel geftist hat.
Ihren Gebrauch in jedem Lande zu verfolgen, möchte
ein schwieriges Unternehmen sein. Hinsichtlich Frank-
reichs zeigt Mabillon ^), dafs sie in Öfl*entlicfaen Akten
nicht vor Karl dem Grolsen, aber von Goncilien und
einzelnen Schriftstellern schon früher erwShnt wird.
Genug, sie ist das ganze Mittelalter hindurch so allge-
mein in Anwendung gekommen, dafs selten eine in
Italien, Frankreich oder Deutschland ver&fiite Urkunde
gefunden wird, in der nicht unter andern Zeitcharak-
teren auch die Indiction genannt sein soUte. Der ob-
gedachte Duranti sagt'): Tantae ßat auctoniatis
^) De re diplom, 11, 24 und 26.
') A.a.O.
Ghristlichb Völker. 369
indictioy ut nuUus sine ea ßeret contractus, nee privi-'
leg^um, nee testamenium, nee aUa scriptum solennis:
et etiam hodie (im dreiKehmen Jahrhundert) • eomibm
obtinet de iure auctoritaiem.
Als die Stenerver&asuiig, die zum Gehraudi der
Indictionen Anlais {gegeben hatte, unterging, verior der
I.September überall, wo er nicht etwa, wie im byzan-
tinischen Reiche, zur allgemeinen Jahrepoche gewor-
den war, seine ganze Bedeutnmkeit. Wir därfen uns
daher nicht wundem, wenn wir im Ocddent den
Anfang der Indictionen allmählig schwankend wer-
den sehen. •
Mit Bezug auf das Datum des Anfangs unterscheidet
man gewöhnlich drei Indictionen, eine griechische,
kaiserliche und päpstliche. Die griechische
oder konstantinopelische ist die ursprüngliche und
eigentliche. Sie beginnt mit dem I.September und ist
im Orient so allgemein verbreitet gewesen, dafs sie da-
selbst, namentlich zu Ckmstantinopel und Antiochien,
den Anfeing des büigerlichen Jahrs nach sich gezogen
hat* Die orientalischen Kaiser und alle die Schriftstel-
ler, die das Corpus Byzantinae historiae umfafst,
haben nie nach andern Indictionen gerechnet. Auch
im Oocident sind sie lange ausschliefslich mit dem
I.September angefangen worden. Ambrosius, der
in der let;Eten Hälfte des vierten Jahrhunderts schrieb,
sagt in seiner Epistola ad Episcopos per Aemilißni con-*
stitutos (2,256): Indictio Sepiembri mense incipä. Be-
stimmter drückt er sich in seiner Schrift de Noe et Area
aus^), wo er, von dem Jahranfange der Hebräer mit
*) C.17.
960 Technische Chronologie.
dem Nisan redend, die Bemerkung hininfiigt: eUi a
Septembri mense annus videOtur incipere, sicut in^
dictionwn praeseruium usus ostendit. Noch im sechsten
Jahrhundert haben die Indictionen in Italien mit dem
I.September gewechselt, wie aus folgender zu Rom ge-
fundenen Inschrift bei Reinesius hervoigeht^):
Hie rßquiescit Maximus panndus
Qui ^ixit annos FI. mens. VII. dies X.
Deposiius est sub d. III, Id. Augusiar.
iS^mmacho et Boetio FFCC. Cos.
In fine Ind. XV.
Es ist vom 11. August 522 n.Chr. die Rede. Dio-
nysius sagt uns nii^nds, mit welchem Tage er die
Indictionen beginnt, denen er in seiner Ostertafel eine
eigene Rubrik widmet; wir haben aber keinen Grund
lu yermuthen, dais er sich hierin eine Neuerung er-
laubt hat« Selbst viel später noch kommen im Ooci-
dent, besonders in Italien, Spuren genug von einem
Anfange der Indictionen mit dem 1. September vor.
So ist eine Urkunde des Papstes Gregor YU vom
Jahr 1073 mit den Worten unterschrieben: Dat. Ca-
puae Calend. Sept. indictione indpiente XII*). Wie
Muratori bemerkt^), haben selbst einige occidenta-
lische Chronikenschreiber das bürgerliche Jahr nadi
byzantinischer TJTeise mit dem I.September angefan*
gen, wozu sie ohne Zweifel durch den Gebrauch der
Indictionen veranlafst worden sind , z. B. der Neapoli*
laner Liipus Protospatha.
*) Inscriptt. vet. p. 978.
*} S. Helwig*s Zeitrechnung sur Erörterung der Ur-
kunden S. 123.
'} ScripU. rer. Italic. Tom.V. p. l47. 49.
Gh&istlighb Yölkba. 361
Hit dem Namen der kaiserlichen •— Caesa-
rea — beaeichnet man eine Indiction, die mit dem
24. September angefangen haben soll. Scaliger glaubt,
da/s dies die unter Constantili entstandene sei, da-
her er sie auch die constantinische nennt; erst
unter lustinian soll ihr Anfang um 24 Tage zurüdL-
geschoben sein. Er bringt aber keinen einzigen Beweis
fiir diese Hypothese bei. Selbst seine so zuversichtlich
aufgestellte Behauptung, dals Constantin an jenem Da-
tum zur Rqfierung gekommen sei, hat nichts fär sich;
vielmehr gibt Idatius, oder wer sonst der Verfasser
der diesen Namen tragenden Fasti. consulares sein
mag, ausdrücklich den 2S. Julius als den Tag seines
Regierungsantritts an^). Gewifs ist es, dais sich bis
auf Beda von einer soldien Indiction nicht die min-
deste Spur zeigt. Bei diesem heifst es'): Incipümt
indictiones ab VIII* CiUendas Ociobris, ibidemquß ter-
nunemtur. Dasselbe wiederhohlen der hundert Jahre
spKter lebende Rhabanus in seinem magern Buch de
Computo^)^ und der noch unbedeutendere Hariul-
phus, ein Ghronikenschreiber des elften Jahrhun-
derts ^). Weitere Autoritttten für diese Indiction finden
sich nirgends, es sei denn, dafs man als solche die
Aussagen mehrerer sptftem Juristen und Chronologen
*) Beim Consulat des Constantius YI und Mazimiaxuis VI,
d.i. beim Jahr 306. Diese Fasti sind unter andeni zugleich
mit dem Chronicon des Idatius von Sirmond ans Licht ge-
stellt worden (Lut. Paris. I6l9. 8.)
^) De temp, raiione c.46.
') c. 66. S. Stephan! Balusii Misceüanea Tom. I, p. 63.
*) Chromeon Centulense \*V1, c* i. S. D*Achery Spicile'^
gium Vol. n. p. 309.
362 Technische Chronologie.
gelten lassen wollte« Ihr Oefaranch eradieint daher sehr
problematisch. Man nimmt swur allgemein an, dalii
die in den Diplomen und Urkunden der deutschen
Kaiser Yon Ejonrad I bis auf Karl IV Torkommenden
Indictionen keine andern als eben diese sind, weüshalb
man ihnen auch den obgedachlen Namen beilegt ; allein
die Beispiele, die Helwig aus dem reichen Schatz des
Georgisch hemrorhebt'), lassen sich tut duschgehends
eben so gut auf den ersten als auf den 24. September
beliehen, ja hin imd wieder gilt entschieden das eiste
Datum, z.B. wenn Friedrich II am 14. September 1218
schon die siebente Indiction z&hlt, es sei denn, dais
die Zahl durch ein Versehen des Condpienten oder
Schreibers der Urkunde um eine Einheit zu grois an-
geseut wäre; und wirUich wiid in einer Urkunde die-
ses Kaisers vom 29. December desselben Jahrs die sedisle
Indiction genannt'), so dafs beide Zahlen wie vertauscht
erscheinen. Um aussumitteln, ob es wirklich eine mit
dem 24. September anfangende Indiction gegeben habe,
käme es darauf an , die Indictionszahlen aller der Ur-
kunden zu prüfen, die von einem der diei und zwanzig
ersten Tage des Septembers datirt sind. Die Untere
suchung wird aber wegen der häufig um eine Einheit
schwankenden Zahlen schwerlich zu einem sichern Re-
sullat fähren. Beveridge verwirft diese Art von In-
diction gänzlich^), scheint aber hierin zu weit zu g^
hen. Beda*s Autorität war im Mittelalter so grols.
*) Zeilrechnung S. 124 ff.
') Georgisch Regesia chronologic0''diplomalica beim Jahr
1218 No. 33 und 39.
') InstUi. chronoL I. n, c. 5.
Christliche Yölilbr. 363
dafs sie woU ftuf die damaUigen Kansleien eio gewirkt
haben kann. Nur Itfist sieb nicht zweifeln, dafii diese
Indiction lediglich auf einem Irrlhum, vielleicht des
angelsächsischen Chronologen selbst, beruht, daher man
sie (iiglich Beda's Indiction nennen kann«
Da im Orient die Indiction mit dem bürgerlichen
Jahranünnge wechselte, so war es natürlich, dafs man
es auch im Occident bequem üund, sie an die Jahr-
epoche zu knüpfen, und sie nach Verschiedenheit der->
selben bald mit dem 2S«December, bald mit dem
I.Januar, bald sogar mit dem 25. März wechseln zu
lassen« Duranti gedenkt dieser verschiedenen An-
fange als zu seiner Zeit gebräuchlich, und mehrere
seiner Zeitgenossen, als Rolandinus, Passagerius
und dessen Commentator Boaterius erkennen gar t
nicht einmahl eine andere Indiction an als eine solche,
die mit dem christlichen Jahr gleichen Schritt halt.
Sie findet sich unleugbar in den Urkunden, der Päpste
und Kaiser sowohl als der Privatpersonen, doch schwer^
lieh vor dem zwölften Jahrhundert« Sie überall mit
Bestimmtheit nachzuweisen, ist unmöglich; nur so viel
ist gewifs, dals sie nicht vorzugsweise in den Bullen der
Päpste vorkommt, daher die Benennung der päpst-
lichen oder römischen Indiction, die man ihr ge-
wöhnlich beilegt, nicht passend gewählt ist. Wir wol-
len sie lieber die Indiction mit dem Jahranfange
nennen. Die Päpste, so wie die Kaiser, haben die In-
dictionen £ald so, bald anders genommen; selbst einige
Päpste zeigen sich im Gebrauch derselben nicht con-
sequent. Wenn z.B. Alexander III am 20« Septem-
ber 1162 die elfte und am 30. Oktober 1170 die vierte
Indiction zählt, so muüs er, wenn anders die Zahlen
\
l
I
364 Techmscfie Chronologie.
richtig sind, jene mit dem I.September und diese entwe-
der mit dem 1 $ten oder dem 24. September aogelangen
baben. Dagegen gehört ihm der 9. November 1168
fnoch cor ersten Indiction^), was aof einen Wechsel
entweder mit dem 25.Deoember, oder mit dem 1. Ja--
nuar oder mit dem 25« Man deutet*
Noch verdient bemerkt zu werden, da£s aich in den
Akten der Benedictiner- Ablei Corvei vom iwcdflen Jahr-
hundert die willkührliche Umbildung der Indictiona*
rechnung findet, nach welcher der ISjtfhrigf Steuer»
cydus selbst Indictio genannt ist, und solche In»
dictiones vom dritten Jahr v. Chr. gesählt werden,
z. B. Aclun^ anno Incamati Ferbi MCLXXII • • • m^
dictioms LXXIX anno F^). Sonst überall wird un-
ter Indictio nur das laufende Jahr irgend eines nidit
näher bestimmten Cydus verstanden« Man mu(s da-
her das Jahr einer Begebenheit wenigstem im Groben
kennen; wenn es dann die andern Zeitmerkmale, deren
aich in der Regel mehrere genannt finden, um eine oder
ein paar Einheiten schwankend lassen, so bietet die In-
diction zu einer genauem Ermittelung 6elq;enheit dar«
Dies ist das Wesen der ganzen Rechnung, das Beda
sehr richtig aufgefalst hat, wenn er sagt, sie sei ein-
geführt (oder vielmehr im Mittelalter beibehalten) wor-
den, ad cavendwn errorem qui de temporihus forte oho-'
rinpoterat. Sein ganzes vorhin citirtes Kapitel verdient
in dieser Beziehung verglichen zu werden«
*) Man Tergleiche Georgisch Regesla unter No. l4, 15 und
18 der gedachten Jahre.
*) Nottveau traiti de diplomtUie Tom. lY, p. 679- L'AH
de v^rjfier /es daies Tom. I, p. 36.
Christliche Völker. 365
Ob man nun gleich an den Indictionen ein Mittel
hatte, Ewei benachbarte Jahre deutlich von einander
EU unterscheiden, so fehlte es doch noch immer an
einer iiir die Gesammtheit der sich neu bildenden
christlichen Staaten bedeulsamen Bezeichnungsweise der
Jahre, und als solche emp&hl sich die Aera ab In-
carnatione Domini, an die der Abt Dionysius
seine Ostertafel geknüpft hat« Das blofie Bedürf-
niüi , ohne alle Mitwirkung gesetzlicher Bestimmun-
gen , verschaflle dieser Jahrrechnung bald allgemei-
nen Beifall, worin sie sich behauptet hat, so sehr man
auch längst von ihrer Unrichtigkeit überzeugt ist. Die
Geschichte ihrer Einführung erzählt Jan in seiner Histo^
ria aerae chfistianae ^). Auch vergleiche man die Ein-
leitung zu dem Werke : Art de wrifier les dates ')•
Johann Harduin, ein wegen seiner Gejehrsam-
keit achtungswerther , aber zugleich wegen mancher
paradoxen Meinung berüchtigter Jesuit, hat behauptet,
diese Jahrrechnung sei schon zu Anfange des fünften
Jahrhunderts in der ganzen Christenheit bekannt und
gebrauchlich gewesen ^). Als einziger Beweis dafdr dient
ihm eine Münze des Gratianus mit der Aufschrift
Gloria no\d Saeculi^ die er auf den Anfang eines neuen
christlichen Jahrhunderts deutet; und da die Regie-
rungszeit des bekannten Kaisers Gratianus (375 bis
383 n. Chr.) sich hiermit nicht vereinigen lassen will,
') Wittenberg 1715, 4. Der Verf. ist eben der, dessen Hisi.
Cjrcii Dionjrsiani oben oft citirt ist.
») Tom. LS. 6 ff.
') Man sehe die Disseriatio de nummo GnUiani Aug, S. 503
seiner Opera selecta.
366 Technische Chronologie.
^ nimmt er einen andern Gratianus an, von dem
er aber nichts Sicheres su sagen weüs* — Das Wort
Säeculum wird von den Römern in einem so iveiten
Sinne gebraucht, dals es öfters geradehin ior Zeit
steht. Es kann daher Gloria noui.Saeculi hier fuglich
von dem preiswürdigen Anfange einer R^ening oder
Mitregentschaft Terstanden werden, ohne dafs es nöthig
ist, der Geschichte Zwang anzuthun. Dies «eigen g^en
den fvansösischen Gelehrten Leibnitz in seiner Dis^
seriatio de nunmUs Gratiani Aug. cum Gloria novi
saeculi und andere, deren Abhandlungen Wolter eck
gesammelt hat ^). Eine angeblich ins Jahr Christi CCLIU
gehörige ireronesische Insdirift bei Baronius erklärt
Jan für untfcht ').
Das Wahre ¥on der Sache ist, da£s unsere Aera
vulgaris den Abt Dionysius Exiguus zum Urheber
hat. Diesem Manne gelang es , wie wir oben (2, 285)
gesehen haben, über die Feier des Osterfestes, die so
lange ein Gegenstand des Zwiespalts zwischen der latei-
nischen und griechischen Kirche gewesen war, die Ge-
müther zu yereinigen. Er setzte die beinahe abgetan-
fene 95jKhrige Ostertafel des Cyrillus nach gleichen
Grundsätzen auf abermahlige 95 Jahre fort, und redete
ihr in der vorangeschickten Epistola ad Petronium so
nachdrücklich das Wort, dafi sich die römischen Bi-
schöfe endlich bewogen fanden, woran sie bis dahin
*) Electa rei nummariae No.XXYII ff. Yergl. Eckhers
Doclr. num. Tom. VIII, p. 158, 159. ^
') Hist, aerae chrisiianae p. 70. Sie setzt die Ermordung
der beiden Philippi, die nicht später ab 249 n.Chr. angenom-
men werden kann, ins Jahr 253.
Ghristlighb Völker. 367
diucb Eifersacht und Yorartheile gehindert worden wah-
ren, der auf den jDeuniehnjahrigen Gydus des Meton
gegründeten, sdion seit dem nicttnischen G)ncilium im
Orient gebiäucblichen, Berechnungsweise des Festes un-
bedingt beizutreten. Cyrillus, als Bischof von Alexan*
drien, hatte sich zur Bezeichnung der Jahre seiner Ta-
fel def in Ägypten einheimischen diocletianischen
Acre bedient. Dionysius vierwarf sie, und setzte
an ihre Stelle die Jahre ab Incarnatione Domini,
wodurch er zum Gebrauch dieser Acre die erste Anre-
gung gab. Was ihn dazu bewog, sagt er uns selbst
mit den Worten : Quia S* CyriUus primum cyclum ab
aimo Diocleiiam ceiUesimo quinquagesimo tojrtio caepit^
et uhimum in duceniesimo quadragesimo septimo ter-
mimwit, nos a duceniesimo quadragesimo octavo anno
eiusdem tyranni potius, quam principis, inchoantess no^
hiimus circuUs nostris memoriam impii et persecutoris
innectere, sed magis elegünus ab Incarnatione Domini
nostri lesu Christi annorum tempora praenotare. Hier-
aus erhellet, dais seine Ostertafel mit dem 248sten Jahr
Diocletian's, d. i. mit dem S32sten unserer Aere
(1, 164} anfing. Letzteres begann im Verlauf des er-
stem mit den Calendis des lanuarius.
Die Geschichte seiner Tafel, die, nachdem sie ab-
gelaufen war, in gleicher Form von Isidorus, Beda
und andern fortgesetzt wurde, ist zugleich die seiner
Aere; denn diese ist unstreitig zugleich mit jener den
Christen des Occidents geläufig geworden. Dies lehrt
schon der Umstand, dais man beim Datiren zu gröfse-
rer Bestimmtheit den Jahren der Incamation, welche
die erste Rubrik der Tafel angab, gewöhnlich auch die
Zahlen der übrigen Rubriken beifügte, was erst dann
368 Technische Chronologie.
gani unterblieb, ak die Aere allgemein in den bor-
gerlichen Gebrauch übergegangen war. So ist eine Ur-
kunde des zwölften Jahrhunderts bei Dom Morice ^) mit
folgender Zeitbestimmung versehen: jinno MCXXXII,
indictione Jl, epacta I, concurrentibus F', terminus pa^
schahs II. Non. j^pr., dies ipsius paschatis diei IF'. Id.,
luna ipsius diei XX ^ was alles dem Jahr 1132 unse-
rer Zeitrechnung richtig zusagt. Der Concipient der
Urkunde hatte ohne Zweifel die Ostertsfel des DIo-
nysius oder vielmehr eine ForUetsung derselben vor
Augen und schrieb die Zahlen mechanisch ab; denn
da(s, wie Mabillon meint '), die Notarien dabei ihre
peritia in arie computi, quae ars magnopere tum ven^
ditahatur, hätten an den Tag l^en wollen, ist schwer
zu glauben.
Mit der Zeit kamen zu den acht Rubriken der
dionysischen Ostertsfel noch ein paar unter den Titeln
Reguläres und Glaves terminorum hinzu, «die sich
auch hin und wieder in den Urkunden erwähnt finden.
Unter Reguläres werden Zahlen verstanden, die zu den
G>ncurrente8 addirt, den Wochentag des Ostervollmon»
des geben. Die Goncurrentes bezeichnen, wie oben
(2,261) bemerkt worden, den Wochentag des 24. Mirz.
Zieht man dieses Datum von dem der Luna XIY ab,
so gibt der Unterschied nach Weglassung der ganzen
Wochen die Reguläres. Z.B. das Jahr 532, das erste
der dionysischen Ostertafel, hat die Goncurrentes 4,
d. i. der 24ste März ist ein Mittwoch. Nun trifft die
*) M^moires pour servir de preuves iL rHistoirt de Brt^
iagne, Tom. I, col. 566.
*) De re diplom. ü, 24, 4.
Christlichb Völker. 369
Ostergrense auf den 5. April, also 12; Tage sfM^ier ein.
liLfiit man eine Woche iveg, so hat man die Regularas
5, und diese, zu den Goncurrentes 4 addirt, geboi für
den OtenroUmond den zweiten Wochentag oder Mon-
tag. In einer , Urkunde bei Mabillon *) ist die Zeit
also bestimmt: jicta sunt haec anno ab Incamatione
DonUni MCIX^ indictione II ^ epacta XVII y concuT'
renies IV, cyclus hmaris Vy cyclus decennovalis VI II,
reguläres paschae IV, terminus paschalis XIII {XII II)
Cal, Mali, dies ffaschalis VII. Cal..Maii, luna ipsius
XXI. Die Chronologen reden noch von andern Re-
guläres, die dazu dienen, den Wochentag und das
Aller des Mondes fiir den Anüemg eines jeden Monats
zu finden. Ich verweise de&halb auf das Werk VArt
de virifier les dates ')• Der G^nstand ist von kei-
ner besondem Erheblichkeit, da das Gesuchte leicht
auf andern Wegen gefunden werden kann.
Unter Clavis terminorum versteht man die
Zahl , die zum jedesmahligen 10. März addirt das Da-
tum des OstervoUmondes gibt. Für das Jahr 532 z. B.
ist die clavis 26, d. h. wenn man vom 10. Mtfrz so
viel Tage vorwärts zählt« so gelangt man zum S.April,
als dem Tage der Luna* XIV. Der nächste Sonntag
ist der Osiertag ^). Auch die Clptves finden sich hin
*) Ebend. l.VI. No. 171.
') Tom. I, p. 70 ff.
') Rechnet man eben so mit der ClaTis vom 6. Januar, 27. Ja-
nuar, 14. April und 28. April Torwarts, so erhalt man als nächste
Sonntage Septuagesima, InTOcavit, Rogate und Pfingsten. So er-
geben sich mit der Clavis 26 der I.Februar, 22. Februar, 10. Mai
und 24. Mai, und die Sonntage, die zunächst auf diese Tier Data
II. ^ [24]
370 ' Technische Chronologie.
und wieder in den Urkunden angemerktf s. B. in einer
bei Dom Mofiee *), welche also datirt bt: Haec con-
firmatio facta est anno ab Incamatione MCUI mense
Septembri in exakatione sanctae Cruds, bma XI , Je-
ria ly cyclus solaris JCIIf, epqcta XXIII, concurren-
tes II, cla^s terminonan XIV, indictiones XV. Im
Jahr 1152 war Kreuzes -Erhöhung (der 14. September)
richtig ein Sonntag ; auch passen die übrigen 2Seitm€nrk-
male mit Ausnahme von epacta XXIII, das vom fol-
genden Jahr entnommen istt ol> durch einen Misgriff
oder absichtlich, wollen wir nicht entscheiden. Beim
Beda heilst es ') : Epactae incipiunt secundum jtegjqn
tios a Calendis Septembris (eigentlich yom 1. Thoth
oder 29. August), secundum Romanos a Calendis lamta-
m. Die Verfasser des Art de ^Srifier les dates stellen
daher die Hypothese auf '), da(s einige Computisten des
Mittelalters die Epakten nach ägyptischer Weise gewech-
selt und nach dem 1. September schon die Epakte des
folgenden Jahrs gezählt haben. Sie meinen, Fälle die-
ser Art kämen % zu häufig in den Urkunden vor, als
dais man sie einem blolsen Irrthum beimessen könnte.
Wer viel mit Urkunden firnherer Zeit zu thun hat,
muis sich mit einer Tafel versehen, welche alle bisher
erklärten Zeitcharaktere darstellt. Dergleichen finden
sich in dem eben gedachten fi:anzÖ8ischen Werke ^) und
folgen^ sind in dem Jahr, das diese Zahl zur Clayis hat, die
eben genannten.
') Tom. I, col. 612.
^) De argumerUis lunae. Opp. Tom. I. p.l67.
*) Tom.I. p.91.
*) Tom. I der hier immer gemeinten Abtheilung depuis la
naissance de Notre^Seigneur.
Christliche Völkbr. 371
in Pilgram's oben (2,318) erwähntem Caiendarium
chronologicum.
Bei dieser Gelegenheit sind noch ein paar die Da-
ten in den Urkunden betreffende Bemerkungen su
machen.
Wir haben oben (2,237) gesehen, wie Dionysius
und Beda unter Cyclus lunaris und Gyclus de-
cemno vennalis unterscheiden. Dem erstem ist in ihrer
Ostertafel eine eigene Rubrik gewidmet mit der Ueber-
schrift : Quotus sit lunae circulus; auf letzteren hinge-
gen wird nur mittelbarer Weise durch die ganze An-
ordnung der Tafel hingewiesen. Es darf daher gar
nicht befremden, dals in den Urkunden jener häufig
und allein, dieser selten und fast immer nur zugleich
mit jenem erwähnt wird , wie z. B« in der vorhin
(2,369) citirten bei Mabillon. Auflallend aber ist es,
dals der lunaris, der bei der Bestimmung des christ-
lichen Osterfestes gar nicht gebraucht wird, auch unter
der Benennung paschalis vorkommt, z.B. ^): Acta
est huiusmodi ecclesiae cartula anno donumcae Incar-
nationis MLXXVI^ indictione XIV ^ cyclo paschali X,
epacta XII, concurrentibus V. Uebrigens ist der Anfang
der Jahre des Cyclus lunaris in den christlichen
Ostertafeln nicht, wie bei den Juden, der 1. Thischri,
sondern der nächstfolgende 1. Januar, so dais der Un-
tersdiied beider Cykel, der eigentlich 2^ Jahre beträgt,
gerade auf 3 Jahre gesetzt wird.
In dem Archiv der Abtei Qugny findet sich ein
Instrument mit folgender Zeitbestimmung ') : Aclum puh
*) Gallia christiana Tom. II. coL385 der Instrumenta.
') L'JH de vSrißer les daies TomI, p.6l.
[24*]
372 Technisclie Chronologie.
hlice CabHonis cwiuue anno, ab Incamatione Domini
MLXlIIy indictione I, epacta XVIII^ concurrente II . •
secundo magno anno ab Incamatione Domini nostri
lesu Christi, qui constat DXXXII annis, decemnoi^n-
nati cyclo LVI^ IV. Non. lunii. Der annus magnus
yoQ 532 Jahren ist die gro&e yictorianisclie Oster-
periode, auf mrelche Beda seine Ostertafel gestellt
bat (2,291). Sie fing mit dem Jahr 532 n.Chr. an,
mit welchem Dionysius seine 95jtthrige OsterU^
begonnen hat, und kann, wie es hier geschehen ist, als
die iweite seit Christus belrachtet werden, da der An-
lang der vorhergehenden der Geburt Christi nnr um
ein Jahr voreilt. Die Urkunde ist gerade am Schluls
der zweiten Periode, so wie des 56sten Mondir^us aus-
gefertigt worden. Auch Marianus Scotus und Si-
gebertus Gemblacensis gedenken dieser greisen
Osterperiode in ihren Chroniken, jener bei 531,
dieser bei 1063. Ehe sie so durch Dionysius und
Beda fixirt wurde, hat man ihr verschiedene Anfinge
gegeben. Yictorius setzte ihre Epoche ins Jahr 28
n.Chr. (2,279), und noch ein anderer An&ng wiid
in einer Handschrift des CoUegiums von Clermont an-
gedeutet, wo sich die Zeit des Todes des Königs Theo-
derich lY also bestimmt findet ^) : A NativiUMte Do-
mini üsque in praeseniem annumy in quo Theudericus,
Rex Franconmi, defimctus est, DCCXXXVII, in quo
anno, indictione V, epacta XV, concurrente I, lunae
drculo XIII, bma XIV XI L CaL j4prilis, pascha IX.
Cal. Aprilis, luna XVII, XXIV de annorum DXXXII,
secundum Graecos, cyclo. Also nach irgend einer grk-
') Ebendaselbst.
Ghbistlighe Völker. 373
chischeii Bestimmung, von der wir nicht näher unter-
richtet sind, hatte eine Osterperiode im Jahr 714, mit-
hin die vorhergehende im Jahr 182 n. Chr. ihren An-
fang genommen. Dies ist sugleich, so viel man weifs,
die älteste noch vorhandene Urkunde, die sich lu nä-
herer Bezeichnung des Jahrs der Zahlen der dionysischen
Ostertafel bedient hat.
Statt der Sonntagshuchstaben, die in den Ur^
lunden spät und selten erscheinen, findet man zuwei-
len die Zahlen 1 bis 7 gesetzt, z.B. in folgender^):
j4ctum est hoc Rodomo civitate armo ab Incamatione
Donum ^nostri Jesu Christi MXI ^ inJUetione IX y Ut-
tera VII (G), luna (epactaj XIV, XVII. Calend. Oo
tobrium, regrumte Roberto rege Fnsnconmu
Unter den verschiedenen Formeln, womit die ehrist-
liehe Acre beim Datiren bezeichnet vorkommt, ist anno
ab Incamatione bei weitem die gewöhnlidiste. Sie
wird vorzugsweise voii dem Jahr, das mit dem 25. März
anfing, aber auch nicht selten als allgemeine Bezeich-
nung der Jahre Christi gebraucht, ihr Anfang sei welcher
er wolle. Aulserdem finden sich anno Gratiae, anno
Circumcisionis und anno Trabeationis. Anno
Gratiae ist im zwölften Jahrhundert entstanden und
findet sich seitdem häufig. Anno Circumcisionis
ist nur mit bestimmter Beziehung auf das mit dem
1 • Januar beginnende Jahr gesagt worden. Ein Bei*
spiele aber erst aus dem sechzehnten Jahrhundert, gibt
Ughelli's Italia Sacra*). Anno Trabeationis
') Pomuieraye HisL de rjhhaye de Saint ^Ouen de Ronen
P.I. p.422.
') Tom.y. col. 1619 ed. Rom.
374 Technische Chronologie.
steht in einigen Urkunden des zehnten und elften Jahr-
hunderts. So fängt das Dekret der Ernennung eines
Bischofs von Roda in Catalonien mit den Worten an *) :
j4nno Tmbeationis Domini nostri lesu Christi miUesimo
XVII y aera millesima quinquagesüna quinta, indictione
XV y concurrenie I, epacta XX, was alles ganz richtig
auf das Jahr 1017 der christlichen Aere palst. Du
Gange erklärt es') durch anno, quo Christus trabi
qffiocus est. Allein in einem zweiten denselben Bischof
betreffenden Dekret heifst es'}: A corporea traheatione
Derbi divini, und yei^leicht man diesen Ausdruck mit
folgenden Worten aus einer vom heil. Fulgentius
am zweiten Weihnachtstage gehaltenen Predigt ^}: Heri
Rex noster, trabea camis indutus, de aula uteri mr-
ginalis egrediens visitare dignatus est nmndum , so
sieht man, da& a Traheatione so viel als ab In-
carnatione sagen soll. Anno a Natiyitate Do-
mini ist in alten Urkunden wenig gebräuchlich, und
anno Christi, Domini, Salutis und Orbis
redemti sind modern. Das regnante Christo,
welches beim Datiren nicht selten vorkommt, dient
nicht eigentlich zur Bezeichnung der christlichen Aere,
sondern Uofs als eine die Zeitbestimmung einleitende
Foi*meL So ist das Concilium Yalentlnum da-
tirt^): Regnante Domino nostro lesu Cliristo, anno
*) Baluzii Capitularia regum Francomm^ Tom. 11. ccrf.650.
*) Glossarium ▼. annus^ co].4£l.
') CapUularia col.633.
') Sermo UI. p.252 ed. Yen. 1742.
*) S. Dayid Blondel de formulae Regnante Christo in
veterum monumentis usu (Amsterdam l646, 4) p.387«
GaaisTLiGHB YöiiKCR. 375
DCCCLV ab IncamaJtione eius, glori^sissimo Lothario
imperante XV ^ indictione III^ mense lanuario etc.
Aus dem Jahrhundert des Dionysius^ des Urhe*
bers unserer Aexa vulgaris, weifs ihr Gescbichtschreiber
Jan nur ein paar zweideutige Spuren ihres Gebrauchs
anzuführen, die ich hei ihm nachzusehen anheim gebe^).
Ihm ist ein Heiner Aufsatz des Cassiodorus, com-'
putus paschalis betitelt'), entgangen, worin durchweg
nach Jahren ab Incarnatione gerechnet und daf
21ste post consulatum Basilii lunioris (2,345)
als das S62ste aufgeführt wird. Hieraus erhellet, dais
die Os^rtafel des Dionysius und die Aere, an die sie.
geknüpft war» zu Rom bereits bald nach der Mitte des
sechsten Jahrhunderts im kirchlichen Gebrauch sein
muislen.
Im siebenten Jahrhundert war die Aere auch schon
aulser Italien nicht unbekannt mehr. Dies Jehren fol*
gende Worte des Bischofs lulianus vpn Toledo^): Jn-
norum numerus a tempore nativitatU Christi usque in
praesens in promptu est umcuigue, et scire si volet,
et supputare si placet, cusumptis videUcet annis secun-r
dum Eram ab ipsa Domfni incarnatione. Era enim
inveiUa est ante triginta et octp annos, quam Christus
nasceretur. Nunc autemacclamatar Era esse DCCXXIF.
Detractis igitur triginta et octo annis, ex quo Era in^
"venta est, usque a4 nativüatem Christi, residui sunt
DCLXXXFI anni. Die spanische Aere, die hier, wie
') Bist, aarae Christ, c. 3.
») P. 672 ed. Colon.
') Contra ludaeos l.UI. am Schlufs (BibL Patrum Lugdun.
Tom, Xn, p. 630.).
376 Technische Chronologie.
in der Regel bei den einheimiacben Autoren, schlecbüiin
Era heifst, bat wirklich 38 Jahre vor unserer christlichen
ihren Anfang genommen. Man sieht also, dals von
keiner andern christlichen Zeitrechnung, als der ge-
wöhnlichen, die Rede ist. In den öffentlichen Akten
dieser beiden Jahrhunderte finden wir aber blots noch
nach Regierungsjahren und Indictionen datirt.
Im achten Jahrhundert wurde der Gebraudi der
dionysischen Aere allgemeiner verbreitet, und zwar
hauptsächlich durch Beda, der ihrer in seinen Schrif-
ten häufig gedenkt. In seinem Buche de temponan
ratione handelt er bei Gelegenheit der Erklärung der
OsterUifel des Dionysius in einem eigenen Kapitd de
annis dominicae Incamattonis ^), aus welchem deutlich
hervorgeht, dals er an ihrer Zahlungsweise nichts ge-
ändert hat. In seiner Kirchengeschichte rechnet
er gewöhnlich nach ihr. So sagt er am Schlufs, dals er
sie geendigt habe anno dominicae Incamattonis septin-
gentesimo tricesimo primo. In einer Epitome, die er
ihr folgen liefs, wiederhohlt er die Hauptbegebenheiten,
indem er sie an die christliche Aere reihet, z. B.: jinno
quadrihgentesimo quadragesimo nono AngU a Britoni-
hus accersiti Briianniam adierunt.
Bald nachher finden wir auch zum erstenmahl eine
öffentliche Yerhandlung nach Jahren dieser Aere datirt.
Die Acta des Goncilii Germanici, das entweder zu
Regensburg oder zu Augsburg gehalten worden, fangen
also an '} : In nomine Domini nostri lesu Christi* Ego
Carlomannusy dux et princeps Francorum, anno ab
') c. 45.
^) Baluzii Capiiularia Tom.I. p.l46.
GHfilSTLICHB VÖLKBB. 377
Incamatione lesu Christi DCCXLIIi XI videUcet Ca--
lendas Maias, cum consilio seivorum Dei et optima-
tum meonun episcopos, qiii in regno meo sunt, con-
gregavi etc. Mit einer ähnlichen Zeitbestimmung sind
die Verhandlungen des zwei Jahr jungem Concilii von
Soissons eingeleitet ^). Bei beiden präsidirte der Lands-
mann und Zeitgenosse Beda's, der heil. Vonifacius«
Der erste Regent, der sich ihrer, wiewohl noch
sparsam , in seinen Edikten * und Diplomen bedient
hat, ist Karl der Grofse, und die tflteste Urkunde,
in der es geschah, das Diploma Mettense'), an des-
sen Schlüsse es heifst: Datum Calendis Maii anno
quinto decimo Regni nostri, ab Incamatione Domini
nostri anno, septingentesimo octogesimo tettio, in die
j^scensionis dominicae, Indict. sexta. Sein Testament
ist Tom Jahr 811 datirt, und in seiner Grabschrift
wird seines Todesjahrs 814 gedacht^).
Ludwig der Fromme gd[>rauchte die cLristliche
Acre zwar selteft, vernachlässigte sie aber doch nicht
ganz, wie unter andern die Verhandlungen der beiden
aachener Concilien lehren, von denen das erste 816 im
dritten, das andere 836 im drei und zwanzigsten Jahr
seiner Regierung gehalten ist^). Seine Söhne dagegen,
Lothar, Ludwig der Deutsche und Karl der
Kahle, haben ihre zahlreich vorhandenen Akten blols
nach Jahren ihrer R^erui^ und nach Indictionen da-
tirt. Erst Karl der Dicke hat wieder nach Jahren
') Ib. p.l55.
') Meu risse HUt, des Evesques de Veglise de dietz p,i79'
^) Eginhard Fita Caroli Magni c.31.
*) Mansi Collect. Conc. Tom.XIY, col. l47 und 673.
378 Technische Chronologie. ^
Christi gerechnet, und zwar so httafig, dafs ihn einige
für den Urheber dieses Gebrauchs gehalten haben ^).
In dem Jahrhundert dieser Regenten gab es übrigens
schon eine Menge Annalisten, die ihre Jahrbücher nach
der christlichen Acre ordneten, z. B. Saxo der Dich-
ter, der im fünften Buche seiner Annales Caroli Magni
unter andern das Todesjahr des Monarchen also be-
zeichnet'):
Post octingentos Christi nascentis ab ortu
Hie annus quartas extUit et decimus»
Mit dem zehnten Jahrhundert endlich wurde der Ge-
brauch der christlichen Aere in Deutschland und Frank-
reich so aUgemein, dafs es unnothig ist, weitere Be-
weise davon beizubringen.
In den päpstlichen Diplomen hat Mabillon') die
Acre des Dionysius nicht vor Leo IX^ der um die
Mitte des elften Jahrhunderts regiert hat, wahrgenom-
men, so daüs Sethus Calvisius offenbar Unrecht
hüt, wenn er behauptet^), sie sei durch die Autoritfit
des Papstes der Chrbtenheit aufgedrungen worden. Sie
kommt in den Bullen anfangs nur sparsam und Uo(s
in solchen vor, die von der Hand des Kanzlers ausge-
fertigt sind, als wenn sie von den Päpsten fiir ver-
dächtig erklärt worden wäre. Dies gilt auch wirklich
*) Jan Hist. aerae Christ, iit der Vorrede and S.95.
^) S. Leibnitii Scripte, rerum Brunsvicensium illusiraiioni
inservienies, Tom. I. p. 169*
^) De re diplom, 11, 2S^ 7.
*) Isagoge chronologiea c.46, p. 158 seines ' C3^iii ehronolo^
gicum (Frankf. 1650> fol, Die erste Ausgabe
1605.}.
Christliche YöiiKSR. 379
von Urbanll, der eine seiner Bullen also datirt^):
Data Laierani VII. Cd. ApnL anno ab Incamatione Do-
mini secundum Dionjrsüun miUesimo nonagesimo octavo,
secundum vero certiorem Evangelü probationem millß-
simö ceniesimo XXI, indictione VI, epacta XF, conr
currente IV. Auch mehrere gleichzeitige Annalisten,
als Marianus Scotus, Sigebertus Gemblacensis
und Gervasius von Ganterbury unterscheiden un-
ter Jahren secundum Dionysium und secunduni
Evangelium. Letzterer &ngt seine Chronik also an:
Anno Gnuiae secundum Dionysium MC, secundum Eyann
gelium *vero MCXXII, suscepit Henricus Primus mo-
narchiam totius AngUae. Man sieht, er setzt den Un-
terschied, der in jenei^ Bulle zu 23 Jahren angenommen
wird, nur auf 22« Der Grund dieser aufiaUeuden Unter-
scheidung liegt nach Petavius') darin, dals Christus
am fünfzehnten Tage des Mondmonats, an einem Frei-
tage und zugleich einer alten Tradition nach (von der
unten) am 25. März gestorben sein soll« Wollen wir
diese drei ZeitcharaLtere vereinigen, so mässen wur sei-
nen Tod in ein Jahr setzen, das zur güldenen Zahl 13
und zum Sonntagsbuchstaben B hat» Ein solches war
das zwölfte der dionysischen Aere und Unge nachher
keins wieder. Da nun Christus ein Alter von 33 bis
34 Jahren erreicht haben soll, so mufs er 22 bis 23
Jahre früher. geboren sein, als Dionysius annimmt« —
Der Schlufs ist richtig; aber niemand verbürgt uns
die Richtigkeit des angeblichen Todestages.
*) Mabillon a. a. 0.
') Voctr, temp, XII, 4.
380 Technische Chronologie.
Paulas von Midclelburg ^) und mehrere nach
ihm behaupten, es sei Eugen lY gewesen, der den
Gebrauch der Jahre ab Incarnatione zuerst in die
päpstliche Kanzlei eingeführt habe. Dies Lann unmög-
lich heifsen sollen, dafs in den Diplomen der frühem
Päpste die dionysische Aere noch gar nicht erwähnt
werde. Wenn aber der Papst genannt werden soll,
der zuerst in eigenhändig vollzogenen Bullen die Jahre
Christi mit denen seines Pontificats zusammengestellt
hat, so wird man, wie Jan versichert, keinen altem
als den eben genannten finden. So* ist eine seiner
Bullen wie folgt daürt ') : Data Romae apud S, Petrum
anno Incamationis DonUnicae MCCCCXXXI, VII. CaL
NouembriSy Pontificatus nostri anno primo.
Durch das Bisherige wird der Leser hoffentlich zu
der Ueberzeugung gelangt sein, dafs unsere Aera vulga-
ris den Abt Dionysius zum Urheber hat. In der
That, hätte sie schon vor ihm bestanden, so würde
man Spuren von ihr in den Actis Martyrum, in den
Verhandlungen der Concflien und in christlichen Grab-
schriften, deren aus dem vierten und fünften Jahr-
hundert noch so manche vorhanden sind, antreffen
müssen ; aber überall findet sich die Zeit nur auf die
bei den Römern gewöhnliche Weise nach Consuln und
Kaiserjahren bezeichnet ^).
Es bieten sich uns hier drei Fragen zur Beantwor-
tung dar: 1) in welches Jahr hat Dionysius die Ge-
') Paulina l.Xm, c.6 (2,300).
') BuUarium magnum Gherubini Tom. I. p.320.
^) Man vergldche Jan c.I. p. 66 ff.
Ghbisxlighs Völkbr. 381
bort ChriBÜ gesetzt? 2) la ivelchem Yerhttltiiifs. steht
seine Bestimmung zu den Angaben der bewährtesten
Kirchenväter? 3) Um wie viel Jahre zählt seine Aere
zu wenig? Denn dals sie zu wenig zählt t ist längst
anexiuumt.
Was die erste Frage betrifft, so ist es eine herge-
brachte Meinung, dafs die dionysische Aere ursprünglich
ein Jahr mehr ab jetzt gezählt und ihre gegenwärtige
Form erst durch Beda erhalten habe. Petavius^),
von welchem diese Ansicht ausgeht, drückt sich also
aus: Coniecturae nostrae summa est, Dionjsiwn Eon-
guum Incamationem ac Natalem Domini eodem anno
statuisse, quo *vulgo hodieque ponitur, eo scilicet, qui
Christianam aeram proxime praecedit: tum ab eodem
Incamationis annos numerare coepisse^ sie ut uno mi"
nus anno nwneremus hodie quam Dtonjrsius institue-^
rat, quam%ds in incamatione ipsa et natali nihil ab
eo discrepemus. Dieselbe Behauptung ist öfters wieder-
hohlt worden ')• Noch in der neuen Ausgabe des Art
de verifier les dates heilst es bei Gelegenheit des
Calculus Pisanus^): Tous les sa^ans convienfient,
que Dinys le Petit avait 6tabU cet usage en Italic,
en introduisant la maniere de compter par les an--
nees de Notre^-Seigneur. Hiemach hätte er also ei-
gentlich seine Aere drei Yierteljahr vor ihrer jetzi-
') Doctr, temp, Xu, 2,
^) Man sehe unter andern Gassendi's Romanum Calenda^
rium c. 5; Wilh. Langius gelehrtes Werk de annis Christi
LI. c. 1. G. A. Hamberger*8 Dissertatio de epochae Christian
nae ortu et autore (Jena 1707, 4) p. 4l ff.
') Tom.I, p.ll.
382 Technische Chronologie.
gen Epoche angefangen. Die Sache ist aber ohne allen
Grund. Da£i er nicht vom 25. MSrz gerechnet haben
könne, geht daraus klar hervor, dafs er jedem Jahr ah
Incamatione Domini nur ein Osterfest gibt, da er sonst
öfters zwei Feste auf einerlei Jahr gesetzt haben mülkte,
z. 6. auf das Jahr 536, das fünfte seines Cydus; denn
hätte er es dem Galculo Pisano gemäfs schon mit dem
25. März 535 begonnen, so würde das Fest in demsel-
ben zweimahl, am S.April und 23. März, zu feiern
gewesen sein. Auch zeigt seine Epistola ad Petro-
nium, die der Ostertafel zur Einleitung dient, und
noch besser die Petavius imbekannt gebliebene, erst
von Jan ans Licht gezogene, Ostertafel selbst, dals sein
532stes Jahr vollkommen, mit dem 532sten nach jetzi-
ger Acre übereinstimmt; denn alle damit verknüpften
Zeitmerkmale, Epakte, Ostergrenze, Datum des Oster-
festes , Indiction u. s. w. sind genau dieselben, die wir
dem Jahr 532 beilegen. l\atk war, gerade so wie uns,
das erste Jahr der Acre das zweite des neunzehnjähri-
gen Mondcirkels — wie auch Beda ausdrücklich be-
merkt ^) — femer das 4714te der julianischen Periode,
das 754ste der Sladt Rom nach varronischer Reehnung,
das vierte der 194sten Olympiade, die sich im Sommer
desselben endigte, und das 312te der seleucidischen
Acre, das drei Monate früher begann.
Wir zählen also unsere Jahre von der Geburt
Christi eben so wie Dionysius. Am natürlichsten
scheint es nun, dafs er die Rechnung auch wirklich
mit dieser Epoche angefangen und nur die acht Tage
vernachlässigt habe, um welche die Eirdie das Geburts-
*) De iemporum ratione c. 45.
Christlighb Völkbr. 383
fest vor der gewöhnlichen Jahrepoche feiert* Auch le-
gen ihm die bewährtesten Chronologen, namentlich
Noris und Pagi, diese Ansicht bei. Nur Sande-
rn ente behauptet 0, dafs er Christi Geburt an den
Schlufs nicht des ersten Jahrs vor, sondern des ersten
nach der Epoche seiner Acre, nämlich auf den 25. De-
cember des Jahrs 4714 der julianischen Periode, gesetzt
habe, und seine Grunde yerdienen auch wirklich alle
Aufmerksamkeit.
Dionysius spricht sich über die Zählungsweise
seiner Jahre nirgends aus. Aber nach dem Gebrauch
zu urtheUen, den wir bei den Kirchenvätern von dem
Worte (TopKwa-^, incamaüoy gemacht finden, war ihm
die eigentliche Epoche seiner Jahre ab Incarnatione
höchst wahrscheinlich die Verkündigung Maria.
Nun hat die Kirche die Verkündigung von jeher an
den 25. März geknüpft. Hätte er also , wie man ge-
wöhnlich annimmt, Christi Geburt auf den 2S. Deoem-
ber des Jahrs 4713 der julianischen Periode gesetzt;
so würde er seine Acre neun Monate nach ihrer wah-
ren Epoche angefangen haben, und dies ist nicht wohl
zu glauben. Fing er sie dagegen drei Monate vor der-
selben mit der bürgerlichen Jahrepoche an, so hatte er
die Gewohnheit des ganzen Alterthums fiir sich, das
die Jahre seiner Regenten und Acren durchgehends auf
eine analoge VITeise geühlt hat '). Dazu kommt, da£i
ihn Beda und alle Computisten des Mittelalters nicht
^) De vulgaris aerae emendatione l. lY, c. 8.
') Man yergldche unter andern, wa« oben (1,117,465) über
den Anfang der Jahre im Regentenkanon des Ptolemäus
und über die Epoche der antiochenischen Aere gesagt bt.
384 Technische Chronologie.
anders verstanden haben *)• Der erste sagt'): In primo
suo circuh gmngentesimum tricesimum secundum do^
minic£ie incamadonis annum in capüe ponendo, ma^
nifeste docuit, secundum sui circuli annum (man er-*
innere sich, daiii das erste Jahr der christlichen Acre
zur güldenen Zahl 2 hat) ipsum esse, quo eiusdem jo-
crosanctae iiuranuuionis mjrsterium coepit. Hiemach
würde also eigentlich der Caleulus Florentinus der Mei-
nung des Dionysius entsprechen. Nehmen wir, der
jetzt gebräuchlichen Terminologie gemäis, Christi Ge-
burt als den terminus a quo an, von dem er ausging, so
müssen wir freilich sagen, er habe seine Aere bdnahe
um ein Jahr zu früh begonnen; allein diese Ansicht
ist der eigentlichen Bedeutung des Worts Incarnatio,
dessen er sich bedient, nicht gemäfii. Erst als um die
Zeit Karl's des Grofsen der Jahranfang mit dem
25. December aufkam, scheint man Incarnatio als
Synonym yon Natiyitas genommen lu haben. Nun
bildete sich die Meinung aus, die man ihm gewöhnlidi
unterschiebt. Späterhin kehrte man zur ursprünglichen
Bedeutung des Worts zurück, und so entstand der, cal-
eulus Pisanus, der die Aera ab Incamatione um. ein
YoUes Jahr früher anfiingt, als der calculns Floren-
tinus.
Es scheint nun also festzustehen: Dionysius setzte
Christi Geburt an den Schlufr des ersten Jahrs seiner
Aere, des 47l4ten der julianischen Periode, des 7S4sten
der Stadt Rom.
*) Veigl. PetaTÜ Doctr. temp. Xu, 1.
*) De temp, ratione c. 45.
Christliche Völker. 385
Wenn wir, mit Bezug auf unsere zweite Frage,
nicht eine sehr unbestimmte Zeitangabe beim lusti-
nms Martyr, nach welcher Christus 150 Jahre vor
ihm geboren sein soll*), berücksichtigen wollen, so sind
Irenäus, Tertullianus und Clemens Alexan-
drin US die ältesten, die hier genannt werden müssen.
Der erste sagt '} , Christus sei um das 41ste Jahr der
Regierung des Augustus geboren, d. i. um das Jahr 751
d.St.; denn der Anfang der Regierung des Kaisers wird
hier offenbar an das Triumvirat geknüpft, zu welchem
er sich im Jahr 711 d. St. mit Antonius und Lepidus
verband ^), wo er zugleich zum erstenmahl das Consu-
lat verwaltete. Tertullianus stimmt hiermit über-
ein ^) , indem er die Dauer der gedachten Regierung
auf 56 Jahre setzt, von denen 41 vor i^nd 15 nach der
Geburt Christi gezahlt sein sollen. Clemens drückt
sich also aus*): ,, Einige, welche die Geburtszeit un-
,,8eTS Heilandes sorgfältig erforscht haben, geben nicht
,,blofs das Jahr, sondern selbst den Tag derselben an,
,, nämlich den 25. Pachon des 28sten Regierungsjahrs
,,des Augustus«" Nach alezandrinischer Weise wird
hier August's Herrschaft von dem Zeitpunkt gerechnet,
^o er nach dem Tode des Antonius und der Cleopatra
Aegypten zu einer römischen Provinz machte, vom
1. Thoth oder 29. August des Jahrs 724 d.St. Man
sieht, dafi diese Bestimmung Christi Geburt ins Jahr
*) Apologia II pro Christianis p. 83. Opp. ed. Paris. I6l5.
^) jidv. Haeres, l.m. c.25.
^) Dio Gassius 1. XLYI am Schlufs.
*) Adv. ludaeos c.8. p.98. Opp. ed. 1697.
•) Strom. 1. 1. p. 147.
n. [25]
386 Technische Chronologie.
752 bringt. Eusebius wiederhohlt und bestätigt sie.
,,Es war, sagt er ^), das 42ste Regierungsjahr des Au-
,,gustus, das 28ste seit der Unterwerfung Aegyptens
,,und dem Tode des Antonius und der Cleopatra, wo-
,,niit die Dynastie der Ptolemäer erlosch, als unser
,,Herr und Heiland Jesus Christus zur Zeit der ersten
,, Schätzung Syriens unter dem Proconsul Quirinus, den
,, Weissagungen der Propheten gemäfs, zu Bethlehem in
„Judäa geboren wurde." Der Anfang der Regierung
Augustes wird hier eben so, wie beim Irenäus^ auf
das Jahr 711 d. St. gesetzt, womit auch das Chroni-
con des Eusebius übereinstimmt; denn nach des Hie-
ronymus Uebersetzung wird ihre Dauer auf 56 Jahre
und 6 Monate berechnet ') , was fiir ihren An&ng- die
ersten Monate des Jahrs 711 gibt, indem August im
Jahr 767 am 19ten des nach ihm benannten Monats
gestorben ist (2, 112). Auch Epiphanius ^) nennt
das 42ste Regierungsjahr, das er noch näher durch das
Consulat des Octayianus Augustus XHI und Silyanus
bezeichnet, als das Geburtsjahr Christi.
Diese Angaben der Kirchenväter, die anerkannt zu
den gelehrtesten gehören, stimmen wesentlich mit ein-
ander überein. Von der lateinischen Kirche ist Christi
Geburt frühzeitig an den 25. December, und yon der grie-
chischen bis zum vierten Jahrhundert an den 6. Januar
geknüpft worden (23 329). Trenäus imd Tertullianus,
die beide im Occident lebten, haben daher unstreitig die
Geburt auf den 25. December des Jahrs 751 d.St. gesetzt.
*) Hist, eccL I, 5. »
') Ad Olymp. 1S4. Opp. Hieron. Tom.Vin, p.6l2.
*) Haeres. LI, c. 32, p. 444.
Christliche Völker. 387
Epiphanius nennt das Jahr 752, aber zugleich ans*
driicklich den 6. Januar. Für eben diesen Tag hat
sich wahrscheinlich auch Eusebius entschieden. Der
25. Fachen der Alexandriner oder 20. Mai beim Cle-
mens steht als Geburtstag Christi ganz isolirt da *);
das Jahr bleibt jedoch dasselbe.
Hiernach wäre also Christus zwei Jahre vor der
Epoche der dionysischen Acre geboren '). Der Grund
dieser so übereinstimmigen Angabe bei den Kirchenvä-
tern ist ohne Zweifel im dritten Kapitel des Evange-
listen Lucas zu suchen, wo es heifst, Christus sei
etwa dreifsig Jahre alt von Johannes getauft worden,
der sein Tauferamt im fünfzehnten Jahr des Ti-
ber ius angetreten. Als Datum der Taufe nimmt man
') Der 25. Pachon ist rielleicht ^o entstanden : die ägyptischen
Cbristen, da sie hörten, dafs Christus im neunten Monat, nüm«
lieh des jüdischen Jahrs, geboren sei, dachten an den neunten
des ihrigen, d. i. an den Pachon (1, l43).
') Späterhin ist man im Orient noch ein Jahr weiter zurück-
gegangen. In einem von Cotelerius in einer Anmerkung zu
der oben (2, 326) citirten Stelle der Constitutiones Jpostolicae
mitgetheilten Fragment des Cod. l474 der, pariser Bibliothek
heifst es: „Der "EivayytXv^QQ (die Verkündigung Maria) ist im
,,Jahr 5505, Sonntags den 25. März, und die Gebu^^t im Jahr
,,5506 den 25, Decerober erfolgt.** Es ist von der constantinope-
lischen Weltare die Rede, deren 5506tes Jahr am I.September,
des vierten yor unserer Aere, anfängt. Die Chronik Ton
Edessa (1,452) und Sulpitius Seyerus stimmen hiermit über«
ein , indem erstere (S. 389) Christi Geburt in das Jahr 309 dei*
seleucidischen Aere setzt, und letzterer {Hist, 1. U c. 39) die Gon-
suln Calyisius Sabinus und Passienus Rufus als diejenigen nennt,
unter denen Christus geboren sein soll. Friedrich Spanheim
hat diese und noch ändert minder bewähile Angaben in einer
Tafel zusammengestellt. Opp, Tom. I. p. 205.
[25*1
388 Technische Chronologie.
gewöhnlich im Orient den 8. November , im Oocident
den 6. Januar an. Nun begann das fünfzehnte Jahr
des Tiberius im 781sten d.St., nach jüdischer Rech-
nungsweise mit dem Frühlingsmonat Nisan (1,522),
und wurde Christus im Yerkuf desselben 30 Jahre alt,
so mufs er gegen den Anfang des Jahirs 752 d. St.
geboren sein.
Scaliger, der diese dem Anschein nach mit dem
Eyangelio ganz übereinstimmende Angabe für unbedingt
richtig hält, sagt ^): Biennio integre a vero nos remo-
\fit sanctio Dionysiana; quod utinam nunquam in men-
tem ^enisset aut ilU Iioc imperandi, aut nobis pcuiendi.
Aus obiger Darstellung geht aber hervor, dals Diony-
sius die Geburt Christi nicht zwei, sondern drei Jahre
später als jene Kirchenväter gesetzt hat, wenn gleich
seine Aere nur zwei Jahre weniger zählt. Was ihn
veranlalst haben mag, von einer Bestimmung abzuge-
hen, die so wichtige Autoritäten für sich hatte und ihm
unmöglich ganz unbekannt sein konnte, wissen wir
nicht. Nur so viel ist klar, dais sich Pagi's Behaup-
tung ') , er habe seine Aere aus dem Orient und na-
mentlich vom Panodorus entlehnt, mit jener Dar-
stellung nicht verträgt; denn dieser ägyptische Mönch
setzte, wie wir unten sehen werden, Christi Geburt in
das Jahr 753 d. St.
Wir wenden uns nun zu unserer dritten Frage, die
wir also stellen wollen: in welchem Jahr der juliani-
schen Aere oder der Stadt Rom wurde Christus aller
*) Emend. temp, l.YI, p. 548.
') Dissert. de penodo Grßeco^Romana (vor der Criitca im
Jnnaies Baromi) S. 14.
Christliche Völker. 389
WahTScheinlichkeit nach geboren? Dieser Gegenstand
hlät den Scharfsinn vieler Gelehrten beschäftigt, und
noch immer hat sich keine ganz feste Meinung darüber
ausgebildet. Nur so viel ist längst und allgemein aner*
kannt, dais unsere von Dionysius herrührende Aera
vulgaris mindestens um yier Jahre zu wenig
zählt. Ich werde die Gründe, die auf dieses Ergeb-
nils geleitet haben, *in der Kürze darlegen. Sie sind
sämmtlich von der Geschichte des jüdischen Königs
Herodes, des sogenannten Grofsen, entlehnt, der
nach den Evangelbten zur Zeit der Geburt Christi noch
am Leben war.
losephus, dessen aus den Commentarien des Ni-
colaus Damascenus, des vieljährigen Gesellschafters
und Vertrauten dieses Fürsten, geschöpfte Nachrichten
sich überall als glaubwürdig bewähren, berichtet^},
Herodes sei 01.184 unter dem Consulat des Gn. Do-
mitius Calvinus und C. Asinius PoUio, d.i. im Jahr
714 d. St. , auf Veranlassung des Antonius und Octa-
vianus durch einen Beschlufs des Senats zum Könige
von Judäa ernannt worden. Er gelangte aber nicht
sogleich zum ruhigen Besitz seines Königreichs, sondern
mufste es erst vom Antigonus erobern, der sich mit
Hülfe der Parther zum Könige von Judäa aufgeworfen
hatte, aus dessen Besitz sein Vater Aristobulus im
Jahr 691 d. St. vom Pompeius verdrängt worden war.
Herodes, von römischen Legionen unterstützt, ero-
berte Jerusalem ui^d liefs den Antigonus hinrichten.
Dies geschah nach Dio Cassius '} unter dem Consu-
*) Aniiqq, XTV, l4,5.
^} HisL Rom. I. XUX, c. 22.
390 Technische Chronologie.
lat des Claudius und Norbanus a. u. 716, nach lose-
phus ^) unter dem des Agrippa und Caninius Gallus
a. u. 717* Der letztere hat ohne Zweifel Recht; denn
aus der ganzen Reihenfolge der Begebenheiten gßht, wie
Sanclemente zeigt ^), klar hervor, dafs Jerusalem
nicht vor dem Sommer 717 d. St. erobert sein könne.
Hiermit stimmt auch die wiederhohlte Versicherung des
losephus^), dafs Herodes 37 Jahre nach seiner Er-
nennung zum Könige, und 34 nach der Hinrichtung
des Antigonus gestorben sei.
Nehmen wir nun an, dajs der jüdische Gescbicht-
schreiber die Jahre nach der Gewohnheit seines Volks
vom Nisan an rechnet, und dafs die eben gedachten
Zahlen laufende, nicht vollendete, Jahre bezeichnen,
so ist Herodes im Jahr 750 d. St. nach dem l.Nisau
gestorben. Auf eben dieses Ergebniis leiten auch meh-
rere von der Geschichte seiner Söhne Herodes An-
tipas, Archelaus und Philippus entlehnte Argu-
mente, wovon ich hier nur eins anführen will, auf
welches Sanclemente mit Recht ein besonderes Ge-
wicht legt. Der erste, den die Evangelisten öfters er-
wähnen, wurde durch das Testament seines Vaters zum
Tetrarchen von Galiläa ernannt und in dieser Würde
von August bestätigt. Caligula beraubte ihn der-
selben und verwies ihn nach Lugdunum. Dies geschah,
wie Noris bündig darthut ^), im Spätsommer des Jahrs
792 d. St. Es sind aber drei Münzen von diesem
*) Aniiqq. XIV, 16, 4.
'^) De vulgaris aerae emendatione Lm, c. 6.
0 Jntiqq. XVII, 8, 1. De hello lud. I, 33, 8.
*) In seiner Epistola ad P. Jntonium Pagium de nwnmo
Herodis Antipäe, Opp. Tom. 11, col. 647 ff.
Ghristlichb Yölkea. 391
Fürsten mit der Jahrzahl MF^ 43, vorhanden, welche
Koris und Sanclemente beschreiben. Hiemach
kann er seine Regierung, zu der er erst nach dem
Tode seines Yaters gelangte, spätestens im Jahr 750
angetreten haben. Von noch einer andern Münze mit
der Jahrzahl MA, 44, die der unkritische Yaillant
gesehen haben will, und die Fröret viel zu schaffen
gemacht hat^), bezweifelt Eckhel') die Existenz, und
wirklich weiset Sanclemente beiriedigend nach ^),
dals sich Yaillant geirrt hat.
Wir kennen aber nicht blofs das Jahr, sondern
auch die Jahrszeit, in die wir den Tod des Her ödes
zu setzen haben. Wie losephus berichtet ^), entstand
während seiner letzten Krankheit eine Empörung, an
deren Spitze sich der Schriftgelehrte Matthias beiand. Er
liels die Schuldigen verbrennen, und in der Nacht, wo
dies geschah, war eine Mondfinsternifs — xoi ij o-e-
Xnjyi] T^ ourf] wxrl l^ikiTTEv. Unmittelbar nach seinem
Tode, wie aus der Erzählung des jüdischen Geschicht-
schreibers erhellet, wurde das Passahfest gefeiert^}.
Nun trat in der Nacht vom 12 zum 13ten März des
. Jahrs 750 d. St. oder 4 vor unserer Zeitrechnung eine
partiale Mondfinsternifs ein, die ich einer genauen Be-
rechnung unterworfen habe. Nach den Delambreschen
') S. sein Eclaircissement sur Vannde et le temps precis
de Ul mori d'Hdrode le Grand. Mdm. de VAcad. des Inscr,
Tom. XXI, p. 278 ff.
*) Doctr. num. Vol. BH, p. 489-
^) l. m, c. 1.
♦) 4ntiqq. XVH, 6, 4.
*) xvn, 9, 3.
392 Technische Chronologie.
Sonnen- und Mayer -Masonschen Mondtafeln eieignete
sich ihr An&ng zu Jerusalem » 2 St. 13' östlich ycm
Paris *), um 1 U. 4S', und ihr Ende um 4 U. 12'
Morg. w. Z. Im Mittel, um 3 Uhr, betrug die Gid&
4, 7 Zoll am nördlichen Rande. Der folgende Toll-
mond, der erste im Frühling, hat ohne Zweifel das
Passah bedingt, und so mufs der Tod des Königs in
den ersten Tagen des Aprils und zugleich des Nisan
erfolgt sein, unter welcher Voraussetzung alle aus der
Geschichte entlehnte chronologische Merkmale vollkom-
men richtig erscheinen, wobei noch bemerkt weiden
mufs, dafs sich im Jahr 7S0 weiter keine zu Jerusalem
sichtbare Mondfinstemüs zugetragen hat. Im Jahr 751, i
in welches einige den Tod des Königs haben setzen
wollen, hat es gar keine Mondfinsternifs gegeben.
Dieses auf den ersten Blick sehr befriedigende Er-
gebnis wird nun aber durch die Menge der Begeben-
heiten, die sich nach losephus umständlicher Erxäh-
lung yon der Hinrichtung der Empörer bis zum Passah
ereignet haben sollen, wieder zweifelhaft gemacht. Um
dieser Schwierigkeit zu begegnen, nimmt San de-
mente an '), dafs die Hinrichtung schon ein paar
Monate vor Her od es Tode erfolgt sei, und dafs die
Finsternifs, die dabei eingetreten sein soll, in irgend
einer zufälligen Verdunkelung des Mondes bestanden
habe. Aber das Wort I^^Xitte beim losephus ist das
Yocabulum proprium von Finsternissen. Fröret, der
sich die Mondfinsternifs mit Recht nicht nehmen lassen
*) Monatl. Corresp. des Frahemi Ton Zach B. XviUi
S. 544.
•) l.m, C.11.
Christliche Völker. 393
will, spricht von der Einschaltung eines aufserordent-
liehen Nisan, wodurch das Passah bis zum 10. Mai ver-
zögert sein soll ^), und Usher will gar den Tod des
Königs bis gegen Ende des Novembers verschoben wis-
sen '), weil in einem jüdischen Traktat n'^ar^n nVän ^e-
g^leth thanith. Buch des Fastens, unter dem Kis-
lev, einem der Herbstmonate, angemerkt steht: ,,der
,, siebente ein Fasttag, weil an ihm DliniSi Hurudes,
,,ein Feind der Weisen, starb; denn es ist eine Freude
,,Vor Gott, wenn die Bösen scheiden." Es bedarf aber
meines Erachtens weder jener gezwungenen Hypothesen,
noch dieser obscuren Tradition, wenn wir nur die sehr
einfache Voraussetzung machen, dais losephus, wie
er auch sonst zu thun pflegt, die gedachten Begeben-
heiten mehr in faktischem als chronologischem Zusam-
menhange erzahlt, und dem Yerbrechen der Empörer
gleich ihre Strafe beigefügt hat, statt beide Fakta durcb
einen Zwischenraum von mehreren Monaten zu tren-
nen, während dessen sich andere später von ihm er^
wähnte Dinge zugetragen haben. So retten wir die
Finstemifs, die nun ihrerseits ein herrliches Zeitmerk-
mal wird, das den Tod des Herodes imwidersprechlich
in den Frühling des Jahrs 750 d. St. bringt.
Hiemach ist nun klar, dafs Christus nicht später
als um den Schlufs des Jahrs 749, vier Jahre vor
der Epoche unserer Aere, geboren sein könne. Sollten
wir aber nicht noch weiter zurückgehen müssen, da
Herodes nach der Erzählung der Evangelisten noch
Jahr imd Tag nach Christi Geburt gelebt zu haben
*) S.287.
') Armales veiens ei novi Tesiamenti ad ann. IV a.Chr.
394 Technische Chronologie.
scheint? Sanclemente, der diesen Gq;ensland am
erscböpfendsten behandelt hat, entscheidet sich fiir das
Jahr 747* Seine Gründe sind folgende.
Lucas berichtet im Anfange seines zweiten Kapi-
tels, Christus sei geboren zur Zeit der yon August im
ganzen römischen Eeich verordneten Schätzung — ebro-
ypä4fri — und dies sei die erste gewesen unter Kyrinius,
dem Statthalter Syriens — avrri i] iitoypeü^ Trpwrrj e/i~
ytTo i^fxovivoyTog ^vpia^ Kvptiviov. Es bt P.Sulpitius
Quirinus gemeint, der im Jahr 742 d. St. Consul
und nachher Präses von Syrien war. Er wurde dies
aber erst neun Jahre nach Herodes Tode, wo er in
dieser Eigenschaft nach Syrien gesandt ward, und, wie
losephus berichtet*), nach Judäa kam, um die Gü-
ter des von August exilirten Archelaus zu oonfisciren
und seine mit Syrien vereinigte Ethnarchie zu schätzen.
Dies ist offenbar nicht der Gensus, von welchem der
Evangelist redet und den er den ersten nennt, mit
Bezug auf den spätem, den er in der Apostelge-
schichte erwähnt'). Nun kennen wir sämmtliche
Statthalter Syriens aus der Zeit des August')» und wis-
sen bestinmit, dais es zur Zeit der Geburt Christi nur
entweder Q. Sentius Saturninus oder P. Quinti-
lius Yarus gewesen sein könne. Der erste war es
vom Jahr 744 d. St. ab, der andere, wie aus an-
tiochenischcga Münzen erhellet, spätestens vom Sommer
*) Jniiqq, 1. XYIII im Anf.
*) c. 5 T. 37.
') S. das yeraeidinifs derselben in Noris Cenoi. Pis. disi.n,
c. 16, nnd yergleiche damit sein Werk Annus et epochae Syrom.
diss. m, c. 7 imd Sanclemente l.in, c.3 ff.
Christliche Yölker« 395
748 ^) bis nach Herodes Tode. Es bleibt also nichts
weiter übrig, als die Voraussetzung, dafs Quirinus,
zur Schätzung Syriens und Judaas aufserordentlich yon
August beauftragt, sie gemeinschaftlich mit einem der
gedachten ordentlichen Statthalter veranstaltet hat; denn
dafs, wie Valesius und Huetius geglaubt haben, im
Text des Lucas für Kyrinius entweder Saturni-
nus oder Quintilius zu setzen sei, ist ganz unstatt-
haft, da sich in Leiner Handschrift des neuen Testa-
ments eine Variante, und bei keinem der Kirchenväter,
die diese Stelle citiren, yon lustinus Martyr, einem
der ältesten, bis auf Hieronymus, einem der gelehr-
testen, ein anderer Name genannt findet.
Die Schätzung im Evangelium hat den Auslegern
viel zu schaffen gemacht ')• Wie konnte August Judäa
*) Es kommt nämlich eine Münze mit seinem Bildnisse und
der Jahrzahl XXY vor. Diese bezieht sich auf die Aera acti-
aca der Anliochener, deren 26s tes Jahr mit dem Herbst 748
d. St. begann (1,470).
^) Man vergleiche unter andern Hm. Paulus Kommentar
über die drei ersten Evangelien Th.I. S.l40 ff. üntiT den
verschiedenen Meinungen empfiehlt sich noch am meisten die des
Joh. Georg Herwart, der S. 188 seines chronologischen Werks
irpm) i^ivfTQ für npirtpov fyivno nimmt, in dem Sinne: ,, diese
9, Schätzung fand Statt, ehe Quirinus Präses vcm Syrien wurde.**
Es war dies, würde so der Evangelist sagen, nicht die allgemein
bekannte Schätzung aus der Zeit des Quirinus, sondern eine frü-
here, von der in Palastina weniger die Rede ist. Ein ähnlicher
hebraistrender Gebrauch des Worts «purroc kommt beim Evange-
listen Johannes vor, 1, 15 und XY^ 18. — Der Tollständige Titel
dieses übrigens wunderlichen Buchs ist: Admiranda ethnicae
theologiae mjrsteria propalata. Accessit exacia temporum rO"
iio adversus incredibiles Chronologiae vulgaris errores, Mün-
chen 1626, 4.
396 Technische Chronologie.
schätzen lassen, ehe das Land eine romische Provinz
geworden war, und wie hat man sich das Stillschweigen
zu erklären, das losephus und andere Geschichtschreir
her über diese Schätzung und ihren Vollzieher Quirinus
beobachten? Sanclemente sagt, die Schätzung yon
Judäa war kein eigentlicher Census, sondern eine
blofse Descriptio oder YoIksnLhlung. Tacitus nSm-
lieh gedenke ^) eines eigenhändig yon August entworfe-
nen Libellus, worin die opes puhlictie yerzeichnet
standen, quantum civium socionunque in armis, quot
classes, regna, prouinciae, tributa aut ^ectigaUa n* s. w.
Suetonius') nenne diese Schrift Breyiarium totius
imperii, und führe als Hauptinhalt an quantum mi"
Utunt sub signis ubique esset. Nur zum Behuf der
Anfertigung dieses Breyiarii habe August zugleich mit
dem gesammten romischen Reiche auch Judäa schätzen
lassen, vielleicht in der Absicht, um beurtheilen zu
können, welche Streitkräfte die verbündete Provinz in
einem Kriege mit den Parthem verheifse. Was das
Prädikat iqyBfionvwv betrefie, das Lucas dem Quirinus
beilegt, so gebrauche er es auch von Pontius Pila-
tus, der doch blofs Prokurator in Judäa unter dem
Oberbefehl des Präses von Syrien war« Es sei, wie
bciTpoTTog beim lustinus Martyr, ein Titel, der dem
Quirinus als Bevollmächtigtem August's, mit Recht ge*
bühre. Dafs er zu einer Schätzung von Judäa schon
bei Lebzeiten des Herodes nach Syrien gekommen und
einer der zwanzig Commissarien gewesen sei, die nach
Suidas ^) von August mit dem Census des
*) AnnaL I, 11.
») Aug. c. 101.
Christliche Völkbr. 397
Reichs beauftragt wurden, sucht Sanclemente *)
mit Hülfe zweier früherhin zu diesem Zweck nicht be-
nutzten Inschriften zu beweisen, und, wie ich glaube,
nicht ohne Erfolg, wiewohl das auf mannig&chen Com-
binationen beruhende Resultat immer nur ein wahr-
*
scheinliches genannt werden kann«
Wenn Tertullian, einer der ältesten Kirchen-
yflter, in seiner Schrift gegen den Marcion') von der
Schätzung, unter der Chxistus geboren wurde, sagt:
Census constat actos sub Augusto in ludaea per Sen-
tiwn Satuminum, so ist er gerade nicht mit Lucas
im Widerspruch. Er nennt den damahligen ordent-
lichen Präses von Syrien, durch welchen Quirinus,
zu diesem Geschäft eigentlich beauftragt, den Census
in Judäa gar wohl veranstalten lassen konnte. Nun
war Sentius der Präses Syriens bis zum Sommer des
Jahrs 748 d. St. ; Christus kann also, sagt Sancle-
mente, nicht nach dieser Epoche geboren sein. Und
dafs er gerade am Schluls des Jahrs 747 geboren sei,
glaubt er delshalb ^) , weil alle Kirchenväter und alle
Hartyrologien der katholischen Kirche darin überein-
stimmen, dafs die Menschwerdung Christi in eine Zeit
zu setzen sei, wo überall im römischen Reiche Frieden
herrschte. Dies war aber nicht vor dem Julius des
Jahrs 746 der Fall, wo Tiberius siegreich und triumphi-
lend aus Deutschland nach Rom zurückkehiSe. Höchst-
wahrscheinlich wurde damals der Janustempel geschlos-
sen und erst 752 beim Ausbruch eines Krieges mit den
«) 1. rv, c. 3 und 4.
•) 1. IV, c. 19.
') L rv, c. 1.
398 Technische Chronologie.
Parthern wieder geöffnet. Die Empfängnifs Maria moSi
also, 80 schliefst er *), auf den Frühling, und die Ge-
burt Christi auf den 25. December des Jahrs 747 ge-
setzt werden. Hiemit stimme auch das Zeugniis des
Evangelisten Matthäus'), nach welchem Herodes
von Christi Geburt unterrichtet, zu Bethlehem und in
der Umgegend alle Kinder von zwei Jahren und
darunter — ino iuroS^ xou xaTwripw — habe ermorden
lassen, nach der Zeit, die er von den Magiern er-
forscht ^) ; auch finde sich bei einigen Kirchenvätern
die Tradition, dafs Christus sich fast zwei Jahre bis
nach Herodes Tode in Aegypten aufgehalten habe.
Der Pater Dionysius Magnan, der ein Buch
des Titels: Prohlema de anno nati\^itads Christi ge-
schrieben^), geht noch ein Jahr weiter als San de-
mente zurück. Sueton sagt vom August*): Cenr-
sum populi ter egit, primum ac teriium cum coUega^
medium solus. Von diesen drei Schätzungen führt das
Monumentum Ancyranum ^) in seiner zweiten
Tafel unter andern Umständen auch die Zeiten an.
•) 1. IV, c. 7.
») c. 2 T. 16.
') Merkwürdig bt es, dafs auch Macrobius, der sich nir-
gends als Christ zu erkennen gibt, des bethlehemitischen Kin-
dermords gedenkt. Er führt nämlich unter andern Späfsen voa
August auch folgenden an: Cum audisset, inier pueros, quos in
Sjrria Herodes Rex ludaeorum infra himaium iussit inlerfici,
ßlium quoque eius occisum , ait : melius est Herodis porcttm
esse quam ßlium, Saturn, II, 4.
•) Hom 1772, 8.
») Aug. c. 27.
*) Gr uteri Thesaurus Inscripi. p. GGXXX.
Ghaistlighb Völker. 399
wo sie veranstaltet worden sind. Die erste gehört ins
Jahr 726 d. St., die zweite in 746 — Censorino et Asü
nio Cöss.j wie Casaubonus und Gruter ergänzend
lesen—, die dritte in 767« Die zweite nun hält Ma-
gnan für eben die, deren der Evangelist gedenkt, und
dies ist ihm das HauptmomeYit für seinen Satz, dafs
Christus im Jahr 746 d. St., sieben Jahre vor der
Aera vulgaris, geboren sei. Allein Sanclemente
zeigt ^), dals das Monument blois von einem zu Born
vollzogenen Gensus und damit verbundenen Lustrum,
keinesweges von einer allgemeinen Schätzung des rö-
mischen Reichs spreche, wenn er auch gleich nicht in
Abrede steht, dafs August nach eingetretenem allgemei-
nen Frieden diesen Gensus zum Behuf seines Breviarii
veranstaltet habe und dadurch zu einer Schätzung des
gesammten Reichs veranlafst worden sei, die jedoch erst
im folgenden Jahr zu Stande gekommen.
Wer obige für das Jahr 747 beigebrachte Gründe zu-
sammengenommen aufmerksam erwägt, wird sich schwer-
lieh der Ueberzeugung erwehren, dals die so lange strei-
tig gebliebene Frage, um wie weit unsere christliche
Ae^ von der Wahrheit abweicht, nun endlich als ge-
löset zu betrachten sei. Es gibt aber noch ein Mo-
ment mehr für die Entscheidung, das der italienische
Ghronolog bei seiner Unkunde der Astronomie nicht
beachtet hat.
Im zweiten Kapitel des Evangelisten Matthäus
heilst es, die Magier oder, wie Luther übersetzt,
die Weisen aus dem Morgenlande, seien nach
Jerusalem gekommen, um sich nach dem neugebomen
•) 1. IV, c. 2.
400 Technische Chronologie.
Könige der Juden zu erkundigen, dessen Stern —
d^poL — sie in Osten — Iv r^ ivaroX^ — gesehen,
und dieser Stern, von dem wiederhoUentlich bemerkt
wird, dals sie ihn im Morgen wahigeoommen, hahe ih-
nen bis Bethlehem geleuchtet *)• Gewöhnlich nimmt
man denselben, wenn auch nicht für ein Gebilde der
Phantasie, doch fiir ii^iend ein Meteor, das entweder
zufäUig oder ad hoc entstanden sei. Wir wollen uns
weder zu den Ungläubigen noch zu den Uebei^ubigen
zählen, und dies Gestirn mit Kepler fiir ein wirk-
liches, dem Calcul gar wohl zu unterwerfendes, hal-
ten, nämlich für die in Gonjunction befindlichen
Planeten Jupiter und Saturn. Dals nur Ton
einem Stern * op^p — , nicht von einem Gestirn
— ag-pov — , die Rede ist, darf uns nicht ine machen;
Verwechslungen beider Wörter kommen auch anderwei-
tig vor. Der gedachte grolse Astronom, der die Astro-
logie seiner und früherer Zeiten genau kannte, und zu-
weilen selbst noch als Mittel gebrauchte, um der Astro-
nomie bei Laien Eingang und Achtung zu verschaffen,
kam zuerst auf diesen Gedanken, als er die Zusammen-
kunft jener beiden Planeten am Schluis des Jahrs 1603
beobachtete. Sie ereignete sich am 17* Deoember. Im
folgenden Frühling kam der Mars zu den beiden immer
*) Aach im Proioevwigeliam Imcobi c. 21 und beim Ghal.
cidias in Timaeum Piatoms p.325 (1,126) ist Ton dieMm
Stern die Rede, ob noch aas einer andern Qndle, als aas der
des Matthäus, ist zu bezweifdb. Die Autorität des nodi ange-
druckt liegenden Dialogs Hermippos de Astrologia, aas wdcfacm
Fabricius in einer Anmerkung zum Chalcidius ein Fragment
dtirt, worin gleidiialls des Stenis gedacht wird, ist sckwerUdi
Ton Bedeatnng.
Christliche Völker. 401
noch nahe stehenden Planeten hinzu, und im Herbst
des Jahrs 1604 gar noch einer jener fixstemartigen Köi^
per, die zu einer bedeutenden Helligkeit anwachsen,
und dann nach und nach wieder spurlos verschwinden.
Er stand den beiden Planeten nahe am Östlichen Fufs
des Schlangenträgers, und erschien, als man ihn zuerst
beobachtete, als ein Stern erster Gröfse, ungewöhnlich
lebhaft funkelnd. Von Monat zu Monat nahm er an
Helligkeit ab, und entzog sich am Ende des Jahrs 1605
den Augen vÖUig, die damals bekanntlich noch nicht
bewaffnet werden konnten. Kepler hat ein eigenes
Werk über diese Stella noya in pede Serpen-
tarii geschrieben*), und in demselben zuerst die An-
sicht yon dem Gestirn der Weisen aufgestellt, dafs es
aus einer Vereinigung des Saturn, Jupiter und irgend
eines auiserordentlichen Sterns bestanden habe, über
dessen Natur er sich nicht weiter erklärt.
Die beiden Planeten kommen alle zwanzig Jahre
in Conjunction , jedesmahl um acht Zeichen drei Grad
Yon der zunächst vorhergehenden Stelle entfernt. Die
Astrologen, denen diese seltene Erscheinung von jeher
wichtig gewesen ist, haben mit Bezug auf sie die zwcflf
Zeichen des Thierkreises in vier Trigone oder Drei-
ecke getheilt, von denen jedes drei enthält, nämlich
Widder, Löwe, Schütze,
Stier, Jungfrau^ Steinbock,
Zwillinge, Wage, Wassermann,
Krebs, Skorpion, Fische.
Das erste haben sie das feurige, das zweite das ir^
dische , das dritte das luftige, das vierte das
*) Prag 1606, 4.
n. [26]
402 TechniscJie Chronologie.
wässrige genannt. Kepler hält es noch fiir no-
thigy In einem eigenen Kapitel seines Buchs zu zeigen,
dafs diese Benennungen ganz willkührlich gewählt sind.
Da nun die Oerter der Zusammenkunft beider l^laneten
immer um das gedachte Intervall von einander entfernt
liegen, so muis, wenn jetzt eine Zusammenkunft im
An&nge des Widders erfolgt, die nächste im dritten
Grade des Schützen, wieder die nächste im sechsten
des Löwen, die nächste im neunten des Widders, die
nächste im zwölften des Schützen u. s.w. Statt finden,
und es werden zweihundert Jahre erforderlich sein, ehe
die Zusammenkünfte auf ein neues Trigon übergehen,
und achthundert, ehe wieder alles in seine Ursprung
liehe Ordnung zurückkehrt. Der alle achthundert Jahre
sich erneuende Zeitpunkt, wo die G>njunctionen In du
feurige Ti*igon treten, hat den Astrologen besonders
bedeutsam geschienen, selbst noch Keplern, ob ach
gleich sein heller Geist sonst ziemlich frei von den
astrologischen Träumereien zu erhalten gewufrt hat.
Theilen wir, sagt er, die 5600 Jahre, die seit Erschaf-
fung der Welt verflossen sind, durch 800, so erhalten
wir sieben grofse Perioden oder Rückkehre des feurigen
Trigons, mithin acht Epochen, die er also bezeichnet:
4000 V. Chr. Adam ; Erschaflung der Welt.
3200 Eaoch; Städte, Künste, Tyrannei
2400 Noah; Sündfluth.
1600 Moses; Auszug aus Aegypten, Gesetz.
800 Esaias; Aere der Griechen, Babylonier
und Römer.
0 Christus; Monarchie der Römer.
800 n.Chr. Karl der Grofse; ooddentalisches und
saracenisches Reich.
Christliche Völker. 403
1600 n.Chr. Rudolph II; vita,fata et vota nostra,
qui haec disserimus.
2400 Vbi tunc nos et modo florentissima
nostra Germania? Et guinam suc»
cessores nostri? An et memores no^
. stri erunt?
Mich ergötzt, sagt er, diese Trigonenreihe sehr, und
diese Uebersicht der Zeiten, die dem Gedächtniis nicht
wenig zu Hülfe kommt. — Schade nur, dafs der Wech-
sel nicht ganz so regelmälsig ist, wie er ihn darstellt!
Denn nicht zu gedenken, dafs die Periode, angeblich
von 800 Jahren, eigentlich nur 794 Jahre 4 Monate
und 12 Tage hält, und dals nach Ablauf derselben die
Conjunclionen fast um einen Grad hinter ihren ur-
sprünglichen Stellen zurückbleiben, was eine Kleinigkeit
ist; so sind es nur die mittlem oder gleichförmigen
Bewegungen beider Planeten, die eine so symmetrische
Combination geben. Die wahren O)njunctionen , auf
die es hier eigentlich ankommt, können sich um meh-
rere Monate früher oder später, und um mehrere Grade
westlicher oder östlicher ereignen. — Doch die ganze
Sache hat für uns nur in so fern Interesse, als sie die
Huldigung erklärt, welche die Magier dem neugebomen
Messias darzubringen kamen.
Diese Magier, sagt Kepler, gehörten ihrer Re-
ligion nach zu den Juden, wie es deren so viele an
den Ufern des Euphrat, besonders zu Babylon, gab,
aber ihrem Stande nach zu den Ghaldäern, den
Erfindern der Astrologie, unter deren Lehren besonders
auch die ist, dais die Conjunction der beiden obem
Planeten in der Nähe des Widder* und Wagepunkts
einen veränderten Zustand der Dinge und ein zugleich
[26*]
4Ö4 Technische Chronologie.
erscheinender Komet die Geburt eines grofsen Monarchen
bedeute. Er hielt es daher der Mühe werth, die um
die Geburt Christi eingetretene Conjunction su berech-
nen* Dazu konnte er sich nur der noch höchst un-
vollkommenen prutenischen Tafeln (2,315) bedie-
neUi die ihm eine dreimahlige Zusammenkunft für das
Jahr 747 d. Su im Junius , August und Deoember ga-
ben* Beide Planeten befanden sich in der letztem
Ittlfte der Fische, dem Widderpunkt nahe. Im Fe-
bruar und März des folgenden Jahrs gesellte sich noch
der Mars dazu. ,, Diese in einer so bedeutungsvollen
,, Gegend des Thierkreises höchst seltene Yereinigong
,,der drei obern Planeten erregle, sagt er, die astrolo-
„gische Neugier der Magier, und dies um so mehr,
,,da noch ein auiserordentlicher Stern dazu gekommen
,iiu sein scheint« Man nehme nun an, dais der neue
„Stern zuerst gesehen wurde, nicht blofs zu eben der
„Zeit, wo Saturn und Jupiter nahe bei einander stau-
„den, im Junius des Jahrs 747, sondern auch an
^, gleichem Orte mit den Planeten, wie dies wunder-
„barer Weise su unserer Zeit geschehen ist, was konn-
„ten die Chaldäer nach den noch jetzt bestehenden
„Regeln ihrer Kunst anders daraus folgern, als eine
,1 Begebenheit von der grölsten Wichtigkeit?"
Er fand sich veranlafst, eine eigene Abhandlung
Dt Jesu Christi seruatons nostri n)ero anno naudido *)
au schreiben, worin er Christi Geburt an den Schlu£s
des Jahrs 748 setzt, welches auf das der Conjunction
folgte; und als dagegen der Chronolog Sethus Cal-
•j Frankfurt 1606, 4.
Christliche Yölkbr. 405
visius auftrat^), behandelte er denselben Gegenstand
noch einmahl ausführlicher unter dem Titel: De Dero
anno quo aetemus Dei filius kumanam naturam in
utero benedictae *virginis Mariae assumpsit')^ in wel-
chem Werke er seinen Nachfolgern in den Hauptpunk-
ten der ganzen Untersuchung nur eine geringe Nach-
lese übrig gelassen hat.
Sanclemente, der die Wichtigkeit dieses ihm
nicht unbekannt gebliebenen Buchs gar nicht ahnen
läfst, hat die beiden vom Himmel entlehnten Zeit-
merkmale der Geburt Christi, ich meine die kurz vor
Her od es l'ode eingetretene Mondfinstemiis , und die
Gonjunction der beiden obem Planeten, kaum erwähnt,
geschweige benutzt. Jene hält er, wie schon bemerkt
worden, für eine zufallige Verdunkelung des Mondes,
diese fiir ein regeUoses Meteor.
Hr. Dr. Munter, Bischof von Seeland, hat sich
das Verdienst erworben , den Gelehrten die Ergebnisse
der keplerschen Untersuchungen von neuem in Er-
innerung zu bringen. Er fand in des rabbinischen
Schriftstellers Abarbanel Commentar über den
Daniel Andeutungen des grofsen Einflusses, den die
jüdischen Astrologen mit Bezug auf den zu erwartenden
Messias einer Zusammenkunft der beiden Planeten Sa-
turn und Jupiter in den Fischen beigelegt haben,
dem Zeichen, unter dessen Regiment die Sterndeuter
Palästina setzen, und hat die Astronomen in einem
Programm vom Jahre 1821 aufgefordert, eine genaue
*) In der SchrilY: De vero nativitatis Christi anno. Epi"
Stola ad Joh, Keplerum, Leipzig l6l3, 4.
') Frankfurt l6l4, 4.
406 Technische Chronologie,
Bereclinung über die um die Zeit der Geburt Christi
eingetretene Conjunction anzustellen. Der berühmte
Akademiker Schubert zu Petersburg sagt in seinen
Vermischten Schriften ^): ,,Ein gelehrter Prälat
„der lutherschen Kirche, Hr. Bischof Munter, bat
,, zuerst ') den glücklichen Gedanken gehabt, dals
„der grofse Stern, dem die Weisen aus dem Moi^n-
„lande bis Bethlehem folgten, vielleicht nichts anders
,, gewesen sei, als die merkwürdige Zusammenkunft Ju-
„piters und Saturns, wenn beide zugleich in Opposition
,,mit der Sonne sind, und der Verfasser dieses Aufsat-
„zes hat durch eine strenge Rechnung nach den ge-
,,nausten astronomischen Tafeln gefunden, dals dieses
„Phänomen wirklich zur Zeit der Geburt Christi Statt
,, gehabt hat, wodurch dann zugleich der Ungewi&heit
„über das Geburtsjahr Christi, welche sich noch bis
„auf zwei oder drei Jahre erstreckt, gehoben werden
„könnte." Meines Wissens ist Ton den Resultaten die-
ser Rechnung des unlängst verstorbenen Gelehrten noch
nichts bekannt geworden. Unierdessen habe ich eine
solche mit aller Sorgfalt geführt und mich dazu der
delambreschen Tafeln des Jupiter und Saturn
bedient. Die Ergebnisse sind merkwürdig genug. Beide
Planeten kamen im- Jahr 747 d. St. zum erstenmahl am
20. Mai im 20sten Grade der Fische zusammen. Sie
standen damals vor Sonnenaufgang am Morgenhxmmel,
und waren, da ihre aufsteigenden Knoten auf einerlei
Zeichen trafen, nur einen Grad von einander entfernt.
Jupiter ging dem Saturn nördlich vorbei. Um die
•) Th. I. S. 71 (Stuttgart 1823, 8).
') Man sieht, dafs dies eiQ Inlhum ist.
Ghristlighb Völker. 407
Mitte des Septembers kamen beide in Opposition mit
der Sonne um Mittemacht in Süden, Saturn am 13ten,
Jupiter am ISten. Der Längenunlerschied war damals
anderthalb Grad. Beide waren rückläufig und näherten
sich von neuem. Am 27* Oktober fand hierauf eine
zweite Zusammenkunft im seehzehnteji Grade der Fische,
und am 12. November, wo Jupiter sich wieder östlich
bewegte, eine dritte im fünfzehnten Grade desselben
Zeichens Statt. Auch bei den letztem beiden G>njun*
ctionen betrug der Breitenunterschied nur etwa einen
Grad, so dafs für ein schwaches Auge der eine Planet
fast in den Zerstreuungskreis des andern trat, mithin
beide als ein einziger Stern erscheinen konnten.
Hegten nun wirklich die jüdischen Astrologen grofse
Erwartungen von einer Zusammenkunft der beiden obem
Planeten im Gestirn der Fische, so mufste ihnen gerade
diese von dei* gröfsten Bedeutsamkeit erscheinen. Die
beiden Planeten gingen dreimahl vor einander über, rück*
ten dabei auch der Breite nach ganz nahe zusammen,
und zeigten sich die Nacht hindurch Monate lang bei
einander, als wenn sie sich gar nicht wieder trennen
wollten. Ihre erste Zusammenkunft in Osten erregte
die Aufmerksamkeit einiger speculirenden Chaldäer. Sie
erwarteten den Messias, der nach alten Weissagungen
zu Bethlehem geboren werden sollte, und machten sich
auf den Weg, um ihm ihre Huldigungen darzubringen.
Als sie in Jerusalem ankamen, zeigten sich die beiden
Planeten auis neue in Conjunction, und zwar in den
Abendstunden am südlichen Himmel, und sie folgten
dieser Richtung, die sie zur Stelle brachte. Sehr natür-
lich ist wol die Annahme, da(s Christus geboren wurde,
als die Planeten noch nahe bei einander waren, am
403 Technische Chronologie.
Schluis des Jahrs 747; ein Jahr später, wie Kepler
meint, war die Constellation schon längst nicht mehr
dieselbe. Mars, der sich in den ersten Monaten des
Jahrs 748 in der Nähe beider Planeten befand, stand
damals als ein unbedeutender Stern tief am Westhim-
mel; auch verloren sich Jupiter und Saturn um diese
Zeit in den Stralen der Abendsonne, und als sie im
April an der andern Seite der Sonne wieder zum Vor-
schein kamen, waren sie schon beträchtlich aus einan-
der gerückt. Da(s noch ein aufserordentlicher Stern
von der Art des im Schlangenträger gesehenen oder ein
Komet dazu gekommen sei, ist eine Hypothese, die wir,
meines Erachtens, nicht einmahl zu Hülfe zu nehmen
nöthig haben.
Dafs die Ankunft des Messias durch die Erschei-
nung eines aulserordentlichen Sterns verkündigt und
verherrlicht sein werde, ist ein alter Glaube unter den
Juden, der sich zunächst auf die Worte Bileams im
vierten Buch Mosis gründet^): ,,Ich sehe ihn, aber
,,noch nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht nahe.
,,Es tritt hervor ein Stern aus Jakob; es erhebt sich
,,ein Scepter" (laäV schebet, eigentlich eine Ruthe,
nach der aramäischen Bedeutung des Worts ein Ko-
met) ,,aus Israel, und wird zertrümmern die Gren-
,,zen Moabs imd zerschmettern alle Kinder Seths.'^
So verschieden auch die Stelle von den jüdischen Aus-
legern erklärt wird, so stimmen doch fast alle darin
überein, dafs sie vom Messias zu nehmen sei. Häufig
ist daher in rabbinischen Schriften vom Stern des
Messias die Rede, wenn gleich immer nur in ganz
*) XXIV, 17.
GHmiSTLiGHE Völker. 409
allgemeinen Ausdrücken, wie in den von Hrn. Munter
ciiirten Büchern Sohar und Pesikta Sotarta, die zu-
nächst den Zeiten nach Christi Geburt angehören^).
Nannte man doch den Anführer der Juden in ihrem
Empörungskriege unter Hadrian, von dem man die
Wiederherstellung des unleixlrückten Volks erwartete,
Bar Gochba, Sohn des Sterns, was man nach-
mals, als man sich getäuscht sah, in Bar Kosiba,
Lügensohn, verwandelte ')• Der einzige, so viel mir
bekannt ist, der von einer bestimmten Constellation,
und zwar von der G>njunction des Jupiter und Saturn,
redet, ist der ziemlich spät lebende Abarbanel, in
dessen Aeufserungen jedoch Spuren einer alten Tradi-
tion nicht zu verkennen sind. ,,Alle Veränderungen
9, der sublunarischen Welt," sagt er^), ,, hangen nach
,,der Meinung der Sternkundigen von dem veränder-
,, liehen Stande der Planeten ab, und gerade die wich-
„tigyten werden durch die Zusammenkünfte des Jupiter
„und Saturn bedingt." Dann spricht er von den be-
reits erwähnten Trigonen und*den verschiedenen Perio-
den der Zusammenkünfte, die bald mehr, bald weniger
Einfluis auf die Weltbegebenheiten äufsern sollen. In
*) Sohar zu Exodus Th.II, Bl.7^ S. 2 und Bl. 8, S.l und 2;
zu Numeri Tb. III, Bl. 212, S. 2. Pesikta Sotarta Bl. 58, Col. 1.
Aehnliche Aeufserungen finden sich im Midrasch deharim rabba
Bl. 287, S. 2 und im Buche Chen tob des Rabbi Tobias Halevi
B1.280, S. 1. Diese Nacbweisungen verdanke ich Hm. Auerbach.
^) S. Hm. Munteres gelehrte Schrill: Der jüdische Krieg
unter den JCaisern Trajan und Hadrian. Altona und
Jjeipzig 1821, 8.
') S. 83 ff. seines Commentars über den DanieJ, betitelt
Maajne haschuah, Quellen des Heils (Amsterdam 1547,4).
410
Technische Chronologie.
welcher Gegend des Thierkreises die einflufsreichsten
G>njuDctionen eintreffen, könne nur die Erfithrong
entscheiden. Keine sei ^wichtiger gewesen, als die,
welche sich im Jahr 2365 der Schöpfung, drei Jahre
vor Moses Geburt, in den Fischen zugetragen habe.
Durch fünf kabbalistische Gründe sucht er darsathun,
dafs die Fische die eigentliche ConsteUation der Israeli-
ten seien. Dann wird eine Uebersicht der vomehm-
sten Weltbegebenheiten mit Anführung des Orts einer
jeden Conjunction gegeben. Am Schlufs heilst es: ,9yor
,, Kurzem (im Jahr 5224 der Schöpfung oder 1463 un-
,, serer Acre) trat wieder eine der wirksamsten Zusam-
,,menkünfte beider Planeten in den Fischen ein, und
,,es ist nicht zu bezweifeln, dals sie jener zur Zeit des
,, Moses gesehenen gleich sein und die Geburt des
,, göttlichen Mannes, des Messias, herbeiführen werde;
,,denn die dermalige Lage der Juden ist ganz der ahn-
,,lich, in der sie sich zur Zdt jener Conjunction in
,,Aegypten befanden. Ueberall auf der pjrenäischen
,, Halbinsel — wo der Yerfiftsser lebte — sind Judenverfol-
9,gungen. Mithin mufs auch noch in dieser Periode
9, der Conjunction die Erlösung erfolgen."
Knüpften nun, wie man wohl annehmen kann,
die Magier ähnliche Ideen an eine Conjunction der bei-
den obern Planeten in den Fischen, so erklärt sich alles
ganz natürlich, und der Stern, der ihnen leuchtete,
wird zur heUen Fackel für den Chronologen.
Hiernach zählte also die Aera vulgaris nicht, wie
man schon längst angenommen, vier, sondern sechs
Jahre zu wenig. Dieses Ergebnifs darf wol ein sehr
wahrscheinliches genannt werden. Liefse es sich aber
auch bis zur mathematischen Eyidenz erheben, so wird
GnRJSTLIGHB YÖLKER. 411
es doch niemand einfallen, eine Aenderung unserer
christlichen, in alle unsere Verhältnisse so innig yer*
flochtenen, Aere für wünschenswerth, ja nur für mög-
lich zu halten. Seitdem nach Scaliger's Vorgänge
Sethus Calyisius und Antonius Pagi in ihren
groben chronologischen Werken ^) einem jeden christ-
lichen Jahr durch Vergleichung mit dem Sonnen-,
Mond- und Indictionscirkel und mit den von den Ge*
Schichtschreibern aufgezeichneten Sonnen- und Mond-
finsteiTiissen, seinen eigenthümlicheh Stempel aufge-
drückt haben, kann wol noch über das Jahr einer
einzelnen Begebenheit gestritten, aber die ganze Jahr-
rechnung nicht weiter verschoben Tverden. Schwerlich
wird selbst Sanclemeute's Vorschlag, die rectificirle
Aere, die er nach Pius VI, unter dessen Pontificat er
sein grofses Werk vollendet hat, Pia genannt wissen
will, wenigstens auf Denkmälern und in Urkunden
neben der sechs Jahre weniger zahlenden Vulgaris zu
nennen, bei irgend jemand, der den Werth einer festen
Jahrrechnung zu würdigen weifs, Eingang finden.
Jahre vom Tode Christi gezahlt kommen nur
ein paarmahl in den Urkunden des Mittelalters vor,
auf eine Weise, welche deutlich zeigt, dafs man an
diese Epoche keine eigentliche Jahrrechnung geknüpft
hat. Von dreien bei Du Gange ') ist die erste also
') Jener in seinem Opus chronologicum (2,378), dieser in sei.
ncr Critica historicO''chronologica in Jnnales ecclesiasticos Ba^
ronii, der erste Band Paris 1689« die drei letzten Genf 1705, fol.
Das Ganze 1727 noch einmahl an letztenn Orte in vier Folio-
bänden.
') Glossar, y, annus col. 461.
412 Technische Chronologie.
datirt: Actum est hoc anno ab Incamatione Do^
mini MLXIIy a Passione MXXIX. Man sieht, dafs
hier Christi Leiden in das 33ste Jahr seines Lebens
gesetzt wird. Li der zweiten ist von 32 und in der
dritten von 34 Jahren die Rede. Ohne Verbindung
mit dem Jahr ab Incarnatione findet sich anno
a Passione in einer von Du Gange und Ma-
billon^) citirten Urkunde Theobald's, Grafen von
Champagne: Data V. Idus lanuarii, indictione Vly
anno a Passione Domini MLXXXIII, regni autem Phi^
lippi XXIII. Das 23ste Regierungsjahr Philipp^s I von
Frankreich und die sechste Indiction bringen dieses Do-
cument entschieden in das Jahr 1083 der christlichea
Acre. Entweder ist hier also a Passione irrig (iir
ab Incarnatione gesetzt, oder es wird, auf eine ganz
ungewöhnliche Weise, mit a Passione das vom Oster-
fest gezählte Jahr ab Incarnatione bezeichnet. In
diesem Fall müfste man, da die Urkunde vom 9. Ja-
nuar datirt ist, annehmen, dafs nach Analogie des cal-
culus Pisanus das Jahr 1083 unserer Acre vom vorher-
gehenden Osterfest gerechnet wäre.
Da, wie man hieraus sieht > die schwierige Frage,
in welches Jahr der Aera vulgaris Ghristi Tod zu setzen
ist, für die technische Chronologie kein besonderes In-
teresse hat, so könnte sie hier füglich ganz unberührt
bleiben. Indessen wird vielleicht der eine oder andere
meiner Leser zu sehen wünschen, was sich aus dem
wahrscheinlichen Geburtsjahr Christi wahrscheinliches
für sein Todesjahr folgern läfst. Bekanntlich ist über
keinen Punkt der Chronologie so viel geschrieben wor-
*) De re diplom, ü, 23^ l6.
Christliche Völker. 413
den, als über diesen. Ich wiiide die mir gesteckten
Grenzen weit überschreiten müssen , wenn ich auf die
Litteratur dieser Schriften eingehen wollte, und be-
gnüge mich daher, auf Hm. Paulus Commentar
über die drei ersten Evangelien^) und auf Hm.
Wurm's astronomisbhe Beiträge zur genäher-
ten Bestimmung des Geburts- und Todesjahrs
Jesu ') zu verweisen. Letztere wird niemand ohne Ach-
tung für die Gelehrsamkeit und Umsicht ihres Verfassers
aus der Hand legen.
Der Abt Sanclemente hat seinem grofsen, in
Deutschland, wie es scheint, noch wenig bekannten
Werke über die Aera vulgaris eine Exercitotio chro--
nologica de anno dominicae passionis angehängt, die
meines Erachtens das gründlichste und consequenteste
ist, was über diesen Gegenstand geschrieben worden.
Ich glaube daher hier nichts angemesseneres thun zu
können, als seinem Gange prüfend zu folgen.
Bei den römischen Kirchenscnbenten findet sich
überall die Notiz, dafs Christus unter dem Consulat
der beiden Gemini, des C. Rubellius tmd G. Fu-
fius, d.i. im Jahr 782 d. St. oder 29 unserer Acre,
gelitten hat. Zuerst kommt sie beim Tertullian vor,
der sich also ausdrückt ^) : Quae passio perfecta est sub
Tiberio Caesare, Coss. RubelUo Gemino et Fufio ^) (7&-
") Th.m, S. 762 ff.
^) Bengers Archiv für die Theologie und ihre neuste
Litteratur, Band Ü, St. 1 und 2.
') jtdv, ludaeos c. 8.
^) Im Text steht Rufio, wofür sich auch Furio und Fusio
findet. Nach Denkmälern ist die richtige Lesart Fufio.
414. Technische Chronologie.
minOi mense Martio, tepiporihus paschae, die VIII. Ca-
lendarum jiprilium, die' prima azjrmorum, quo agnum
ut occiderent ad vesperam a Mojrse fuerat praeceptum.
Zugleich wird bemerkt: Hiäus (TiheriiJ quinto dednto
anno impeni passus est Christus, annos hahens quasi
XXX cum pateretur, Lactantius stimiiLt hiermit
überein, indem er Christi Leiden ins fünfzehnte Jahr
des Tiberius und zugleich ins Q>n5ukt der beiden Ge-
mini setzt ^). Sulpitius Seyerus, der unter dem
Consulat des Stilico, 400 n. Chr., schrieb, sagt ') : Do^
minus crucifixus est Fußo Gemino et RubeUio Genuno
Coss.i a quo tempore usque in Stiliconem Consulem
sunt anni CCCLXXII. «Das Jahr 372, von diesem
Consulat rückwärts gerechnet, führt richtig auf das der
beiden Gemini , wenn wir es nur . für ein laufendes
nehmen. Beim Augustinus, dessen Zeugnifs hier
von besonderem Gewicht ist, heifst es^): Mortuus est
Christus duobus Geminis Consulibus octavo Cälendas
Jprilis. Prosper drückt sich in seinem Chronicon
also aus ^) : Quidam ferunt anno octan^ decinto Ti-
herii lesum Christum passum, et argumentum eius rei
ex euangelio assumunt loannis, in quo post XF TV*
herii Caesaris annum triennio Dominus praedicasse tn^
telUgatun Sed quia usitatior traditio habet, Dominum
nostrum XV anno Tiberii Caesaris duobus Geminis Con-
sulibus crucifixum, nos, sine praeiudicio alterius opinis
•) Instil» 1. IV. c. 10. Vergl. De mort. persec. c. 11.
*) Hist.lU. cAO.
') De civ. Dei I. X\lll gegen deu Schlufs.
*) Eigentlich in der dritten Bearbeitung desselben. S. Bacbe-
rius de docir, temp. p. 21Z
Christliche Völker. 415
orus, successionem sequentium consulum a supradictis
consuUbus ordiemur iuocta hone traditionem. Yicto*
rius nennt dieselben G>nsuln, sowohl im Anfange sei*
nes Kanons, als in seinem Piologus. Er schiebt sie aber
um ein Jahr zurück, vermuthlich absichtlich (2, 279),
wobei ihm die schwankende G>nsularrechnung der spä-
tei-n Z^it zu Statten kam.
Nii^^ds finden wir in den ersten fünf Jahrhun-
derten unserer Zeitrechnung Christi Tod an andere
Consuln als die beiden Gemini geknüpft, es sei
denn bei dem Griechen Epiphanius. Die\ griechi-
schen Kirchenväter waren im Allgemeinen mki^der
Reihenfolge der römischen. Consuln wenig bekannt und
pflegen daher auch selten die Jahre nach ihnen zu be-
zeichDen. Clemens Alezandrinus nennt zwar nicht
das Conisulat der Gemini, aber doch das fünfzehnte Jahr
des Tiberius als das Todesjahr Christi *)• Eben so
der Chronograph lulius Africanus beim Hierony-
mus'): Macedones regnayerunt annis irecentis; at-
qMW exinde usque ad annum quintum decimum Tiherii
Caesaris, quando passus est Christus, numerantur anni
searaginta. Da August am 19ten des nach ihm be-
nannten Monats (1,118) im Jahr 767 d.St. starb, so
geht das fünfzehnte Regierungsjahr des Tiberius vom
19. August 781 bis dahin 782. Es bestimmt also eben
das Passah, das durch das Consulat der beiden Gemini
bezeichnet wird.
') IltyTiiccu^txaT^ It«c Tißip/ffu wd siyrixai^txaT^ Au^oii^ou (soll
oflfenbar heifsen, noch 15 unter August gerechnet) ovrw nXiipew-
TOt T« Tpuucovra 2ttj Itai ov htoBt», Strom, I. p. l47.
') In cap, IX Danielis. Die Worte sind aus dem fünften
Buch seines grofsen chronologischen Werks übersetzt.
416 Technische Chronologie.
la dieser oonsUnten Angabe nim sieht San de-
mente ein historisches dnrch Ueberlieferong foitge*-
pflanztes Factum. Wamm sollte auch nicht dnrdi
Pontius Pilatus, der im Todesjahr des Tiberins,
790 d. St. , seines zehn Jahre hmg verwalteten I^nd-
pflegemmts entsetzt nach Rom zurückkehrte*), oder
durch die Apostel Petrus und Paulus, die bekannt-
lich daselbst den Martyrertod starben, oder auf sonst
einem Wege die bestimmte Runde von dem Todesjahr
Christi in den Oocident gek<mimen sein und sich bis
auf Tertullian, Lactantius und Augustinus er-
halten haben? Auch stimmt die Noüz ganz gut zu
dem oben nach Wahrscheinlichkeit ermittelten Geburts-
jahr Christi.
Der Evangelist Johannes gedenkt') zweier Pas-
sahfieste, als auf Christi Lehramt treffend. Ist auch
noch unter einem dritten Feste, das er nicht so be-
stimmt bezeichnet'), das Passah gemeint, so hat Chri-
stus wenigstens drei volle Jahre vor dem letzten, an
welchem er litt, zu lehren angefangen. Starb er also
im Jahr 782 d. St. , so muis er um den An£uig des
Jahrs 779, vielleicht schon 778, von Johannes getauft
sein. Er be£uid sich damals in seinem dlsten Le-
bensjahr, und übereinstimmig hiemit sagt Lucas ^):
Kot ourog rjß o *IyfrcSg wau hwv rpuxKovray apx^f^*^>
„Jesus war, als er (zu lehren) anfing, etwa dreifsig
„Jahr alt."
*) losepbi Aniiqq. AVUi, 4, 2.
') n,13imdYI,4.
*) V. 1.
•) in, A3.
Christliche Yölkea. 417
Man hat nun aber in alten, so wie in neuem
Zeiten bei dem Jahr 782 defshalb grolse Schwierigkei-
ten gefunden, weil Lucas im Anfange seines drillen
Kapitels das fünfzehnte Jahr des Tiberius ausdinick«
lieh als dasjenige nennt, wo Christus, von Johannes ge^
tauft, zu lehi'en begann. Eusebius, der dem Lehr-
amt eine Dauer von nicht vollen yier Jahren beilegt*),
glaubte daher schon Christi Tod ins neunzehnte
Jahr des Tiberius, also in das Jahr 786 d. St. , brin-
gen zu müssen ^). Die neuern Chronologen stimmen
ihm meistens in so fern bei, dafs sie sich für ein spä-
teres Jahr als das fünfzehnte erklären, wenn sie sich
gleich, bald auf dieses, bald auf jenes Moment der Un-
tei*suchung mehr Gewicht legend, über das eigentliche
Todesjahr nicht vereinigen können.
Eusebius war um so geneigter, Christi Leiden
in das Jahr 786, das vierte der 202ten Olympiade, ztt
setzen, weil er bei Phlegon von Tralles, einem Chit>«
nikenschreiber des zweiten Jahrhunderts, und anderswo
die Notiz fand, dafs sich in dieser Olympiade eine gi*of$e
mit einem Erdbeben begleil^te Sonnen finsternifs
ereignet habe, die er zur Erklärung und Bestätigung
der nach den Evangelisten bei Christi Tode Statt ge-
fundenen Finsternifs benutzen 2u können glaubte« Er
bedachte nicht, dafs die Juden ihr Passah immer zur
Zeit des Vollmondes feiern, und dafs eine (astrono«-
HisL eccl. 1, 10.
') Chronicon Vol. 11. p.264 nach dem armenischen Text. Hie-
ronymus nennt in seiner lateinischen Üebersetzung das acht-
sehnte Jahr des Tiberius.
n. [27]
418 Technische Chronologie.
mische) Sonnenfittstemifs nur seht Zeit des Neumondes
eintreten kann *).
Man hat, um jener allerdings erheblichen Schwie-
rigkeit auszuweichen, verschiedene Wege eingeschlagen.
Clemens Alexandrinus, der, wie wir gesehen ha-
b^n, mit den Römern Christi Tod ins funfaehnte Jahr
des Tiherius setzte, nahm, ofTenbar um damit die Zeit-
bestimmung beim Lucas nach Möglichkeit eu vereini-
gen, an, dafs sein Lehramt nur ein Jahr gedauert habe,
welcher Meinung auch andei*e KiixhenvSter gewesen
sind. Allein die zwei oder drei von Johannes enriliin-
ten Passahfeste begänstigen diese Ansicht nicht.
Einige Neuere' haben, um Christi Taufe in das
fünfzehnte Jahr des Tiherius und bei einem dreijähri-
gen Lehramte dennoch seinen Tod in das Jahr 7S2 d. St
bringen zu können, die Hypothese aufgestellt, Lucas
habe die Jahre des Tiherius von einem fmhem Zeit-
punkte als dem Tode des August gezählt, nämKch vom
Jahr 764 oder 765 d. St., wo er durch einen Beschluls
des Senats zur Theihiahme an der Administration der
Provinzen gelangte^). Allein er wurde dadurch nicht
Milregent in dem Sinn, dafs seine R^iemng von die-
ser Epoche an gerechnet werden konnte^). Wir^näs,
weder bei Schriftstell^m noch auf Münzen, findet
eine Spur einer solchen Zählungsweise.
*) Hr. Wurm hat sich das Verdienst erworben, diesen Tiel-
besprochenen Gegenstand mit Hülfe des Calculs aufzuklären uod
gefunden, dafs sich in der 202ten Olympiade nur eine grofse in
Yordcrasien sichtbare Sonnen finstemifs ereignet hat, «»mi;^!! «m
24. November des Jahrs 782 d. St. oder 29 n. Chr.
*) Suet. Tib.Q.2± Terglichen mit Yelleiiis H»MI,l2l.
') Man Yergleiche Sanclemente p.51d.
Christliche Völker. 419
Da skh BUiif sagt Sanclemente, diese Hypo^
tbese nicht durchfahren Ififst, so bleibt, um die mit
dem Consulat der beiden Gemini verbundene Tradition
aufrecht zu erbalten, nichts weiter übrig, als die An-
sicht, die schon Tertullian, Clemens, Lactan-
tius und lulius Africanus gehabt haben müssen,
dafs die Zeilbestimmung h rrci TFiVTtKaiiBxdrw rijg ^s-
fiovuig Tißspiofo Kaiaapo^y i^yefxovvjovTog Uovriov IIiXaTou tiJj
'loudaiag u. s. w. , womit Lucas sein drittes Kapitel
anfängt, nicht, wie es der grammatische Zusammen-
hang der Worte mit sich bringt, auf den an Johannes
den Täufer ergangenen Huf, sondern auf Christi Lei-
den und Tod gehen soll. Er bemüht sich, diese ftuf
den ersten Blick paradoxe Meinung über allen Zweifel
KU erbeben. Lucas erzähle^ eben so wie Matthäus
und Marcus, nur die Geschichte des letzten Lebens-
jahrs Christi von dem Zeitpunkte an, wo sein Vorläu-
fer Johannes eingekerkert und hingerichtet wurde ^).
Was er vorausschicke, sei ein ganz summarisdier Be-
richt über Johannes, vom Anfange seines Predigtamts
bis zu seiner Hinrichtung. Letztere sei der eigentliche
terminus a quo, mit welchem er seine Erzählung be-
ginne und auf die daher auch jene Zeitbestimmung
bezogen werden müsse. Was Sanclemente zur Be-
gründung dieser Meinung über die einzelnen von Lu-
cas angegebenen chronologischen Mei^kmale, besonders
über das Hohepriesteramt des Kaiphas, beibringt, mufi
ich der Kürze halber übergehen. Ich bemerke nur noch,
dafs er vor dem iyiysTo im zweiten Yerse einen Punkt
* ) Eine Bemerkung, die schon E u s e b i u s gemacht hat. Bist,
eccL ni, 24.
[27*1
420 Technische^ Chronologie.
gesetzt wissen will, wo dann freilich die ganze Zeitbe-
stimmung wie in der Luft schweben wüitle, Ueber
die Zulässigkcit dieser vermittelnden Ansicht will ich
dem Urtheil der Exegeten nicht vorgreifen.
Es gibt noch einige andei*weitige Zeilcharaktere, die
bei dieser Untersuchung zu berücksichtigen sind, und es
fragt sich, ob und wie sie sich mit dem Consulate der
beiden Gemini vereinigen lassen. Christus starb nach
der ausdrücklichen Versicherung sämmtlicher Evange-
listen an der HapaffKeür^y dem Tage vor dem Sabbatb,
also an einem Fmlage, und zwar, meiner oben (1,515)
ausgespi*ochenen Ueberzeugung nach, an dem Tage des
jüdischen Passahmahls, dem 14. Nisan. Dieses soll nun
nach Tertullian's und Augustin's oben beige-
brachten Zeugnissen der VIII. Ca\. Aprilis oder 25. März
gewesen sein ^). Jetzt, wo die Juden, in der Zerstreuung
lebend, ihr Osterfest cjklisch bestimmen, feiern sie das-
selbe allerdings nicht selten schon in den letzten Ta-
gen des Mäi-z. Aber zur Zeit Christi, wo sie, noch
auf heimathlichem Bodeu weilend, am 16. Nisan ihr
Omer darzubringen hatten, kann das Passah unmöglich
mit dem Frühlingsäquinoctium gleichzeitig gewesen sein,
weil nach allen Berichten der Reisebesclii*eiber die Gersie
in Palastina nicht früher als etwa vierzehn Tage nach die*
sem Zeitpunkte zu reifen anfangt (1,487). Der 25. Marx
kann also nicht iiir ein historisches Datum gelten.
Dafs die ersten Christen den Tod des Erlasers auf den
Tag setzten, an den Cäsar die Frühlingsnachtgleiche ge-
*) Schon in den gewiff sehr alten Actis des Pilatus oder
dem Euangelio JSicoäemi findet sich dieses Datum genannt.
Fabricii Cod. Apocr. Novi Test. P. L p. 29%,
Christliche Völker. 421
knüpft hatte (2,143), ist leicht zu erklären; es war
ihnen der Tag seiner Menschwerdung und zugleich der
Schöpfung (2,279)^). Wollten wir aher auch wirk-
lich die Möglichkeit einräumen, dafs er am 25. Man
gestorben sein könnte, so kann es wenigstens nicht im
Jahr 782 d. St. geschehen sein , da der Mond damals
im letzten Viertel war, mit welchem sich das Passah
auf keine Weise zusammenbringen läfst. Was San*
clemente von gewissen Cykeln sagt, nach denen die
Juden ihr Osterfest zur Zeit Christi auf eine so auf-
£illend unrichtige Weise bestimmt haben sollen, ver-
dient gar keine Beachtung. Es ist überhaupt nicht
wahrscheinlich, dafs sie schon damals Cykel gebrauch-
ten (1,571); war dies aber auch wirklich der Fall, so
geht doch aus dem ganzen Wesen des Festes hervor,
') Ob sich nicht yielleicht der 25. Man aus den ältesten
römischen Ostercykeln beschreiben möchte? Wenn man die
112jährige Periode des Htppolytus, die mit dem Jahr 22$
unsct-er ZeitrecbniioTg begann (2,2l6), bis zum Jahr 2$ oder
7S2 d.St. zurückführt, so ergibt sich das 32ste Jahr dcnelben
oder das letzte eines l6j<'ilirigen Cyclus. In diesem trifH aber
die Ostergrenze oder der Vollmond allemahl auf den YIIT. Cal.
Apriiis (2,215), und Tviiktich steht auf der Cathedra beim letz-
ten Jahr des zweiten Cyclus das Wort xaB^i^ das offenbar auf
Christi Leiden gehen soll, so dafs wir hierin noch ein Zeugnifs
mehr für das Consulat der beiden Gemini haben. Entweder
sanctionirte also Hippolytus den 25. März, den er schon vorfand,
oder er folgerte ibn aus seinem unrichtigen Cyclus und brachte
ihn so erst auf die Bahn. Ersteres ist jedoch wahrscheinlicher.
Auch der unrichtige 84jäbrige Ostercyclus der Lateiner leitet auf
diesen Tag. Im öSsten Jahr desselben, das rückwärts gerech-
net dem Jahr 29 der christlichen Aere entspricht, trifft der
Ostertag auf Sonntag den 27. März (2, 251), also der Chaifrettag
auf den 258ten.
422 Technische Chronologie.
dafii eine Verschiebung desselben um em volles Mond-
vierlel nicht Statt gefunden haben könne.
Im Jahr 782 d, St. unter dem Consulat der bei-
den Gemini trat die Conjunction des Aprils nach mei-
ner Berechnung am 2ten um 7 U. 47' Abends mitü.
jerusalemmer Zeit ein. Dieser Neumond allein kann
das Passah bedingt haben. Während des zweiten Tem-
pels bestimmten die Juden die Anfange ihrer Monate
in der Regel noch vermittelst der ersten Phase (i,512).
Der Nisan kann also hiemach frühstens am 3. April
^begonnen haben^ und so ti*äfe der Anfang des 15. Misan,
unmittelbar vor welchem sie das Osterlamm afsen (1,496)
auf den 17* April, einen Sonntag. Sollen sie daher es
schon am Freitage genossen haben, so mufs eine Yer-
schiebung des Misan von zwei Tagen angenommen wer-
den, und eine solche ist wohl denkbar, sei es, da(s
trübe Witterung die Beobachtung der ersten Phase ge-
hindert und eine willkiihrliche Bestimmung derselben
veranlafst hatte, oder dafs wirklich ein Cyclos ge-
braucht wurde, den man, so oft er sich merklich ver-
schob, nach der Phase rectificirte. Aber eine Yerschie-
bung von zwei Tagen, bei der das Fest noch immer in
der Nähe des YoUmondes gefeiert wurde, kann man
noch keine besonders merkliche nennen. Es scheint
demnach der Wochentag, an welchem Christus dem
Evangclio zufolge gestorben ist, der Meinung gerade
nicht entgegenzustehen, dafs sein Tod in das Consulat
der beiden Gemini gehört.
Schon lange vorher, ehe an unsere jetzige dirist-
. liehe Aere gedacht wurde, war auf der pyrenaischen
Halbinsel, in Afrika, so weit es den Yandalen» Sueven
und Alanen gehorchte, und im südlichen FnnkreiGh
/
\
\
Christliche Yölkeb. 423
eine eigf^nlhümliche Jahrrechnung im Gebrauch» die
i^an gewöhnlich die spanische neimt. Auf Denk-
mälern und bei Schriftslellem führt sie den Namen
Aera oder Era, der als Nomen appellativum auf alle
übrigen Jahri'echnungen übergegangen ist. Ihtt Epoche
gehört in das Jahr 716 d. St. Rom (nach Tan*onischer
Rechnung) oder 38 y, Chr. , so dafs man yon ihrer
Jabnahl 38 abzuziehen hat, wenn man sie auf unsere
christliche leduciren will *)•
Vor Entstehung des Reichs der Westgothen in Spa-
nien (415 n. Chr.) findet sich nirgends eine Spur von
ihr. Zwar sind ein paar früher daselbst gehaltene Con*
ciliea nach den Jahren der Era datirt, das eliberitanische
vom Jahr 305 und das toletanische vom Jahr 400 ; allein
bei näherer Untersuchung zeigt sich, dafs die Jahre der
Era erst späterhin von golhiscben Abschreibern hinzu-
gefügt sind. Mit Sicherheit kommt sie zuerst in einer
Grabschrift vor, die an einem Tbore von Lebrija, einer
Stadt im Königreiche Sevilla, angebracht ist und in das
Jahr 465 n.Chr. gehört. Sie lautet also: Alexandria
clarissima femina 'vixii annos plus minus XXV ^ /v-
eessit in pace decimo Ccd. lanuarias era DIU. Bei
Scaliger, deic diese Inschrift anführt'), finden sich
noch mehrere ähnliche aus dem fünften und sechsten
Jahrhundert. In allen steht era.
Der älteste Chronograph, der nach ibr rechnet, ist
meines Wissens der in der ersten Hälfte des siebenten
Jahrhunderts lebende Isidorus, Bischof von Sevilla.
*) Man Tergleiche die oben (2,375) citirte Stelle des Bischoft
Iuliai\U8 Ton Toledo.
^) Emend, temp. I.V. p. 446.
\
\
424 Technische Chronologie.
Zwar wird sie schon zweimahl in der bis zum Jahr 468
reichenden Chronik des Idacius, Bischofs von La-
mego, erwähnt*), jedoch nur in der einzigen Hand-
schrifty deren sich Sirmond bedient hat; die andern
Handschriften haben sie nicht, so dafs sie erst von
späterer Hand hinzugefügt zu sein scheint. Isidor
also gebraucht sie, und zwar in seiner chronikenmülsig
abgcfafsten Historia Gotlionm^ ')• Gleich anfangs führt
er ein Factum mit der Zeilbestimmung anno ante eram
conditam XII (50 y. Chr.) an. Kachher bezeichnet er
das Jahr immer mit era, z.B. ^): Era CDXLFII anno
imperii Arcadii XV Alaricus in vindictam sanguinis
suorum adversus Romam proelium gessit, obstssamque
impetu^ ignc^ gladiis irrumpit^ sicque urbs, cunctamm
gentium ^ictriXy Goilucis triuniphis victa succubuit.
Schon früher mufste sie in Spanjen die gesetzliche
sein. Sämmlliclie daselbst unter den gothischeu Königen
gehaltene Concilien vom tarraconensischen (516 n.Chr.)
an, sind nach ihr datirt. Auch in den südlichen Pro-
vinzen Frankreichs, so weit sie von den Wesigolhen
beherrscht wuitlen, war sie im Gebrauch. Noch das
Concilium von Arles vom Jahr 813 n. Chr. ist nach
ihr datirt ^). Vom neunten Jahrhundert an findet sie
sich in der Regel mit unserer christlichen Zeilrech-
nung zusammengestellt. Die Jahra beider Aeien neh-
men inuner zugleich ihren Anfang.
*) S. 10 und 40 der sirmondschen Ausgabe (2,36l).
') Yol.yil der neuen Ausgabe seiner Werke ron Areralo.
*) S. 113.
*) Mansi Coüect. ConciL Tom. XIV, col. 57.
\
Christlichb Völkea. 425
Auch die in Spanien lebenden arabischen Schrift-
steller datiren nicht selten nach der spanischen Aei*e^).
Sie heifst bei ihnen Jtjai\ ^.b tarich el-safar (aera sa-*
pharensis). Casiri leitet diese Benennung von dem
hebräischen Worte ^nfio sefarad her, das beim Pro-
pheten Obadias y. 20 von einer unbekannten Gegend
gebraucht wird, wo israelitische Deportirte lebten, und
von einigen hebräischen Auslegern auf Spanien gedeu-
tet worden ist^). Diese Etymologie ist weit hergehohlt.
Das Wort scheint vielmehr mit Jua sefr oder sifr zu-
sammenzuhängen, das eigentlich die Null bezeichnet
(von einer Radix, die leer sein heifst), aber auch,
wie das daraus entstandene cifra, chiffre, Ziffer
der Spanier, Franzosen und Deutschen, für eine allge-
meine Benennung der Zahlzeichen wenigstens bei den
Arabern in Spanien gegolten haben mufs. So wäre
denn tarich el-si^ar nur die Uebei'setzung des Worts
aera nach seiner gewöhnlichen, gleich anzufühi*enden,
Ableitung.
Die Spanier fühlten endlich das Bedürfnifs, sich
in der Bezeichnung der Jahi*e dem übrigen Europa an-
zuschlieisen. Zuerst vci*oi*dnete das Concilium von Tar-
ragona im Jahr IISO, dafs in den öifenllichen Akten
nur die christliche Acre gebraucht werden solle ^)* In
^) S. Casiri Bibliotheca Escur. Vol. I. p. 295. Dafs meh-
rere jüdische Gelehrte in SpaDien sich gleichfalls der spanischen
Acre hedtent haben, bemerkt Oluf Gerhard Tychsen in sei-
ner Beurtheilung der Jahrzahlen in den hebräisch-
biblischen Handschriften (Rostock 1786, 8) p. 17ff.
') S. Hm.^Gesenius Handwörterbuch der hebr. Spr.
nnter diesem Worte.
') Mansi Collect, ConciL Tom. XXII, p. 471.
\
\
1
426 Technische Chixmologie.
Arra^nien bestand die spanische noch bis 1350'), in
YaleDcia bis 1358 ^)^ in CastUien bb 1383 '), in Por-
tugal bis 1420 ^). Seitdem konunt sie nirgends wei-
ter vor.
So viel über den Gebrauch dieser Aere. Was Uitni
Ursprung und ihren Namen betrefft, so sind die Mei-
nungen defsialls nicht wenig getheilt. Ausfohrliche
und gründliche Untersuchungen darüber findet man in
den chronologischen Werken des Marques von Mon*
dejar ^).
Gewöhnlich nimmt man an, dais sie dem Angust
zu Ehren von den Spaniern eingeführt sei, daher ue
auch Aer« Caesaris genannt wird. Sepulveda, der
in diese Ansicht eingeht*), glaubt, dafs Aera nichts
anderes sei, als annus erat Augusti, was man in
A. ER. A. abgekürzt habe. Er erinnert an die Namen
der Slädle Caesaraugusta, Augustobriga, Eme-
rita Augusta und andere, die man nach diesem Kaiser
benannt habe, und findet es ganz natürlich, dmb auch
die Jahre nach ihm gezählt wurden, seitdem ihm
*) Curita Anales de Aragon, 1. VUl, c. 39-
') Mariana Bistoria general de Espäüa^ 1. XYU, c. 4.
') Mariana I. XVllI, c. 6. Sepulveda de rebus gesiis
Caroii K. 1. 1. S. 20.
*) Ant. Caetano da Sousa Provas da historia geneaith-
gica. da casa Real Porlugueta Tom. I. p. 363.
*) Obras chronologicas de Don Caspar Ibanez de Segtn^ia,
Peralla i Mendoza, Marques de Mondejar, Las publica Don
Gregorio Mayans i Siscar, Yalencia 1744, fol. Wiedcrgednickt
Madrid 1795.
*) In sdner kletnen Schrift De eorrectione anni mensütm^
qut Romanorum, Opera (Bladrid 1780,4) Vol. IV. p. 181.
Ghristlichb Völker. 427
der Yeriheilung des römischen Reichs unter die Trium*
yim unier andern Provinzen auch Spanien zugefallen
war. Allein die Acre nimmt mit dem Jahr 716 d.Su
ihren Anfang, und Dio Gas s ins setzt die Theilung
in das G>nsulat des Domitius Calvlnus und Asinius Pol-
lio, d. i. in das Jahr 714 ^). Diese Ableitung des Worts
aera ist schwerlich mehr als ein Spiel des Witzes, be-
sonders da es fast nur mit einem schlechten e geschrie-
ben vorkommt.
Andere bringen den Krieg in Erinnerung, den Do-
mitius Calvinus in dem Jahr nach seinem Consulat,
also a.u.715, mit den Gerelanern, einem an dem Fufse
der Pyrenäen wohnenden Volke,' geführt hat'), und
meinen, dafs die Provinz Spanien erst nach ihrer völ-
ligen Beruhigung und Unterwerfung unter den Befehl
des Octavianus die Jahre nach ihm zu zählen ange-.
fangen habe.
Noch andere, wie Gerhard Johann Yossius^),
wollen die Epoche der Aei^e mit der Einführung des
juliantschen Kalenders in Spanien in Verbindung brin-
gen, und behaupten zuversichtlich, dais dieselbe in das
Jahr 716 d. St. zu setzen sei, mit dessen I.Januar die
Aei« zu zahlen beginnt. Alles dies sind aber nichts
weiter als Conjecturen.
Vor allen Dingen fragt sich, ob aera oder era ein
lateinisches Wort sei. Mehrere Kenner des Arabischen
haben hieran zweifeln wollen. Sie bringen es mit dem
•) HisU Rom. 1. XLVin, c. 28.
') Ebend. c. 42.
') EtymoL ling, lat. t. aera.
428 Technische Chronologie.
arabischen ^^ arrach, datiren, in Verbindung, aus
welcher Radix ^.Js tarich entstanden ist, das iiir
Epoche, Acre, Chronologie und chronologische
Geschichte gebraucht wii*d. Jakob Christmann
behauptet geradezu'), dafs das Wort Acre erst mit
' dem gleichbedeutenden tarich durch die Araber, also
nach 711 unserer Zeltrechnung, in Spanien in Umlauf
gebracht woitlen sei. Aus dem Obigen erhellet aber,
dafs er sich irrt, und dafs es nicht arabischen Ur-*
Sprungs sein könne, so sehr sich auch diese Etymologie
auf den ersten Blick empfehlen mag.
Die gewölinlichste, schon beim Isidor vorkommende»
Meiuung ist, dafs Era allerdings ein lateinisches Wort
sei, wenn mau sich gleich über die Entstehung dessel-
ben nicht ganz einigen kann. Man pflegt es folgen-
dermafsen abzuleiten: zuerat sei oe/Yx, der Plural von
aes^ unter andern für die einzelnen mit Zahlzeichen
kurz ausgedrückten Summen einer Rechnung gebraucht
iiroi*den. So in folgendem Fragment des Cicero beim
Nonius'): Quid tu soles, cum rationem a dispensa-
tore accipis, si aeru singula (die einzelnen Posten) pro-
hastig summamj quae ex las confecta sit, non probare?
Dann habe man, aber erst in sehr später Latinilat,
das Wort in derselben Bedeutung als Singularis femi-
nini generis genommen^). Nonius sage an einer an-
*) In seinem cbronologischen Gomnientiir über das erste Ka-
pitel des Alfergani hinter seiner lateinischen Ucbei:sctzung de»*
selben (Frankf. 1590, S) S. 36l.
») m, 18.
') Was auch mit mdem Wörtern geschah, z. B. mit hi'
blia, ae, für hiblia, orum.
Christliche Völker. 429
dem Stelle^): Aera numeri^nota, und Rufus Festus
im Anfange seines Bre\^iarii rerum gestarum popuU Ro-'
mani: Morem secutus calculonum, qui üigenics suunmas
aeris hreviorihus eocprimunt, i'es gestas signabo non
eloquar*)^ Beim Epaphrodi tus undVilruvius
Rufus, zweien spät lebenden Gromalikern, fiude sich
aera fär die bei einer Rechnung gegebene Zahl ge-
8eUl')f und Isidor nehme era geradehin für Zahl*),
SU einer Zeit, wo, wie Vossius^) sagt, dipluliongi
iam in desuetudinem abire coeperunt, praesertim in
Hispaniis, Jfrica aliisque tem's longius ab urbe dissi-^
tis» Hieraus sei dann endlich der chronologische Ge-
brauch des Worts entstanden, den Isidor auf folgende
Weise erklärt^}: Era singuiorum annorum comtituta
est a Caesare Augusto, quando primum censwn exegit
ac Bomanum Ofiem descnpsii. Dicta autem era ex
eo, quod omnis orbis aes reddere professus est rei"
pubUcae.
Was Isidor hier von einem Gensus des rcimi«
sehen Yolks unter August sagt, der zur Entstehung der
') 11,42. In dem Fragment des Lucilius, auf dai er lich
beruft, ist aera offenbar der Plural.
') Einige Handsclin(\en lesen aere breviori^ was auch Ha-
rercamp in seine Ausgabe aufgenommen bat.
') Salmasii Exercitt. Plin. p. 483.
*) Elym.y\.^.5, Sehr häufig finden sich in spanischen Schrif-
ten des MiUelalters die Kapilel der Bücher und Paragraphen
der Gesetze mit era bezeichnet. S. Du Gange Glossarium
T. aera,
*) A.a.O.
*) Etjrm.\y 36, wo die Note ron Areyalo zu yergleichen ist.
Dasselbe wird de natura rerum c. 6 wiedei'hohlt.
430 Technische Chronologie.
Era Anlafs gegeben, beruht auf einem MifsversUind--
nisse, wozu die von ihm aufgestellte Etymologie des
Worts Anlafs gegeben haben mag. Nur so viel ist
gewifs, dafs era zu seiner Zeit und schon früher in
den Bedeutungen Zahl und Jahrrechnung ge-
stempelt war.
Ein sehr bemerkensM^rther Umstand ist es, dafs von
der spanischen Aei*e, die doch schon im Jahr 38 v. Chr.
entstanden sein soll, so wie von ihrem Namen, vor den
Zeiten der Westgothen keine Spur wahrgenommen wird.
Hau sollte doch meinen, dafs sich der Spanier Paulus
Orosius, der seine Geschichte im Jahr 417 n. Chr.
beendigle, sich ihrer bedient haben müfste, wenn er
sie vorgefunden hätte; allein er zahlt nur nacb Jah-
ren der Welt, deren er bis auf Christi Geburt S199
rechnet^), zuweilen auch nach Olympiaden und Jahren
der Stadt Rom.
Man kann sich daher kaum des Gedankens erweh-
ren, den auch schon Mondejar gehabt hat'), wenn
er ihn gleich bald wieder fallen läfst, dafs die spanische
Acre ursprünglich den Gothen eigenthümlich gewesen
und erst durch sie nach Spanien gebracht worden ist.
Unter dieser Voraussetzung wäre auch das Wort Era,
das sich nur auf eine gezwungene Weise zu einem latei-
nischen machen läfst, ungemein natürlich zu erklären ;
denn es würde nun nichts anders sein, als das jera des
Ulfilas^), das jähr, year, aar, är, der germani-
schen Sprachen. Wenn schon Isidor den Ursprung des
*) Hist,l,i.
*) Discuno I $. 8.
') S. seinen Lucas Ü, 4l; IIT, 1.
Christliche Völker. 431
Worts yerkannt hat, so darf uns dies nicht befrem-
den. Die Westgothen machten sich sogleich nach ihrer
Niederlassung auf spanischem Boden die dortige Lan-
dessprache so ganz zu eigen, dafs sich in der heutigen
spanischen Sprache, deren Entstehung aus der lateini-
schen schon der Name Roma nee zu erkennen gibt,
verhältnifsmäfsig nur sehr wenige germanische Wörter
erhalten haben.
Was die Gothen im Jahr 38 y. Chr. yeranlafst
haben mag, eine Aere zu gründen, wird sich bei un-
serer (Jnbekann tschaft mit ihrer altern Geschichte kaum
mulhmafslich angeben lassen. Dafs unter den in Thra-
cien 'Wohnenden Geten, die schon zu Augustes Zeiten
eine gewisse Wichtigkeit erlangt haben mufsten, weil
derselbe nach Sueton ^) eine Yerschwägerung mit
Cot ISO, ihrem Könige, beabsichtigte, die Gothen
begriffen, oder yielmehr beide Völker nur eins sind,
nehmen Procopius*), lornandes^), Isidor^) und
andere an. Sollten nun yielleicht die Gothen ihre
Jahre yon dem Zeitpunkte zu zählen angefangen ha-
ben, wo sie zuerst zu den festen Wohnsitzen gelang-
ten, in denen sie sich bis zur allgemeinen Bewegung
der Völker behaupteten?
Auiser den bisher gedachten, in den bürgerlichen
Gebrauch übergegangenen, Jahrrechnungen haben sich
im Oocident einzelne Regenten und Schriftsteller eigen-
thümlicher Aeren bedient, die mit ihnen wieder er-
*) jiug, c. 63.
*) De hello rand.1,2. De hello Gotthicol,2L
^) De Getarum sive Gothomm origine et rebus gestis c. 5 u. 9.
*) HisL Gothor. im Anfange.
432 Technische Chronologie.
loschen sind. Um hier nur ein paar solcher Parücn-
larären zu erwähnen, so fing Karl der Einfältige,
als er sich im Jahr 911 unsci'er Zeitrechnung des Kö*
nigrcichs Lothringen hemachligt hatte, mit 912 an, die
Jahre unter andern a largiore hereditate indepta
zu zählen. In Bouquet's Sammlung^) finden sich
mehrere Urkunden von ihm, die von dieser Epoche
dalirt sind. Gregorius Turonensis i*echnet an ver-
schiedenen Stellen seiner Werke vom Tode — a trän--
situ — des heil. Marltnus, Bischofs von Tours. In
seiner Historia Francorum ') knüpft er diese
Epoche, >velche die katholische Kiralie auf den 11. No-
vember selzt, an das Consulat des Atticus und Caesa-
rius, d. i. an das Jahr 397 u. Chr. Aber hiermit stim-
men die übrigen von ihm angegebenen Zeitcharaklere
nicht übei*ein, weder das zweite Jahr des Honorius und
Ai*cadius, noch das 4l2ie seit Christi Tode — a pas^
sione — noch der Sonntag, an welchem der Transitus
erfolgt sein soll. Nehmen wir Ferie und Datum als
zusammengehörig an, und verbinden damit zwei Stel-
len des Sulpicius Severus'), nach denen der Hei-
lige noch ein paar Jahre über jenes Consulat hinaus
gelebt haben mufs, so erhallen wir das Jahr 400, für
welches sich auch Franciscus Chifflet entscheidet^).
*) Recueil des Hisloriens des Gaules ei de la France^
Tom. IX. p. 514 ff.
') LI. c. 43. Yergl. seine Schrift De miraculis S, Martini
1. I. c. 3.
^) Vita B. Martini c. 23. Dial. TU, c. 15.
*) In seiner gelehiten DisseHatio de S, Martini Turonensis
temporum ratione (zugleich mit noch zwei andern Abhandlun-
gen), Paris 1676, 8.
Christlighe Völker. 433
Petaylus schwankt zwischen 400 und 401^), und
Baronius will, aher gewiis irrig, 402').
Wir wenden uns nun zu den Jahrrechnungen der
Christen des Orients.
Dahin gehört zuvörderst die seleucidische Acre,
die nach Auflösung ^es Reichs der Seleuciden, dem sie
die gesetzliche war, sich in vielen Städten Syriens be»
hauptete (1,446), und auch denen, die sich nach er-
langter Autonomie eigenthümlicher Jahrrechnungen be-
dienten, nicht fremd werden konnte, weil sie im ge-
genseitigeä Verkehr ein bequemes Reductionsmittel für
alle darbot.
Aus einer Stelle des Chronicon paschale (1,451)
lalst sich schliefsen, dafs in Syrien, wo wir von Ana-
tolius, Bischof von Laodicea, zuerst den 19jährigen
Cyclus zur Bestimmung des Osterfestes angewandt fin-
den (2, 226) , bei der Festrechnung eben so die seleu-
cidische Acre gebraucht wurde, wie in Aegypten die
diodetianische und im Occident die christliche, und'
dies bestätigt auch ^er dem sechzehnten Jahrhundert
angehörige, arabisch abgefafste, Computus ecclesiae An--
tiochenae] den Scaliger am Ende seines grofsen chro-^
Dologischen Werks mittheilt'). Dadurch blieb sie den
syrischen Christen geläufig, die sich ihrer, zugleich mit
ihren einheimischen Monaten (1,430), wenigstens im
kirchlichen Gebrauch (im bürgerlichen Verkehr rechnen
sie nach der Hedschra und nach arabischen Monaten)
•) Doctr. temp. XI, 47.
') Annales ecclesiastici bei diesem Jahr. Martjrrologium Ra-
manum unter dem 11. November.
') Emend, temp. S. 707 ß.
n. [2S]
434 Technische Chronologie.
noch jetzt bedienen. Garsten Niebuhr') sah in
einer nestorianischen Kirche zu Mosul das 205Sste Jahr
seit Alexander, in welchem sie erbaut war, mit
dem 17448ten n. Chr. verglichen. Dieses seleucidische
Jahr fing im Herbst 1743 an; die Kirche mufs also
in den ersten neun Monaten des Jahrs 1744 voUendet
worden sein ^).
Auch kommt diese Acre nicht selten bei den natio-
nalsyrischen Kirchenscribenten vor. Man sehe die Aus-
züge aus denselben, die Joseph Simon Assemani
in seiner Bibliotheca orientalis gibt. Sie wird hier
entweder mit anno Graeconan oder mit dnno regni
Alexandri bezeichnet.
Yon dem doppelten Jahranfange des syrischen Jahrs
mit dem 1. September und 1. Oktober bt oben (1, 453)
gehandelt worden. Nach Abu'lfaradsch ^) fingen
die Rüm (Byzantiner) seiner Zeit das Jahr mit )enem
Datum, die Syrer mit diesem an. Er selbst, als Syrer,
rechnet vom l.Thischri oder Oktober. In seiner syri*
sehen Chronik^) vergleicht er den 10. Elui des
Jahrs 1587 der Syrer, den Tag, an welchem er dies
schrieb, mit dem 10. Elul des Jahrs 6785 der Byzan-
tiner. Die Reduction beider Aeren gibt mit Berück-
sichtigung der Yerschiedenheit des Jahranfangs, auf die
*) Beschreibung Ton Arabien S. 111.
') Es ist nicht nöthig, aus der Zusammenstellung beider Jahr-
zahlen mit Niebuhr den Schlufs zu ziehen, dafs die Aere mit
dem Jahr 311 ▼. Chr. angefangen habe. Es ist ohne Zweifel
Ton der gewöhnlichen seleucidischen die Rede, deren Epoche auf
den Herbst des Jahrs 312 T.Chr. trifil (1,448).
») ffaM^nojM. YI. p. 98.
•J S.4l.
Ghbistlighb Völkeb. 436
er anadröcklich aufmerksam macht, deä 10. Septem^
ber 1276 n. Chr. Nach L'Jrt de vinfier les dates ^)
fangen die Nestorianer und Jakobiten das Jahr noch
jeUt mit dem 1. Oktober, die syrischen Katholiken
hingegen mit dem 1 . September an.
Die antiochenische Acre haben die griechisch
achreibenden Syrer Euagrius und Malelas gebraucht,
die nationalsyrischen Schriftsteller nicht.
Die philippische Acre lälst sich bei keinem
Kirchenscribenten mit Sicherheit nachweisen. Nach
Stephanus Evodius Assemani') hat sich ihrer
der Yerfasser der Acta der heil. Theodota bedienti
wenn er als die Zeit des Märtyrertodes derselben den
Monat September des Jahrs 642 nennt. Zieht man
hie von 324, das Epochenjahr dieser Aere (1, 107), ab,
so erhält man 318, als das entsprechende Jahr naph
Christus, und dies ist, wie Assemani versichert, der
späteste und einzige Zeitpunkt, auf den sich, allen
Umständen nach, diese Begebenheit bringen lä(st.
Die eben gedachten beiden syrischen Aeren, die
seleucidische und antiochenische, sind ihrem Ursprünge
nach keine christliche. Eine andere Bewandnifs hat es
mit der diocletianischen, die ihre Entstehung
') Tom. I. p. 45. Es ist Terwirrend, wenn sich in der grofsen
cfait)nologischen Tafel dieses Werks das erste Jahr unserer Zeit-
rechnung mit dem 313ten der seleucidischen Aere und mit dem
5509ten der byzantinischen Tei'glichen findet. Jenes- fing den
I.Oktober 1 n.Chr., dieses den I.September 1 t. Chr. an.
Beide Zahlen gehören abo nicht zusammen. Man mufs immer
das um 1 kleinere seleucidische Jahr nehmen, um die zusam-
menstimmenden Jahre beider Aeren zu einhalten.
^) Acta MaHrrum Tom. ü. p. 210 ff.
[28*]
436 Technische Chronologie.
hSchst wahrscheinlich der Osterrechnung der AlexAn-
driner verdankt (2,231). Ihre Epoche, der 29. An-
gast 284 n.Chr., war, wie Galvisius richtig be-
merkt^), ein Neumondstag , und dieser Umstand trug
gewils nicht wenig dazu bei, dafs die aleiandriniscfaen
Urheber des immerwährenden julianischen Kalenders
den neunzehnjährigen Cyclus, den sie an die SleUe des
frühem achtjährigen setzten, an den Regierungsantritt
des Diocletian knüpften, so verhafst auch der Name
dieses Kaisers den ägyptischen Christen seit der schreck-
lichen Verfolgung, die er über sie verhängte, sein
mochte. Defshalb nannten sie diese Acre, die ihnen
allmählig durch die Ostertafeln geläufig wurde, und
die sie nach Einfuhrung des Christenthums bb auf die
Zeit der Herrschaft, der Araber auch im bürgerlichen
Verkehr gebraucht zu haben scheinen, die Märtyrer-
äre. Noch jetzt dient sie den Kopten zur Anord-
nung ihres Festkalenders. Wie ein an sie gereihtes Da-
tum zu reduciren sei, ist oben in der Zeitrechnung der
A^iypter gelehrt worden (1 , 1 64) , wo ausfuhrlich von
der ihr zum Grunde liegenden alexandrinischen Jahr-
form gehandelt worden ist.
Von den koptischen Christen ist sie zu den äthio-
pischen oder abessinischen übergegangen, die den
Patriarchen von Aegypten als das Oberhaupt ihrer Kirche
anerkennen. Unter den verschiedenen Aeren, die in der
Einleitung zu dem von Ludolph') abessinisch und
lateinisch mitgetheilten Festkalender der Aethio-
pier aufgeführt werden, findet sich auch die Mär-
') Opus chronologicum unter diesem Jahr.
*) Commentarius ad suam historiam Jethiopicam p. 385 C
Ghristlichb Völker.
437
tyreräre, deren Epoche auf das Jahr 276 ab Incar«
natione gesetzt wird. Dieses Jahr entspricht unserm
284sten; denn die äthiopischen Christen nehmen mit
den orientalischen Chronologen die Incamation acht
Jahre später an, ak Dionysius. Ihre Hauptäre ist
aber die der Schöpfung, nach der sie bis auf Chri-
stus S500 Jahre, also bis auf den Anfang unserer Zeit-
rechnung 5492 zählen ^). Um d^e Jahrzafalen der-
selben auf unsere christlichen zu bringen, mufs man
5492 abziehen. So erhalt man für die Jahre 5817
und 6114, in die jener Festkalender das nicänische
Concilium und die Flucht Muhammeds setzt, richtig
325 und 622 n. Chr.
Der Kalender der äthiopischen Christen stimmt
übrigens in Ansehung der Jahrepoche, der Dauer der
Monate und der Schalteinrichtung vollkommen mit
dem der Kopten überein; nur die Namen der Monate
weichen ab, wie aus folgender Tafel erhellet'):
Monate
der Aethiopier,
der Kopten.
Mascaram
Thoth
Tekemt
Phaophi
Hedar
Athyr
Tachsäs
Choiak
Ter
Tybi
*) Es ist die in Aegypten einheimische Weltare des Pano-
dorus und Anianus, ron der unten. Letzterem gehöi^t auch
die äthiopische Zählungsweise der Jahre ab Incamatione an.
') S. den Festkalender bei Ludolph und Bereridge^s /n«
stitt, chronoL p. 259*
438 Technische Chronologie.
Monate
* Aethiopier,
der Kopten.
Jacatit
Mechlr
Magabit
Phamenoth
Hijazia
Pharmuthl
Ginbot
Pachon
Sene
Payni
Hamle
Epiphi
Nahase
Mesori
Ergänzungstage.
liCtzlere iveiden von den Aethiopiem mit dem Namen
Paguemen oder Pagomen bezeichnet, der ofleubar
das entstellte Inayoiuvox ist. Die An&nge der Monate
im julianischen Kalender sind schon oben (1, 143)
angegeben.
Die armenischen Christen, die sich seit dem zu
Karn (Erzerum) im Jahr 622 unserer Zeitrechnung ge*
haltenen G>ncilium der römischen Kirche angeschlossen
haben, bedienen sich jetzt, wenigstens bei kirchlichen
Yerhandlungen, der dionysischen Acre und der juliani-
schen Monate. Es liegt ein zu Constantinopel gedruck-
ter armenischer Kalender auf das Jahr 1789 vor mir,
der ganz übereinstimmig mit unsern Kalendern geord-
net ist. Sie haben aber auch eine eigene Acre und ein-
heimische Monate. Die Acre nimmt nach Schröder *)
*) Joh. Joach. SchrÖderi Dissertatio de antiquitaie^ Jm^
tis, indole atque usu linguae Armenicae S. 63. Yor seineni
Thesaurus linguae Armenicae (Amsterdam 1711, 4), dem noch
immer gründlichsten Buche über die Sprache und litteratur der
Armenier.
GHaiSTLIGHB YÖLILBR. 439
lind Yillotte ^) mit dem Jahr S51 n.Chr. ihren An-
fang. Wenn also die Acta des Concilii zu Sis vom
19. März des Jahrs 756 der armenischen Aere datirt
sind'), so erhält man durch Addition von 551 unser
Jahr 1307. Ehen so ergibt sich, dafs die Bulle des
armenischen Patriarchen vom 1. December 1153 und
das Schreiben des Erzbischofs Thomas von 1155, die
Schröder mitlheilt'), in die Jahre Christi 1704 und
1706 gehören. Die Namen der Monate lauten bei
dem ebeugedachten Gelehrten und bei Villotte^), die
sie zugleich armenisch geschrieben geben, wie folgt:
1) Navasardi 7) Miehieki
2) Huerri 8) Arieki
3) Sahmi 9) Ahki
4) Tre 10) Harieri
5) Kagots 11) Margats
6) Arats 12) Hruetits
Die Monate sind durchgängig dreifsigtägig. Die das Son-
nenjahr ei^änzenden Tage werden dem Hruetits an-
gehängt und Aceliacz genannt. Scaliger, der irrig
den Sahmi zum ersten Monat macht, lälst die Epago*
menen dem Huerri folgen ^). Bereits der im fäuften
Jahrhundert nach Christus lebende Moses von Cho*
rene, der älteste Historiker, ja Schriftsteller, der Ar-
*) Jac.Yillotte Viclionarium novum Latino 'Armenicum
(Rom 1714, fol.) f. T. Calendarium. Der Verf. hat 2S Jahre als
Missionar in Armenien gelebt.
') S. Clementis Galani Historia Jrmena p. 440, und
Mansi Collect, ConciL Tom. XXY, p. 139.
') S. 380 und 383 seines Thesaurus.
*) s. T. mensis.
*) Emend. iemp. 1. in, p. 215.
440 Technische Chronologie.
menier, fkngt das Jahr mit dem Nayasaidi an^), und
dafs die Stellung der Monate seitdem unverändert ge-
blieben ist, erliellet schon daraus, dafs auch ihm der
HiehieLi, oder, wie er ihn nennt, Mehekan, der sechste
nach dem Nayasardi ist').
Freret behauptet in seiner Abhandlung De l'an-
n^e Armenienne^), dals sich die Armenier zu litur-
gischem Behuf aufser dem julianischen Jahr auch eines
aus ihren Monaten zusammengesetzten festen Sonnen*
Jahrs bedienen, dessen Anfang durch eine vierjährige
Einschaltung eines sechsten Ergänzungstages mit dem
11. August des julianischen Kalenders verbunden bleibe.
Ich mreifs nicht, woher ihm diese Kunde,, fiir die er
keine Art von Zeugnifs beibringt, zugekommen sein
mag. Vergeblich habe ich def&halb alle mir zugäng-
Lche Bücher über Geschichte und Lilteratur der Ajv
menier nachgeschlagen, und ich mufs daher, bis man
mich vom Gegen theil überzeugt, annehmen, daik die
ganze Notiz auf ^einem Mifsverständnisse beruht, das
ich mir freilich nicht zu erklären weifs. Schröder,
auf den er sich sonst überall beruft, sagt nichts wei-
ter, als dais das aus den Nationalmonaten zusammen-
gesetzte bürgerliche Jahr der Armenier gleich dem
nabonassarischen ein bewegliches Sonnenjahr sei, des«
sen Anfang im Jahr 1710, wo er schrieb, dem S.Okto-
ber n. St. entsprochen habe. Also die Jahrform der
alten Aegypter und Perser hat noch im Anlange des
*) Hisi, Armena 1. 11, c.63.
') 1. in, c. 67. Weiter finden sich keine Monate bei ihm
erwähnt.
') Mäm, de VAcad. des Inscriptions Tome XIX p. 85 ff.
Christliche Völker. 441
achuelinten Jahrhunderts als eine bürgerliche unter den
Armeniern bestanden. Eine merkmlrdige Erscheinung!
Im Jahr 1712, einem Schaltjahr, mufste der 1. Nava-
sardi auf den 7. Oktober neuen oder 26. September
alten Stils tibei^gehen, und man findet nun leicht, dafs
er im jetzigen Jahr 1825 auf dem 30. August alten oder
11. September neuen Stils haften müsse, wenn nicht
etwa die Jahrform zugleich mit den ihr eigenthüm-
lichen Monaten seit 1710 erloschen ist, was ich für
sehr wahrscheinlich halte , da in dem obgedachten
armenischen Kalender von keinem bewegliciien Jahr
mehr die Bede ist.
Unter der Voraussetzung, dafs es neben dem be-
weglichen bürgerlichen Jahr ein festes litui^isches mit
der erwähnten Epoche gegeben habe, geht Fr er et in
weitläufige Erörterungen über die Correspondenz beider
und über den Ursprung des letztem ein, die natürlich
alle in ihr Nichts zusammensinken, sobald nicht die
Existenz des festen Jahrs nachgewiesen werden kann.
Ich beschränke mich auf zwei Bemerkungen. Erstlich
leidet es keinen Zweifel, dafs die Armenier ihr beweg-
liches Jahr von ihren Nachbaren, den Persem, ent-
lehnt haben, denen sie oft unterworfen waren und
zum Theil noch sind. Zweitens sagt Yillotte'), dafs
sie unier ihrem Patriarchen Moses im Jahr 551 n. Chr.,
von wo sie ihre Jahre zählen, ihren Kalender geordnet
haben ^). Dies soll wol nichts anders heifsen, als sie
haben damals ihre Festrechnung eingeführt. Da
') 8. T. Calendarium und iia Anhange p. 748.
*) Auch Schröder bemerkt, dafs die Aere zugleich cum
correctione Calendarii eiDgefdhrl sei.
442 Technische Chronohgie.
sich nun diese mit keinem beweglichen Jahr vertrtt^,
und sie sich der römischen Kirche vor 622 nicht ge-
nähert haben, so ist es allerdings nicht unwahrschein-
lich, dafii sie ihr bewegliches Jahr zu liturgischem
Behuf durch Einschaltung eines sechsten Eiganzungs-
tages fixirten. Doch können sie auch schon damals
den julianischen Kalender von den Syrern oder Byzan-
tinern entlehnt haben, ohne gerade ihrem beweglichen
eine analoge Einrichtung zu geben. Yon dem Allen
sagt ims aber die Geschichte nichts Sicheres *).
Aufser obigen Monaten kommen bei den Arme-
niern noch ganz andere vor, deren Namen bei Schrö-
der also lauten:
1) Schams 7) Thirai
2) Adam 8) Damai
3) Schbat 9) Hamirai
4) Nachai 10) Aram
5) Ghamar 11) Ovdan
6) Nadar 12) Nirban.
*) In der handschrifUichen Chronik des Armenien Samuel,
Ton Fröret 8.9^ citirt, findet sich die Notiz, dafs ein gewisser
Andreas Ton Constantinopel einen Osterkanon auf 200 Jahre
angefertigt und ihn 23 Jahre nach den Yicennaiien des Con-
stantin angefangen habe. Dieses Fest, dessen auch Moses
von Choren« gisdenkt (1.11. c. 85), wurde nach dem Chro-
nicon Paschale (S.282) unter den Consuln Paulinus und lolia-
nus in der dreizehnten Lidiction, abo im Jahr des nicäniscben
Concilii, gefeiert, was Eusebius bestätigt. Fita Const,JY^ \7.
Somit fing der Ostei*kanon des Andreas 348 n.Chr. an und
hörte 548 auf. Hätten sich die Armenier bis dahin nach dem*
selben gerichtet, was Samuel anzudeuten scheint, so sahen sie
sich nun in der Nothwendigkeit, die Osterfeier weiter zu regit-
liren. Dies kann 551 gesdiehen sein. Welcher Jshrform sie
sich dabei bedienten, wissen wir nicht.
Gheistlighe Völker. 443
Die Yammen bei Yillotte sind nicht von Bedeu-
tung« Auch diese Monate sind dreiisigtägig und wer-
den durch die Aceliacz ergänzt, und zwar zu einem
festen Sonnen jähr, dessen Anfang auf dem* Früh -
lingsäquinoctium haftet« Im Schaltjahr erhält der
Nirhan 31 Tage« Einer solchen Jahrform bedienen sich
die Kaufleute von Sjulfa, einer am Araies gelegenen,
durch Handel blühenden Stadt ^), die der Hauptsitz
der fast alle Messen Europas besuchenden Armenier zu
sein scheint« Sie kommt *ganz mit der dschelaled-
dinischen Jahrform überein, ypn der unten in de^
Zeitrechnung der Perser die Rede sein wird, und ist
ohne Zweifel nur eine Kopie derselben.
Die Jahre werden auf zweierlei Weise gezählt, ent«
weder in einer fortlaufenden Reihe, die man die grofse
Acre nennt, oder in Perioden von 532 Jahren, indem
man yon der grofsen Aere so oft 532 wegläist, als es
angeht und blofs den Ueberschuls in Rechnung bringt,
der dann die kleine Aere heifst« Im Jahr 1710 wurde
nach Schröder das 97ste Jahr der kleinen Aere ge-
nhlt« Er hat einen Brief eines armenischen Kauf-
manns yom 24. Ghamar des Jahrs 87 abdrucken las-
seu^), der am 10. August 1700 geschrieben sein mufs,
wenn anders der Jahranfang genau dem Tage der Früh«
lingsnachtgleiche entsprochen hat. Jahrform und Aere
scheinen 1082 n. Chr« eingeführt zu sein, drei Jahre
^ler, als die dschelaleddinische Zeitrechnung; denn
^) Es ist, wenigstens bis zum Jahr 1710, die einzige in Ar-
menien, in der Bücher in der Landessprache gediiickt sind.
S. Schröder p. 39 seiner Disseriaiio.
') S. 392 des Thesaurus,
444 Technische Chronologie.
zählen vir von hier an eine Periode und 97 Jahre vor-
wärts, to gelangen wir zum Jahr 1710. Nach Schrö-
der ist der Erfinder dieser Aere ein gewisser Azarias,
der oflenbar dabei eine eigenthümliche Regulimng der
Festrechnung bezweckt hat; denn man wird sich aus
d^m Obigen erinnern, dafs 532 die grofse aus der Mul-
tiplication der Zahlen 19 und 28 des Mond- und Son-
neocirkels entstandene Osterperiode ist. Ich bedaure sehr,
dafs ich nicht das 1698 zu Amsterdam gedruckte Buch:
Harmoma quintupUcis mensis, Romanorum, jixariae,
Armenonun, Hebraeorum et Muhammedanorum, aus
welchem Schröder seine Notizen geschöpft hat, habe
benutzen können. Es hat den gelehrten armenischen
Erzbischof Thomas zum Verfasser.
Ich komme nun zu den Weltären der Orien-
taler, einem der yerwickeltsten Kapitel der Chrono-
logie, das zuerst durch Yan der Ha gen 's gründliche
Untersuchungen aufgeklärt worden ist. Den Verfas-
sern des Art de 'verifier les daies, die Pagi's un-
richtiger Darstellung folgen ^), scheinen die chronologi-
schen Arbeiten dieses holländischen Gelehrten nicht be-
kannt geworden zu sein.
Wenn sich das Schöpfungsjahr des ersten Men-
schen mit Sicherheit ermitteln oder auch nur eine Ver-
einigung über die muthmafsliche Bestimmung desselben,
denken liefse, so würde die Rechnung nach Jahren
des Menschengeschlechts, oder, wenn man will,
nach Jahren der Welt, in der Universalgeschichte
die natürlichste sein. Allein der erste Ring dieser Ketle
^) Man Tergleiche ihre Artikel Mre mondaine d'JiexamiHe
tt d'Jniioche Tom. I. p. 39 ff.
Ghaistlighb Völker. 445
scbiivebt in der Luft. Alle sogenannte Weltären grün-
den sich auf die im alten Testament vorkommenden Zah-
len. (Auf die Geologie pflegen die Chronologen keine
Rücksicht zu nehmen.) Mun weichen aber der hebräische
und samaritanische Pentateuch und die Septuaginta ge-
rade in den Zahlen bedeutend von einander ab; auch
läist sich die biblische Geschichte mit der profanen
nicht ohne mancherlei Hypothesen in Verbindung brin-
gen. Man darf sich daher über die Verschiedenheit der
Berechnung der Jahre der Welt bei den altern und
neuern Chronologen eben nicht wundem. Das 'Werk
Art de verifier les dates gibt*) eine Tafel der Jahre,
die nach den yerschiedenen Ansichten von Adam bis
auf Christus yerflossen sein sollen, und hier findet man
nicht weniger als hundert und acht deslimmungen,
deren Extreme um mehr als 2000 Jahre von einander
entfernt sind. Des-Vignoles sagt gar'), er habe
zweihundert Angaben gesammelt, von denen die gi*öfste
6984, die kleinste 3483 Jahre von Erschaffung der
Welt bis auf Christus zähle. Um nur ein paar dieser
Bestimmungen anzuführea, die noch den meisten Bei-
fall gefunden haben, so ist das erste Jahr unserer christ-
lichen Acre seit der Schöpfung das 3950ste nach Sca-
liger und Calyisius, das 3984ste nach Petayius, das
4004te nach Usher, das 4182ste nach Frank (1,504).
Han mufs also zu einem gegebenen Jahr der christ-
lichen Acre entweder 3949, oder 3983, oder 4003, oder
') Discours prdlim, der Abtheilung avant Vkre chrätienne
p. XXVII. Man yergleiche auch die Vorrede zur Allgemei-
nen Welthistorie B. I. S. 100 der deutschen Bearbeitung.
') In der Vorrede zu seiner Chronologie de VHistoire sainie.
446 Technische Chronologie.
4181 addiren^ wenn man es auf eine dies^ yier'Redi-
nungen redaciren will. Gatterer zählt in allen sei-
nen Geachichtswerken nach Jahren der Welt, in den
frühern nach Petavius, in den spätem nach Frank.
Nichts kann unbequemer und verwirrender sein, als
eine solche Zählungsweise , die glücklicherweise immer
mehr aus der Mode kommt. Man yei^leiche, was
Bredow darüber in seinen Untersuchungen über
einzelne Gegenstände der Geschichte, Geo-*
graphie und Chronologie bemerkt^). Die swedL*
mäfsigste Rechnung bleibt immer noch die nach Jahren
yor und nach Christi Geburt. Die Acren der Olym-
piaden und der Stadt Rom gehen nicht weit genug
zurück, um die ganze alte Geschichte an sie knüpfen
zu können.
Wenn ich mich (nr irgend eine jeuer 108 Be-
stimmungen entscheiden sollte, so wäre es die von
Usher; nur würde ich zu seinen 4004 Jahren noch
zwei hinzufügen. Dieser eben so besonnene als gelehrte
Ghronolog, der sehr wohl fühlte, dafs es ein vei^geb-
liebes Unternehmen sei, die .Zahl der von Adam bis
auf Christus verflossenen Jahre auf eine den Beifall er-
zwingende Weise anzugeben, hatte den sehr vernünfti-
gen Gedanken, Christi Geburt gerade in das 400O8te Jahr
der Welt zu setzen, und da er diese Epoche an den
Schlufs des fünften Jahrs vor der Aera vulgaris brachte,
so stellte sich das erste Jahr der letztem auf sein von
der Herbstnachtgleiche gerechnetes 4004te. Nach unsem
Untersuchungen tritt aber die Geburt Christi noch zwei
Jahre weiter zurück, nämlich an den Schluis des sie-
*) th.I. S.lff.
Ghbistlichs Völkbr. 447
l)enten Jahrs yor der Aera yulgaris« Wir eiiialien also
nach Usher's Weise für das erste Jahr der letztem
4as 4006te der Welt.
Die Yergleichung der biblischen Chronologie mit
der profanen ist seit lulius Africanus, einem christ*
liehen Schriftsteller des dritten Jahrhunderts, ein Ge-
genstand yielfältig^r Untersuchungen gewesen. Beson-
ders haben sich in dieser Beziehung die ägyptischen
Mönche Panodorus und Anianus ausgezeichnet,
deren Weltäre zu einer besondem Celebrität gelangt
ist« Was wir von ihren Forschungen wissen, yerdan*
Len wir einzelnen zerstreuten Fragmenten beim Geor-
gius Syncellus, die Yan der Hagen scharfsinnig
zusanmiengestellt und erläutert hat^).
Panodorus, ein Zeitgenosse des Erzbischofs Theo*
philus von Alexandrien, von dessen Ostertafel oben
(2, 254) gehandelt worden, lebte im Anfange des fünf«
ten Jahrhunderts. Er schrieb eine Chronographie,
deren Hauptzweck war , die Traditionen der Chaldäer
und Aegypter mit der heiligen Schrift in Verbindung
zu bringen. In diesem Werke rechnete er von Adam
bb auf seine Zeit, mit Einschlufs des Episkopats des
im Herbst 412 n.Chr. gestorbenen Theophilus,
5904 Jahre ^]. Als Aegypter begann er seine Jahre
ohne Zweifel mit dem l.Thoth der Alexandriner oder
dem 29. August. Es mufs aUo das erste unserer christ«
*} Dissertationes de cyclis paschalihus S. GS ff.
') Syncelli Chronogmphia p, 33» Panodorus wird zwar
an dieser Stelle nicht genannt; abei* aus dem weitem Verfolge
erhellet, dafs Syncellus die 5904 Jahre entweder Ton ihm oder
Tom Anianus (beide rechneten nach einerlei Weltäre) ent«
lehnt hat.
448 Technische Chronologie.
liehen Zeitrechnung dem S4938ten seiner Aere ent-
sprochen haben, bis auf den Unterschied von etwa vier
Monaten, um welche dieses früher begann, als jenes.
Da nun Syncellus ausdrücklich versichert*), dais
er Christi Geburt — r^y oxünfpiov ylwr^xj — in das
Jahr 5493 setner Weltäre brachte, 90 glaubt Pagi (2,388),
dafs Dionysius, der Urheber unserer Jahrrechnung, in
der Feststellung ihrer Epoche mit ihm übereingestimmt,
ja seine ganze Rechnung von ihm entlehnt habe. Allein
nach Sanclemente's oben (2,383) vorgetragener sehr
wahrscheinlichen Meinung hat Dionysius Christi Ge*
burt an den Schlufs des ersten Jahrs seiner Aere, mit-
hin ein Jahr später als Panodorus gesetzt. Es ist
jedoch aiich möglich, dafs o-urnfpio^ yiwr^t^ (nr avrrfipio^
a-opKuxri; (2,329) zu nehmen ist; dann kfime freilich die
Bestimmung des Dionysius mit der des Panodorus
überein, woraus aber immer noch nicht folgen würde,
dals ersterer den letztem kopirt hat.
Die Chronologen nennen die in Rede stehende
Welläre gewöhnlich, ich weiis nicht warum, die an-
tiochenische, und setzen den Anfang ihrer Jahre
auf den 1. September, die Jahrepoche der Antiochener.
Pagi, der sich unter andern dieser Benennung bedient,
sagt selbst, dafs sie auf keiner Autorität irgend eines
Alten beruhe'). Richtiger ist der Name Kirchen-
jahrrechnung gewählt, den ihr Gatterer beilegt^);
•) 8.327.
*) Haec aera dicitur Antiochena a quibusdam recentio--
ribus, qui nulia quidem veterum auctoritate inniiuntur, sed
a quibus, cum nihil melius afferre possim, in quaestione de
nomine non discedam. De periodo Graeco^ Romana S. 18.
') Abrifs der Chronologie S. 89.
Christliche Völker. 449
denn sie ist lange, noch von Maximus im siebenten
Jahrhundert, bei der Berechnung des Osterfestes ge«
braucht worden. Wir wollen sie die alexand ri-
tt isc he nennen, weil sich ihrer der Aegypler Pano-
dorus zugleich mit der alexandrinischen Jahrform be-
dient hat, und weil sie nach der Chronographie
des Theophanes bei den byzantinischen Schriftstel-
lern diesen Namen geführt haben mufs^).
Um ein alexandrinisches Jahr auf unsere Acre zu
bringen, ziehe man 5492 oder 5493 ab, je nachdem
man das christliche Jahr sucht, das seinem gix)fsten
Theile nach mit dem alexandrinischen übereinstimmt,
oder dasjenige, auf dessen 29. August der Anfang des
alexandrinischen trifft. So fängt das Jahr 7317 am
29. August 1824 an und gehört meistens mit 1825 zu-
sammen. Um hingegen das Jahr der alexandrinischen
Aere zu finden, das in einem gegebenen der unsrigen
beginnt, addire man zum letzlern 5493. So ergibt sich,
dafs im Jbhr 1825 der christlichen Aere das 7318te der
alexandrinischen anfangt.
In welchen Combinalionen die 5492 Jahre begrün-
det sind, die Panodorus bis auf Christi Geburt zählte.
') Der Titel dieses Werks sagt^ es solle die Chronologie Ton
526 Jahi*en umfassen, yon dem eisten des Dioclelian oder dem
5777sten der Welt bis zum 6305 ten der Alexandriner oder
6321stcn der Römer (Byzantiner). Die Jahre tou xooyiov sind
hier gleichbedeutend mit den Jahren uara rovf 'AXigav^pcfc; mit
beiden Zahlen ist keine andere Jahrrechnung als die des Pano-
dorus gemeint. S. 345 und 346 der par. Ausgabe wird der Tod
des Leo Isauricus in das Jahr 6248 der Welt nach den Römern,
und in das Jahr 6232 nach den Aegyptern oder Alexan-
drinern gesetzt. Es wird das Jahr gem^t, das mit dem
1. September oder 29- August 739 n* Chr. begann.
n. [29]
460 Technische Chronologie.
wissen wir nicht. Yiell^icht hat auf ihre BesUmmnng
der Ostercyclas der Alexandriner Einflufs gehabt; denn
dafs die Division der Jahrzahl durch 19 zum Rest alle-
mahl die güldene Zahl gibt, scheint kein blolser Zufall
zu sein. Dividircn wir z. B. 7317 durch 19, so erhal-
ten wir zum Rest 2, die güldene Zahl unsers Jahrs 1825,
das mit dem 7317ten gröfslentheils übereinstimmt und
auf das auch das Osterfest desselben trifft.
Diese Eigenschaft der alexandrinischen Aere hat
Pagi zur Construction seiner griechisch-römi-
schen Periode yeranlafst. Man sehe seine Abhand-
lung De Periodo Graeco - Romana vor seiner Critica
in Annales Baronii (2,411), auch besonders mit Er-
läulerungen herausgegeben von Heinrich Leonhard
Schurzfleisch ^).
Mit dieser Penode, von der die Chronologen yiel
Aufhebens, aber gar wenig Gebrauch machen, hat es
folgende Bewandnifs. Die Jahre, nach denen sie zählt,
sind die des Panodorus, jedoch mit der Aenderung,
dafs ihr Anfang, der Gewohnheit des Occidenis gemäfs,
auf den 1. Janaar, und zwar auf den zunächst vorher-
gehenden verlegt ist, so da(s das Jahr unserer Aere,
das man dui*ch obige Rcduclion als dasjenige findet, in
welchem das alexa ndrin ische anfangt, ganz mit demsel-
ben zusammenlrifTt. So ist das Jahr 7318 mit unserm.
lS25slen identisch. Wenn man nun eine vorgelegte
Jahrzalil, z. B. die eben gedachte, durch 15 dividirt, ao
gibt der Rest 13 unmittelbar die Indiction. Dividirt
man dagegen durch 19 und 28, so mufs man im er-
sten Fall 1 vom Rest 3 subtrahiren und im letztem 4
•) Frankfurt und Leipzig I7l6, 4.
Christliche Völker. 461
zum Rest 10 addiren, um die güldene^ Zahl und den
Sonnencirkel zu erhallen (1,73). Diese Periode leistet
also etwas ähnliches, wie die julianische (1,76), nur dafs
das jedesmahlige Jahr der letztem nicht blofs durah 15,
sondern auch dui*ch 19 und 28 diyidirt unmittelbar
die di^i chronologischen Charaktere gibt* Wenn die
griechisch-römische Periode sich durch ihren geschicht-
lichen Ursprung empfiehlt, so ist die julianische offen-
bar bequemer geoi*dnet. Dafs jene bei chronologischen
Rechnungen, z. B. bei Ycrglcichung von Acren, auf eine
ähnliche Weise gebraucht werden könne, wie diese, ist
klar. Meines Wissens ist sie aber zu diesem Zweck von
niemand weiter, als von ihrem Urheber benutzt wor-
den. Wir wollen uns also bei dergleichen Reductionen
nicht aufhalten. Wer eine Anleitung dazu suchen sollte,
findet sie bei Schurzfleisch ^) und Gatterer').
Anianus, ein Zeitgenosse des Panodorus, schrieb
ebenfalls eine Chronographie, in die er einen Oster-
cyclus yerflocht» Vergleichen wir nämlich alle von
Van der Hagen gesammelte Stellen des Syncellus,
wo von den chronologischen Arbeiten dieses Mönchs
die Rede ist, so sehen wir, dafe er sein mit Adam be-
ginnendes Werk nach Jahren der Welt und zugleich
nach wiederkehrenden Jahren der grofsen 532jährigea
Osterperiode dergestalt geordnet hatte, dais das ei*ste
Jahr der Welt mit dem Anfange der ersten Periode zu-
sammentraf, und daf& er so bis zum Schlufs der elften
Periode oder bis zum Jahr 5S52 fortgegangen war.
Der letztem Periode, auf die Christi Geburt traf,
*) S. 125 ff.
^) Abrifs der Chronologie S. 91 ff.
[29*]
462 Technische Chronologie.
hatte er eine Ostertafel beigefügt, worin die Tage der
Luna XIV und des Osterfestes nacli den GmndsaUen
der Alexandriner bemerkt waren. Diese Tafel galt auch
fiir die zwölfte und jede folgende Periode.
Man sieht, Yictorius, der in der zweiten Hälfle
des fünften Jahrhunderts unserer Zeitrechnung schrieb,
ist nicht der Erfinder der 532 jährigen Periode, die man
gewöhnlich nach ihm benennt (2,278). Selbst dem
Anianus will sie Pagi nicht zuschreiben; denn da
Photius yon einem gewissen Metrodorus ein Buch
über das Osterfest anfuhrt^), worin eine solche
Periode vorgekommen sein soll, die mit Diocletian
begann, so glaubt er'), dafs dies der Philosoph Me-
trodorus sei, dessen Hieronymus') unter der
277sten Olympiade gedenkt. Allein Yan der Hagen
behauptet aus ti*iftigen Gi*iindea ^), dafs der Metro-
dorus des Photius viel später geld>t habe.
Wie Anianus die Jahre der Welt zählte, ersehen
wir aus seinen eigenen Worten beim Syncellus*).
„Wenn wir," sagt er, ,,das Jahr 5816" (in welches er
die Ytoennalia des Gonstantinus setzte) ,, durch 532
,,dividiren, so ergibt sich, dafs bis dahin zehn Perio-
„den und noch 496 Jahre der laufenden elften verflos-
„sen sind. Gehen wir mit diesem Ueberschufs in die
„Ostertafel — ü^ rov rcß ictLrxa rofiov — , so finden
„wir, dafs die Luna XIV dem 25sten und der Osler-
*) Cod.CXV.
*) De periodo Graeco^ Romana $. 19.
') In sebier Fortsetzung des eosebianischen Chitmioonj
*) D9 €jelis p€uchalibus p. 112.
*) Chronographia p. 36.
Ghaistlighe Völker. 463
,, Sonntag dem 29. März entspricht." Diese Charaktere
passen auf das Jahr 324 unserer Zeitrechnung. Wenn
nun dasselbe mit dem S816len überainstimmte, so traf
unser erstes Jahr auf sein 5493sles. Die Aere des
Auianus ist also mit der des Panodorus identisch.
Beide Chronographen zählten von Erschaffung der Welt
bis auf die christliche Epoche 5492 yolle Jahre und
noch den Zeitraum, der vom 29. August bis zum I.Ja-
nuar yerflielst. Nur darin wich der erste wesenQich
von dem letztem ab, dafs er Christi Incamation nicht
in 5493, sondern acht Jahre spater in 5501 setzte.
Der Grund dieser Abweichung liegt meines Erach"*
tens darin, dafs er von jener alten Tradition, nach
der Christus das Osterlamm mit den Juden an der
•
Luna XlVj einem Donnerstage, gegessen hat, an der
Luna Xy, einem Freilage, gestorben, und am Tage
seiuer Incamation erstanden ist, nicht abgehen wollte.
So erg£^b sich ihm das 42ste Jahr unserer Zeitrechnung,
oder das 5534ste seiner Aere, in welchem nach alexan-
drinischer Rechnung die Luna XIY auf den 22sten und
das Osterfest auf den 25. März traf^). Da nun Chri-
stus nach der gewöhnlichen, auch von ihm beibehal-
tenen,. Annahme 33 Jahr alt gelitten hat, so stellte sich
die' Incarnatio, von der er dieses Alter rechnete, auf
das Jahr 5501.
Man sieht, in welchen argen Anachronismus Ania-
nus gerieth, um eine Ueberlieferung seiner Kirche in
Ehren zu halten. Das 42ste Jahr unsei*er Zeitrechnung
ist das zweite des Claudius, und Christus ist nach
*) Den 25. März, als den Tag, auf welchen er die Aufer-
stehung setzte, und zugleich das Jahr 5534, nennt Syncellus
ausdrücklich. S. 35.
454 Technische Chronologie*
Lucas im fanfzehnten Jahr des Tiberius, oder doch
nicht lange nachher, gestorben. Offenbar hal er die
zu viel gerechneteo Jahre in seiner Chronographie
u^ndwo aus der Kaisergeschichle der ersten Jahrhun-
derte, mit der es die sptem griechischen Chronologen
nicht sehr genau nahmen, wieder weggeschnitten.
Nichts desto weniger sind ' ihm mehrere Byzanti-
ner, als Haximus, Syncellus und Theophanes,
gefolgt. Der erste schrieb zur Zeit des Heraclius
einen von Petavius übersetzten tind von Van der
Hagen (2,254) ausfuhrlich erläuterten Computns, in
welchem er die Epoche der Incamation mit grofser Be-
stimmtheit angibt. Sie traf, sagt er^), im Jahr 5501
der Welt auf die zweite Ferie, die Geburt auf die
vierte. Diese Merktaiale passen auf das neunte Jahr
unserer Zeitrechnung , wo der 25. März ein Montag,
der 25. December ein Mittwoch war. Wenn er dem-
nach von Jahren der Incamation spricht, so zählt
er sie vom 25. März des Jahrs 9, oder eigentlich von
der zunächst vorhergehende^ Jahrepoche, die er als
Byzantiner' ohne Zweifel auf den 1; September setzte,
und wir haben somit zu seinen Jahrzahlen acht zu
addiren, wenn wir sie auf die unsrigen bringen wol-
len. So bezeichnet er das 31ste Jahr des Heraclius,
wo er schrieb, als das 633sle der Incamation'). Er
meint das Jahr 641 unserer Zeitrechnung, welches das
31ste dieses am 5. Oktober 610 zur Regierung gekom-
menen Kaisers ist.
^} 1.1,0.32. Man sehe das Uranologium des PetaTius.
') A. a. 0. 1, 17 und in, 9 combinirt er es richtig mit do-
l4ten Indiction.
Ghristlighb Völker. 466
Syncellus, der sonst ganz dem Anianus folgt,
weicht nnr darin von ihm ab, dafs er die Jahrepoche
auf den nächslfolgenden Tag der Yerktindigung verlegt,
woduitsh sich die Incamalion, wie er auch selbst sagt,
auf den Anfang des Jahrs 5 501 der Welt stellt ^). Von
hier an führt er seine Chronographie bis zum
Jahr 5778 der Welt oder 278 der Incarnation fort.
Einselne in falschen Ck)mbinationen gegründete, nicht
aber von einem Schwanken seiner Jahri*echnung hei^
rührende, Anomalien abgerechnet, zählt er im Ganzen
immer acht Jahre weniger, als wir. So läfst er den
Antoninus Pius im Jahr 130 der Incarnation seine Re-
gierung antreten, zu der er nach unserer Zeitrechnung
erst 138 gelangte. Beide Jahre sind identisch, wie
schon die Zusammenstellung mit dem zugleich yon ihm
erwähnten Jahr 5630 der Welt lehrt. Da er übrigens
seine Jahre um fast sieben Monate später als die bei-
den ägyptischen Mönche anfängt, so mufs man von
seinen Jahrzahlen nur 5492 abziehen , wenn man sie
auf die entsprechenden unserer Acre bringen will.
Eben so rechnet sein Fortsetzer Theophanes.
Dieser macht z. B. das erste Jahr des Diocletian zum
5777sten der Welt und 277sten der Incarnation *),
d.i. zum 2S5stPn unserer Acre, mit welchem es auch
gröfstentheils übereinstimmt. Nur zuweilen schwankt
er um ein Jahr , z. B. wenn er das Ck)ncilium von
*) S. 35. Nach der Art, wie er sich ausdrückt, könnte es
scheinen, ab wenn schon Anianus die Incarnation auf den
Anfang des Jahrs 5501 gesetzt habe. Man vergleiche aber, was
Van der Hagen hierüber sagt. De cyclis paschalibus p. 86ff.
'} Chronographia p. 4.
456 TechniscJie Chronologie.
Nicäa in 316 und das von Cbaloedon in 444 setzt*).
Im ersten Fall zählt er ein Jahr zu wenig, im letztem *
eins zu viel. Die Indiction, die er gewöhnlich angibt,
dient, seinen Gilcul zu rectificiren.
Aus dem Bisherigen erhellet, dals Petavius voll-
kommen Recht hat, wenn er von der Rechnung der
beiden ägyptischen Mönche sagt ') : In^ annis mundi
eonsentiunt cunho compuU, in annis incamatioms dis-
sentiunU Non dehent igitur mundi aerae 'vel computi
censeri duo, sed unus duntaxat, cuius ad diverses an-
nos Christi hav^pwTnin^ alligatur. So klar er aber aucrb
den von Scaliger unrichtig dargestellten Gegenstand
aus einander gesetzt hatte, so ist dei*selbe doch von
spätem Chronologen, namentlich Pagi, aufs neue in
Yeinirirrung gebracht worden. Die Verfasser des j4rt de
*verifier ies dates, die diesem Chronologen, wie schon
bemerkt worden, folgen, geben in ihi*er grofsen Zelt-
tafel zwei Columnen mit den Ueberscbriften Ere mon^
daine d'AntiocIie und Ere mondaine d'jilexandrie, von
denen jene im ersten Jahr unsei^er Zeitrechnung 5493,
diese 5503 Jabra zählt. Erslere ist die, welche wir die
alexandrinische genannt haben. Letztere gründet
sich auf die ihren Principien nach uns nicht hinläng-
lich bekannte Clnx>nologie des lulius Africanus. Die-
ser berühmte in Syrien lebende Cbronolog, der seine
Chronik unter den Consuln Gralus und Seleucus,
221 n. Chr., endigte, setzte Christi Menschwerdung ins
Jahr 5500 und seinen Tod ins Jahr 5531 der Welt.
■) S. 16 und 90.
') Far. disseri.Yia, i
Christliche Völker, 467
Syncellus, der uns diese Notiz gibl^), sagt, Afrl-
canus habe bei Ansetzung der lelztem Epoche um
zwei Jahre gefehlt. Oflenbar hielt er diese Aei-e mit
der des Anianus und Panodorus, nach der er
sonst immer rechnet, für identisch. Petayius veiv
muthet aber ') mit gix>fser Wahrscheinlichkeit, dafs der
syrische Ghronolog die Incarnation eben so wie Cle-
mens Alexandrinus und Eusebius (2,386), ins
dritte Jahr vor unserer Zeilrechnung gesetzt hat. So
kommt unser ei'sles Jahr mit seinem 5503len parallel
zu sieben. Dieser Ansicht zufolge zahlt seine Aeve zehn
Jahre mehr, als die des Anianus und Panodorus.
Zu der Benennung der alexandrinischen, die man
ihr beigelegt hat, ist gar kein Giiind vorhanden. Am
schicklichsten wird sie nach ihrem Urheber genannt.
Da wir sie von keinem namhaften Chronologen weiler
gebraucht finden, selbst nicht einmahl von Eusebius,
der sein Chronicon doch sonst grofsenlheils aus dem
des Africanus geschöpft hat, so war es ganz un-
nölhig, dafs ihr in jener Zeittafel eine eigene Rubrik
gewidmet wuinle.
Pagi gibt sich viel Mühe^), den, wie er sagt,
durch Herwart, Bolland und Petavius verbreiie-
ten Irrthum, esse *vel fuisse in Oriente, qui aeiu Dia-
njrsiana octennio breviori uUmtur, zu besu^eilen. Ich
bekenne gern, dafs ich diesen angeblichen Irrthum
ebenfalls theile. In der That, man muis ein groüser
•) S.326.
') Far.diss,Ym,2.
^) De periodo GraecO" Romana S. 23 fr.
458 Technische Chronologie.
Freund von Sophisteraen sein, wenn man mit dem
französischen Chronologen das einfache Factum wc^de-
monslriren wiU, dafs Anlanus Christi Geburt in das
neunte Jahr der dionysischen Acre gesetzt hat, und
dafs ihm Maximus, ^ Syncellus und Theophanes
iu der Zählung der Jahre ab Incarnatione gefolgt sied.
Von einer christlichen Aere des Orients, die
acht Jahre weniger zählt, als die dionysische, kom-
men auch aufser diesen Chronologen zu sichere Spuren
bei byzantinischen Schriftstellern vor, als dafs ihre
Existenz zweifelhaft sein könnte. Um nur noch ein
paar Beispiele ihres Gebrauchs anzuführen, so heifsi es
in dem Leben des Euthymius, das Cotelerius
in seine Sammlung aufgenommen hat*), dieser Heilige
sei am 20. Januar des Jahrs 5965 . seit Erschaffung der
Welt und 465 seit der Menschwerdung Christi gestor-
ben. Es wii*d das Jahr 473 unserer Aere gemeint, in
welches, wie man auch anderswoher weifs, der Tod des
Euthymius gehört. In dem Leben des Sabas von
Cyrillus Scythopolitanus, ebenfalls bei Cotele-
rius') steht, er sei gestorben am 5. December der zehn-
ten Indiction, im Jahr 6024 dno xtutew^ xoo-jiiov und 524
ino rTjg rcv S'soC \oyov Ix Trap^lvov IvavSrpwTrrjaBw^ xaä xard
a-oipHa yevri<rew^. Dies ist das Jahr 531 unserer Aere, das
zugleich durch p. C. Lampadii et Oi*estis anno II be-
zeichnet wird. Wenn hier nur ein Epochenunterschied
Ton sieben Jahren einzutreten scheint, so bedenke
man, dafs der Verfasser seine Jahre yom l.Septem-
*) Ecclesiae Graecae monumenia Tom. II, p. d93.
*) Tom. m, p. 353.
Christliche Völker. 459
ber zählt. Auch die Consulate pflegen yon den byzan-
tinischen Schriftslellern so gerechnet zu wei*den. Die
Welläre ist in beiden Fällen eben die, welche vir die
alelandrinische genannt haben ^). Aus dem Obi-
gen (2, 437) wird man sich erinnern , dafs die Abessi-
nier sich ihrer in Verbindung mit eben solchen Jahi*en
ab Incarnatione bedienen. Die ganze Rechnung mufs
ihnen von den Aegjptem zugekommen sein. Merk-
würdig ist es übrigens, dafs an den beiden eben ange-
führten Stellen ganz übemnstimmig die gebrauchte Zeit-
rechnung dem Hippolytus, Epiphanius und einem
Hero Philosophus zugeschrieben wird. Von diesen
müfste sie also Anianus nur entlehnt haben.
Die beiden bisher gedachten Vilbel lären sind von
Chronographen erfunden und fast ausschliefslich ge-
braucht worden. Eine andere Bewandnifs hat es mit
der constantinoplischen oder byzantinischen
Welläre, die lange im byzantinischen Reiche und in
Rufsland als die kirchliche und bürgerliche bestanden
fajpit, und bei den Albanern, Seryiem und Neugriechen
') Auch in der Historia Miscellä^ die Muratori im ersten
Bande seiner Scripta res rerum Italicarum hat abdrucken lassen,
und die aus Euiropii Breviarium und einer bis 806 n.Chr.
gehenden Forlsetzung besieht, sind die Jahre der byzanlini sehen
Kaiser von luslinus I an nacli der christlichen Aere des Orients
gerechnet. So heifst es I. XVIII, p. 124, Heraclius habe seine
Regierung anno ab Incarnatione Domini DCII angetreten. Nach
unserer Aere bt dies das Jahr 6 10. Ein Schwanken Ton einem
Jahr auf oder ab, das häufig yorkommt, liegt nicht in einer
Unsicherheit der Jahrrechnung, sondeiTi der chronologischen Be-
stimmungen. Auch rUhrt es zum Theil von der Verschiedenheit
der Jahrepoche her.
460 Technische Chronologie.
noch immer besteht. Kur die letztem fangen jetxt im
Zustande ihrer Wiedergeburt an, sich bei ihren Ver-
handlungen mit den europäischen Völkern der christ-
lichen JabiTCchnung zu bedienen.
Die byzantinische Weltäre zählt sechzehn Jahre
mehr, als die alexandrioische. Dies erhellet unter an-
dern aus dem Theophanes, der ein paarmahl einer-
lei Jahr nach beiden angibt. In der Ueberschrift sei-
ner Chronographie heifst es, seine Geschichte gehe
vom ersten Jahr des Diodetian, dem S777sten der Welt,
bis auf das zweite des Michael, welches das 6305te nach
den Alexandrinern, das 6321ste nach den Rö-
mern (Byzantinern) sei. Den Tod des Leo Isauricus
setzt er ') in das Jahr 6248 der Kömer und 6232 der
Aegypter oder Alexandriner. Vergleicht man, was oben
über die Epoche der alexandrinischen Aei*e gesagt ist,
so erhellet, dafs die byzantinische bis auf den Anfang
der unsrigen 5S0S Jahre zählt. Leo Allatius bestä-
tigt dies, wenn er sich in seiner Abhandlung De do-
nUnicis et hebdomadibus Graecorum also ausdiiickt ') :
Solent Graeciy ut plurimwn, immofcre semper, dum an-
nos recententy non a Christo nato, sed ab orbe ipso
condito numerare. — Calculum ecclesiae onentalis, qui
fere apud omnes solcmnis est, et quo omnes non tan"
tum ad dirigcnda tempora et festorum indicandas soy
lemnitateSf sed inter commcrcia et congressus familiä-
res utuntur, proponam, de aliorum calcuJis minime
') S. die Anmerkung zu S. 449.
') Col. l494 seines Werks De ecclesiae occidentalis et Orient
talis perpetua consensione, Cöln 1648, 4.
Christliche Volker. 46i
soIUcitus. Is fiißrit ab orhe condito ad Christum na^
tum annus S50S '). Diese Worte leiten eine sehr be*
queme Tafel ein, in der er die Jahi^e der byzautini*
sehen Aere mit denen unserer christlichen yon 1 bis
1643 und den Indiclionen vergleicht. Hat man keine
solche Reduclionstafel zur Hand, so kann folgende He-
gel ihre Stelle vertreten: man ziehe von der byzantini-
schen Jahrzahl entweder 5508 oder 5509 ab, je nach-
dem man das christliche Jahr verlangt, das seinem gröfs-
ten Theile nach mit dem byzantinischen übereinstimmt,
oder dasjenige, an dessen ei*stem September das byzan-
tinische seinen Anfang nimmt. Wenn z.B. Gedrenus
den Tod des Constantinus Porphyrogenneta auf
den 9. November des Jahrs 6468 setzt '), so findet sich,
dafs er das Jahr 959 n. Chr. meint. Um ein Jahr un-
serer Aere auf die byzantinische zu bringen, addire man
zur christlichen Jahrzahl 5509; die Summe gibt das
byzantinische Jahr, das am 1. September des christ-
lichen anfängt. So zählen die Griechen in den ersten
acht Monaten des gegenwartigen Jahrs 1825 ihr 7333stes,
in den letzten vier ihr 7334stes.
Die Entstehung der byzantinischen Aere liegt im
Dunkeln; nur so viel ist wahrscheinlich, dafs sie in
^) Ueber das Geburtsjahr Christi Dcich byzantinischer Aere
scheint sich in der orientalischen Kirche keine feste Meinung
ausgebildet zu haben. Man yergleiche Van der Hagen's 06-
servationes in Chronicon Prosperi p. 193< Leo Allatius, der
überall bemüht bt, die Üebereinstimmung der orientalischen Kirche
mit der occidentalischen nachzuweisen, ti'itt in diesem Punkt der
letztem ohne Weitei'es bei.
') Bist, Tom. n. p. ^4l. Ich citire immer die pariser Aus-
•gabe der Scriptt, kisL Bjrztmtinae.
N
462 Technische Chronologie.
keinen historischen G>mbinationen begründet ist, son-
dern einen blofs conyenlionenen Ursprung hat. Die
alexandrin ische Aere gab die Indiclionen, die im byzan-
tinischen Reiche sehr gebräuchlich ^aren, nicht unmit-
telbar durch Division mit 15, sondern um 1 zu klein.
Es kam also nur darauf an, die Jahi*zahl um 1 zu ver-
gröfsem. Man fiigie aber lieber noch eine ganze In-
diclion mehr hinzu, um eine Jahrrechnung zu erhal-
ten, die von jener allzu verschieden war, als dais beide
leicht verwechselt werden konnten. Zugleich verlegte
man den Anfang des Jahrs vom 1. Tholh oder 29. Au-
gust auf den I.September, mit welchem die Indicüo-
nen begannen.
Die erste Spur der neuen WeltSi« findet sich im
Chronicon Faschale, dessen letzter Verfasser (es
scheint mehr als einen zu haben) unter Heraclius
gelebt haben mufs. > In diesem Werke werden , wie
schon erwähnt woi*den (2, 442), die Yicennalia des
Constantin in das Consulat des Paulinus und lulia-
nus gesetzt. Dabei wird eine U§bersicht der Jahre von
Adam her gegeben, an deren Schlufs es heifst: 'Axo
yivia^w^ xoaiioi) tw^ r^^ k Irripi&o^ Kwvfamvov In} fwkyy
von Erschaffung der Welt bis auf das zwan-
zigjährige Regierungsfest des Constantinus
5833 Jahre. Zieht man 5508 ab, so erhält man
als das entsprechende Jahr unserer Zeitrechnung das
325ste, dem auch jene Consuln angehören. Diese Aere
herrscht durch das ganze Werk, jedoch mit einigen Ano-
malien, über die Van der Hagen's gründliche Un-
tersuchung der Chronologie desselben (2, 254) zu ver-
gleichen ist. Wenn es Christi Geburt in das Jahr 5507
Christliche Völker. 463
seUt^)« so meint es keine andere als die gewöhnliche
byzanlinische Aere. Es verschiebt blofs eine Epoche,
die auf die Bestimmung der Welläi^ keinen Einflufs
hat. Die Verschiebung ist ganz im Sinn der griechi-
schen Kirchenväler, die Christi Geburt zwei Jahi'e vor
unserer Zeitrechnung annehmen (2, .387)* Den Anfang
des Jahrs setzt es, wie Van der Hagen zeigt, auf die
Frühlingsnachtgleiche. Erst als die Aere in den bür-
gerlichen Gebrauch überging, verlegte man die Jahr-
epoche auf den folgenden 1. September.
Das erste Beispiel eines solchen Gebrauchs gibt mei-
nes Wissens die Synodus Trullana vom Jahr 691
n. Chr. Im dritten Canon dieses zu Constantinopel ge-
haltenen Conciliabuli wird die vierte Indiction mit dem
Jahr 6199 der Welt zusammengestellt'). Beide endig-
ten sich mit dem 31. August des gedachten christlichen
Jahrs. Vom achten Jahrhundert an kommt die Aere
in Verbindung mit den Indictionen häufig vor. Nach
ihr datirten die Kaiser ihre Novellen, die Patriarchen
ihre Hirtenbriefe. Auch rechnen nach ihr die spfitem
byzantinischen Geschichtschreiber, namentlich Cedre-
nus^). Dafs sich ihrer die ziemlich spät lebenden
byzantinischen Chronologen Isaacus Argyrus und
Theodorus Gaza bedienen, wird man leicht er-
achten. Der erste fängt in seinem Computus das
*) S. 189 und an mehreren Stellen.
') S. Mansi collect. conciL Tom.XII, p.51 und yergl. Goar*s
Noten zum Theophanes p. 546 und Pagi's Critica in Ann,
Baronii ad ann. 691.
') Montfaucon bemerkt {Palaeographia Graeca 1. 1. c. 6
und 7)i dafs die byzantinischen Biicherabschreiber nach ihr die
Zeit der Beendigung ihrer Handschriften anzugdien pQ^cn.
464 Technische Chronologie.
Jahr 6S81 , von welchem er alle seine Beispiele ent-
lehnt, mit dem Jahr 1372 an, wie güldene Zahl und
Ferie lehren ; der andere reducirt das Jahr 6978 , wo
er sein kleines Werk über die Monate beendigte,
selbst auf unser 1470sles ').
Mit dem Ritus der griechischen Kirche ist auch
ihre Weltare zu den Russen übergegangen. Schon
Nestor, ihr ältester Annalist, der seine Chronik bis
auf. seinen Yei*mulhlich im Jahr 1116 erfolgten Tod
fortgeführt hat, gebraucht sie.^ Man sehe Schlözer's
Nestor, vor allen aber Hrn. Philipp Rrug's kri-
tischen Versuch zur Aufklarung der byzanti-
nische^ Chronologen, mit besonderer Rück-
sicht auf die frühere Geschichte Rufslands').
Peter der Grofse hat 1700 die europäische Aere und
Jahrepoche eingeführt, jedoch nicht den neuen Kalen-
der, den die griechische Kirche anzunehmen sich bis
jetzt geweigert hat.
Schon viel früher kommen im Orient Spuren »eines
Gebrauchs unsei^r Aere vor, die der Verkehr mit dem
Occtdent herbeigeführt hat, jedoch nur in Privauklen
und in Verbindung mit den einheimischen Jahrrech-
nungen. Joseph Simon Assemani sagt'), da(s sich
die Syrer ihrer schon seit dem elften Jahrhundert be-
dient haben. Aus dem sechzehnten Jahrhundert hat
man mehrere Briefe conslanlinoplischer und alexandri-
nischer Patriarchen, die nach ihr datirt sind. Dahin
gehört die sonderbare gegen die gregorianische Kalen-
^) Beide Schriften finden sich im üranologium des PetaTius.
') Petersborg 1810, 8.
') Bihliolheca oHeniaiis Tom. I. p. 289.
Christliche Völker. 465
derverbe^rung eingelegte Protestation der griechischen
Kirche, welche von den Patriarchen zu Constantinopel,
Alezandrien und Antiochien unterzeichnet ist^). Der
20. November 1582 ist hier mit der zehnten Indictiou
und dem Jahr 7090 der Welt zusammengestellt, yer-
muthlich durch ein Versehen des Abschreibers oder
Uebersetzers ; denn mit dem I.September 1582 nah-
men schon die elfte Indiction und das Jahr 7091 ihren
Anfing. •
Gibbon bedauert'), dafs die byzantinische Welt-
äre nicht in allgemeinen Gebrauch gekommen ist. Sie
scheint ihm vor unserer verworrenen Methode, die
Jahre Christi vor und rückwärts zu rechnen, groDse
Vorzüge zu verdienen. Von den 7300 Jahren, die sie,
als er schrieb, zählte, gehören, sagt er, 3000 der Un-
wissenheit und Finstemifs an; die folgenden 2000 sind
fabelhaft und unsicher; 1000 gehen auf die alte Ge-
schichte vom Ursprünge des persischen Reichs bis auf
den^ Fall Roms, 1000 auf das Mittelalter und 300
auf den neuem Zustand Europas und des Menschen-
geschlechts.
Hier verdient noch der eigenthümliche Gebrauch
bemerkt zu werden, den die Kirchenväter und Chro-
nographen des Orients von den Olympiaden gemacht
haben. Wenn sie dieselben zugleich mit ihrem bür-
gerlichen Jahr, also um etwa zehn Monate fiüher be-
gonnen hätten, als es die Feier der olympischen Spiele
*) S.HenriciHilarii Appendix ad Chronicon Cjrprii. Laip-
zig und Frankfurt l687, 8.
') History qf the decline and fall of ihe Roman Empire
eh. 40. Tom. lY. p. 121 der londner Ausgabe von 1788.
IL [30]
466 Technische Chronologie.
mit sioh brachte, so dürfte uns dies wenig befremden,
weil sie hierin nur einer allgemeinen Gewohnheit des
Alterthums treu geblieben sein würden (2, 383) ; allein
sie fingen sie um fast zwei Jahre zu früh an. So
Eusebius in seinem Chronicon und sein Uebersetier
Hieronymus. Ersterer lafst Ol. 194, 4 mit dem 42sten
Regierungsjahr August's oder dem 752sten d. St., das
er als Syrer vier Monate früher als die Römer anfing,
parallel laufen^). Er beginnt also Ol. 194,4 mit dem
I.September 751, da hingegen dieses Olympiadenjahr
nach der Rechnung der griechischen Geschichtschrei-
ber, auf welche die oben (1,375) gegebene Reducüons-
regel pafst, erst mit dem Julius 1 y. Chr. oder 753 d. Su
seinen Anfang nimmt. Letzterer zählt bis auf den am
9. August 378 n.Chr. erfolgten Tod des Valens 1155
Olympiadenjahre'), da doch das 11545te oder Ol. 289, 2
seit kaum zwei Monaten im Gange war. Das Chroni-
con paschale rechnet die Olympiaden jähre als dmt:h-
gehends den Indictionen gleichlaufend. Nun setzt es"*)
den Tod des lulianus, der auf einem Feldzuge gegen
die Perser im Junius 363 n.Chr. blieb (1,452), rich-
tig in die sechste Indiction, die mit dem I.Septem-
ber 362 begann. Dies ist ihm zugleich das vierte Jahr
der 2858ten Olympiade, das doch nach der gewöhn-
lichen Rechnung erst mit dem Julius 364 n.Chr. an-
fing. Auch beim Geschichtschreiber Socrates sind die
Olympiaden nicht anders zu nehmen. Calvisius und
Petayius beschuldigen ihn, in diesem Punkt gar keine
*) Chronicon Vol. II. p. 261 des armenischen Textes.
•) Opp. Tom. Vm, col. 820.
0 S. 296 ff.
Christliche Völker. 467
feste Regel befolgt zu haben , aber ohne Grund. Die
wenigen Stellen, in denen wirklich Widersprüche yor-
kommen, sind offenbar verderbt.
Wie diese spätere Olympiadenrechnung entstanden
ist, läfst sich nicht mit Sicherheit nachweisen. Yer-
muthlich hat lulius Africanus, dem Eusebius und
die übrigen christlichen Chronologen meistens gefolgt
sind, irgend eine Olympiade um ein Jahr verkürzt
und so die Epoche der Olympiadenä^e um ein Jahr,
oder, mit Bezug auf den Jahranfang der Syrer, um
fast zwei Jahre weiter zurückgeschoben, als Eratosthe-
nes (1,373). Die Feier der olympischen Spiele ist zwar
erst unter Theodosius gänzlich erloschen (1,377); sie
mochte aber zur Zeit des Africanus schon so schwan-
kend geworden sein, dafs sie seinen Calcul zu rectifici-
ren wenig mehr geeignet war.
Ob die besondere Stellung der attischen Monate,
die wir beim Epiphanius und in dem Menolog bei
Henricus Stephanus antreffen (1,360), nicht viel-
leicht blofs bei den syrischen Griechen gebräuchlich war
und mit der eben erklärten Olympiadenrechnung zusan^
menhing? Noch hat sich kein Zeugnifs eines Schrift-
stellers oder Monument gefunden, das diese Stellung
bei den Athenern selbst aufser Zweifel setzte, ob sie
gleich, wie oben gezeigt worden, ziemlich natürlich
darauf kommen konnten.
Um alle in der Christenheit gebrauchte Zeitrech-
nungen zu erschöpfen, mufs hier noch von der neu-
fränkischen die Rede sein, so wenig sie auch auf
den Namen einer christlichen Anspruch machen darf,
da sie vielmehr ganz auf die Zerstörung des Cultus
berechnet war.
(30'1
468 Technische * Chronologie.
Durch ein Dekret vom S.Oktober 1793 fiihrte
der National -Convent, besonders auf des Deputirten
Romme Betrieb, der auch Berichterstatter in dieser
Angelegenheit war, eine Zeiteintheilung ein, die der
Typus einer ganz neuen Ordnung der Dinge sein sollte.
Der Tag wurde in 10 Stunden, die Stunde in 100 Mi-
nuten, die Minute in 100 Sekunden getheilt. An die
Stelle der siebentägigen Woche trat eine zehntägige, die
Dekade, deren einzelne Tage durch die Benennungen
Primidi, Duodi, Tridi, Quartidi, Quiutidi,
Sextidi, Septidi, Octidi, Nonidi, Decadi un-
terschieden wurden. Drei Dekaden bildeten den Mo-
nat, der durchgehends dreifsig Tage erhielt. Zu zwölf
Monaten kamen, wie einst im alexandrinischen imd
dschelaleddinischen Jahr, fünf, im Schaltjahr sechs Er-
gänzungstage ^ jours epagomenes oder jours com-
plementaires ^ genannt. Der Anfang des Jahrs wurde
auf den mit der Mitternacht beginnenden Tag geseut,
auf den nach astronomischer Berechnung unter dem
Meridian der pariser Sternwarte die HerbstnachtgleiGhe
traf, auf den 22sten oder 23. September. In der Regel
folgte auf drei Gemeinjahre ein Schalljahr, und dieser
vierjährige Zeitraum sollte Franc lade heifsen. Die Mo-
nate erhielten neue bedeutungsvolle Namen, nfimlich
Herbstmonate.
Yendemiaire
Brumaire
Frimaire
Wintermonale.
Niv6se
Pluvi6se
Vent6se
Christliche Völker. . 469
Frühlingsmonate.
Germinal
Floreal
Prairial
Sommermonate.
Messidoi^
Thermidor
Fnictidor
Man siebt, dafs je drei, die zu einer Jahrszeit gehören,
eine übereinstimmige Endung haben. Die Jahre wur-
den von der Stiftung der französischen Republik
im Jahr 1792 an gerechnet, eben so, nvie die Englän-
der 1648 nach dem ersten Jahr der durch Gottes
Segen errungenen Freiheit datirten.
Die Decimaleintheilung des Tages hat nie in den
Gang kommen wollen, weil man nicht durch einen
Zauberschlag alle Uhren verändern konnte. Die Deka-
den wurden in den öffentlichen Akten und in den Zei-
tungen mehrere Jahre beibehalten; das Volk hörte nie
auf, nach Wochen zu zählen. Die dreifsigUigigen Mo-
nate, die mit den Jahrszeilen beinahe gleichen Schritt
hielten, waren noch das beste an der ganzen neuen
Zeitrechnung. Die Einschaltung tadelten die Sachver-
ständigen vom Anfange an. Es gab für sie gar keine
feste Regel, und es konnten daher die Monatstage des
republikanischen Kalenders nicht immer einerlei Datis
des gregorianischen entsprechen; Man sehe Delam-
bre's Astronomie^).
Zufolge eines durch Napoleon veranlagten Se^
natsbeschlusses vom 9. September 1805 kehrten die
*) Tom. m. p. 695 ff.
470 Technische Chronologie.
Franzosen am I.Januar des Jahrs 1806, des viexiehn-
ten ihrer neuen Aere, zum gregorianischen ELalender
zurück. Eine bequeme, von Joh. Fr. Pfaff entwor*
fene, Tafel zur Yergleichung des französischen repu-
blikanischen und des gregorianischen Kalenders yoni
22. September 1792 bis zum dl.December 1805 findet
man in Bredow's Chronik des neunzehnten
Jahrhunderts ^).
') Am Schlufs des Jahi'gangs 1805.
Acihter Abschnitt.
Zeitrechnung der Araber.
*wv*^fW%fy^n/%
u.
'nter allen zu einiger Cultur gelangten Völkern sind
die Araber das einzige, welches die Eintheilung der Zeit
ausschliefslich auf den Lauf des Mondes gründet (1)67)*
Sie fangen ihre, Monate mit der ei*sten Erscheinung der
Mondsichel in der Abenddämmerung an, und nennen
die Dauer von zwölf solcher Monate ein Jahr, ohne je
an eine Ausgleichung des Mond* und Sonnenlaufs zu
denken, daher der Anfang ihres Jahrs in einem Zeit-
raum von etwa 33 der unsrigen rückgängig durch alle
Jahrszeiten wandert.
Diese ohne Zweifel uralte Zeitrechnung ist von
Mohammed sanctionirt und in den von ihm ge-
stifteten Gultus verflochten worden. Natürlich ist sie
so zu allen den Völkern übergegangen, die sich zum
Islam bekennen , daher ^ sie auch eben so schicklich
die mohammedanische, als die arabische ge-
nannt wird.
Gehen wir zu ihrer nähern Erörterung über, so
ei^ibt sich zuvörderst als eine nothwendige Folge des
obigen Princips, dals die Araber den bürgerlichen Tag
mit dem Untergange der Sonne anfangen, n^ie rech-
472
Techm'sclie Chronologie.
,nen/' sagt Alfergani ^), ,,den bürgerliclien
,Tag" — »jJLJb »yj^iaum bilailathi^ wöitlich den Tag
mit seiner Nacbt — f^darum vom Untei^nge der
, Sonne, nveil sie die Monatslage von der Wahmeh-
,mung der ersten Mondphase — S^ hildl —
, zählen, und diese Phase beim Unlergange der Sonne
, gesehen wird. Bei den Rum und andern dagq;en,
, welche bei ihren Monaten nicht auf die Phase Rück-
, sieht nehmen, geht der Tag vor der Nacht her, und
,es hebt der bürgerliche Tag mit dem Aufgange der
, Sonne an und reicht wieder bis zu ihrem Auf-
, gange" ^). Da also bei den Arabern die Tracht im
bürgerlichen Tage vor dem natürlichen hergeht, so hat
sich ihr Sprachgebrauch dahin gebildet, da(s sie ge*
wohnlich Zeiträume nach Nächten bestimmen und nach
Nächten datiren.
Die im ganzen Occident bis auf die Einführung
der mechanischen Zeitmesser gebräuchlichen veränder-
lichen Stunden, deren ohne Unterschied der Tag- und
Nacbtlänge durchgangig zwölf auf den natürlichen Tag
und eben so viel auf die Nacht gerechnet werden (1, 84),
treffen wir auch bei den Arabern an. Sie nennen sie
äaSLoJ oLcLJt el-sddt el'Zemänije, welcher Ausdruck
ganz dem griechischen wpcu Kcuptxal, Zeitstunden,
^) Elementa astronomica ed. Golii S. 2.
') Dafs die byzanlinischeu Griechen um! christlichen Syrer,
die hier unter Rum yerstanden werden, ihren Tag mit der Mit-
ternacht anfangen, scheint Alfergani nicht gewufst zu haben.
Ihm schwebten bei diesen Worten wol yomehmlich die Tomlamiti-
schcn Perser Tor, die ihren Tag mit dem Aufgange der Sonne
begannen.
i
Araber. 473
entspricbt. Ihre Sonnenuhren haben eine diesen mit
den Jahrszeiten bald zu- bald abnehmenden Stunden
angemessene Einrichtung^). Unsere Stunden, welche,
den bürgerlichen Tag in 24 gleiche Theile theilend,
ihre Entstehung dem von den Astronomen frühzeitig
gefühlten Bedürfnils einer gleichförmigen Zeiteinthei-
lung yerdanken, werden xJjüübJI oLcUJI el^sdät e/-
motedilß oder äj^UmJ! oULMJt el-säät el-'mostewije,
gleichförmige Stunden, genannt. Von dem Un-
terschiede beider Arten von Stunden handelt Alfer-
gani'). Ebn Junis erwähnt sie bei Gelegenheit der
von ihm und andern angestellten astronomischen Be-
obachtungen häufig^).
An gröfsem Zeiteinheiten finden wir bei den
Ambem zunächst die Woche — py^\ usbu ^, welche
bei ihnen, wie bei den Hebräern, von denen sie
in den Occident übergegangen ist, sieben Tage hält.
,,Die Tage," sagt Alfergani^), ,,nach denen die
,, Monate gezählt werden, sind die 'sieben, von de-
,,nen der erste «A>>^{ »yj jaum el-ahad, erster
,, Wochentag, genannt wird. Dieser nimmt mit
,,dem Untergange der Sonne am Sabbath — ^»^
,>v:>,AdMJ( jaum einseht — seinen Anfang, und währt
,,bis zu ihrem Untergange am folgenden Tage, und
^,eben so die übrigen Wochenlage.'* Wir ersehen hier-
^) S. Hm. BeigeFs gehaltvollen Aufsalz über die Gno-
monik der Araber im ersten Bande der Fundgruben des
Orients S.409ff.
*) €.11.
') Notices et extraits des manuscrits de la Biblioihique
royale. Tom. Vü, p. 49 ff.
*) An der zuerst angeführten Stelle.
474 Technische Cfironologie.
aus erstlich, daia die. Araber ihre Wochentage um die
halbe Dauer der Nacht früher anfangen, als wir; ein
Umstand, der bei Yei^eichung ihrer Wochentage mit
den unsrigen, wozu ihre Geschichtschreiber und Astro-
nomen häufig Gelegenheit geben, nicht aufser Acht zu
lassen ist. Zweitens, dafs der Sonntag bei ihnen wie
bei uns der erste Wochentag ist, welche Art zu zählen
sich eben so, wie die Benennung Sabbath für den
Sonnabend, und der alte Name iu^^ arube, Abend,
für den Freitag, aus den Zeiten vor Mohammed hcr-
achreibt, wo ein grofser Theil von ihnen sich zur jüdi-
schen Religion bekannte. Die folgenden Wochentage bis
zum Donnerstage heifsen ^AJu'it d»^. jaum el-'ühnain,
der zweite, Ij^t f^^jaum el-^thaldthd, der dritte,
Iju^^t M^^jaum el'-arbad, der vierte und u-,\%^ |»^
jaum el^chamis, der fünfte Wochentag, und der
Freitag »jl^ m^, jaum el-dschuma, Tag der Zu-
sammenkunft, weil sich an ihm, als an ihrem Feier-
tage, die Mohammedaner zum Gebet in den Moscheen
versammeln.
Die Namen der Monate *- jj^ schuhär oder
j^\ eschhur — sind :
f»^ Moharrem
Jito Safar
Jl^^t Mj Hebt el-awwel
j^'i] «^ Rebt el-accher
Jl^Slt (^U> Dschemidi el-awwel
>^t c5^U> Dschemidi el-accher*)
*) Die Namm des fünflen und sechsten Monats kommen aoch
mit einem 6 geschrieben Tor und werden hiernach, besonders
Ton den Türken, Dschemtdsi ausgesprodien.
Araber. 475
Redscheb
..JutLÜ SchabJLn
^La^m^ Ramadäa oder Ramasän
Jty^ Schewwal
SJüüIt^J Dsu '1-kade
tJfüL ^o Dsu 'l-hedsche.
Sie sind sämmtlich AppeUativa ^). Einige haben eine
offenbare Beziehung au£ die Jahrszeiten, z.B. Rama-
dan, welches einen heifsen Monat bezeichnet. Diese
Beziehung, die bei der Wandelbarkeit der arabischen
Monate befremdend ist, soll nach Dschewhari^) nur
zufällig für das Jahr ihrer Einführung gegolten haben.
Der Name «^ rebi, der im Arabischen gewöhnlich den
Frühling bedeutet, scheint, wie auch Nuweiri bei
Colins sagt, ursprünglieh ein Synonym von i_-m_'^
proyentus, ubertas anni, gewesen zu sein. Die
alten Araber sollen nämlich ihr Jahr in sechs Zeiten
getheilt haben, 1) J^^l m^ rebi el-awwel, proyentus
prior, der Krauter und Blumen; 2) Ulmo saif, aestas;
3) Jauä kaid, aestus; 4) J^USl «^^ rebi el^-thäni, pro-
yentus posterior, nämlich der Früchte, der frühere
Theil des Herbstes, die oTrwpoL der Griechen; 5) vJL^
cJiarif, autumnuSy das fxsroTrwpov der Griechen; 6) Lx&
schitdy hiems. Rebt war mithin zugleich Name zweier
Monate und zweier Jahrszeiten,
Was die Dauer der Monate betrifft, so mufs man
den arabischen Yolkskalender yon der cyklischen durch
^) Ihre Etymologie gibt Golius S. 5ff. seiner Anmerkungen
zum Alfergani nach Dschewhari, Kazwini und andeni;
auch Pocock S. 181 ff. seines Specimen historiae Arabum ed.
White.
') Specimen a. a. 0.
476 Technische Chronologe.
m
die Astronomen eingeföbrten Zeitfedmung, welcbe
gleich erklärt tverden soll, wohl unterscheiden. Jener,
durch den die Feste bestimmt und die Geschäfte des
bürgerlichen Lebens geordnet werden, gründet sich anf
die unmittelbare Beobachtung der Mondwechsel. Der
Monat nimmt allemahl an dem Abend seinen Anfang,
wo man die Mondsichel in der Dämmerung aus einer
freien Gegend zuerst erblickt, und dauert bis lu ihrer
nächsten Erscheinung, die nicht früher als nach 29 Ta-
gen, und, falls nicht ein bewölkter Himmel ihre Wahr-
nehmung hindert, nicht später als nach 50 eintreten
kann, wenigstens in jenen südlichen Gegenden, die der
Hauptsitz des Islams sind. In der Sun na, dem Tra-
ditionsgesetz der Mohammedaner, heifst es: ,,Wenn
„euch die erste Phase bedeckt wird, so gebt dem Mo-
,,nat das bestimmte Maafs yon 30 Tagen" ^). Nach
zwölf so gezählten Monaten fangt man ein neues Jahr
an, das man von der Flucht Mohammed's von Mekka
nach Medina zählt. Man sieht, dafs dieser Yolkskalen-
der an Einfachheit gewinnt, was ihm an Bestimmtheit
abgeht, dafs aber seine Unbestimmtheit nie eine lang-
dauernde Yerwirrung zur Folge haben kann, da ihn
der Himmel stets lectificirt«
Es wird nöthig sein, das hier Gesagte durch ein
paar Autoritäten zu erhärten. ,,Die Gesetzkundigen/'
sagt Ulug Begh'), ,, rechnen die Monate von einer
„Erscheinung der Mondsichel zur andern. Dieses In-
,,tervall ist nie länger als* 30, nie kürzer als 29 Tage.
„Zwölf solcher Monate nehmen sie für ein Jahr. Sie
') S- Golius zum Alfergani S. l4.
^) Epochae celebriores p.9-
Araber. 477
,,ialile]i also nach wahren Mondjahren und Monaten.
,,Die Astronomen hingegen geben dem MohaiTem 30,
,,dem Safar 29 Tage, und auf diese Weise abwech-
,,selnd dem einen Monat 30, dem andern 29, bis zu
,,£nde des Jahrs. Es sind mithin die Mondjahre und
„Monate, wonach sie zählen, technische — ^^»^üau^t
,,i>£iüa/ii." In Niebuhr's Beschreibung von Ara-
bien heifst es*): ,,Der Tag, an welchem der Neu-
,,mond zuerst gesehen wird, ist der erste Tag des Mo-
,,nats. Wenn der Himmel zur Zeit des Neumondes
„etwa mit Wolken bedeckt ist> so kümmert man sich
„nicht viel darum, ob man den Monat einen Tag
,, früher oder später anfängt.'' Und weiterhin: ,,Die
„Sternkundigen des Sultans zu Constantinopel machen
„alle Jahre einen neuen Almanach, den sie aufgerollt
„beständig bei sich tragen. Bei den Arabern habe ich
,, dergleichen nicht gesehen. Ja man bekümmert sich
„sowohl in Aegypten als in Jemen so wenig darum,
„das Publikum von der Jahrszeit zu unterrichten, dals
,,e8 der Pöbel daselbst kaum 24 Stunden vorher gewiis
,,weifs, wenn ein grofser Festtag einfällt."
Hiebei ist zu bemerken, dafs die Moslemen nur
zwei eigentliche Feste haben, welche von den Arabern
Jaiti\ Juc id el'fitr, das Fest der Fastenauflö-
sung, und j^^\ Juc id el^fujir oder ^^/^\ wX^ id
el-kurban, das Opfer fest, genannt werden. Jenes
folgt unmittelbar auf den Fastenmonat Ramadan am
1 . Schewwäl als ein Freudenfest ; dieses macht den Be-
schluß der Geremonien der Pilgerfahrt nach Mekka,
und fallr auf den iOten des ^onats Dsu 'I-hedsche,
*) S.109.
478 Technische Chronologie.
der eben von diesen Fahrten seinen Namen bat. Die
Persei^* und Türken nennen diese Feste die beiden
Bairäm — |»!^.
Das Schwankende des arabischen Yolkskalenders
bemerkt Alfergani mit folgenden Worten: ,,Die Be*
,,obachtung der Mondphase gibt den Monat bald Ifin-
,,ger, bald kürzer, so dafs zwei auf einander folgende
,, Monate 30 oder 29 Tage halten können, und der
,, Anfang des Monats, wie ihn die Rechnung und die
,, Beobachtung geben, nicht allemahl auf Einen Tag
,, trifft, sondern sich beide erst im Verlauf der Zeit
,, ausgleichen." Man kann daher, wenn man yermil«-
telst der cyklischen Rechnung ein bei den orientalischen
Geschichtschreibem vorkommendes arabisches Datum auf
unsere Zeitrechnung reducirt, bei der Ungewifsheit, ob
es wirklich cyklisch zu nehmen ist, nur dann sicher
sein, dafs man den rechten Tag getroffen hat, wenn
damit der gewöhnlich zugleich angegebene Wochentag
übereinstimmt. Die Abweichung wird indessen höch-
stens einen oder zwei Tage betragen. Eine andere
Bewandnifs hat es mit dem arabischen Datum einer
astronomischen Beobachtung. Ein solches ist allemahl
cyklisch angesetzt, wie die Natur der Sache und audk
die Yergleichung mit dem syrischen, koptischen und
persischen Datum zeigt, welches die arabischen Astro-
nomen zu gröfserer Bestimmtheit neben dem arabischen
zu bemerken pflegen.
Ich komme ntm zur Erklärung der cyklischen
Rechnung, yon der Alfergani und Ulug Begh
die wesentlichsten Gründe angeben, ohne sie jedoch
erschöpfend auszufahren.
Araber.
479
Da die Dauer zweier synodischen Monate nahe 59
Tage beträgt, so gibt man den arabischen Monaten
i^wechselnd 30 und 29 Tage. Folgende Tafel zeigt,
wie lang hiemach die einzelnen Monate und wie viel
Tage am Ende eines jeden vom Anfange des Jahrs an
verflossen sind.
Tafel I.
Namen der Monate.
Dauer.
Tag-
summe.
1) Moharrem
30
30
2) Safar
29
59
3) Rebt el-awwel
30
89
4) Rebl el-accher
29
HS
5) Dacbemädi el-awwel
30
148
6) Dschemädi el-aocber
29
177
7) Redscheb
30
207
8) Schabän
29
236
9) Ramadia
30
266
10) Schenmil
29
295
11) Dsu '1-kade
30
325
12) Dsü'l-hedsche
29
354
Die zwölf Monate des arabischen Jahrs halten also
354 Tage. Aber auf zwölf synodische Monate oder auf
das astronomische Mondjahr gehen 354 Tage
8 St. 48' 36'' (I966). Yemachlassigt man die Sekun-
den, die sich erst nach 2400 Jahren zu einem Tage
anhäufen, so betragen dreifsig astronomische Mondjahre
gerade 10631 Tage. Da nun dreifsig bürgerliche Mond-
jahre zu 354 Tagen nur 10620 Tage geben, so müssen
480 Technische Chronologie.
im Yerlaufe yon dieilsig Jahren . elf Tage eingeschaltet
werden, um das büi^rliche Jahr mit dem astronomi-
schen in UebereinstimmuDg zu bringen oder den An-
fang eines jeden Monats zur ersten Phase zurückzufüh-
ren. Bei dieser Einschaltung wird folgende Regel beob-
achtet: allemahl wenn der Ueberschuls des astronomi-
schen Mondjahrs über das bürgerliche, nämlich 8 Stun-
den 48 Minuten, yon Jahr zu Jahr angehäuft, nach
Abzug der ganzen Tage mehr als 12 Stunden betragt,
wird das Jahr zu 355 Tagen gerechnet. Dies ist, wie
eine leichte Rechnung zeigt, in den Jahren 2, 5, 7, 10,
13, 16, 18, 21, 24, 26 und 29 des 30jährigen Cyclus
der Fall, welche mithin Schaltjahre wei'den ^). Der
Schalltag wird dem letzten Monat zugelegt, der dadurch
30 Tage erhält. Folgende Tafel zeigt, wie viel Tage
hiernach am Ende eines jeden Jahrs des 30jährigen
Gjdus verflossen sind (b. bezeichnet die Schalljahre).
^) Diese Regel drückt Abu'lhassan Kuschjar also aus:
f^V L5^ *^ r^ "-^^ o^ j^' j^^ «^ "^j^ '^^^
,,Dei* Dsu'l-hcdsche hat 29 Tage und -f ^^^ t (zusammen |^)
„eines Tages; und wenn diese Brüche gröfser als ein halber Tag
„werden, so gibl man dem Dsul-hedsche einen Tag mehr« und
„das Jahr erhält 355 Tage. Dies ist das Schaltjahr. Solches ge*
,, schiebt alle di^ifsig Jahre elf mahl.** S. 7 der berliner Hand-
schrift seiner ^^^l» ^; Zidsch el^dschami, tabulae uittQer^
sales, eines astronomisch -chronologischen Werks, das ich Öfters
citii^en werde.
Araber.
Tafel n.
JaLre.
Tag-
summe.
Jahre.
Tag-
summe.
1
354
b.l6
5670
b. 2
709
17
6024
3
1063
b.l8
6379
i
1417
19
6733
h. a
1772
20
7087
6
2126
b.21
7442
b. 7
2481
22
7796
8
2835
23
8150
9
3189
b.24
8505
b.lO
3544
25
8859
11
3898
b.26
9214
12
4252
27
9568
b.l3
4607
28
9922
14
4961
b.29
10277
. 15
5315
30
10631
481
Da am Ende des fünfzehnten Jahrs der summirte
Ueberschttls gerade zwölf Stunden gibt, so ist es nach
den arabischen Chronologen gleichgültig, ob dieses oder
das folgende zum Schaltjahr gemacht wird ^). Im ersten
Fall ist die Tagsumme für das fünfzehnte Jahr 5316«
Das Schaltjahr heifst bei den Arabern >Umu5^ hebise,
von der Wurzel (j*^ implere.
Um nun vermittelst des dreilsigjährigen Cyclus die
It^eumonde berechnen zu können, kommt e3 darauf a^.
') ^^i'gl* Ulug Begh's ^/yocAtftf celebriores p. 9.
n. [31]
482 Technische Chronologie.
ihn richtig an den Himmel zu knüpfen, d. h. eine Aere
zu gebrauchen, die von irgend einem Neumonde zu
zählen anfängt. Die Araber haben hierzu den 1 • Mo-
harrem desjenigen Jahrs gewählt, wo Mohammed
von Mekka nach Medina gefilohn ist, und nennen da-
her ihre Janrrechnung H^ii^v^t ^^b tärich el-hedschra,
Aere der Flucht^). Von dieser Begebenheit dati-
ren sie seit dem Ghalifen Omar') den Anfang ihrer
ehemaligen Weltherrschaft, und wirklich erhielt Mo-
hammed's Beginnen erst mit ihr eine politische Wich-
tigkeit. Denn nachdem er dreizehn Jahre in der Stille
zu Mekka gelehrt hatte, wurde der mächtige Stamm
Koreisch, der Beschützer des uralten Tempels zu
Mekka, der Kaaba, zu deren Idolen die heidnischen
Araber seit langer Zeit wallfahr leten, auf ihn aufmerk-
■
sam. Es fürchtete derselbe dui*ch eine Religion, die
auf das Princip der Einheit Gottes gegründet war, um
seinen Einflufs zu kommen, und &ng an, ihren Urhe-
ber zu verfolgen. Von Lebensgefahr bedroht, entwich
er nach Medina, wo er bei^its mehrere Anhänger hatte,
worauf er mit den Korcischiden und andern Stämmen,
die seine Lehre anzunehmen sich weigerten, ELriege zu
führen begann, durch die er bald zu einer bedeuten-
den Macht gelangte.
Wir wollen nun die Epoche der Hedschra oder
den 1. Moharrem des ersten Jahrs der arabischen Zeit-
') B^.^\P hedschra heifst eigentlich abitus a cognatis ei tuni^
eis, S. eine A Dmcrkung von 11 e i s k e zu A b u U f e d a * s Annales
Muslemici Th. I. S. 60. Im Koran sind ...^ j>l^ mohädschi-
rän Peraonen, die um der Religion willen, ireiwillig oder ge-
zwungen, von den Ihrigen scheiden.
') S. Chondemir bei d'Herbelot art. Hegrah,
Araber. 483
rechnung nach den Angaben der orientalischen Schrift*
steller fixiren. Abulhassan Kuschjar sagt im zwei-
ten, der syrischen, arabischen und persischen Zeitrech«
nung gewidmeten^ Kapitel des ersten Buchs seiner
Zidsch el-dsclidmi: ,,Die Epoche der arabischen Acre
,,ist ein Donnerstag, und zwar der Anfang des Jahrs,
,,auf welches die Flacht des Propheten trifft. Dieser
,,Tag ist der 15. Thamnz des Jahrs 933 Dsi ^l-^kar-
j^7iam^^^)j d.i. der seleucidischen Acre. Der
entsprechende Tag unserer Zeitrechnung ist der 15. Ju-
lius 622. Hiemit stimmt das von dem Maroniten Abra-
ham Ecchellensis aus dem Arabischen übersetzte
Chronicon Orientale, welches sich also ausdrückt'}: Fuit
initium imperii Mosleminoftun die lovis prima Mohar^
rami, quae est decima quinta lulii et vigesima prima
Ahibi^ anno ah Alexandro nongentesimo trigesimo ter-
tio. Beim Ulug Begh heifst es^}: ,,Die Epoche der
,, arabischen Aere ist der Anfang des Moharrem desje-
,,nigen Jahrs, wo der Prophet aus Mekka nach Medina
,,geflohn ist. Zufolge der mittleren Bewegung des
,, Mondes war dies ein Donnerstag, zufolge der Be-
,,obachtung (der ersten Phase) hingegen ein Freitag.
,,Wir wählen den Donnerstag." Eben diesen Wochen-
tag nennt Alfergatii *) , der überdies die Intervalle
zwischen der nabonassarischen , seleucidischen, arabi-
') S.63 (Paris 1651, fol.)
') Epochae ce leb Ho res S. 7.
*) S-6.
[31*]
484 Technische Chronologie.
sdien und jezdegirdischen Aeie ganz so angibt, wie es
der Yoiaussetzung genuiis^ ist, dafs auch er. den 15. Ju-
lius 622 zur Epoche der Hedschia macht.
Alle diese Zeugnisse, deren sich, wenn es nöthig
wäre , leicht noch mehr beibringen lielsen , ^ gehen also
darauf hinaus, dafs die Epoche der Hedschra der 15. Ju-
lius 622 ist. Unter den orientalischen Astronomen
ist, wie der belesene Colins in seinen Anmerkun-
gen zum Alfergani versichert^), Ebn Schatir aus
Damaskus der einzige, der die Hedschra mit dem den
Mohammedanern heiligen Wochentage, dem Freitage,
anfkngt; er soll aber vor seinen astronomischen Tafeln
lur Yerhütung alles Mifsverständnisses ausdrücklich be-
merken, dals er in diesem Punkt von dem gewöhn-
lichen Gebrauch abgewichen sei. Uebrigens versteht es
sich nach dem, was oben über den Anfang des büiger-
lichen Tages bei den Arabern gesagt worden ist, dafs das
gedachte Datum eigentlich vom Untergange der Sonne
am vorhergehenden Abend genommen werden mufs.
Die europäischen Chronologen dagegen machen &st
einstimmig den 16. Julius zur Epoche der Hedschra.
Sie bestimmen sie nämlich so, dafs die cyklische Rech-
nung in der Regel die Tage der ersten Phase gibt, mit
denen man im gemeinen Leben die Monate anfängt,
statt dafs man sich mehr den Conjunctionen nähert,
wenn man den 15. Julius zur Epoche annimmt Die auf
der vorigen Seite angeführten Worte des Ulug Begh
deuten auf diesen Unterschied hin. Um ihn genauer
XU begründen, habe ich den Neumond des Julius des
Jahrs 622 berechnet. Nach den delambresgfaen Sonnen-
Araber. 485
und majer-masohschen Mondufeln finde ich, da£i die
vrahre Conjuncüon unter dem Meridian von Mekka ^)
am 14. Julius Vormittags um 8 U. 17' m.Z. eingetrof-
fen ist. Unmöglich konnte schon an demselben Abend
die Mondsichel erscheinen. Erst am IS. Julius wurde
sie in der Abenddämmerung wahrgenommen. Man sieht
also, dafs man entweder den ISten oder 16. Julius, beide
vom yorhei^henden Abend an gerechnet, zur Epoche
der Hedschra machen müsse , je nachdem man zum
Bestimmungsgrund derselben entweder die Gonjunction
oder die erste Phase macht. Jene Epodie ist zu wäh-
len, so oft man das arabische Datum einer astrono-
mischen Beobachtung auf unsere Zeitrechnung zu re-
duciren hat; diese, wenn die cyklische Rechnung mit
den Monderscheinungen und dem Yolkskalender über-
einstimmen oder höchstens nur um einen Tag davon
abweichen soll').
Es ist ein ziemlich allgemeiner Irrthum der euro-
päischen Chronologen, dafs die Epoche der Hedschra
der eigentliche Tag der Flucht Mohammed's sei.
Schon aus dem Artikel HegraJi bei d'Herbelot kann
man sich eines Bessern belehren. Die orientalischen
Schriftsteller sind darin einig, dafs die Flucht in den
^) Ich setze ihn nach den besten Karten (eine astronomische
Bestimmung ist meines Wissens nicht vorhanden) um 2 St. 30*
östlich von Paris.
^) Die mittlere Gonjunction ereignete sich zu Mekka be-
reits am l4. Julius um 1 ü. 12' Morgens. Ihr würde der Abend
des 13. Julius näher gewesen sein. Da man nun den Abend des
l4ten gewählt hat^ so. ist man ohne Zweifel Ton der wahren
Conjunction ausgegangen, obgleich das Ja^^t ««b beim Ulug
Begh das Gegentheil anzudeuten scheint.
486 Technische Chronologie.
dritten Monat des ersten Jahrs der Hedscbra zu setzen sei ;
nur das Datum geben sie verschieden an. Abu'lfeda
sagt^): tiDie Flucht von Mekka nach Medina erfolgte,
,,als von dem ersten Jahr bemls der Mohari'em, der
,,Safar und acht Tage des Rebl el-awwel verflossen
,, waren;" und weiterhin: „Als man beschlossen hatte,
,,die Flucht zur Epoche der neuen Zeitrechnung zu
f, machen, zählte man von derselben 68 Tage zurück
„bis zum l.Moharrem, den man für den Anfang der
,,Aere nahm." Nach Abu'lhassan Xuschjar war
der 8. Hebt el-awwel der Tag, an welchem Mohammed
in Medina einzog'). Ahmed Ben«Jusuf bei Focock
sagt^): ,,Man hat die Aere um zwei Monate vor der
„Flucht voi^eschoben und sie mit dem Moharrem au-
fgefangen." Hiernach schiene also Mohammed seine
Flucht am l.Rebi el-awwel begonnen zu haben, wie
auch Golius aus orientalischen Quellen berichtet^].
Hätte es mit diesen Datis seine Richtigkeit, so würde er
etwa vom 13ten bis zum 20. September des Jahrs 622
unterweges gewesen sein. Noch andere Angaben er-
wähne ich nicht, da die Sache für uns von geringer
Erheblichkeit ist.
*) AnnaL Mustern, Tom. I. p. 62.
») iXi ^ ^^ «JL «1» ^ sX^ ^\ ijS^ j»
O^jt ^^^* Wenn biet*, yermuthlicli einer Ueberlieferung la-
folge, der 8. Reb! el-awwel zu einem Montage gemacht wird,
io mufs entweder das erste Jahr der Flucht mit dem Frei-
tage angefangen, oder der Safai* zu 30 Tagen gei^echnel wor-
den sein.
') ^ecimen p. 180.
*) Anm. zu Alfergant S. 55.
Araber. 487
Nachdem wir nun die Einrichtung des arabischen
Schaltcirkels und die Epoche der Hedschra kennen ge-
lernt haben, werden wir im Stande sein, jedes arabische
Datum auf unsere Zeitrechnung und umgekehrt zu re-
duciren. Die Regeln, die dazu von Wolf, Gatterer
und andern Chronologen gegeben werden, haben ganz
das Ansehen von Zauberformeln. Folgendes Yerfahran
wird man hoffentlich eben so verständlich als bequem
und sicher finden.
Soll 1) ein arabisches Datum auf die christ-
liche Zeitrechnung gebracht werden, so divi-
dire man die Zahl der verflossenen Jahre durch 30.
Der Quotient gibt die abgelaufenen Schaltcirkel und
der Rest die vei*flossenen Jahre des laufenden an. Da
jeder Schaltcirkel 10631 Tage hfilt, so multiplicire man
den Quotienten in diese Zahl, und addire zum Pix)dukt
die aus Tafel II zu nehmende Tagsumme, welche dem
Rest entspricht. Hiezu rechne man noch die aus Tafel I ^
zu entlehnende Tagsumme der verflossenen Monate des
laufenden Jahrs, und endlich die Tage des laufenden
Monats. Auf diese Weise hat man sammlllche auf die
Hedschra von ihrer Epoche bis auf das g^ebene Da-
tum einschliefslich gehenden Tage gefunden. Addirt
man hiezu noch die 227015 Tage, die vom I.Januar
des ersten Jahi-s unserer Zettrechnung bis zum 15. Ju-
lius 622, der Epoche der Hedschra, verflossen sind (wir
wollen sie die Absolut zahl nennen), so erhält man
eine Anzahl Tage, die man auf unsera Jahre und Mo-
nate zu bringen hat. Dies geschieht am bequemsten,
wenn man durch die 1461 Tage einer vierjährigen
Schaltperiode dividirt (jedes vierte Jahr unserer Zeit-
rechnung ist ein Schal^ahr), den Quotienten mit 4
486 Technische Chronologie.
mulüplicirt, um die Jahre der yerflcMsenen Schalt--
Perioden zu erhalten, vom Rest der Division so oft
365 abzieht, als es angeht, und für jeden Abzug noch
ein Jahr mehr rechnet. Der Rest der letzten Sab*
traction wird dann den laufenden Tag des julianischen
oder alten Kalenders anzeigen, dem das gegebene ara-
bische Datum entspricht. Zur Reduction desselben kann
man sich der oben (1, 103) gegebenen Tafel bedienen*
Zum Schlufs mufs man noch das julianische Datum in
das gregorianische verwandeln, wenn von der Zeit nach
der Kalenderverbesserung die Redc^ ist (1, 104). Ist
z. B. der 4. Rebl el-aocher des Jahrs 1241 zu reduci-
ren, so sieht die Rechnung also: die Zahl 1240 der
verflossenen Jahre durch 30 dividirt, gibt
zum Quotienten • . . • 41
zum Rest 10 *
41 X 10631 « 435871
Tagsumme für 10 Jahre (Taf.ll) » 3544
Tagsumme fiir 3 Monate (Taf.I) » 89
Tage im Rebt el-aocher sa 4
Absolulzahl = 227015
Summe «s 666523
Wird diese Zahl durch 1461 dividirt, so erhalt man
zum Quotienten • • . • 456
zum Rest 307
Der Quotient mit 4 multiplicirt gibt 1824. Man hat
also 1824 verflossene Jahre und noch 307 Tage. Der
307te Tag des Gemeinjahrs bt der 3. November. Der
4. Rebl el-accher des Jahrs 1241 entspricht mithin dem
3. November alten oder 15. November neuen Stils un*
sers Jahrs 1825. Nimmt man den 16. Julius zur Epoche
der Hedschra, so erhfilt man den 16. November. Hie-
Araber. 489
bei mufs man nicht vergessen, was oben über den An*
fang des arabischen Tages gesagt worden ist; denn dem
4. Hebt el-aocher 1241 gehören noch einige Stunden
vom 14ten oder 15. November an, je nachdem man
als das Resultat der Rechnung den ISteu oder 16. No-
vember nimmt. Da sich der wahre Neumond des No-
vembers im Jahr 1825 unter dem Meridian von Mekka
am lOten um 11 U. 56' Morg. ereignet hat, die Mond-
sichel also nicht vor dem Uten Abends erschienen ist,
so sieht man, dals der 4. Rebl el-accher, mit unserm
15. November vei^ichen, sehr gut mit dem Himmel
übereinstimmt.
Diese Rechnung wird sehr abgekürzt, wenn man
eine Tafel der Anfangstage des arabischen Jahrs zur
Hand hat. Man findet eine solche unter andern in
Greaves Ausgabe der Epochae celebriores des Ulug
Begh und im ersten Bande des L^Jrt de verifier les
dates. Dort ist der Anfiing der Hedschra auf den 15ten,
hier auf den 16. Julius gesetzt.
Noch ein Beispiel wird hier nicht am unrechten
Ort stehen. Es sei der 29. Schewwal 367^ an welchem
Ebn Junis eine Sonnenfinstemiüs zu Kahira beobach-^
tet hat^), auf unsere Zeitrechnung zu bringen.
0 Notices et extraiU. Tom.YII, p. 181.
490 Technische Chronologie.
366 durch 30 dividirt gibt
zum Quotienten ... 12
zum Rest 6
12x10631 = 127572
Tagsnmme für 6 Jahre., is 2126
Tagsumme für 9 Monate = 266
Tage im Schewwäl ss 29
Absoluuahl = 227015
Summe => 357008
Diese Zahl durch 1461 dividirt, gibt
zti^m Quotienten • • • . 244
zum Rest 524
Multiplicirt man jenen mit 4, so erhält man 976, und
Ton diesem la&t sich 365 noch einmahl abziehen. Man
hat also 977 verflossene Jahre und 159 Tage. Der
I59ste Tag des Gemeinjahrs ist der 8. Junius. Die
Beobachtung ist mithin am 8. Junius 978 angestellt
worden, welchem Tage auch der zugleich von Ebn
Junis angegebene 19. Choi^idmah ^) des 347sien jez-
degirdischen, der 8.Haziran des 1289sten seleuddischen
und der 14. Buneh des 694slen diodetianischen Jahrs
entspricht.
Ebn Junis bemerkt bei dieser Beobachtung wie
gewöhnlich den Wochentag. Um zu verificireii, ob
sie wirklich, wie er sagt, an einem Sonnabend ge-
macht ist, erwäge man Folgendes. Die Epoche der
Hedschra ist, wie bemerkt worden, nach der Bestim*
mung der arabischen Astronomen, ein Donnerstag oder
die fünfte Ferie. Es wird mithin der achte, fünf-
zehnte, zweiundzwanzigste, kurz jeder siebente Tag der-
') Hinter ^Lxlt ist oßeohw jA^ aus dem Text gefallen.
Araber. 491
selben, gleichfalls die fünfte Ferie sein. Wenn man
demnach die bis zu einem gewissen Datum vom An-
fange der Aeve verflossenen Tage durch 7 dividirt, so
gibt der Best 1 allemahl den fünften Wochentag, und
es gehören zu
den Resten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 0
die Ferien 5, 6, 7, 1) 2, 3, 4
oder 21-, 2, t?i 0, dt cTt 5-
Nun sind bis zum 29. Schewwäl 367 einschliefslich
129993 Tage verflossen, und diese Summe durch 7
dividirt gibt den liest 3. Der Beobachtungslag war
also wirklich ein Sonnabend. Nimmt man für die
Epoche der Hedschra den Freitag, so entsprechen
den Resten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 0
die Ferien 6, 7, 1, 2, 3, 4, 6
oder 2, tr, O, C, cTi 2» ^'h
Bei dieser Gelegenheit mufs noch bemerkt werden,
dais die orientalischen Astronomen, welche gewohnt
sind, neben dem arabischen Datum zugleich das per-
sische, syrische und ägyptische anzugeben, zur Ver-
hütung alles Mifsverständnisses den bürgerlichen Tag
nicht, wie die Araber, vom Untergange der Sonne,
sondern mit den Persem vom Aufgange anfangen und
sämmtliche Data parallel fortlaufen lassen. Wenn sie
daher eine in der Nacht angestellte Beobachtung an-
fuhren, so nennen sie, wenigstens findet es ^ich so
beim Ebn Junis, ausdrücklich die Ferie des fol-
^) Die Bestimmung der Ferie eines gegebenen Tages der
Hedschra ist, wie man sieht, höchst einfach. Nichts desto we-
niger quält sich Gatterer damit durch vier Octavseiten. Ab«
rifs der Chronologie S. 202-206.
492 Tecknisclie Chronologie.
g enden Tages. So bemerkt dieser Astronom von einer
zu Kahira im Schewwäl des Jahrs 368 beobachteten
Mondfinsternis : ,,Sie ereignete sich in der Nacht,
„deren Morgen die fünfte Ferie war," statt
nach arabischer Weise zu sagen, in der Nacht der iiinf-
ten Ferie. Diese Ferie, fährt er fort, war der 25. Ard-
beheschtmäh des 348sten jezdegirdischen , der 15. Jjar
des 1290sten seleucidischen und der 20. Baschnas des
695stßn diokletianischen Jahrs. Alle diese Data geben
den 15. Mai 979. Da aber die Beobachtung im An-
fange der Nacht angestellt sein soll, so war ihr
eigentliches Datum der 14. Mai.
Auch wird es nicht überflüssig sein, hier den
oben (2, 472) bemerkten Gebrauch der Araber nach
Nächten zu datiren durch ein paar Beispiele zu
bestätigen. Almakin sagt: der Ghalif Ali wurde
tödtlich verwundet „am Freitage, als siebzehn Nächte
,,des Monats Ramadan verflossen waren"'), d.i. am
17« Ramadin. Eben derselbe bestinmit den Todestag des
Chalifen Almamon wie folgt: er starb ,,am Don-
,,ner8tage, da noch zwölf Nächte des Redscheb übrig
,, waren"'), also am achtzehnten Tage des Monats,
wenn anders die Dauer desselben wie bei der cyklischen
Rechnung auf dreilsig Tage zu setzen ist.
*) o'-*^ j^ er* "^^"^ ^ ^j^ Sj^ ***^ P*
HisL Sarac, p. 42.
Ib. p. 138. Die bei den arabischen Geschichtschreibem häufig
Torkommende Weise, durch das Verbum ^jü reliquus JuU einen
Tag nach der Milte des Monats zu bezeichnen^ erinnert an die
ähnliche Zählungsweise der Griechen und Römer. Hi*. Süt. de
Sacy gibt in seiner Grammaire Arabe Tom. El. p. 270 einen
Monat ganz durch datirt.
Araber. 493
Um 2) ein christliches Datum in ein ara-
bisches zu verwandeln, wird man leicht ein dem
obigen analoges Verfahren ermitteln. Wir wollen gleich
ein Beispiel in Rechnung nehmen. Es sei der I.Ja-
nuar 1825 neuen oder 20. December 1824 alten Stils
2U redndren. Man diyidire die verflossenen 1823 Jahre
durch 4, so erhält man zum Quotienten 455 und zum
Rest 3. Jener zeigt die Zahl der abgelaufenen juliani-
schen Schaltperioden von 1461 Tagen, und dieser noch
3 Jahre von 365 Tagen an» Man multiplidre also den
Quotienten in 1461 und addiie zum Produkt 664755
sowohl die auf drei Jahre gehenden 1095 Tage, als die
355, die vom I.Januar bis zimi 20. December ein-
schliefidich im Schaltjahr enthalten sind. Die Summe
ist 666205 Tage, welche vom Anfange ^ unserer Zeit-
rechnung bis zum I.Januar 1825 n.St. verfliefsen.
Hievon ziehe man die Absolutzahl 227015 ab, und
man erhält so 439190 Tage, die von der Epoche der
Hedschra bis zum gesuchten arabischen Datum gezählt
werden. Da der arabische Schal tcyclus 10631 Tage hält,
so dividire man damit in 439190. Der Quotient ist 41
und der Rest 3319. Jener mit 30 multiplicirt gibt
1230 Jahre, und in 3319 Tagen sind nach Tafel II
9 Jahre und 130 Tage enthalten. Man hat also zu-
sammen 1239 Jahre und 130 Tage. Zieht man von
letztern die 118 ab, die nach Tafel I bis zu Ende des
Rebt el-accher verstreichen, so bleiben 12 als die Tage
des Dschemidi el-awwel iä>rig, die bis zum gesuchten
Datum gezählt werden. Der 1. Januar 1825 entspricht
mithin dem 12. Dschem&di el-awwel des Jahrs 1240.
Bei der Epoche des 16. Julius erhält man einen Tag
494 Technische Chronologie.
weniger. Man sieht, dafs hier der Bei der ersten Auf-
gabe genommene Gang rückwärts gemacht ist.
Wir wollen nun die wenigen Notizen, die sich
über die Geschichte der jetzigen Zeitrechnung der Ara-
ber, so wie über ihre frühem Monate und Acren, bei
den orientalischen Schriftstellern zerstreut finden , zu-
sammenstellen. r}ur mufs sogleich bemerkt werden, dais
sich aus der Periode vor Mohammed blofii dunkle
Traditionen erhallen haben, indem bis auf wenige Ge-
dichte keine schriftliche Denkmäler aus ihr vorhan-
den sind.
Die Araber hatten ehemals folgende Namen (ur die
Wochentage vom Sonntage an : J^t A^^^pel^ o-^ Bdhun,
.L> Dschebdr, Ja<^ Debdr, (j*^^ Münis, äj^^c jirube,
jUä Schijdr. Sie weisen in einem von Golius an-
gefahrten Distichon eines alten Dichters erwähnt^) und
*) Anmerkungen zum Alfergani S. 15. Auch Abmed
Ben Jusuf bei Pocock {Specimen hist, Arabum p. 308) er-
wähnt sie, nur dafs er q^I statt Qj^y schreibt. Nach eben
demselben haben einige alte Araber den Sonnabend, der für sie
der erste Wochentag gewesen sein soll, <A:^I Abdsched, den
Sonntag \^ ^Ia^vaz, den Montag jJ^3>' ffoii, den Dienstag ^y^
Kelamun, den Mittwoch ^^^aÄAM««9i7/a5^ den Donnerstag v:>^ 3 Ko^
rischet genannt. Die Buchstaben in diesen Namen sind die ur-*
sprünglichen 22^ welche die Araber mit den übrigen semitischen
Völkern gemein haben, und zwar in ihrer bei eben diesen Völ-
kern gebräuchlichen noch durch ihre Zahlen werthe angedeute-
ten Ordnung, welche die Araber zum Unterschiede der jetzigen
Abdsched nennen. Der Freitag, fiir den es damals noch an
Buchstaben mangelte, erhielt den Namen 'ij^^\ el^arübe, der
Abend, mit Bezug auf die bei vielen arabischen Stämmen ge-
bräuchliche Feier des Sabbaths. Es ist das any ereb der Hebräer,
das irapMuiuij des neuen Testaments.
/
(
Araber. 495
waren vielleicht nur bei einzelnen Stämmen im Ge-
brauch. Dasselbe mag auch von nachstehenden Mo-
natsnamen gelten, die eben dieser Gelehrte auf das
Zeugnils von Mesudi und Nuveiri als die ursprüng-
lichen anführt^):
j4^iy^ Mütemir. |W«t Asam.
.li Nddschir. Js3U: JdiL
^j^ Cliawdn, > ^b NätiL
i^^yo Sawdn» ^\^ fVdil^
Lm, Ritmd. äü^^ Warna.
sjul Ida. ^ß Burek.
Sie sind durch die gegenwärtigen, welche Kelab Ben
Morra, einer der Vorfahren Mohammed's, eingeführt
haben soll, um den Anfang der Weltherrschaft der
Araber verdrängt worden.
Wie aber auch die INamen der Monate ehemals
gelautet haben mögen, so leidet es keinen Zweifel, dafs
ihr Charakter nie ein anderer als der jetzige gewesen
ist, nur mit dem Unterschiede, dals mau vor Mo-
hammed eine Art VQn Einschaltung gehabt hat, wo-
durch das Mondjahr mit d^m Sonuenjahr ausgeglichen
wurde. Um nämlich für die zur Kaaba Wallfahrlenden
Pilger zu sorgen, wurde der Dsd U-hedsche, der zu
diesem Besuch bestimmte Monat, durch. eine Einschal-
tung auf den Herbst fixirt, welche Jahrszeit wegen der
milden Witterung und wegen des Ueberflusses an Früch-
ten dazu für die bequemsste gehalten wurde. Da sich
vor Mohammed viele Araber zur jüdischen Religion be-
kannten, so ist es wahrscheinlich, was auch Dschew-
hari, Ebn Alathir und Makrizi bei Pocock ver-
•) A.a.O. S. 4.
496 Technische Chronologie.
sichern ^), dafs man dieses Schaltwesen nach dem )ndi«
sehen gemodelt hat, und dafs der DsA '1-hedsche, der
zwölfte Monat der Araber, mit dem Elul, dem zwölf-
ten der Juden, zusammen&el. Der Oberpriester der
Kaaba soll nach Kotb eddin') die Einschaltung je-
desmahl dem versammelten Volke durch die Formel an-
gekündigt haben: 1^ ÄJUJt sJ^ ^ ^ Uüt \A „ich
„schalte euch in diesem Jahr einen Monat ein.'' Mo-
hammed hob diesen Gebrauch in folgendem Yerse des
Korans formlich auf^): ,, Fürwahr die Zahl der Mo-
,,nate bei Gott ist zwölf, im BucUe Gottes yeneiclinet
,,an jenem Tage, wo er Himmel imd Erde schuf. Vier
,, derselben sind heilig. Das ist der wahre Glaube.'*
Was die heiligen Monate betrifft, deren Ob-
servanz hier bestätigt wird, so war es bei den arabi-
schen Stämmen, die grofsentheils vom Raube lebten
imd delsfalls fast immerwährende Kriege unter einan-
der föhrtQU, von den ältesten Zeiten her gebräuchlich,
im Dsü 'l-hedsche, der, wie eben bemerkt worden,
der Pilgerfahrt nach Mekka gewidmet war, im voran-
gehenden D^ii '1-kade und im nachfolgenden Mohar-
rem, so wie in >dem auf die Mitte des Jahrs treffenden
Redscheb, sich jeder Fehde zu enthalten. Sie nahmen
dann, wie Kazwini sagt, die Spitzen von ihren Lan-
zen, und entsagten allen Feindseligkeiten so gewissen-
haft, dals jemand dem Mörder seines Vaters oder Bru-
ders begegnen konnte, ohne ihm Leides zuzufügen.
Diese vier Monate waren also f\^ hardm, heilig, die
*) Specirnen hist, Arabum p. 182.
*) Colins zum Alfergani 8.12.
') Sur. Et. T. 37.
Araber. 497
übrigen hingegen J^l> haldl, frei oder profan. Mo-
hammed gebot diesen Unterschied zu beobachten, je-
doch nur in Ansehung derer , die ihn als Propheten
anerkannten; denn die Ungläubigen gestattete er zu
jeder ^it des Jahrs zu bekriegen.
Golius^) und andere glauben, da(s noch bestimm-
ter, als in dem eben angeführten Yerse des Korans, die
Einschaltung eines Monats in den gleich darauf folgen-
den Worten : jji\ ^ ^y ,^5-y*MJJ Uj5 „fürwahr das Nesi
„ist das Uebermaafs von Gotdosigkeit" untersagt werde.
Allein der ganze Zusammenhang und die Erklärung des
Dschelaleddin bei Haracci lehrt» dais hier bei Nesi
(von der Wurzel Lmo, welche unter andern produ-
cere, retardare heifst) nicht von einer Einschaltung,
sondern von einer Yertauschung des Moharrem mit dem
Safar die Rede ist, welche sich einige raubsiichtige Ara-
ber, denen drei heilige Monate hinter einander eine
allzu lange Zeit der Ruhe dünkten, zu erlauben pfleg-
ten '). Diese Stelle des Korans scheint indessen früh-
zeitig mißverstanden zu sein, wenn anders die Behaup-
tung des Kotbeddin und Mesudi, dals Nesi der
Name des alten Schaltmonats gewesen sei, keine
Autorität weiter für sich hat.
Man wird vielleicht auf den ersten Blick geneigt
sein, zu glauben, dafs das bürgerliche Jahr der Araber
erst in Folge jenes Ausspruchs ihres Gesetzgebers sei-
nen jetzigen Charakter der Wandelbarkdt angenommen
habe, und früherhin ein festes gewesen sei, zumahl da
•) A.a.O.
^) Eben so erklärt Golius in seinem Wörterbuch ^J^g^ijül
nach Dschewhari.
n. [32]
498 Technische Chronologie.
sich durch diese Yöraussetzuiig die obgedachte Bezie*
huDg, in der die Monatsnamen mi den Jahrsseiten
standen (2, 475) , ziemlich ungezwungen rechtfertigen
läist. Allein erstens sagen die Orientaler ausdrücklich,
dafs das vor Mohammed gebräuchliche und von ihm
abgeschaffte Schaltwesen blols zum Behuf der Pilgerrei-
sen eingeführt worden sei. Das bürgerliche Jahr
mufs doch also früher ein bevregliches , gewesen sein,
und es Ififst sich gar wohl denken, da(s es ein solches
blieb, als man den Monat der Wallfahrten zur Kaaba
auf den Herbst fixirte. Zweitens Heise sich, wenn niaii
die Allgemeinheit der Einschaltung vor Mohammed an-
nehmen wollte, nicht füglich erklären, woher es komme,
dafs der Anfang des ersten Jahrs der Hedschra aus der
Gegend des Oktobers zur Mitte des Julius zurückge-
wichen ist; man mü(ste denn gegen alle Wahrschein-
lichkeit voraussetzen, dafs Mohammed schon meh-
rere Jahre vor der Flucht Ansehen und Einflufs genug
gehabt habe, um eine Aenderung in der bürgerlichen
Zeitrechnung bewirken zu können. Endlich müssen die
Araber selbst der Meinung gewesen sein, dals ihr wan-
delbares Jahr schon vor Einführung des Islams im Ge-
brauch gewesen sei. Nach Almakin nämlich') ist
Mohammed am 22. Nisan des 882sten Jahrs der selea-
cidlschen Aere, und nach Abu'lfeda') am 10. Rebt
el-awwel geboren. Rechnen wir mit Hülfe des arabi-
schen Schaltcirkels bis zum 22. Nisan 882 '} oder zum
') Hist, Sarac, p. 2.
') jinnal. Muslem, Tom. I. p. 4.
') Abu'lfeda msdit zum Geburtsjahr seines Prophel«n das
Jahr 881 der seleucidischen und 1316 der nabonassarischen Aere.
Ak jlbeH. 499
22. April 571 n.Chr. zurück, so gekngen wir wirklich
zum 10. Rebt el-awwel. Dieses Zusammentreffen des
syrischen und arabischen Datums, das niemand für zu-
fällig halten wird, mufs sich auf eine Reduction grün-
den, die, wenn sie schon vor der Epoche der Hedschra
angestellt worden ist, die frühere Beweglichkeit des ara-
bischen Jahrs auiser Zweifel setzt, und wenn sie erst
von den spätem Geschichtschreibem herrührt, wenig-
stens beweiset, dafs diese von der frühem Beweglich-
keit überzeugt waren.
Was die Jahrrechnungen der frühem Araber vor
Einführung der Hedschra betrifft, so handelt davon
ein Fragment des Alkodai bei Pocock*), welches im
Allein beide Zahlen sind schon defshalb verdächtig, weil sie nicht
zusammengehören können; denn das erste Jahr fing den 1. Okto-
ber 569 n. Chr. an und das letzte hörte bereits den 2, April 569
auf. Das Jahr 882 beim Almakin stimmt auch zu Mob am«
med^s Lebensdauer. Er starb nämlich am 12. Rebi el-awwel
des elften Jahrs der Hedschra (Almakin S. 9) und ist nach der
gewöhnlichen Angabe 63 Jahre alt geworden, und zwar Mopd-
jahre, die immer von den Arabern gemeint werden, wenn sie
nicht ausdrücklich das Gegen theil bemerken. Geht man aber
Tom 12. Rebi el-awwel des elften Jahrs, oder yom 6. Junius 632,
63 cyklische Mondjahi^ oder 22324 Tage zurück, so kommt man
seinem obgedachlen Geburtstage bis auf zwei Tage nahe. Wenn
man in den Schriften des Occidents gewöhnlich das Jahr 569
n. Chr. als das Geburtsjahr Mohammed's angegeben findet,
so liegt dabei entweder eine Lebensdauer Ton 65 Jahren, die
ihm einige Araber beilegen (Almakin S. 10), oder der Irrthum
zum Grunde, dafs die 63 Jahre Sonnen) ahre sind.
**) Specimen hist. Arabum p. 177. Es verdient hieimit Tcr-
gHchen zu wei*den Hm. Silyestre de Sacy's gdialtToUes.^^«
moire sur divers dtf^nemens de VHistoire des Jrabes avant
Mahomet im achtundrierzigstcn Bande der Mimoires de VAca^
[32*]
600 Technische Chronologie.
Wesentlichen also lautet: ««Die ehemaligen Yölker da-
,,tirten von wichtigen Begebenheiten und der Regie-
„rung ihrer Könige, z.B. die Ismaeliten (die nörd-
„liehen Araber in Hedschas) von der Erbauung der
„Kaaba, und die Hemjaren (Homerilen, die Be-
„wohner Jemens) nach ihren Königen, den Tobbas.
„Die loniei: und die Römer (1,454) haben nach
„Alexander; die Kopten (Aegypter) zuerst nach
„Nabonassar und nachmals bis auf unsere Zeit
„nach Diocletian; die Magier (die Perser vor Mo-
„bammed) erst nach Adam, dann nach Ermordung des
„Darius und dem Regierungsantritt Alezander's, ferner
„nach dem des Ardeschir (des ersten Sassaniden),
„endlich nach dem des Jezdegird (des letzten Sassa-
,,niden) gerechnet. Die Araber datirten ehemals nach
„dem Jahr des Elephanten und dem Tage des
,, Frevels, bis endlich Omar Ben Ghattab im sieb-
„zehnten öder achtzehnten Jahr der Hedschra beschlois,
„die Jahre von der Flucht des Propheten zu zäh-
„len, und zwar vom l.Moharrem des ersten Jahrs
,, derselben.
Da(s die frühem Araber sehr verschiedene Jahr-
rechnungen gehabt haben, läfst sich bei der losen Ver-
bindung, in der ihre Stämme vor Mohammed unter
einander standen, leicht erachten; auch stimmen alle
Nachrichten ihrer spätem Schriftsteller darin nberein.
Nur zwei Acren scheinen allgemeiner und langer, we-
nigstens in der G^nd von Mekka, gebraucht worden
dSmie des Inscnptiom, and seine Recension der Historia prae^
cipuorum Ardbum regnorum rerumque ab iis gestarum ante
Isiamismum im Journal des Savans Januar 1818.
Araber. 501
zu sein, als die übrigen, nämlich die nach dem Jahr
des Elephanten — J^t «Lc dm el-ftl — und dem
Tage des Frevels — .L^vaH f^jaum el-Jedschdr.
Die Begebenheit, welche zur ersten Anlafs gegeben
hat, findet man von den Auslegern der 105ten Sure
erzählt, welche, El-fil überschrieben, darauf anspielt ')•
Abraha, mit dem Beinamen Sdheb el-fil, Herr des
4
Elephanten, Statthalter von Jemen im Namen des
Königs von Aethiopien und von christlicher Religion,
zog mit einem Heer, worin sich mehrere Elephanten
befanden, gegen Mekka, um den dortigen Tempel mit
seinen Idolen zu zerstören. Ein Wunder soll die Kaaba
gerettet und das Heer vernichtet haben. Dies Ereig-
nifs gehört nach der Yersicherung der Araber in das
Geburtsjahr Mohammed's, also in das Jahr 571 unserer
Zeitrechnung.
Unter dem Tage des Frevels vei*stehen die Ara-
ber das feindliche Zusammentreffen zweier arabischen
Stamme in einem der obgedachten vier Monate, wo
das Kriegführen für eine gottlose Handlung gehalten
wurde'). Mohammed soll, nach einigen vierzehn,
nach andern zwanzig Jahre alt, an dieser Fehde Theil
genommen haben. Hiernach würde sie entweder in das
Jahr 585 oder 591 n. Chr. zu setzen sein.
Der Gebrauch dieser beiden Acren war bei weitem
zu eingeschränkt, als dafs man bei der Vereinigung der
Araber zu Einer Religion und Einem Interesse unter
*) S. Säle 's Anmerkungen zu seiner englischen üebersetzung
und Tergl. Pocock's, Spec» hist, Arahum p. 64 und d'Herbelot
V. Abrahah.
*) Abu*lfeda Ann. Muslem, Tom. I. p. 20. Golius zum
Alfergani S. 54. Alkodai bei Pocock ^ec. a.a.O.
602 Technische Chronolosie.
'ö*
den ersten Chalifen picht das Bedürfnifs einer festen
und für alle Moslemen bedeutsamen Jahrrechnung hätte
fühlen sollen. Vielleicht trug das Beispiel der benach-
barten Kopten, die ihre Jahrrechnung von der grolsen
unter Diocletian über ihre Vorfahren ergangenen Ver-
folgung die Märtyreräre nannten, dazu bei, dals
man nach der Verfolgung Mohammed's durch die
Koreischiden und seiner Flucht zu datiren beschlols.
Nach dem oben angeführten Fragment des Alkodai,
so wie nach Ebn Kotaiba') und Abu*lfeda'), war
es der Chalif Omar, welcher der aus dem Mangel einer
festen Aere entstehenden Verwirrung abzuhelfen be-
schloß, und zuerst die öffentlichen Verhandlungen mit
dem Jahr der Hedschra zu bezeichnen befahP).
So war ein bedeutender Schritt zur Anordnung der
arabischen Zeitrechnung geschehen. Ihre völlige Aus-
bildung durch Einführung des Schal tcirkels scheint
sie aber erst im dritten Jahrhundert der Hedschra un-
ter dem Chalifen Almamon erhalten zu haben, als
die dazu erforderliche Kenntnils des Mondlaufs mit der
griechischen Astronomie zu den Arabern übergegangen,
und bei weiterer Bearbeitung derselben das Bedürfniis
^) S. eine Note Ton Reiske zum Abu'lfeda Tom. I. p. 16.
') Jnn» Mustern, Tom. T. p. 60.
') Er benutzte dabei die Einsichten des Persers Harmozan.
Bei dieser Gelegenheit soll man aus dem persischen j^« «U^ das
beim Abu'lfeda durch »^jüS^ j^£l*j\ \^\ut*^ Rechnung des
Monats und der Tage übersetzt wird, das Wort ^ y^ mo-
^errach zur Bezeichnung des Begriflä datirt gemacht haben,
woraus femer das Verbum ^ ^ arrach und das Verbalnomen
^j^ tärich entstanden, deren Bedeutungen schon oben (2,428)
angegeben sind.
Araber. 503
einer geregelten und von der unmittelbaren Beobach*
tung der Mondwechsel unabhängigen Zeiteinlheilung den
Sternkundigen fühlbar geworden war.
So lange die Araber, in' ihrer Halbinsel einge-
schlossen, auf einer niedrigen Stufe Ber Cultur stan-
den, genügte ihnen ihr bewegliches Jahr vollkommen.
Als sie aber, ihre Grenzen überschreitend, mit gebilde-
tem Völkern in Berührung kamen und allmählig selbst
zu einer hohem bürgerlichen und wissenschaftlichen
Entwickelung gelangten, sahen sie sich häufig in dem
Fall, neben ihrem wandelbaren Mondjahr eine feste,
nach der Sonne geordnete, Zeitrechnung zu gebrauchen*
Sie adoptirlen nun das julianische Jahr in den beiden
im Orient gebräuchlichen Formen , der ägyptischen
und syrischen.
Die Namen der ägyptischen Monate, wie
sie uns Ptolemäus und andere Alte überliefert ha-
ben (1,97), scheinen nicht so verderbt zu sein, wie
es wol sonst die fremden Eigennamen zu sein pfle-
gen, die durch die Griechen auf uns gekommen sind.
La Croze^) hat sie in einer der pariser Bibliothek
angehörigen Handschrift der koptischen Uebersetzung
der Evangelien von der Hand Michael's, Bischofs von
Damiat, aus dem Jahr 1179 n.Chr. mit koptischen
Buchstaben geschrieben gefunden. Auch werden sie
hin und wieder in den Auszügen erwähnt, die Zoega
aus den im boi^ianischen Museum aufbewahrten kopti-
schen Handschriften gibt'). Hier lauten sie also:
*) Thesaurus epistoL Tom. UI. p. 133.
^) Caialogus codicum copticorum manuscriptorum qui in
museo Borgiano f^elUris adservanlur. Rom 1810, fol. Yergl.
504 Technische Chronologie.
Thout Phamenoth
Paopi Pharmuthi
Athor Paschons
■
Choiak Paoni
Tobi Epep
Mechir Mesore*
Weit mehr sind sie von den Arabern entstellt wor-
den. Einer ihrer ältesten astronomischen Schriftsteller,
dei' um die Mitte des neunten Jahrhunderts lebende
Alfergani, bemüht sich, sie dem Ptolemäus so
getreu nachzubilden, als es seine Buchstaben erlau-
ben ^)* Alle übrigen Araber dagegen schreiben sie ganz
übereinstimmig wie folgt:
o^'
Tut
• •
Bäbe
j>'^
mtib
^\^
KthAk
t^jSo
TAh«
_jA**^'
Amscbtr
^WV
Bermehät
"^y^J
Bennude
Baschnas
*W
BÄne
,_«jt
AWh
i^y**ji Mesri.
Sie nennen sie Jn^Sit j>^ schuhdr el-kebt, Monate
der Aegypter oder Kopten. Unter «I^aä hebt vei^
stehen sie nämlich nicht blofs die Nachkommen der
Raphaelis Tukii Rudimenta linguae coptae (Rom 1778, 4)
S. 391 ff.
') Eiern, Östron, p. 5.
Araber. 505
alten Aegypter, die ivir Kopten nennen, sondern
auch die. alten Aegypter selbst. Das Wort ist zunächst
Ton der Stadt und dem Nomos Koptos entlehnt, i¥0
die Ueberbleibsel des alten Yolks noch jetzt grofsen-
theils wohnen. Der Name Koptos selbst aber hängt
mit dem des Yolks und Landes zusammen.
Das Wort huoLy6\ixvai ^ womit Ptolemäus und
Plutarch die jErgänzungstage bezeichnen, schreibt
Alfergani, der es für ein ägyptisches hält, LUc^t
abiigomena. Nach La Groze nennen die Kopten diese
fünf Tage Pi abot enkugi, den kleinen Monat, und
hiervon ist das arabische ^^aaao!! j^^\ el-schehr el-saghir
in dem von Seiden ans Licht gezogenen, arabisch abge-
fafsten, Festkalender der Kopten die UebersetzuDg^).
Scaliger behauptet'), die Epagomenen wären yon
den alten Aegyptem Nesi genannt worden und fahr-
ten diesen Namen bei den Kopten noch jetzt. Sal-
, masius^), der ihm beipflichtet, übersetzt dies durch
dies assumpticii. Jablonski^) dagegen ist der Hei-
^) Seiden theilt in seinem Werke de Synedriis hUl, c. 15
zwei Verzeichnisse der koptischen Feste in arabischer Sprache
mit. Das ei*ste legt er dem Araber Abu*laibsan Achmed
Calcasendi bei. Das zweite ungleich ToUstandigere gehört
einem ungenannten Chiisten an^ und findet sich am Schlüsse
einer im Jahr 1286 n. Chr. geschriebenen arabischen üeber-
setzung der Evangelien. Beide sind nach dem koptischen Kalen-
lender geordnet. Das letztere hat Ludolph seinem äthiopischen
beigefügt (2, 436).
') Emcnd, temp. 1. m. p. 19^.
') Epist. LX.
*) Opuscula ed. Te Water Tom. I. p. 160.
606 Technische Chronologie.
nung, clafs das Wort Nesi erst von den Arabern zu
den Kopten übergegangen sei. Die Araber nennen näm-
lich die fünf Ergänzungstage der Aegypter und Perser,
5o wie den bei ihren heidnischen Yor&hren gebräuch-
lichen Schaltmonat (2, 497), El-nesi. Es ist auch wirk-
lich viel wahrscheinlicher, dafs die Kopten dieses Wort
von den Arabern, deren Sprache allmählig ganz die
ihrige geworden ist, angenommen haben, als dals es
die Araber aus dem Altägjptischen entlehnt haben soll-
ten. Noch andere arabische Benennungen für jene
Ergänzangstage sind vJl>t^! el^lawdhik, adhaerenies,
IkXjtJ! el^Z€ude, redundantes , und ä3^X*mI! e/-mu5te-
mAe, fiirtivi. Letzteres haben die spätem Griechen
durch xX.07n|Luui» übersetzt').
Dafs die diocletianische Acre von den Kopten
die Märtyreräre genannt werde, ist oben (1, 163;
2, 436) schon bemerkt worden. Hievon ist das ^^b
li>kfAMJt tänch el-schohada der Araber die Ueberselzung.
Diese Benennung kommt nicht selten vor, z.B. beim
Almakin, wenn er von seinen Glaubensgenossen, den
Christen, spricht. Noch gewöhnlicher findet sich ;^^
JaAfiit tdrich el-kebt, Aere der Kopten, und ^^b
(jM^LJbddv> tdrich dikle^änus, Aere des Diocletian.
Von den arabischen Astronomen, die zu. grolserer
Bestimmtheit ihre Beobachtungen nach mehr als einer
Aere zu datiren pflegen, ist meines Wissens der in
Aegypten lebende Ebn Junis der einzige, der sich
der diocletianischen bedient. Alfergani und Albat-
ta ni erwähnen zwar die Monate aber nicht die Aere
') Golius zum Alfergani p. 45.
Araber. 507
der Kopten^). Abu'lhassan Kusch jar und Ulug
Begh zählen sie nicht tu den in der Astronomie ge-
bräuchlichen, wohin sie nur die arabische, persische
und syrische lechnen.
Dagegen kommt sie £ist in allen Takwims (19 74)
der Morgenländer vor, z.B. in dem, welchen Matthias
Friedrich Beck unter dem Titel: Ephemerides Persa-*
mm per totum annum iuxta epochas celebriores orien^
tis, Alexandreamy Christi, DwcleUani^ Hegirae, Jesde-
girdicam et Gelalaeam bekannt gemacht und erläutert
hat (Augsb. 1696, fol.) Hier wird der Adar des 1999slen
Jahrs der seleucidischen Acre, d. i. der März a. St. un-
sers Jahrs 168S, richtig yerglichen mit dem Bermehät
des i404ten Jahrs (j^^Ld^ «tOwp jt ez ahdei Dikjänus,
seit der Inauguration des Diocletianus (der
Name ist, wie man sieht, yerstümmelt). Hr.Nayoni')
hatte einen türkischen Kalender vor Augen, worin eben
so richtig der Adar 2120 oder der März a. Sl 1809 mit
dem Bermehät 1525 zusammengestellt war.
In allen solchen Kalendern sind den Datis des
arabischen Mondjahrs die des syrischen und koptischen
Sonnenjahrs beigesetzt. Man begreift leicht, dals die
Moslemen, wenigstens aufser den Grenzen Arabiens,
das Sonnen jähr nicht entbehren können und dafs sie
genöthigt sind, zwischen demselben und ihrem Mond-
jahr immerwährende Yergleichungen anzustellen* Dies
*) Das 32ste Kapitel der Scientia stellarum des letztem ist
chronologischen Inhalts, aber in der lateinischen üebersetzung^
die davon allein gedruckt ist, auf eine barbarische Weise ent-
stellt. Das Original scheint nicht mehr zu existiren.
') Fundgruben des Orients B.IY. S.57.
608 Technische Chronologie.
wird mehr als sonst irgendwo in einem Lande, wie
Aegypten, der Fall sein müssen, dessen ganze Exislenz
durch die periodischen Ueberschwemmungen des Hils,
also durch das Sonnenjahr bedingt wird« Im ersten
Bande der Notices et extraits werden yon Hm. Sil-
yestre de Sacy Auszüge aus der ägyptischen Ge-
schichte des in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahiv
hunderts lebenden Schemseddin Mohammed gege-
ben. In diesem findet sich ein Ruralkalender , worin
der Wechsel des natürlichen Zustandes des Landes
durch alle Monate des koptischen Jahrs verfolgt, z. B.
der Aufgang des Sirius,' der den Aegyptem noch jetzt
von Wichtigkeit sein mufs, auf eben das Datum ge-
setzt wird ^), an welchem ihn die alten Aegypter
beobachtet haben , nämlich auf den 26. Epiphi oder
20. Julius a. St. (1, 129). Hierdurch bestätigt sich, was
Niebuhr in seiner Reisebeschreibung sagt'), dais
sich die Aegypter bei ihren Beobachtungen über das
Wachsthum des Nils noch immer nach dem koptischen
Kalender richten. In Makrizi's noch nicht vollstän-
dig gedruckter Beschreibung Aegyptens kommt ein
Kapitel unter dem Titel ^\ )iJs>\^ iuUJl ^>j>s\j SS
Äx>.jt]t xJ^t iuUJt Reduction des Sonnenjafars
auf das arabische Mondjahr vor, wovon mir Hr.
Freytag bei seinem Aufenthalt in Paris eine Abschrift
zu machen die Gefälligkeit gehabt hat. Das Sonnen-
jahr heifst hier )L^\j^ charädschije , von ^)p- cha-
rädsch, Grundsteuer, weil die Zahlung derselben
von den Jahrszeiten abhängig ist. Das Mondjahr führt
'} S.263.
') Tb. LS. 125.
Araber. 509
den Namen äJ^ hildlije, weil es' durch die Mond-
phasen — S^ hildl-^ bestimmt wird. Die eigentlichen
Benennungen für Sonnen* und Mondjahr sind ÄJuJt
ÄAMMi^t el'sana el-schemsife, und )uj4Jii\ iuUJt el-sana
el-kamarije, von ^j*^ schcms^ Sonne und ^^ kamar
Mond.
Die syrischen Monate heifsen bei den Arabern
gewöhnlich m^J\ .^^^ schuhur el-rum, Monate der
Römer (1,454). Die Namen derselben (1,430) lau-
ten beim Ulug Begh^) wie folgt:
J^^t er?j^' Tischrtn el-awwel
:>^l ey^r^' Tischrtn el-accher
J^^t ^^1^ KiLnun el-awwel
>^l ^^1^ Känun el-accher
^Uä Schebät
j\ii\ Adär oder Adsär
Ntsän
j\j\ Ijär oder Ajar
qU» HaztriLn
jj^ Tamüz
' vt Ahb
J^J Eil AI.
Für el-accher^ der letztere, findet sich beim Alfer-
gani') el-tlidni, der zweite. Man sieht, es sind
dies die den Syrern eigenthümlichen Namen, nicht die
ihnen von den Maoedoniem zugefiihrten. Der Gehalt
der Monate ist bei den Arabern, wie bei den Syrern,
ganz der der julianischen vom Oktober an gerechnet,
wie schon aus der unbedingten Zusammenstellung des
*) Epochae celebriores p. 17.
') 5.3.
610. Technische Chronologie.
Schebat mit dem Februar beim Alfergani erhellet.
Er sagt, das Jahr, worin der Schebat 29 Tage habe,
heifse jUmu^ kebise, Schaltjahr. Der Parallelismiis
gilt aber blofs yom alten Kalender; der neue ist den
Moi^nländem fremd. So ist der heutige 24. Oktober
neuen oder 12. Oktober alten Stils der 12. Tischrtn
el-awwel.
Der eben gedachte Astronom unterscheidet nach
einem ihm eigenthümlichen Sprachgebrauch unter j^^^
^^^LdwJt schuhdr el-sirjantjün, Monate der Syrer
und ^•i^^j^^i^ schuhdr el-rüm, Monate der Römer.
Beides sind ihm .die julianischen, zuerst unter ihren
syrischen eben angeführten Benennungen, und dann
unter den romischen (j^^|^. Januarius^ ^j,*^j\^jas
Februarius u. s. w* Die Araber nehmen von diesen
römischen Namen sonst keine Notiz.
Zugleich mit den Monaten der Syrer gebrauchen
sie auch häufig die Hauptära derselben, die seleuci-
diso he. Sie nennen sie ^•^J] ^Js tdrich el-rum, Acre
der Römer, wofür der persisch schreibende Ulug
Begh ^3^ ^n^Ij tärichi rumi, römische Acre sagt,
oder .JüXmI ^^b tdrich Iskender, Acre Alexanders,
oder ^^yüt ^J ^^b' tdrich di oder dsi ^Ikamain, Aere
des Zweigehörnten, was wieder so viel als Aere
Alexander's heiüsen soll. Alexander fuhrt nämlich
im Koran*) den Namen ^^^\ ^S der Zweige-
hörnte, entwedier weil er als angeblicher Sohn Jupiter
Ammons auf den Münzen gehörnt abgebildet worden
ist, oder weil er, wie sich Abu'lfaradsch ausdrückt').
* ) Sure XYin^ t. 85 ff. Yergl. die Anmerkung von H a r a cc i.
*) l>ynast.yi,p,96.
Araber. Sil
im Besitz der beiden Homer der Sonne, des Orients
und Oocidents, war. Ob übrigens die Benennung Aere
Alexander's auf einem chronologischen Mifsgriff be-
ruht, oder ob sie schon von den Seleuciden in summi
ducis et victoris memoriam ac honorem, wie Golius
meint ^), gebraucht worden ist, sei dahingestellt. Meh-
rere Orientaler sind durch sie verführt worden, die se-
leucidischen Jahre vom Regierungsantritt oder von
der Expedition Alexander's zu datiren'). Das
Wahre findet sich beim Abu'lfaradsch und Ulug
Begh. Die Worte des erstem sind bereits oben (1,449)
angeführt worden. Der letztere sagt^): 9,Die seleuci-
,,dische Aere hebt zui'ölf Jahre nach dem Tode Alexan-
,,der's, des Sohns des Philippus, des Griechen, an."
Dafs die arabischen Astronomen, namentlich Ebn
Junis, neben andern Zeitrechnungen auch die syrische
gebrauchen, ist schon bemerkt worden. Die Kalender-
macher im Orient ei^angeln nie, dieselbe mit der ara-
bischen zu vergleichen. Hieronymus Welsch hat
einen immerwährenden, nach den syrischen Monaten
geordneten, Kalender in Kupfer stechen lassen, und
mit einem sehr gelehrten Commentar versehen, der
alles mögliche, nur nicht den Kalender selbst erläu-
tert, von welchem er nicht einmahl eine lateinische
') Zum Alfergani S. 57.
') Z.B. Mesudi in dem Ton De Guignes im ersten Bande der
Notices et extraiis gegebenen Auszüge aus seinen s^^^t Z^J^*
goldenen Wiesen,, S. 31, und der Verf. der von Beck heraus-
gegebenen Ephemeride.
') A.a.O.
512 Technische Chronologie.
Uebersetzung gibt^). Einen andern ganz ähnlich ein-
gerichteten Kalender hatte Beck yor Augen. Er theill
daraus einen Monat im Original und in der Ueber-
setzung mit^).
*) Commentarius in Rusname Naurus sive tabulae aequi-
noctiales novi Persarum et Turcarum anni. Augsburg 1676, 4.
Ueber die Unwissenheit des Herausgebers macht Hr. de Sacy sehr
gegründete Bemerkungen. Journal des Savans 1816, p. 242.
^) Ephem. Fers. p. 2.
Neunter Abschnitt.
Zeitrechnung der Perser
#WWW^W^M«
D
le Perser gebrauchen heut zu Tage mit allen übri-
gen Bekennem des Islams die arabischen Monate und
die Aere der Flucht. Von einer eigenthümlichen Zeit-
rechnung konnte bei ihnen nur in der frühem Periode
ihrer Selbständigkeit die Hede sein, vor dem Unter-
gange der Dynastie der Sassaniden im siebenten Jahr-
hundert nach Christus. Aus diesem Zeitraum sind von
ihnen keine schriftliche Denkmälei* vorhanden, einige
von Herrn Silvestre de Sacy in seinen Mimoires
sur diyerses Antiqidtis de la Perse erklärte Steinschrif-
ten und 2um Theil vieUeicht die durch Anquetil du
Perron aus Indien gebrachten Zendbücher ausge-
nommen, welche jedoch über chronologische Gegen-
stande keine Auskunft geben. Wir werden also, wenn
wir uns über die 2ieitrechnung der alten Perser unter-
richten wollen, die klassischen Schriftsteller, und falls
uns auch diese ohne Belehrung lassen sollten, die ara-
bischen und neupersischen zu befragen haben.
Bei den erstem findet sich in der That nichts
weiter hieher Gehöriges, als folgende gelegentlich an-
gebrachte Notiz beim Gurtius^): Magi proximi (im
•) m,3,9.
n. [33]
614 Technische Chronologie.
Heereszuge der Perser) patrium carmen canebant. Man-
gos trecenti et sexaginta quinque iuvenes sequebeintur,
punicis amicuUs Dclati, diebus totius anni pares nu--
mero; quippe Persis in totidem dies descriptus est an-
nus — eine Stelle, auf die ich unten surückkom-
men werde.
Bei diesem Mangel an Nachrichten gleichzeitiger
Schriftsteller sehen wir uns auf die mohammedanischen
beschränkt. Der älteste, welcher von einer eigenen
persischen Zeitrechnung redet, scheint der im Anfimge
unsers neunten Jahrhunderts unter dem Ghali&n AI-
mamon lebende arabische Astronom Alfergani zu
sein. Er berichtet uns im ersten Abschnitt seiner
•
Sternkunde^), dals die Perser ein bewe^^ches Jahr
TOn 365 Tagen hatten, das aus zwölf drei&igtägigen
Monaten und fünf Ergänzungstagen bestand, dals ktz-
tere zwischen den achten und neunten Monat einge-
schoben wurden, da{s jeder Monatstag seinen eigenen
Namen führte, un^ dafs die Jahre von der R^ierung
Jezdegird's, des letzten sassanidischen Königs, ge-
zählt werden.
Von dieser Zeitrechnung, die sich durch eine be-
sondere Einfachheit empfiehlt, haben die meisten ara-
bischen Astronomen bei ihren Beobachtungen und in
ihren Tafeln Gebrauch gemacht, zumahl da sie der
altägyptischen, an die sie durch den Almagest des
Ptolemäus gewöhnt waren, analog ist. Um sie der-
selben noch analoger und zugleich geschmeidiger zu
machen, versetzte man späterhin die Ergänxunfptage
an den Schluis des Jahrs. Hier &nden sie Ulug
') S.4 und 6.
Perser. 615
Begh^) und Schah Choldschi^) im fünfzehnten
Jahrhundert, die letzten namhaften Astronomen des
Orients.
Wir wollen sogleich die Terminologie und das Tech*
nische dieser für die Geschichte der Sternkunde wichtig
gewoixlenen Zeitrechnung kranen lernen. Die Namen
der Monate und die Summen der am Ende eines jeden
yerflossen^n Tage des Jahrs sind folgende^):
0*^^3> 1) Ferwerdln. 30
vi^wj^fj^t 2) Ardbehescht 60
6\c^j:> 3) Chordäd 90
jf^i 4) Ttr 120
6b^ 5) Mordad 150
jjij^ 6) Schartr 180
j^ 7) Mihr 210
Ji\ 8) AbÄn 240
Ergänzungstage.. 245
jS] 9) Ader oder Adser. . . 275
^o 10) Dei 305
^y^ 11) Bahmen 335
J^twXAA^t 12) Asfendärmed 365
Werden die Ergänzungstage ans Ende des Jahrs
gesetzt, so ändern sich die Tagsummen vom neunten
Monat an auf nachstehende Weise:
^) Epochae celebriores p. 23.
') S. das Fragment seiner Tabulae universales, welches Hyde
in seiner Historia religionis veterum Persarum S. 204 mitUieilt.
'} Die Namen lauten hier so, wie sie sich bei den Arabern
Alfergani und Ebn Junis finden. Es kommen mehrei*e Va-
rianten vor. Für MordAd steht im Zend-Aresta Amerdad.
Für Asfendl^rmed findet sich auch ü^.tcXJlÄMf Sefendärmed
und cX^kXä^ Sependdrmed. LeUtere Schreibart ist die
persische.
[33*]
616 Techniscfie Chronologie.
9)^ Ader 270
10) Dci 300
11) Bahmen 330
12) Asfendärmed 360
Ergänzungstage. . . 365
Die bei den 8emiti5che]i Völkern gebräuchliche und
von ihnen zu uns übergegangene Eintheilung der Zeit in
Wochen kannten die alten Perser nicht. Sie gaben da-
für einem jeden Monatstage seinen eigenen Namen, der
beim Datiren gewöhnlich statt der Zahl des Tages gesetzt
wurde; wenigstens findet es sich so bei den orientali-
schen Astronomen. Diese Namen sind folgende *) :
j^ 1) Hormuz j^ 16) Mihr
^^y^ 2) Bahmen ^^y** 17) Serusch
s:;^J^jj^^t 3) Ardbehescht o^^ 18) Resch
y^ 4) Schahrtr XT^j^^ ^9) Ferwerdln
J^^tvXJvÄdw^l 5) Asfendirmed ^t^ 20) Bahram
ob^ 6) Choi-dad ^\j 21) Räm
i\:>jA 7) Moi-dad oL 22) Bad
yUp 8) Deibader o:^^^ 23) Deibadtn
yT 9) Ader ^ 24) Dln
^LT 10) AMn Oj\ 25) Aid
11) Chor iU^t 26) Ascht&d
»U 12) mh oUJ 27) Asman
ji^i 13) Tir ^\^\j 28) Z4mj4d
'• — .14) Dschusch OUÄ*^U 29) Mäiesfend
-.^.- 15) Deibamihr qLoI 30) AnIrin.
*) Ich gebe sie so, wie sie beim Alfergani lauten. Für
Hormus findet sich auch ^j^^ Hormuzd oder ^y^\^ Or*
muzd. Für Chor und Resch steht im Zend-Aresta Ghor->
schid und Raschne-Rast. Für \^ßtyS> schreiben die Pener
\Jft^ gusch, noch andere Abweichungen nicht xu gedenken.
Perser. 517
Man sieht, daft unter den Namen der Honatstage
die der Monate wiederkehren. Um Yerwechslungen zu
yerhüten, verband man die übereinstimmigen Namen
gewöhnlich mit den Wörtern vU mdh, Monat, und
jw^j ruz, Tag. So bezeichnet gUoi.\j)y Ferwerdtn-
mäh den ersten Monat, und jj^^^Ap^^^ Ferwerdtnriiz
den neunzehnten Tag des Monats. Mit Ausnahme von
Hör m uz und Dei, Prädikaten des höchsten Princips
des Guten, sind sämmtliche Namen der Monate, so wie
der Monatstage, von den Izeds oder Genien entlehnt,
die nach Zoroaster's Religion das Reich des Hor-
muz bilden und den einzelnen Monaten und Tagen
vorstehen^). Deibäder, Deibamihr und Deiba-
dln sagen so viel als Dei, auf welchen Ader, Mihr
und Dtn folgen. Bemerkenswerth ist es, dals der
erste, achte, fünfzehnte und dreiundzwanzigste Tag in
fast gleichen Intervallen mit dem Namen des höchsten
Wesens bezeichnet sind. Diese Einschnitte geben eine
wochenähnliche Eintheilung. Jeder Tag war in dem
Monat, dessen Namen mit dem seinigen übereinkam,
ein Festtag, z.B. der neunzehnte des ersten Monats,
der zweite des elften u. s. w. ')
Die Ergänzungstage werden von den Arabern und
arabisch schreibenden Persem , eben so^ wie die ägypti-
schen (2,506), m^XmmJI el-musterake, die verstohl*
nen, genannt, und von Alfergani mit dem persi-
schen, ganz dem griechischen hrayoiuveu entsprechenden,
*) S. Darstellung des Lehrbegriffs der alten Perser.
Zcnd-Avesta, nach Kleuker's Bearbeitung, Th. I. S. 15 ff.;
▼ergl. mit Th. ü. S. 2S6 ff.
') S. das Fragment des Nidam -eddin bei Golius. Zum
Alfergani S. 40.
618 Technische Chronologie .
Worte oUl>^Oüt enderdschähdt bezeichnet'). In dem
Buche Izeschne der Panen heifsen die Ergänzungs-
tage Ferwardian '). Nach Alfergani wurden die
eehn Tage vom 26. Aban bis zum Schlufs der Ergän-
zungstage iML?\P);)y FerwerdtdBchftn genannt. Nach
einem Gtat bei Hyde ^j sind sie von den alten Per-
sem festlich begangen worden. Auch die Ei^ilnsangs-
tage hatten ihre eigenen Namen, die sehr verschie-
den geschrieben vorkommen» Beim Alfergani lau-
ten sie also:
Jü^t 1) Ahnud
Oül^t ^ Aschnud
i\ ^) Asfendmed
:>! 4) Achschuter
c>49 y^i^^j^^ S) Wahescht wascht^),
mit überall hinzugesetztem 8L>. dschäh, welches für das
persische »l^ ghäh, Zeit, steht.
Die Aere, deren sieh die orientalisehen Astrono-
men bedienen, so oft sie nach persischen Monaten da-
tiren, ist die jezdeg irdische, ^j=>^jJi ^^ tdrichi
jezdegird^)^ auch, zugleich mit d^r ganzen Zeitrech-
•• A
*) Eigentlich qL^u^uXjI endergähän, Jtempora insiticia.
*) Zend-Avesta Th. I. S. 107.
') S.248.
*) Den letztem Namen gibt Golius in seiner üebersetzung
blofs durch Wahescht, und in eben dieser Form erkennen ibn
Meninski und Richardson in ihren Wörterbüchern an. Aber
auch Abu*lhassan Kuschjar hat (S. 9 der herl. Handschrift)
vA»i^^^XA.^^ was nach den beigesetzten Yokalzeichen Wahisch-
tauschet auszusprechen ist.
') Ich sage Jezdegird, nicht Jezdedschird, der persi*
sehen Schreibart '^ß'^jh gemafs.
r Perser. 519
nung, y^UII ^^b tdrich el-fdrs oder ^^^ ^b' tdrtclü
fdrsif die persische, genannt. Sie nimmt mit dem
Regierungsantritt Jezdegird-s, nicht, wie Scaliger,
Petavius und andere irrig sagen, mit seinem Tode
ihren Anfang.
Jezdegird, der dritte seines Namens, Sohn des
Scherijar und Enkel des Chosru Perwis, gelangte
im Jahr 632 unserer Zeitrechnung auf den Thron der
Sassaniden, den innere Zerrüttungen längst erschüttert
hatten, und den er daher auch nur kuree Zeit gegen
den fanatischen Eroberungseifer der Mohammedaner zu
behaupten vermodite. Im Jahr 15 .der Hedsdira oder
636 n. Chr. verlor er durch die enischeidende Schlacht bei
Kadesije seine Hauptstadt Mad4in mit dem gröfsten
Theil seiner Staaten. Er irrte noch mehrere Jahre in
den Provinzen am Oxus umher, bis er 651 durch
Meuchelmord seinen Tod fand. Die Perser waren un-
terdessen von den Siegern zur Annahme des Islams ge-
zwungen tvovden. Der Feuerdienst befaidt nur noch
wenige unter Druck und Verachtung lebende Anhän-
ger, deren Abkömmlinge, die sogenannten Parsen oder
Gebern, ihm noch jetzt im südlidien Persien und im
westlichen Indien huldigen.
Hyde^) und Anquetil') versichern, dafs nach
dem Zeugnisse der orientalischen Gesdiichtschreiber
Jezdegird am Tage Hormuz im Monat Ferwerdln des
ersten Jahrs der nach ihm benannten Acre, also gerade
mit dem Anfange derselben, zur Regierung gelangt ist«
') S.186.
') Untersuchungen über das Zeitalter Zoroaster'f.
Zend-Avesta, Anhang B.I. Abth. I. S.356.
520 Technische Chronologie,
Abu'Ihassan Kusch jar sagt: ,,Die Epoche der per*
yysischen Aere trifft auf einen Dinstag, und zwar auf
,,den ersten Tag des Jahrs, worin Jezdegird König
,, geworden ist. Es war dies der 22. Rebt el-awwel
,,des elften Jahrs der Hedschra oder der 16. Haziran
,,des 943sten Jahrs der seleucidischen Aere" ^). Die
Reduction gibt den 16. Junius 632 unserer Zeitrech-
nung. Auf eben dieses Datum führt die Angabe des
Alferganii dals der Zwischenraum zwischen den sehr
genau bekannten Epochen Nabonassar's und Jezde-
gird's 1379 persische Jahre und 3 Monate betragen
hat| mehrere ähnliche Bestimmungen bei Uiug Begh
und andern nicht zu gedenken.
Da nun die Epoche der persischen Aere und die
Form der Jahre, nach denen sie zählt, bekannt ist,
so kommt es auf eine Regel an, nach der wir ein
persisches Datum auf unsere Zeitrechnung zu redud-
ren haben.
Man multiplicire die Zahl der verflossenen persi-
schen Jahre mit 365, und addive zum Produkt sowohl
die Tagsumme der abgelaufenen Monate des gegebenen
Jahrs, als die Tage des laufenden, nebst den 23063&
Tagen, die vom Anfange unserer Aere bis auf den
16. Junius 632, der Epoche der persischen, verflosKn
pJJüJ ^JJ isiU ^^ ^jfJOj\^ v£iJß iU-.. S.8 der bcrw
liner Handschrifl. Das eingeschlossena Wort habe ich aus Go-
litts Amnerkongen zum Alfergani ergänzt, wo S. 30 die Sldle
mit einigen Varianten angeführt wird.
Perser. 521
sind, weldie Zahl wir die Absolutzahl nennen wol-
len. Die Summe gibt eine Anzahl Tage, welche aut
unsere Jahre und Monate zu bringen sind. Es sei z.B.
der 22. Adermäh des Jahrs 346, an welchem Ebn Ju^is
eine SonnenGnsterniis beobachtet hat'), zu redudren.
Die Rechnung steht also:
345x365 » 125925
Tage bis zum Ader s= 245
Tage im Ader . . . . ss 22
Absolutzahl . . . = 230639
Summe = 356831
Wird diese Zahl durch 1461 , die Tagsumme einer
vierjährigen julianischen Schaltperiode, diyidirt, so er-
hält man
zum Quotienten . • • • 244
und zum Rest •••••• 347«
Der Quotient mit 4 multiplidrt gibt 976. Man hat
also 976 verflossene Jahre und 347 Tage des 977sten ;
die Beobachtung ist mithin (1,103) am 13.Decem-
ber 977 angestellt worden, an welchem sich auch wirk-
lich eine Sonnenfinsternifs ereignet hat. Hr. Caussin,
der Uebersetzer, schreibt den 12. Deoember, wozu ihn
das beigesetzte arabische Datum verleitet hat. Es muÜs
aber offenbar der 29. Rebt el-accher des Jahrs 367 der
Hedschra statt des 28sten gelesen werden, wie auch
der zugleich bemerkte Wochentag lehrt, der ein Don-
nerstag gewesen sein soll. Da nämlich die Epoche der
persischen Acre ein Dinstag ist, so darf man nur die
Zahl der von ihr abgelaufenen Tage durch 7 dividie-
ren, wo dann
*) Notices ei extraits Tom.YII. p. 179.
522 Technisc/ie Chronologie,
zu den Resten 1, 2, 3, 4, S, 6, 0
die Ferien 3, 4, 5, 6, 7, 1, 2
oder cf» 5t 2|., 9, t?, Oi ü
gehören. In vorliegendem Fall gibt 126192 durch 7
dividirt den Rest 3; der Wochentag ist mithin der
Donnerstag«
Bei dieser Beobachtung gibt Ebn Junis blois das
arabische und persiche Datum an. Nicht seilen nennt
er auch das syrische und ägyptische, z. B. bei der Con-
junction des Jupiter und Saturn, die er zu Kahira Frei-
tags den 23. Safar des Jahrs 398 der Hedschra, den
28. Abänmfth des Jahrs 376 des Jezd^rd, den 7* Tisch-
rin el-accfaer des Jahrs 1319 des Zweigehömten und
den 10. Hatur des Jahrs 724 des Diokletian beobachtet
hat'). Der 7.1'ischrin el-accher des Jahrs 1319 der
seleucidischen Acre ist der 7* November 1007 n. Chr.
und man findet nach den im Obigen voi^etragenen
R^ln leicht, dals eben diesem Tage auch die übrigen
Data entsprechen und dafs der Tag der Beobachtung
ein Freitag war.
Wollte man umgekehrt ein Datum der christlichen
Aere auf die persische bringen, so würde man von der
Gesammtzahl der Tage der erstem die Absolutzahl 230639
abzuziehen und den Rest auf Jahre und Monate der letz-
tem zu bringen haben. So findet man, dafs der 1. Ja-
nuar des gegenwärtigen Jahrs 1825 der 13.Mord4dmah
des 1194sten jezdq;irdischen bt«
Greaves gibt in seiner schätzbaren, mit grofser
Genauigkeit gearbeiteten Yergleichungstafel der v<Mmehm-
sten orientalischen Acren, die er seiner Ausgabe und
*) S.238.
Persea» 523
Uebersetzong der Epochae celebriores des Ulug Begh
angehängt hat (2, 489), auch die Reihe der persischen
Jahre mit Bemerkung des julianischen Datums und der
Ferie des Neuriiz.
Beim Gebrauch der oben <2, 515) gegebenen Mo-
natstafel muls man wissen, ob der Astronom, der ein
persisches Datum angibt, die Ergftnzungstage ans Ende
des achten oder zwölften Monats setzt Von Ebn Junis
gilt das erste. Golius führt nämlich aus ihm eine
Beobachtung der Schiefe der Ekliptik an, weldie ,,im
,,237sten Jahr des Jezdegird am dritten der fünf am
,,Abinmäh hangenden Tage" gemacht worden ist^).
Die ReduGtion gibt den 16.Deeember 868 n.Chr.
Hier ist noch die Frage zu beantworten, mit welcher
Tagszeit die alten Perser ihren bürgerlichen Tag —
in ihrer Sprache j^yUä schebänräz — angefangen ha-
ben. Eine bestimmte Angabe findet sich hierüber nicht.
Da aber Ulug Begh sagt^), dafs die Astronomen
seines Reichs den Tag mit dem Mittage, die Araber
und übrigen Mohammedaner mit dem Abend und die
Nichtamber mit dem Morgen anfingen, so mufs er bei
den letztem Wol zunächst an die Perser gedacht haben,
die ihm so nahe waten und in deren Sprache er schrieb.
Dies ist um so wahrscheinlicher , da sie vor Annahme
des Islam Anbeter der Sonne waren. Es leidet daher wol
keinen Zweifel, dafs die alten Penser ihren bürgerlichen
Tag, wie Plinius vo|i ihren Nachbarn den Babylo-
niem versichert (1, 100), inter duos solis exortus ge-
nommen haben.
^) Noten zum Alfergani S. 68.
^> Epochae eelebr, S. 3.
*
r
i
524 Technische Chronologie.
Neben dem bisher beochrlebeneot beweglichen
Jahr finden wir bei den Persern seit dem elften Jahr-
hundert unserer Zeitrechnung ein festes Sonnenjahr
von ganz ähnlicher Form und gleichen Monatsnamen,
von wdchem, als einer merkwürdigen chronologischen
Erscheinung, ich hier so ausführlich handeln will, als es
die mir zu Gebot stehenden Hülfsmitlel erlauben * ).
Chardin sagt in seiner Reise nach Persien'):
,Als im Jahr 465 der Hedschra der Sultan Dschelal-
,eddin gerade am Tage der Frühlingsnachtgleiche znr
, Regierung kam, so nahmen die Astronomen seines
, Reichs daher Gelegenheit ihm vorzustellen, dals die
, Vorsehung dies so gefügt habe, damit er den uralten
, Gebrauch des persischen Volks, den Anfang des Jahrs
, durch ein Fest zu feiern, wiederhersteUen möge. Der
, König genehmigle den Vorschlag, und seitdem feiert
,man in Persien den Eintritt der Sonne in den Wid-
,der als ein bürgerliches Fest. Man nennt.es NeurAzi
jsukäni, das königliche Neujahr, um es von dem
, Neujahrstage des mohammedanischen Jahrs zu unter-
, scheiden. Die Astronomen begeben sich, prächtig ge-
, kleidet, in den königlichen Pallast oder in die Woh-
, nung des Statthalters ein paar Stunden vor dem Aequi-
,noctium, um den Augenblick desselben zu beobachten,
, welches mit dem Astrolabium an einem erhabenen
,Ort geschieht, und auf ihr gegebenes Zeichen Islst
,man Artilleriesalven und eine rauschende Musik
*) Zu diesen zahle ich nicht Ludovici du Four de Lon-
guerue Abhandlung De anno Persarum, die sich in seiner
Sammlung chix>nologi8cher Abhandlungen (1,394) findet. Es ist
eine ziemlich gehaltlose Gompilation aus Golius und andern.
') Tom. n. p. 263 d. n. A. Schon von S. 2iB an su
Perser. 525
,, tönen. Das Fest dauert gewöhnlich drei Tage, am
,,Hofe acht, und es ist das einzige, das man aufser
,,den am mohammedanischen Kalender haftenden reli-
,,giosen feiert."
So weit Chardin. Dafs den Persem der sulta-
nische Neurüz ein Volksfest sei, versichern mit ihm
übereinstimmig alle übrigen Reisebeschreiber. Was aber
das Factum betrifft, das zur Einfuhrung oder Wieder-
emeuerung dieses Festes Anlais gegeben haben soll, so
erscheint es aus dem Grunde zweifelhaft, weil die nach
dem Sultan Dschelal-eddin benannte Acre erst einige
Jahre nach seiner Thronbesteigung ihren AnÜEing ge-
nommen hat.
Abu'l-fetah Melek- Schah, Sohn des Alp
Arslan, von seinen Unterthanen unter dem Namen
Dschelal-eddaulet we eddin, Glorie des Staats
und der Religion, proklamirt, war der dritte Sul-
tan aus der Dynastie der Seldschuken von Iran,
die von 429 bis 593 der Hedschra über den gröfsten
Theil des jetzigen Persiens und einige benachbarte Län-
der geherrscht haben. Seine Staaten reichten von An-
tiochien bis Urkend in Turkistan. Er gelangte im
Jahr 465 der Hedschra oder 1072 n. Chr. zur Regie-
rung, und starb im zwanzigsten Jahr derselben mit
dem Ruhm eines der ausgezeichnetsten Männer des
Orients, den er mit seinem bis auf diesen Tag von
den Dichtem und im Munde des Yolks gepriesenen
Yezier Nidam-elmuik theiltM.
Die Zeitrechnung, die nach ihm ^^L>- ^Ja tdrichi
dscheläli oder ^JüU meUki oder ,3LyU suUaiü heifst.
*) S. d'Herbelot Art. MaUksckah.
526 Technische Chronologie.
findet sich meines Wissens bei keinem orientalisdien
Schriftsteller ganz erschöpfend dargestellt. Die Um-
stände ihrer Einführung und ihres Gebrauchs liegen
fast ganz im Dunkel. Nur das Technische ergibt sich
ziemlich yolktändig, wenn man zwei von Golius^)
und Hyde^) mitgetheilte Fragmente des Kotb-eddin
und Schah Choldschi und das von ihr handelnde
fünfte Kapitel des Ulug Begh mit einander ver-
gleicht« Das Wesentlichste, was man hier findet, ist
Folgendes.
Acht Astronomen, unter denen Omar Alcheijam
auch als Dichter bekannt ist, vereinigten sich unter
der unmittelbaren Theilnahme des Sultans Dschelal-
eddin Melek-Schah zur Einführung einer neuen Zeit-
und Jahrrechnung. Zur Epoche derselben wählten sie
den 10. Ramadan 471 der Hedschra oder den 15. Adar
1390 der seleucidischen Aere oder endlich den 19. Fer-
werdlnmäh 448 seit Jezdegird, einen Freitag, d. i. den
15. März 1079 n.C!hr., den Tag des Eintritts der Sonne
in den Widder, und sie setzten fest, dafs der Neuruz
allemahl der Tag der Frühlingsnachtgleiche sein solle.
Die Jahre sind demnach wahre Sonnenjahre. Auch
die Monate sollten nach der ersten Bestimmung wahre
Sonnenmonate sein, indem man den Eintritt der Sonne
in jedes Zeichen, also die Dauer eines jeden Monats,
astronomisch berechnen wollte. Man &nd es aber fiir
die Verfertigung der Kalender bequemer, die Monate
cyklisch zu nehmen, indem man einem jeden 30 Tage
beilegte und die fünf überschüssigen Tage ans Ende des
') Noten zum Alfergani S.32.
') Hist. relig. vet, Pers. p. 209.
Perser. 527
zwölften Monats setzte. So kommt also die Form der
Monate mit der der alten persischen überein. Auch
ihre Namen behielt man bei. Zum Unterschiede fügt
man denselben die Wörter {«JcXd kadim, alt, und_J^L>-
dscheldli bei , z. B. Fenverdinmähi kadim und dsche-*
IdU. Von vier zu vier Jahren werden sechs Ei|;än-
zungstage gerechnet. Da aber der Ueberschufs des Son-
nenjahrs über 365 Tage keinen vollen Yierteltag aus-
macht, so läist man die Einschaltung, wenn sie eini-
gemahl hinter einander auf das vierte Jahr getroffen
ist, einmahl auf das fnnfte fallen.
Bei dieser Notiz drängen sich sogleich einem je-
den, der sie aufmerksam erwägt, folgende Fragen auf:
1) was gab Veranlassung, gerade das Jahr 1079 unse-
rer Zeitrechnung, das siebente von Melek-Schah's Re-
gierung, zur Epoche einer nach ihm zu benennenden
Aere zu machen? 2) Auf welche Weise hat man den
An&ng des Jahrs bestimmt, durch eine feste Schalt-
methode, oder durch jedesmahlige Berechnung der
Frühlingsnachtgleiche? 3) Welcher Gebrauch bt von
der ganzen Zeitrechnung gemacht worden?
Die erste Frage beantworten folgende Worte des
Schah Gholdschi: ,,Zur Epoche oder zum l.Fer-
,,werdtnmahi dschelMi des ersten Jahrs dieser Zeit-
,,rechnung hat man einen Tag gewählt, mit dessen
„Anfang die Sonne zum Frühlingspunkt gelangt ist,
,,und dieser Tag war der lO.Ramadin" *) u.s.w. Man
*) Im Text steht, wie die Yergleichung mit den übrigen Datis
zeigt, iiTig der 9*Ramadla, es sei demi, dafa Schah Gholdschi,
gegen die Gewohnheit der orientahschen Astronomen, die Epoche
der Hedschra nicht auf den 15ten, sondern auf den 16. Julius 622
gesetzt hat (2, 484).
628 Technische Chronologie.
sieht also, dafs die Epoche der dschelalischen Aere durdi
kein historischeSi sondern durch ein rein astronomisches
Factum bestimmt worden ist. Wie man den Augen-
blick der Frühlingsnacfatgleiche gefunden hat, ob durch
Beobachtung oder Rechnung, wissen wir nicht; vei^
muthlich auf letzterem Wege. Dem sei wie ihm wolle,
gewüs ist es, dafs sie sich im Jahr 1079 zu Ispahan,
der Residenz der seldschukischen Sultane, zu der Tages-
zeit ereignet hat, die dem Schah Choldschi höchst
wahrscheinlich für den Anfang des büi^rlichen Tages
der Perser galt (2, 523). Ich fiude nämlich nach den
delambreschen Sonnentafeln, dafs sie unter dem Meri-
dian dieser Stadt, 3 Stunden 18 Minuten östlich von Pa-
ris^), am 15. März um 6 U. 31' Morgens mittlerer Zeit,
also bald nach Aufgang der Sonne, eingetreten ist.
Nach Ulug Begh haben einige die Aere um drei
Jahre fi'üher, nämlich mit dem 5. Schaban des Jahrs 465
der Hedschra oder dem 13. März 1076, angefangen. Er
verwirft aber diese Bestimmung, und mit Recht; denn
die Friihlingsnachtgleiche, von welcher der Anfang der
Aere, so wie aller ihrer Jahre, abhängt, ti*af 1076 nicht
auf den 13ten, sondern auf den 14. März. Diese anf-
üllende Verschiedenheit zu erklären, dient eine Stelle
der Annalen des Abu'lfeda, wo es beim Jahr 467
der Hedschra heilst'): ,,In diesem Jahr setzten Melek-
„Schah und Nidam-elmulk mit Zuziehung meh-
,,rerer Astronomen den Neuruz auf den Eintritt der
*) Nach John Macdonald Kinneir*s Geographicül me-
moir of the Persian Empire (London 1813) liegt Ispahan 51*
50' östlich Ton Greenwich, was den obigen Zeituntenchied gibt.
*) Tom. m. p. 236.
Perser. 529
) Sonne in den Widder, da er vorher der Mitte der
, Fische entsprochen hatte. In eben diesem Jahr grün-
,dete der Sultan mit grofsen Kosten die Sternwarte^),
,bei dei^n Eim-ichtung er mehrere geschickte Männer,
, unter andern den Ibrahim Alcheijam, den Abu
,Modaf£er Isfarani (vielleicht Isfahani) und Mai-
,mun Ben Nadschib aus Waset zu Rathe gezogen
, hatte. Sie bestand bis zum Tode des Sultans im
,Jahr 485, wo sie einging/' Man ersieht hieraus,
dafs, während einige die Acre im Jahr 471 begannen,
Yto die Sonne bald nach ihrem Aufgange in den Wid-
der trat, andere ihre Epoche ein paar Jahre zurück-
setzten, nämlich bis zur Vollendung der von Melek-
Schah errichteten Sternwarte. Offenbar ist die erste
Eestimmungsart dem Geist der ganzen Zeitrechnung an^
gemessener, daher sie auch die allgemeinere geworden
ist. Statt des Jahrs 468 beim Ulug Begh nennt hier
Abu'lfeda und mit ihm Ebn Schonah bei d'Her-
belot^) das Jahr 467« ob durch einen Irrthum, oder
ob es gar ditsierlei Bestimmungen des Epochenjahrs gab,
läfst sich nicht entscheiden. Vielleicht fand die Ver-
sammlung der Astronomen im Jahr 467 Statt, in Folge
deren der Neuriiz »"St 468 auf den Eintritt der Sonne
in den Widder gesetzt werden sollte, wofür man nach-
her aus astronomischen Gründen das Jahr 471 nahm.
Dals der altpersische Neuniz keinesweges immer auf der
Mitte der Fische haftete, wie es Abu'lfeda anzudeuten
scheint, sondern nur gerade zur Zeit der Einführung
') Für iX^ scheint \XfOjA gelesen werden zu müssen.
^) An.Mociadi\
n. [341
630 Technisclie Chronologie.
des dschelalischen Jakrs, bedarf kaum einer Erinncniiig.
Das bewegliche persische Jahr fing damals mit dem
25. Februar au*
Was zweitens den Punkt der Einschaltung be-
trifft, so läfst sich wol nach der Art, wie sich KLotb-
eddin, Schah Choldschi und Ulug Begh dariiber
äufsem, nicht bezweifeln, dafs der Anfang des Jahrs ur-
sprünglich cyklisch, nicht astronomisch, bestimmt woiv
den ist. Der erste sagt: ,,Man ist darin iibereinge-
,, kommen, dals.die Einschaltung eines Tages, wenn sie
,, sieben oder achtmahl hintereinander Im vierten Jahr
,, Statt gefunden, einmahl auf das fünfte treffen soU.^'
Heiist dies, man hat erst siebenmahl hintereinander
nach vier und dann einmahl nach fünf, femer acht-
mahl hintereinander nach vier und dann einmaU wie-
der nach fünf Jahren, und so abwechselnd, also in
70 Jahren 17 Tage eingeschaltet, so wird, die mittlere
Länge des Sonnenjahi^ zu 365 Tagen 5 St. 48' 48* an-
genommen, in 1575 Jahren ein Tag zu viel gerechnet.
Schah Choldschi drückt sich eben so aus. Ulug
Begh dagegen spricht von einer sechs oder siebenmahl
nach vier Jahren zu wiederhohlenden Einschaltung, wor-
aus unter derselben Yoraussetzung folgen würde, dafs
man alle 62 Jahre 15 Tage eingeschaltet hätte, was in
3487 Jahren einen Tag zu wenig gibt* Man sieht
also, da(s schon In dieser Hinsicht die gregorianische
Schaltmethode, die erst In 3600 Jahren um einen Tag
vom Himmel abweicht (2,305), der dschelallschen vor-
zuziehen ist, Ihrer gröfsern Einfachheit nicht zu geden-
ken. Ich kann dahqr In Gatterer's Bewunderung
des dschelallschen Jahrs nicht einstimmen. „Es ist
Pbrsbr. 531
,,dies/' sagt er^), ,,das beste bürgerliche Sonnenjahr
,, unter allen, die je vorhanden gewesen sind. Zwar ist
,,es, astronomisch angeschlagen, um einige Sekunden
,, länger, als das tropische Jahr nach der Angabe unse-
, , rer heutigen Astronomen ; aber bürgerlich angewandt
^, ist es ohne allen Fehler. Von der julianischen Jahr-
,,form ist es in der Einschaltungsart himmelweit ver-
,, schieden; denn nicht immer, wie bei uns, wird der
,, Schalttag alle vier Jahre beigefügt, sondern wenn
,,man sechs oder siebenmahl die Einschaltung in je-
„dem vierten Jahr vorgenommen hat, so wird sie nach-
,,her einmahl auf das fünfte verlegt. Also bleibt der
,,Neurus beständig auf der Frühlingsnachtgleicbe ste-
,,hen, auf welche zuerst der Anfang dieses herrlichen
,, Sonnenjahrs gesetzt worden ist. Welche Erscheinung!
,, Mitten in Asien, in dem Reiche der seldschukischen
,, Türken, ist schon ein halbes Jahrtausend vor Gre-
,,gor XIII ein besseres Sonnen jähr, als unser gregoria-
,,nisches ist, eingeführt worden."
Ohne meine Erinnerung sieht ein jeder, der über
das Wesen einer guten bürgerlichen Zeitrechnung nach-
gedacht hat, wie wenig dieses Lob der dschelalischen
Schaltmethode begründet ist. Sie ist so verwickelt und
auf eine Reihe Jahre vor- und rückwärts so schwer an-
zuwenden, dafs man ihr gewifs bald die astronomische
Berechnung des Jahranfangs vorgezogen haben wird.
Geschah dies, so hatte man eine Zeitrechnung, die mit
der französisch - republikanischen in der Jahrform, so
wie in der Bestimmungsart des Neujahrstages, völlig
übereinkam, und blofs darin von ihr abwich, dafs man
*) Abrifs der Chronologie S.240.
[34*1
632
Technische Chronologie.
in Persieii das Jalir mit der Frühlings-, in Frankreich
hing<^n mit der Herbstnachlgleiche anfing (2, 468).
Uing'Begh gibt eine Ankitung su einer solchen
Berechnung, die hier erklärt sn werden verdient. Er
nimmt die mittlere Länge des dschelalischen Jahrs zu
36S Tagen und 14-* 33-* 7""' 32-* Sexagesimalthei-
len, d.i. zu 365 Tagen 5 St. 49^ und etwa 15* an, und
entwirft hiemach folgende Tafel der in ganaen dsche-
lalisdien Jahren enthaltenen Tage und Theilen von
Tagen *):
1
Jahre.
Tage.
Jahren
Tage.
1
365, 243
60
21914, 552
2
730, 485
70
25566, 977
3
1095, 728
80
29219, 403
4
1460, 970
90
32871,828
5
1826, 213
100
36524, 253
6
2191,455
200
73048, 507
7
2556, 698
300
109572, 760
8
2921, 940
400
146097, 014
9
3287, 183
500
182621, 267
10
3652, 425
600
219145, 521
20
7304, 851
700
255669, 774
30
10957, 276
800
292194, 028
40
14609, 701
900
328718, 281
50
18262, 127
1000
365242, 535
') Ich habe die Sexagesimsltheile auf die uos geläufigem De-
cimaltheile i*educirt; Ton denen drei Stellen su gegenwärtigem
Behuf ToUkammen genügen.
Perser. 533
Soll nun ein Datum, sei es der seleucidischen , christ-
lichen, arabischen oder jezdegirdischen Zeitrechnung,
auf die dscbelalische gehraeht werden, so berechne man
die bis auf das gegebene Datum einschliefslich verflos-
senen Tage der zugehörigen Acre, ziehe davon die zwi-
schen den Epochen beider Acren liegenden Tage ab,
und verwandele den Rest mit Hülfe vorstehender Tafel
in Jahre und Monate, letztere zu 30 Tagen gerechnet.
Die übrig bleibenden Tage mit dem Decimalbruch, der
noch (ur einen ganzen Tag zu nehmen ist, geben dann
den laufenden Tag des laufenden Monats der dschelali-
schen Aere. Ihre Epoche ist der 15. März 1079 n.Chr.
Sie fängt also später an als
die seleucidische um 507497 Tage,
die christliche - 393812 -
die arabische - 166797 -
die jezd^rdische - 163173
Es sei z. B. der heutige 17. August neuen oder 5. Au-
gust alten Stils unsers 1825sten Jahrs auf die dscbela-
lische Zeitrechnung zu bringen. Man dividire 1824,
die Zahl der verflossenen Jahre, durch 4, so erhält
man zum Quotienten 456. Diesen Quotienten; der die
Zahl der abgelaufenen julianischen Schaltperioden be-
zeichnet, multiplicire man mit 1461 und addire zum
Produkt die bis zum 5. August einschlielslich abgelau-
fenen 217 Tage des Jahrs 1825. Yon der Summe,
welche 666433 Tage betrügt, ziehe man das Epoehen-
intervall 393812 ab, so bleiben 272621 Tage zu redo-
ciren übrig. Dies geschieht nach der Tafel also:
534 Technische Chronologie.
272621 Tage
255669, 774 » 700 Jahie
16951,
14609,
226
701
^
40 Jahre
2341,
2191,
525
455
^
.6 Jabre
150,
150
070
an
5 Monate.
0,070
Ihn findet also 746 Jahre 5 Monale und einen Tag,
also den 1* Schahrlr des 747slen Jahrs.
Diese Rechnung kann, wieUlug Begh bemeilLt,
mn einen Tag schwanken. Hat man daher durch sie
das dschelalische Datum vorläufig bestimmt, so mufs
man, um es genau xu erhalten, fiir den Tag, auf den
der zurückgerechnete 1 . Ferwerdlnmih trifft, den Ort
der Sonne suchen, und wenn sich dann eigibt, dals
sie nicht an demselben Tage, sondern am. vorhergehen-
den oder nachfolgenden, in den Widder getreten ist,
so hat man dem gemäfs das erhaltene Datum zu be-
richtigen. Im vorliegenden Fall, wo der 1. Schahiir-
mäh dem 17« August n.St. entsprechen soll, findet sich
für den 1. FerweidtnmlLh der 20. März, und es ist nun
die Frage, ob dieser Tag als Neurds des dschelaliachen
Jahrs beizubehalten ist oder nicht. Es kommt hier
alles auf den Terminus a quo des Neurüz an. Dieser
ist nach Ulug Begh's und Schah Choldschi's Yer-
^) von Melek-Schah's Astronomen also fest-
^) Letzterer drückt sich also aus: jP)^3 j^ J^A^i ^]
jö v-»böTj;j^ Jj^^ U^jO »S^ M>^\ j^j J ^LbL-
vXÄü Aa»^ Ji*> iniiium veris et neuruz suüanei dies est.
Perser. 535
gestellt worden, dafs allemahl derjenige bürgerliche Tag)
dessen Mittag dem Eintritt der Sonne in den Widder
zunächst folgt, für den Heuriiz genommen werden soll.
Nun hat die Sonne in diesem Jahr unter dem Meridian
von Ispahan den Widder am 21. Mfin um 0 U. 41'
Morg. w. Z. erreicht; es ist also der 21. März der Neu-
riiz und der 17* August der 30. MordlUlmah des Jahrs 747
der dschelalischen Acre. Nach der altpersischen Zeiti'ech-
nung erhält man für den 17* August 1825 den 19. As-
fendftrmedmäh des Jahrs 1194 seit Jezdegird.
Soll umgekehrt ein Tag der dschelalischen Aere auf
eine der vier ohgedachten Zeitrechnungen reducirt wer-
den, so geht man, wie Ulug Begh richtig bemerkt,
dabei nur dann ganz sicher, wenn zugleich der Wochen-
tag gegeben ist. Denn hat man die Tagsumme der
dschelalischen Aere vermittelst der Tafel gefunden, so
kann solche um einen Tag schwanken. Man prüft sie
dann durch die gegebene Ferie. Die Epoche der Aere
ist ein Freitag. Dividirt man also die Tagsumme durch 7»
so gehören
zu den Resten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 0
die Ferien 6, 7, 1, 2, 3, 4, S
oder 9, tr, 0, (L, cfi 5i 21-
Weicht nun die so gefundene Ferie von der gegebenen
um einen Tag ab, so mufs man zuvörderst die Tag-
summe berichtigen, ehe man weiter rechnet. Auch für
diesen Fall stehe hier ein Exempel. Welchem Tage
unserer Zeitrechnung entspricht der 1. Ferwerdlnmähi
in cuius meridie sol in arietem ingressus est, nicht,
wie Hyde p. 211 übersetzt, ingreäiiur, was einen fal-
schen Sinn gibt.
Ö36 Technische Chronologie.
cUcbel&li des Jahrs 609, ein Freitag? Nach der Tar
fei sind
600 Jahre » 219145, 521 Tage
8 • =» 2921,940 -
Summe » 222067,461 Tage.
Wird der Dedmalbmch für einen ganzen Tag genom-
men und noch ein Tag für das h^innende 609te Jahr
gerechnet, so hat man die Tagsumme 222069, welche
sich hei der Prüfung durch die Ferie richtig hewXhrt.
Addirt man nun das Epocheninlervall 393812, so erge-
hen sich in Allem 615881 seit Anfang unserer Aere
verflossene Tage, welche reducirt den 11« Man alten
oder 21* März neuen Stils des Jahrs 1687 geben.
Was endlich noch den Gehrauch anlangt, der
von der dschelalischen Zeitrechnung gemacht worden
ist, so wissen wir davon wenig bestimmtes. Ich zwei-
fele indessen nicht, oh ich gleich kein ausdrüddiches
Zeugni(s dafür beibringen kann, dafs man sich ihrer
während der Herrschaft der seldschukischen Sultine bei
Erhebung der Staatsgefälle und andern von den Zeiten
des Sonnenjahrs abhängenden Geschäften neben der ara-
bischen. Zeiti'echnung wirklich bedient hat*). Bei den
*) Hadschi Ghalfa lalst dies ahnen, wenn er sich In dei*
Einleitung zu seinen chronologischen Tafeln, wo er Ton
▼erschiedenen Zeitrechnungen, und unter diesen auch toh der
dschelalischen kurz handelt, folgendeiTnafsen ausdrückt: „Acht
„der Torti^fflichsten Männer ihrer Zeit, untei* andern Omar
„Gheijam und Abderrahman Ghazim, stellien dem Soltan
„Dschelal-eddin Melek-Schah Tor, dafs, wenn man Ton
„der bei der persischen Zeitrechnung gebräuchlichen Yemach-
„lässigung des Schalttages abgehen und dagegen den griechi-
„ sehen (julianischen) gebrauchen wollte, dies für die Einnah-
„men der Steuereinnehmer und für den Landesschatx von grSfs-
Perser. 537
häufigen Staatsumwälzungen, wodurch Fersien seitdem
erschüttert worden ist^ mag sie zwar hald au%ehört
hahen, die öfTentlichen Verhandlungen zu leiten; da
man aber fortfuhr, den NeurAz zu feiern, so konnte
sie nie ganz unter den^ Volke erlöschen, zumahl da
man bei dem Gebrauch der durch alle Jahrszeiten wan-
dernden arabischen Monate das Bedürfnifii, sich nach
der Sonne zu orientiren, lebhaft fühlen mufste. Und
wirklich treflen wir sie, wenn auch nicht bei den 6e-
schichtschreibem , doch bei den Dichtern und andern
Volksschriftslellem der Perser nicht selten an. Wenn
z.B. Sadi in seinem Gulistan die Idee der schönsten
Jahrszeit bei seinen Lesern mit wenig Worten wek-
ken will, so sagt er, es war der erste Tag des Ardbe^
heschtm&hi dschelili^). Auch erscheinen im Morgen-
lande .fortwährend Kalender, welche die dschelalischen
und syrischen Sonnenmonate mit den arabischen Mond-
monaten vergleichen und zeigen, in welchem Verhält-
nis die letztem, nach denen man im gemeinen Leben
gewöhnlich datirt, zu den Jahrszeiten stehen.
Ein solcher Kalender ist es, den Beck unter dem
Titel Ephemerides Persarum herausgegeben hat (2, 507)*
Es sind darin die dschelalischen, syrischen, arabischen,
jezdegirdischen und koptischen Monate neben einander
gestellt, doch so, dafs die ersten die Hauptrolle spie-
len; denn es ist eigentlich ein vollsUindig durchgeführ-
ter dschelalischer Kalender auf das 609te Jahr der Acre,
„tem Nutzen sein werde." S.Yon Diez Denkwürdigkeiten
von Asien Th. 11. S. 395.
') Vorrede 5. 13 der londner Ausgabe, S. 22 der des Gen-
tius. Die Notiz, die« dieser Herausgeber S. 547 Tom dschelali-
schen Jahr gibt, enthalt rersdüedenes Unrichtige.
538 Technisclie Chronologie.
vom 11. März a.St. 1687 bis dahin 1688. Kicht dmth-
gängig ist der Verfasser den von den orientalischen Astro-
nomen angenommenen chronologischen Principien getreu
geblieben. Den NeuvAz oder 1. FerwerdtnmlLh hat or,
wie wir gesehen haben richtig, auf den 11. Adar oder
März gesetzt; aber der 11. Adar ist mit dem 7« Dscbe-
mädi el-awwel des Jahrs 1098 der Hedschra verglichen,
da ihm doch nach der cyUischen Theorie der 8te ent-
sprach. Mit dem l.Moharrem kommt wieder alles ins
Geleise, indem das gedachte Jahr, das achtzehnte des
arabischen Schaltcirkels, zum Gemeinjahr gemacht wird.
Dem 609ten dschelalischen Jahr sind sechs Ergänzungs-
tage statt fünf gegeben wordeu, wodurch der An&ng
des 610ten auf den zweiten Mittag nach der Frnhlings-
nachtgleiche geschoben wii^.
Greaves gibt in seiner oben (2, 489) gedachten
Yergleichungstafel der orientalischen Aeren auch die
dschelalischen Jahre in einer 0)lumne mit der Ueber-
Schrift: Armi Epochae Gelalaeae solares ab aequinoctio
vemoy swe ameridie proonme sequenti ingresswn so-
Us in arietem in Horizonte Chowarezmiorum.
Die letzten Worte beruhen auf einem Irrthum. Er
hatte etwas von einem ^Läy^^t^ ;»^^ neuruzi cho-
. wdrezmschdhi gehört, den er mit dem neuräzi subdni
verwechselt. Jener trat neunzehn Tage später ein als
dieser. Hyde sagt^), er habe einen zu Constantinopel
verfertigten Kalender vor sich, worin beim 19. Ferwer-
dlnmähi dscheläli angemerkt stehe : neuräzi chowdrezm-
sclidhi. Eben dies findet sich an eben diesem Tage
in den Kalendern bei Beck und Welsch, lieber
*) S.2li.
\
Perser. 539
diesem NeurÄ2 ruht ein tiefes Dunkel. Offenbar hat er
seinen Namen von einem der Sultane aus der Dynastie
von Chowarezm oder Charezm* Es ist dies eine
bekannte Provinz, bei den Griechen XwpcLj-fxiri genannt,
in Osten des kaspischen Meers zu beiden Seiten des
Oxus, welche während des zwölften und der ersten
Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts unserer Zeitrech-
nung ihre unabhängigen Regenten gehabt hat. Von
einem derselben hat jener Neuruz ohne Zweifel seinen
Namen. Was zu seiner Einführung Anlafs gegeben,
und ob er mit einer eigenen Aere zusammengehangen
hat, finde ich nirgends bemerkt.
Um kurz zusammenzufassen, was ich bisher über
die Zeitrechnung der Perser gesagt habe, so treffen wir
bei ihnen aufser dem arabischen Mondjahr, das sie mit
allen Mohammedanern gemein haben, ein zwiefaches
Sonnenjahr an, ein bewegliches, das allmählig alle
Jahrszeiten durchläuft, und ein festes, dessen Anfang
auf der Frühlingsnachtgleiche haftet. Das feste ist im
elften Jahrhundert unserer Zeitrechnung durch eine der
julianischen ähnliche Einschaltung' aus dem bew^lichen
entstanden, mit dem es übrigens ganz übereinkommt;
das bewegliche finden wir von den arabischen Astrono-
men schon seit dem neunten Jahrhundert gebraucht.
Unmöglich haben es diese erst gebildet. Die eigen-
thümlichen Namen seiner Monate und Monatstage, und
die eigenthümliche nach einem Sassaniden benannte
Aere, an die es geknüpft ist, zeigen allein schon, wenn
es auch keine andere Beweise für seine . frühere Existenz
gäbe, dafs es sich aus der Zeit vor Einfuhrung des
Islams herschreibt, wo es ein bürgerliches gewesen
sein mufs.
\
\
\
540 Technische Chronologie.
Aus den oben (2, 513) angefahrten Worten des
Curtius scheint xu fol^n, dals es schon zu Alexan-
der's Zeit im Gebrauch war. Allein wenn die alten
Perser auch wirklich kein Jahr gerade von 365 Tagen,
sondern ein durch irgend eine Einschaltung fixirtes hat-
ten, so würde darum die Zahl der Jünglinge, die im
Heer des Darius den Magiern folgten, wol eben so we-
nig eine andere gewesen sein, als die Art, wie sich der
Geschichtschreiber ausdrückt.
Und in der That hat sich unter den mohamme-
danischen Persem die Tradition erhalten, dals ihre Vor-
fahren zu der Zeit, wo sie sich noch zur Religion des
Zoroaster bekannten, ein festes Sonnenjahr von
einer besondern Einrichtung gehabt haben.
Aus religiösen Grundsätzen, sagt Nidam-eddin
bei Golius^), mieden die Perser im Heiden thum,
einen einzelnen Tag einzuschalten. Den Grund gibt
Mesudi an. Sie unterschieden die Tage in glücklidie
und unglückliche, und scheuten sich durch Einschaltung
eines einzelnen die letztem an die Stelle der erstem zu
schieben« Auch stand- nach Kotb-eddin ein jeder Tag
unter dem Schutz eines besondem an ihm verehrten Ge-
nius, dergestalt, dais man die ganze Oekonomie des Ge-
setzes zu verwirren geglaubt haben würde, wenn man
einen Tag aufser der Ordnung eingeschaltet hätte. Und
doch sollte das Jahr fixirt werden, weil die meisten Feste
an bestimmte Jahrszeiten geknüpft waren. Wie man
sich geholfen, lehren uns eben diese Schriftsteller and
^) Anmerk. zum Alfergani S. 27ff., wo auch die angezo-
genen Stellen des Mesudi und Kotb-eddin, den er gewöhnlich
Philosophtts Schirasita nennt, Torkommen.
Perser. 641
Schah Choldschi*). Das Jahr, sagen sie, war ganz
von der Beschaffenheit, wie wir es bei den Orientalin
sehen Astronomen gebraucht finden, ein bewegliches
Sonnenjahr von 365 Tagen, dessen Anfang dem des
festen mit jedem vierten Jahr nm einen Tag voreilte*
Man schaltete daher alle 120 Jahre einen Monat von
dreifsig Tagen ein, wodurch man den Neurdz immer
zu demselben Tage des Sonnenjahrs zuriickfiihrte, von
welchem er ursprünglich ausgegangen war, so dals 120
persische Jahre ihrer Dauer nach mit eben so vielen
julianischen übereinstimmten. Der Schaltmonat rückte
jedesmahl um einen Monat vorwärts, so dais er jetzt
zwischen den ersten und zweiten, nach 120 Jahren zwi-
schen den zweiten und dritten u. s. w. eingeschoben
wurde, wo er dann allemahl den Namen desjenigen
Monats erhielt, dem er zunächst folgte« Er durchlief
mithin in 12 mahl 120 oder 1440 Jahren das ganze per-
sische Jahr. Die Ergänzungstage wurden immer dem
Schaltmonat angehängt, und folgten in den Gemeinjah*
reu demjenigen Monat, von welchem der letzte einge*
schaltete seinen Namen erhalten hatte.
Diese Schaltmethode bestand, wie jene Schriftstel-
ler versichern, bis zum Untei^iange des Reichs der
Sassaniden. Als der letzte derselben, Jezdegird,
den Thron bestieg, war die Reihe des Einschaltens an
den Abänmäh gekommen , mit dem nun die Ei-gän-
zungstage verbunden blieben; denn die Zeitrechnung
hörte bald nachher auf, eine bürgerliche zu sein, und
niemand dachte weiter an die Einschaltung, welche
die Astronomen selbst absichtlich vernachlässigt haben
*) Hyde S.203.
642 Technisclie Chronologie.
mögen, um das persische Jahr mit dem von Pto-
lemäus gehrauchten ägyptischen ühereinstimmig za
machen.
Nach dieser Darstellung hatten also die Perser vor
Jezdegird eine zwiefache Schaltperiode, eine kleinere
von 120 und eine grofse von 1440 Jahren. Letztere
hei£it beim Kotb-eddin und Schah Choldschi
^jiMwJift .^v> dßwr el-kebs, Schaltcyclus. Der erstem
gibt Scaliger den persischen Namen ^li>^ 6^ ^h oder,
wie er hätte schreiben sollen, ^}0^ JLm sali chodi^i,
das göttliche Jahr, welchen Ausdruck jedoch Hjde
in keinem orientalischen Buche gefunden haben will.
Nach dem Ferhenk'-dschihangiri des Fachr-eddin
wurde der Schaltmonat ^yi%i bihterek, der bessere,
genannt. Man glaubte-, dafs er dem Könige, auf dessen
Regierung er fiel. Glück und* Auszeichnung bringe').
Der Abanmah ist der achte persische Monat. Hatte
also der Schaltmonat seine Wanderung durch das per-
sische Jahr mit dem ersten Monat angeüemgen, und sie
nach obigem Princip regelmäisig fortgesetzt, so waren,
als er bis zum Abinmah vorgerückt war, seit dem An-
£ainge des grofsen Schal tcjclus 8 mahl 120 oder 960 Jahre
verflossen, wie dies auch Kotb-eddin ausdrücklich be-
merkt. Nimmt man nun an, dals gerade mit Jezde-
gird's Regierungsantritt im Jahr 632 n.Chr. die adite
kleinere Schaltperiode zu Ende lief, so traf der Anfang
der grofsen auf das Jahr 329 v. Chr., wo Alezander
nach Darius Ermordung und Bessus Hinrichtung so
eben zum ruhigen Besitz von Persien gelangt war.
^) Emend. temp. 1. m. p. 208 und 293.
») Hyde S.207.
Pbrser. 543
Freret ist daher in seiner Abhandlung Sur Vancienne
annee des Perses ^) geneigt^ dieses Anfangsjahr des Gy-
clus als die epoque prScise du regfte legitime et reconnu
d^ Alexandre sur la Perse anzusehen.
Allein nicht zu gedenken, dals aus Kotb-eddin's
und Schah Choldschi's Worten mit Sicherheit nichts
'weiter zu folgern ist, als dais der Schaltmonat bis zum
Abanmäh yorgerückt war, als die persische Zeitrechnung
im bürgerlichen Gebrauch erlosch, ohne gerade mit
Jezdegird's Regierungsantritt selbst dies Ziel erreicht
zu haben ') , was ist auf das Zeugnifs von Schriftstel-
lern unsers vierzehnten und funfiehnten Jahrhunderts
zu bauen, irenn von so entfernten Zeiten die Rede ist,
von denen sich schwerlich etwas mehr als eine dunkle
Tradition zu ihnen fortgepflanzt hatte?
*) M^m, de VAcaddmie des InscHptions. Tom. XYI^ p. 233 ff.
^) Der Kenner des Arabischen und Persischen urtheile hier*
über selbst. Kotb-eddin äufsert sich also: ^^J^lxlt vXX^ UJ^
oJiß jt^\ ,^J VAS Ji ^JfJ^ ^ jlji& ^ J^JjA
LTt^' J3^ CT* *^ ^-^*^ t5^***^ »UjU j^t „Als sich die Jahr-
,,rechnuDg mit Jezdegird Ben-Schehri)ar Ben-Kesra er*
,,neate, war der Schaltmonat bereits zum AbAnmdh yorgerückt,
„so dafs 960 Jahre ron der Schaltperiode Terflossen waren.^
Beim Schah Choldschi heifst es: O^äo^ i^^^^Lm a^ qUj qI
^ n^XfsM^J »UjLIj (j^ vi;^>i »^ ^ »^Lüt qI^ „Zur
„Zeit als die Regierung an Jezdegird Ben*Scherijar Ben-
„Kesra, den letzten König von Persien, gelangt war, hatte es
„sich so getroffen, dafs die Reihe des Einschaltens an den
„Ab^mäh ||ekommen war.'* Die letzte Stelle ist etwas ent-
scheidender, als die erste ^ beweiset aber doch auch nicht mit
Tölliger Bestimmtheit, dafs Jezdegird gerade im Schaltjahr den
Thron bestiegen hat, als worauf die ganze Bündigkeit yon Frö-
ret*s Schlüssen beiiiht.
544 Technische Chronologie. .
Freret geht in seinen Schlüssen noch weiter. Da
nämlich Koth-eddin und andere den König Dschem-
schid zum Urheber der persischen Jahrfiorm machen,
was nichts weiter sagen soll, als dafs sie uralt ist —
denn der fiibelhafte Dschemschid ist für die Perser
ein Numa Pompilius — , so nimmt er daher Gele-
genheit, mit der Einführung der persischen Schaltein-
richtung noch eine ganze Periode von 1440 Jahren
weiter zurück zu gehen und sie ins Jahr 1769 v. Chr.
zu setzen, ohne zu fiihlen, wie unwahrscheinlich es sei,
dafs in einer so entfernten Zeit schon das dieser Schall-
periode wesentlich zum Grunde liegende julianische Jahr
bekannt gewesen sein, und einerlei Jahrform und Schalt-
methode sich dritthalh tausend Jahre lang, so viele Re-
volutionen des persischen Reichs hindurch, unverändert
und in ununterbrochen regelmäfsigem Gebrauch erhal-
ten haben soll.
Ich gestehe^ dafs Kotb-eddin's und Schah Chol-
dschi's Darstellung des altpersischen Jahrs unüberwind-
liche Schwierigkeiten fiir mich hat. Die Epoche der
jezdegiidischen Acre trifft auf den Junius. War also'
der FerwerdlnmUli der erste Monat des festen, erst seit
Jezdegird beweglich gewordenen, persischen Jahn,
so fiel der Neuruz auf den Sommer. Es deutet aber
alles darauf hin, dafs das Neujahrsfest nicht Uofs seit
Dschelal-eddin Melek-Schah, sondern seit der
ältesten Zeit um die Frühlingsnachtgleiche gefeiert wor-
den ist. Ich citire zuerst den Artikel Neuruz aus
d'Herbelot, der wenigstens in so fem Aufmerksam-
keit verdient, als er zeigt, was die Tradition im Orient
über diesen Punkt sagt* „Neuruz heifst bei den Per-
„sern der erste Tag des Jahrs, sowphl im alten Kaien-
V\
V
Perser, 545
,,der, dem jeidegirdischen, als im neuen, dem dschelali*
,, sehen. Die persischen Schriftsteller berichten, Dchem-
,,schid, einKLönig ihrer ältesten Dynastie, der Pischda-
,,dier, habe die Feier des Neuruz angeordnet, welche
,,noch bis jetzt bei den Persem gebräuchlich ist, ob
,,sie gleich Mohammedaner sind und sich als solche
,,des arabischen Mondjahrs bedienen müssen. Dieser
„erste Tag wurde auf den Anfang des Frühlings, den
„Eintritt der Sonne in .den Widder, fixirt, daher man
„ihn auch öfters J«4.> ji^.^ neuruzi hanuäy den Neu-
,,rAz des Widders, nennt, um ihn von dem jj^^
„^tjx« neuräzi mizdn, dem Neurüz der Wage, zu
,, unterscheiden. Nach eben jenen Schriftstellern soll
,, nämlich Feridun, aus derselben Dynastie, das Fest
„^L^^ Mihrgän angeordnet und es auf den {antritt
„der Sonne in die Wage gesetzt haben."
Beweisender als das Zeugnüs der persischen 6^
schichtBchreiber ist das der heiligen Bücher der Fär-
sen, die unstreitig in eine ungleich &ühere Periode
gehören, wenn man sie auch not ihrer gegenwärtigen
Gestalt nicht dem Zoroa^ter selbst beizulegen geneigt
sein wird. Nach diesen beziehen sich die altpersischen
Feste sämmtlich auf gewisse gro&e Begebenheiten und
Erscheinungen in der Natur und Schöpfung, die durch
die verschiedenen Jahrszeiten angedeutet werden. Die
heiligsten von allen sind Neuruz und MihrgiLn oder
die Mithrafeier; jenes ist ein Frühlings-, dieses ein
Herbstfest').
^} S. Kurze Darstellung des Lehrbegriffs der alteti
Perser und ihres heiligen Dienstes. Zend-A?esta der
deutschen Ausgabe Th. I. S. 50.
II. [35]
v^
546 Technische Chronologie.
Ueberdies seheint der Gmndsau, nach welchem
die Beligton Zoroaster^s nicht die Einschaltung eines
einzelnen Tages erlaubt haben scdl, eben so nothwendig
anf die EinschaHung eines Monats angewendet weiden 211
müssen. Dieser Meinung sind auch die Desturs oder
parsischen Gelehrlen in Kerman in einem von Anque-
tiP) bdiannt gemachten Schreiben an die Desturs in
Surate, datirt vom Tage Bid des Ab&nrnAh im Jahr 1111
seit Jezdegird oder vom 23. Ardbeheschtmah 664 seit
Dscbelal-eddin, d« i. vom 12. Mai n.St. 1742. Die
Parsen in Indien fingen damals und noch zwanzig Jahre
nachher, als Niebnhr sie besuchte'), ihr Jahr um
einen Monat später an, als ihre Glaubensgenossen in
Kerman. Darüber werden sie von den Schreibern |enes
Briefes zur Rede gestelk, welche diesen Zeitunterschied
einer Einschaltung beimessen. ,tl)er Unterschied eines
,, Monats zwischen uns und euch," sagen sie, ,fist ein
,, Fehler. — Einige behaupten, die Einschaltung siehe
,,in Zoroaster's Gesetz. Dies ist ungegrundet. Sie
,,ist vielmehr mit demselben gni unverträglidi. —
„Welche UnglüdLsfklle unser Volk auch betroffen haben
,, mögen, so haben wir uns hierin doch nie geirrt."
Aus diesen Gründen nun weiCs ich mich in keine
iBindere Ansicht der altpersisohen Zeitrechnung lu fin-
den, als in eine solche, nach der das Jahr ein beweg-
liches von 365 Tagen ohne alle Einschaltung wnr und
der Neuruz dennoch ein Fi*ühlingsfest blieb. Beides
scheint auf den ersten Blick unvereinbar. Es gibt aber
*) S.KUuker's Anhang zum Zead-Afesta Th«I. Abth.I.
5.351.
*) Reisebeschreibung Th. II. S. 4S.
Pbrseb. , 547
gleichwol einen W^, auf wekfaem sich beide
gungen erfüllen und zugleich alle Schwierigkeilem he-
ben lassen*
Zuvördeivt Bftuft ich eine Stelle aus dem hand*
schriftlich in der königlichen Bibliothek m Berlin auf-
bewahrten astronomiidben Werke des Abu'lhassan
Kuschjar anfohre». Sie lautet in der Uebersetzong
alsoO* >il'ie Namen der (persischen) Monate sind be-
,kannt. Jeder derselben hat 30 Tage, mit Axisnafame
,de8 Aslendarmedmah , auf den 35 gerechnet werden.
, Auf das ganze Jahr gehen also 365 Tage. Die fiinf
, überzahlen des Asfendaimedm&h werden £l-mus»
ylerakegeDaniiL Es hat damit folgende Bewandnüs*
,Das ipei^^Bobe Jahr ii^t etwa um einen Viertel tag kür»
,zer als das Sonnen jähr« In vier Jahren gibt dies
y einen Tag und in 120 Jahren einen Monat« Dem
,2ulblge sohaketen die Perser vor Alters alle 120 Jahre
, einen Monat ein, so dafs das Jahr 13 Monate erhielt;
,sie zählten den ersten Monat des Jahrs zweimahl, ein-
,niahl im Anfange und .einmahl am Ende des Jahrs,
,und hängten die fünf überschüssigen Tage dem ein*
, geschalteten Monat an. Der erste Monat des Jahrs
,war derjenige, in welchem die Sonne in den Widder
,Unt. Die fünf (übemchüssigen) Tage und der An«
,iang des Jahrs rückten mit jeden 120 Jahren um
, einen Monat weiter« Zur Zeit des Kesra Ben Ko-
,bad Auuschirwan erreichte die Sonne den Wid-
,der im Adermah, und die fünf Tage hatten ihren
*) B. I. c. 2, S. 8. Die Worte des Onginals wei*dc ich unten
in den Erläuterungen und Zusätzen mittheilen.
[35*]
648 Technische Chronologie.
„Sitz am Ende des AMn« Als 120 Jalire nachher die
„Dynastie der Perser erlosch nnd die Herrschaft der
„Araber über sie begann, so sorgte niemand weiter
„(lir. die Beobachtung der festgesetslen Regel, und es
„verblieben die (iinf Tage am Ende des Abftnmih, und
„zwar bis zum Jahr 375 der jezdegirdiscfaen Acre, wo
„die Sonne am ersten Tage des Ferwerdfamih in den
,, Widder trat, und nun wurden die fänf Tage an das
„Ende des Asfendirmedmah gesetzt."
Diese Worte geben zwei ganz verschiedene Ansich-
ten der altpersischen Zeitrechnung, die durchaus nicht
neben einander bestehen können. Denn wurde alle
120 Jahre ein Monat von 30 Tagen eingeschaltet, so
war das Jahr ein festes Sonnenjahr, wenigstens in dem
Sinne, in welchem das julianische ein solches heilsen
mag. Die Sonne mulste mit geringer Aendemng in
einerlei Monat den Widder erreichen, und die Reihe
ihres Eintritts in denselben konnte keinesweges alle
120 Jahre an einen neuen Monat kommen. Ich glaube
daher, dafs die erste Ansicht, nach der alle 120 Jahre
ein Monat eingeschaltet worden sein soll, auf einem
MUsverständnils beruht, und da(s man sich von der
Einrichtung des alten persischen Jahrs und von den
seit Jezdegird mit demselben vorgegangenen VerSn-
derungen folgende Vorstellung zu machen habe.
Das Jahr der Perser hielt, wie das der Ägypter,
durchgängig und ohne alle Einschaltung 12 dreilsig-
tägige Monate und fünf Ergänzungstage , welche dem
letzten Monat angehängt wurden. Der Anfang des
Jahrs, der Neurüz, den man festlich b^ing, sollte be-
ständig auf den Frühling treffen. Da man nun iand,
Perser. 549
dafs er mit Bezug auf die Nachtgleichen alle 120 Jahre
um etwa 30 Tage surücLwich *), so schob man ihn nach
Verlauf dieses Zeitraums um einen Monat vorwärts, -so
dafs er jetzt auf den Ferwerdtnmah , nach 120 Jahren
auf den Ardbeheschunah u. s. w* traf. Das Jahr , das
der Versetzung zunächst voranging, hatte, wie man
sieht, dreizehn Monate, indem es mit einerlei Monat,
z. B. dem Ferwerdtnmah, anfing und endigte. Der drei-
zehnte Monat, den man nur sehr uneigentlich einen
Schaltmonat nennen kann, wurde Bihterek genannt«
Die fünf Ergänzungstage gingen immer zunächst vor
dem NeurAz her und wanderten mit ihm in 1440 Jah-
ren durch alle Monate. Zur Zeit des Nuschirwan,
des gröfsten sassanidischen Königs, welcher um die Mitte
des sechsten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung regierte,
ging der Neuruz auf den Adermäh über, und die Er-
gänzungstage hafteten auf dem Abänmäh ')• Jener hätte
hiemächst auf den Deimah verlegt werden sollen. Allein
im Jahr 636 n. Chr. vernichteten die Mohammedaner
mit der Hen*schaft der Sassaniden die Religion der Ma-
gier. Die wenigen Perser, die dieser treu blieben, be-
dienten sich zwar noch immer der alten Zeitrechnung,
ohne jedoch auf die richtige Verschiebung des Neurdz
bedacht zu sein. Zugleich zählten sie einem uralten
^) Genau genommen um 29% so dafs der Wechsel des Neuruz
eigentlich erst nach 124 Jahren hätte eintreten sollen.
') Auch im Ferhenk^dschihangiri findet sich die Notiz, dais
unter Nuschirwan ein Wechsel des Neui-uz erfolgt sei, nur dafs
irrig der Ardbehescht statt des AbAn genannt ist (Hyde S.207).
Fröret (S. 259) verwirft diese Nachricht, weil sie nicht in sein
System pafst.
660 Technische Chronologie.
Gebrauch des persischen Volks genäis, von dem uns
Schah Choldschi in der mehrmahls angenigenen
SteUe, und Alkodsi in einem oben (2, 499) ange-
führten Fragment unterrichten, die Jahre von der
Thronbesteigung des letzten Rdnigs, die nach den per-
sischen Geschichtschreibem am ersten Tage des Perwer-
dtnmah erfolgt war. Dieser Monat, als der erste Atr
Acre, wurde nun zugleich als der erste des Jahrs ange-
sehen, was er bei der friihern Wandelbarkeit des Neo-
rhz seit Jahrhunderten nicht gewesen war. Als die Ara-
ber seit dem Chalifen Almansor sich der Astronomie
befleiisigten, fanden sie das wandelbare persische Jahr
mit der jezdegirdischen Acre sehr bequem zu ihren Be-
rechnungen, und sie bedienten sich desselben tnaa so
lieber, da Ptolemäus, ihr Lehrer, eine ganz tthnlidie
Zeitrechnung gebraucht halte und die nabonassarische
Acre für sie von keiner Bedeutsamkeit war. Die Er-
^nzungstage llefs man an der Stelle, wo man sie fiind.
Erst im 37J>sten Jahr der jezdegirdischen Acre oder im
1006ten der unsrigen« wo der erste Ferwerdtnmfth auf
die Frühlingsnachtgleiche traf, die damals dem 15. März
des julianischen Kalenders entsprach, vereinigten sidi
die Astronomen dahin, die Ergänzungstage ans Ende
des Asfendftrmedmlih zu setzen , den man schon längst
als den letzten Monat im Jahr anzusehen gewohnt war.
Im Jahr 448 seit Jezdegird endlich, oder 1079 n.Chr.,
wo der Ferwerdtnmäh bereits 18 Tage vor der Frählings-
nachtgleiche anfing, erneute der Sultan Dschelal-
eddin Melek- Schah das alte Neur^izfest, und setzte
es auf den Tag der Nachtgleiche selbst, da es ursprüng-
lich nicht gerade an demselben, sondern nur in dessen
r
Peassr. 551
Mähe gefeiert worden war. Zugleich wurde eine Zeit-
rechnung eingeführt, durch die es auf diesem Zeitpunkt
befestigt blieb.
In dem Fragment des Alkodai' heifst es, die Ma-
gier oder alten Perser .hätten ihre Jahre nach dem
Regierungsantritte Alexander's und weiterhin nach
dem des Ardeschir geählt. Von diesen Jahrrecb-
nungen findet sich zwar bei den einheimischen Schrift-
steilem nirgends eine Andeutung weiter; dals aber die
erste unter den Arsaciden und die andere unter den
Sassaniden wirklich im Gehrauch gewesen sei, Täist
sich nicht besweifdn«
Die Part her machten sich unter den Gebrüdem
Arsaces und Tiridates, die einander in der Rq^e-
rung folgten, von den Sdeuciden unabhängig. £s ge-
schah dies unter Antiochus II, nach lustinus *)
Lucio Manlio Yulsone, M. Attilio Regulo Goss., also im
Jahr 498 d. St., 256 v. Chr. Von diesem Zeitpunkte
an sind, wie Yaillant') und Frölich ^) glauben, di^
Jahre auf den Münzen der Arsaciden gei^echnet, deren
aus allen Zeiten ihrer Dynastie eine bedeutende Anzahl
auf uns gekommen ist. Allein die Jahre 491, 508,
510, 520 und 524, die sich auf den spätem finden,
sagen dieser Ansicht nicht zu, indem sie über das
Jahr 979 d.St. oder 226 n.Ghr., wo die Dynastie der
Sassaniden begann, hinausgehen. Zwar meint Yail-
lant, dais Münzen mit dem Namen Arsaces, den
^) Arsacidarum Imperium sive regnum Parlhorum hisioria
adfidem numismatum adeommodaia, Paris 1725, 4..
^) Regum veterum numiämaia anecdota. Wien 1752, 4.
552 Technische Chronologie.
*
alle parthiBche Regenten fiihrteni noch unter den Sa»»-
niden geschlagen sein könnten nnd dais s. B. eine mit
dem Jahr 508 eigentlich dem sassanidischen Könige
Sapor oder Schaihpur I angehöre«. Um aher die
UnStatthaftigkeit dieser Hypothese auiser Zweifel zu
setzen, darf nur bemerkt weiden, dafs sich spttterfain
Münzen mit dem Namen Arsaces Pacorus yom
Jahr 510 und Arsaces Yolagases vom Jahr 524
gefunden haben, die man doch keinem Sassaniden bei-
legen wird. Es ist daher die von Freret ^) anige-
stellte Yermuthung, da(s die Jahrzahlen auf den arsa-
cidischen Münzen sich auf die seleucidische Aere
mit dem Epochenjahr 311 v.Chr. (1, 223) beziehen, viel
glaublicher, und es sind ihr daher auch Pellerin'),
Barthelemj^) und Eckhel^) beigetreten. Die Jahr*
zahlen kommen blo(s auf den arsacidischen Tetradrach-
men vor (die Drachmen, welche die eigentliche Landes-
münze ausmachten, enthalten dergleichen nicht); und
da man diese Tetradrachmen fast nur an den Ufiem
des Tigris zu Mosul, Bagdad und Bassora findet, wie
Sestini, der an Ort und Stelle gewesen ist» bezeugt» so
glaubt Eck hei, dais sie hauptsächlich in den griechi-
schen Städten Mesopotamiens, die den Parthem zinsbar
waren, geschlagen worden sind, und in diesem Falle
würde der Gebrauch der seleucidischen Aere unier einer
Dynastie, die sich von den Seleudden losgerissen hatte.
*) Mdm, de VAcaddmie des Inscriptions Tom. XIX. p. 110.
*) Melange de divenes m^daiUes Tom. I. p. l48 and Sup^
pUment Tom. III. p. 11.
') Mäm. de VAcaddmie des InscripUons Tom.XXXü. p.671.
«) Doetr. Numm. P. I. Vol. m. p. 546 ff.
vT"
Pbrsbr. 053
um 80 weniger befremdend sein. Ob es nothwendlg
seif die Aere gerade mit dem Jahr 311 v. Chr. anzu-
£Emgen und ob hier nicht die gewöhnliche seleucidische
Aere vom Jahr 312 genommen werden könne» wage ich
nicht SU entscheiden. Eck hei sagt: Istud aerae Par-
thicae exordiwn nofidwn sie est stabilitum, ut, neces^
sario ex citato anno pendeat, et expectandae phurium
suppetiae nummorum. Uebrigens haben die arsacidi-
schen Münzen das Eigenthümliche, dais sich nicht bloft
Jahre, sondern auch Monate auf ihnen bemerkt finden»
jedoch wieder nur auf den Tetradrachmen. Es sind die
syromaoedonischen. Eckhel weiset sie alle zwölf auf
diesen Münzen nach ^).
In einer syrischen Handschrift der vatikanischen Bi-
bliothek, welche die Geschichte der persische^ Märtyrer
unter Schahpur II enthält, heifst es von Simeon
Barsaboe, dem Bischöfe von Seleucia und Gtesiphon,
er sei den Märtyrertod gestorben im 117ten Jahr des
Reichs der Perser, im 3 Isten dieses Königs'). Das Da«-
tum wird nicht ausdrücklich genannt, läfst sich aber
leicht folgern. Nach derselben Handschrift nämlich
wurde der Perser Ustazad, Schahpur's Pflegevater,
an der Luna XIH des Nisan oder April, dem Donners-
tage vor Ostern — feria quinta hebdomadae magnae
Azjrmorum — gemartert, und dies geschah nach Sozo-
menus^) am Tage vor Simeon's Hinrichtubg. Dieser
*) S.548.
') Josephi Simonis Assemani BibUoiheca Orientalis
Vol. I. p. 2ff. Stephani £ vodii Assemani Acta marty^
ntm orientalium et occidentaHum^ Vol. I. p. 15 und 38.
') Eist, eecL ü, 10.
\y
554 technische Chronologie.
Starb also am Char&eitage. In einer andern Hand-
schrift, ebenfalls die persischen Märtyrer betreffend,
heilst es^): Jlnno regni Alexandri seaeceniesimo quin-
quagesimo qmnto, qui est a crucißxione Domini no^
stri ducentesimus nonagesimus sextuSy regni 'oero Per-
sarum centesimo decimo septimog Saporis auieni regis
Homusdae fiUi trigesimo primo, posieaquam beatus
Constantinus Romanorum imperaior decessit, quaerens
Sapores occasionem belli aän^rsus eiusdem fiHos, qui
adolescentiam nondum excesserant, assiduas incurno-
nes in ditionem Romanonun faciehat. Qua de causa
m Dei ßumdos , qui subdüas sibi terras incolduaU,
graviori indies odio ferebatur u. s. w* Das Jahr 655
und der ^Charfreitag, als das Jahr und der Tag des
Märtyrertodes des heil. Simeon, werden auch noch in
einer dritten syrischen Handschrift genannt')«
Es leidet keinen Zweifel, dafs die persische
Aere, deren 117tes Jahr hier in Rede steht, mit der
Dynastie der Sassaniden beginnt, deren neunter Re-
gent Schahpur H war, und es kommt nun darauf
an, ihre Epoche zu fixiren.
Agathias Scholasticus sagt im Leben des
Kaisers lustinian^), der Perser Ardeschir, oder,
wie er ihn nennt, Artaxares, habe, nachdem er den
König der Parther getödtet, die Herrschaft über Persien
an sich gebracht, und dies sei geschehen im Jahr 538
des Alexander von Macedonien, im vierten des
*) BibL Orient. 1. c. Acta morljrrum praef. p. LXXDC.
•) BibL Orient. 1. c.
') 1. ly. p. 134 der pariaer Ausgabe in der Sammlung der
Scriptt. hist. Bjrzant.
y
Perser« 555
andern Alexander, des Sohns der Mammäa —
ßaripoo 'AXs^tMpcv rif^ Majüifutta^. Das 538sie Jalii* der
seleucidischen Aere begann 226 n«Cfar., und Alesan-
der Severus gelangte 222 zur Regierung (2,216).
Fing nun das erste Jahr der persischen Aere im.- 53Ssten
der seleucidischen an, so konnte das ll7te ^r entern
dem 655sten der letztem entsprechen, und dicBe bei-
den Jahre finden wir ausdrtidüich in den syrischen
Handschriften als zusammengehörig verbunden« Das
655ste der seleucidischen Aere nahm aber 343 n* Chr.
seinen Anfang; es ist also Äie Marler des heil. Simeon
in 344 zu setzen, und hierzu stimmt auch der ange-
gebene Todestag. Stephan Assemani bemerkt näm~
lich ^), in den syrischen Märtyreracten werde nach den
Tagen des Mondmonats datirt'), warum? sei ihm nicht
ganz klar. Verisimile tarnen est, sagt er, id consukx>
peractum in gradam vetustissimorum Ecciesiae Calen^
dariorum, in quibus, sieuti anmius Paschatis dies ex
Itmaribus periodis endtur, isa et sanctorum natalia üu*
naribus mensium diehus consignantur. Wenn also der
Tod des Ustazad auf die Luna XIII des Nisan gesetzt
wird, so heilst das, er starb an dem Tage vor dem Voll-
monde des Aprils ; denn der YoUmond ist den Alten im-
mer Luna XIV. Nach kirchlicher Rechnung traf aber
im Jahr 344 die Luna XTV auf den 13ten und Ostern
auf den 1 S. April ; die Luna XIII entsprach mithin dem
*) Acta marlyrum Vol. I. p. 4i.
^) So ist Vol. I. p. 59 Ton der quinta luna mensis Mail, p. 79
von die terlia decima lunae Novembris, p. 91 von der luna
vigesima Februarü die Rede, wo die Tage immer von dem Neu-
monde gerechnet sind, der auf den jedesmaligen Monat trifik.
666 Technische Chronologie.
giiinen Donnerstage und der Todestag des Simeoii
dem Gharfreitage. So hängt alles sehr gnt rasammen.
Wenn die Kopten und Syrer das Andenken an den
Märtyrertod des beil. Simeon am 14ten , die Griechen
am ITten und die romische Kirche am 21. April feiern,
so darf uns dies nicht irre machen« Ex die cultus
sanciorum, sagt Pagi^), annus eorum emortualis de-
duci non potest, nisi iUe aUiipde constet.
Joseph Assemani ') will den Märtyrertod des
Simeon ins Jahr 330 n.Chr. bringen, weil Soso-
menus, Theophanes, Theodoretus und Euse-
bius ihn unter Constantin setzen, der 337 starb,
und weil das Jahr 330 seit Christus das 296ste seit
seinem Tode sei, der nach der gewöhnlichen Annahme
in seinem 34sten Jahr erfolgt ist. AUein auch abge*
sehen davon, dafs die dionysische Aere die Jahre nidit
richtig von Christi Geburt zählt, traf im Jahr 330
Ostern auf den 19. April, und weder die Luna XIII
des April noch der 13. April selbst fidlen mit dem grü-
nen Donnerstage zusammen. Auch hat es nirgends eine
eigentliche Aere der Kreuzigung Christi gegeben; der
Syrer also, der vom 296sten Jahr seit der Kreuzigung
spricht» konnte sich leicht verrechnen, dahing^n nicht
zu glauben ist, dafs er sich in der Angaliie des Jahrs
der seleucidischen Aere geirrt haben sollte, die iast all-
gemein in Syrien gebraucht wurde. Sozomenus^)
und Theophanes*) stellen allerdings die Sache so
') Critica in Ann, Baronii beim Jahr 525.
*) BibL Orient, l. p. 4.
3) Hi$t. eccL n, 15.
*) Beim Jahr 5817.
Pbrser« 657
dar, als habe Constantin bei der HinrichtUDg des
Simeou noch gelebt, was ihm Yeranlassung gilben,
an den Schahpür lu schreiben und sich der Christen
anzunehmen. Dieser Irrthum war aber um so natür*
lieber, da, wie die Acta Martjrum des Stephan
Assemani lehren, schon früher, im achtzehnten Jahr
dieses Königs, eine Christenverfolgung in Persien Statt
gefunden hatte, die zu dem Schreiben des Gonstan*
tin, worin gar keine einzelne, den Simeon oder an*
dere Märtyrer betreffende^ Umstände vorkommen, Anlafs
g^eben haben konnte. Theodoretus*) und Euse-
bius') gedenken zwar auch des Briefies an Schahpur,
erwähnen aber den Märtyrertod des Simeon gar nicht.
Hätte Joseph Assemani Recht, so gehörte die Epoche
der sassanidischen Dynastie ins Jahr 213 n.Chr., wo-
hin sie auf keinen Fall zu setzen ist.
Stephanus Assemani dagegen will den Tod des
Simeon ins Jahr 341, und die Epoche der Dynastie
ins Jahr 223 n. Chr. bringen. Er geht davon aus, dafs
Galvisius und Petavius den Tod des Schahpur ins
Jahr 380 n. Chr. setzen, und dafs dieser König 70 Jahre
gelebt und regiert habe'), sein 31stes Jahr also dem
341sten unserer Aere entspreche. Allein das Todes-
jahr 380 des Königs ist nichts weniger ab verbii]^.
Er weifs sich bei dieser Hypothese, die gar nichts wei-
*) Bist, eccl. 1. 24.
') f^ita ConsiantA. TV. C.S, 9.
') Er kam, wie Mirchond berichtet, als an^kaxmter König
auf die Welt, da sein Yater Uormuz eine schwangere Gemalinn
und keine Kinder hinterlassen hatte. S. Hiii. Silv. de Sacy*s
Mimoires sur diverses Antiquii^ de la Perse p. 305.
5Ö8 Technische Chronologie.
m* fiir ttch Iiat, nicht anders su helfen, als dals er
die Zahl 6S5 in den synaehen Handschriftenv gewallsam
ändert.
VerfaeUen wollen wir uns übrigens nidit, dais
die Regierungsjahre der acht ersten Sassaniden, wie sie
Agathias einadn angibt, znsanunenaddirt nur 82 ans-
madien, dals also das 31ste des Schahpur das 113ie,
nicht das 117te der sassanidischen Dynastie ist, und
dals Abu'lfaradsch *) den Antmg derselben in das
dritte des Alexander Severus und S42ste der selcu«
cidischen Aere , also in das 2308le n. Chr. setst. Es
lieisen sidi noch mdir dei^eichen Divergenten anfuh-
ren, die aber alle nur bestätigen, was schon Stephan
Assemani bemerkt^): De mtio dynastiae, quam Säjca-
nitanuM dicantj mira est Gfmooonun Le/dnorunufue se-
rioris aeid scriptomm dissensio* Der Leser wird indes-
sen mit mir urtlieilen, dals das 538ste Jahr der seleu-
ddischen Aere als das erste des Ardesohir verbonden
mit dem vierien des Alexander. Severus bei Aga-
thias, und das 117te der Petser, als das Todesjahr des
heil. Simeon, susammengestellt mit dem 655sten der
seleucidischen Aere bei den syrischen Mar^trologen, eine
starke Prfisumption für den Anfang der sassanidiscfaen
Dynastie im Jahr 226 n. Chr. geben.
*) Hist. Dxn.yn. p. 126.
*) Acta Marljrrum praef. p. LXXVI.
Zehnter Abschnitt.
Zeitrechnung der Türken
mMft^tvy^ywy^^
D.
^er türkische Yolkskalender stimmt ganz mit dem
arabischen überein, ist also eben so einfach, aber auch
eben so. schwankend (2, 475)« Neben demselben bedie-
nen sich die gebildetem Türken, denen die genauere
Kenntniia der Zeiten des Mond- und Sonnenjahrs ein
Bedürfnifs ist, einer Zeitrechnung, die künstlidi genug
aus der mohammedanischen und -christlichen susammen-
gesetzt ist imd hier mit einiger Ansfuhdichkeit erörtert
zu werden -verdient.
Zuvörderst theilen sie den Tag nach europäischer
Weise in 24 gleiche Stunden, die sie yom Untergange
der Sonne, der Epoche ihres bürgerlichen Tages, in
zwei Absätzen zu je 12 zählen und durch Hinzuftigung
der persischen Wörter u^ scheb, Nacht, und j^. ruz,
Tag, von einander unterscheiden. Dais die Uhren,
wenn sie mit diesen Stunden gleichen Schritt halten
sollen, täglich oder wenigstens ein paarmal wöchentlich
gestellt werden müssen, bei zunehmender Tagslttnge vor,
bei abnehmender zurück, versteht sich (1, Si). Auch
begreift man leicht, dais die Stunde des Anfangs der
Sonne unmittdbar durch die Datier der Nacht, und
die Stunde des Mittags dnidi die Dauer des natür-
660 Technische Chronologie.
liehen Tages dergestalt bestimmt yrird, dafii maa nur
die Hälfte derselben von 12 abzuziehen hat. Die Zeit
des Mittags ist nach türkischer Uhr die des Aufgangs
der Sonne nach europäischer.
Im Verlaufe des bürgerlichen Tages sind den Tür-
ken besonders die Zeiten der fünf vom Gesetz vor-
geschriebenen Gebete wichtig. Diese Gebete heüsen:
^Uj «^Iaao sabah nemazi, ^Ui *io^\ oHe nemazi,
(3^Ui ^JüL<j| ikindi nemazi, (^Ui fLSks>\ achscham
nemazi und («;Uj ^c***^. jotsi nemazi. Das erste wird
beim Anbruch des Tages, das zweite Mittags, das dritte
in der Mitte zwischen Mittag und Sonnenunteigang,
das vierte gleich nach Sonnenuntergang and das {unfte
ein bis anderthalb Stunden nach dem vierten unmitld-
bar vor dem Schlafengehen gehalten. Man sieht, dais
sie schon dieser Gebete wegen eines nach dem Sonnen-
lauf geordneten Kalenders nidit entbehren können«
Die Wochentage (2, 473) sprechen sie Ahad,
Esnein, Salasa, Erbua, Chamis, Dschuma und
Seht aus. Sie zahlen sie, wie alle Moslonen, nach
dem Vorgänge der Juden und Christen, vom Ah ad an,
der unserm Sonntage entspricht.
Sie haben zweierlei Monate, Mond« und Son--
nenmonate. Die ersten bilden das religiöse und bör-
gerliche Jahr. Es sind die arabischen, welche bei
ihnen also lauten:
Muharrem Redscheb
Safer ' Schaban
Rebiül-ewwel Ramasan
Rebiül-achir Schewal
Dschemasiül-ewwel Silkade
Dschemasinl-achir Silhidsche.
T Sa KEN. 561
Die Jahre sldilen sie nach der allen Moslemen ge-
meinschaftlichen Hedschra. Den Sonnenmonaten
l^n sie folgende Namen bei:
Azer odejc Mart Eilul
Nissan Teschrini-ewwel
Ajar oder Mais Teschrini-sani
Hasiran Kianuni-ewwel
Timus Kianuni-sani
Ab oder Agustus Schubat.
o^Lo Mart, (jmjU Mais und ^JMy»m^^ Jgustus sind ai|s
dem europäischen Kalender entlehnt, die übrigen aus
dem syrischen (2, 509). Die Sonnenmonate laufen bei
ihnen, wie bei den Russen und orientalischen Christen,
mit den alten oder julianischen parallel, bleiben also
in diesem Jahrhundert um 12 Tage hinler den unsri*
gen zurück. Das Sonnenjahr fangen sie mit dem März
an. Ist es ein Schaltjahr, so. endigt es sich mit dem
Schalttage, dem 29. Schubat oder Februar, woraus folgt,
dais ihnen diejenigen Jahre unserer Aere Schaltjahre
sein müssen, die zunächst vor unsem Schaltjahren her-
gehen, z.B. 1823 und 182?« Uebrigens bedienen sie
sich unserer Jahrzahlen nicht, es sei denn etwa im Ver-
kehr mit den Christen. Wenn sie ein Sonnenjahr be-
zeichnen wollen, in welchen Fall sie selten kommen,
so nennen sie das Jahr der Hedschra, auf welches sein
Anfang trifft. Bei ihren Schriftstellern findet sich zu-
weilen das Jahr der seleucidischen Aere — ^Ja
L^J l5)*^^^^' tarichi iskienderi rumi — erwähnt.
Sie haben zweierlei Kalender, einen jährlichen
und einen auf eine grölsere oder kleinere Reihe von
Jahren gestellten, den man einen immerwährenden
nennen kann, weil die Regeln, die ihm zum Grunde
n. [36]
662 Technische Chronologie.
liegen, keine Aenderung erleiden. Jenem geben sie den
arabischen Namen «jyC» takwim, tabellarische An-
ordnung, diesem den persischen ^mIj;^^ ms - name,
Tagebuch. Die Einrichtung beider ist wesentlich ver-
schieden. In dem Takwim werden die ersten' Phasen,
mit denen die arabisch - türkischen Monate anfangen,
nach den cassinischen Tafeln, von denen es eine tür-
kische Uebersetzung gibt, in dem Bus-name dagegen
nach einer cyklischen Theorie angesetzt.
Herr Navoni, dem wir gründliche Untersuch an-
gen über die arabisch -türkische ZeiUnechnung veiilan-
ken^), gibt eine ausführliche Beschreibung eines im-
merwährenden mit dem Jahr 1224 der Hedschra an-
fangenden Kalenders. Ich habe einen der diezischen,
jetzt königlichen, Sammlung angehörigen, ähnlich ein-
gerichteten, nur etwas anders geordneten und mit einem
andern Jahr beginnenden, Bus-name vor Augen, des-
sen Inhalt ich, dankbar die Arbeit meines Vorgängers
benutzend, hier mittheilen und erläutern will. Was
ich darüber zu sagen gedenke, wird eine Uebersicht
über das Kalenderwesen der Türken geben, so weit es
für uns Europäer von Interesse sein kann.
Dieser Rus-name ist auf einem 29 Zoll langen
imd vierthalb Zoll breiten aufgerollten Petgamentstrei-
fen sauber geschrieben und zerfällt in fünfzehn Abthei-
lungen oder Tafeln.
*) Unter dem Titel: JHouz^namS ou Calendrier perpetuel
des Turcs, avec des remarques et des exemples sur la mo-
niere de compter les lunaisons, et avec des tables pour
irouver la correspondance des dates enire Vire turque et
l'ire vulgatre, Fundgruben des Orients B. IV. S. 38, 127
und 253.
TüRKBir. 563
Die erste besteht aus zwei Reihen von sechs klei-
nen Quadraten, welche die Namen der arabisch -türki-
schen Monate nebst der Angabe enthalten, mit welchem
Wochenlage ein jeder beginnt, wenn der Anfang des
ei*sten auf den siebenten Wochentag oder Sonnabend
trifft. Diese Tafel ist folgende:
Muharrem. Safar. Rebi I. Rebi II.
7 2 3 5
Dschemasi I. Dschemasi II. Redscheb. Schaban,
6 12 4
Ramasan. Schewwal. ' Silkade. Silhidsche.
6 7 13
Aus den Zahlen ergibt sich leicht, dafs die Länge
der Monate abwechselnd zu 30 und 29 Tagen ge-
i*ecbnet ist.
Die zweite besteht aus folgenden acht Zahlen:
15 3 7 4 2 6 4,
welche zu erkennen geben, dafs, wenn irgend ein tür-
kisches Jahr mit dem ersten Wochentage beginnt, das
zweite mit dem fünften, das dritte mit dem dritten,
das vierte mit dem siebenten u. s. w. seinen Anfang
nimmt. Da dai Jahr der Moslemen entweder 354 oder
355 Tage, also nur entweder Vier oder fünf Tage über
eine volle Wochenzahl hält, so ersieht man aus den
Intervallen der Zahlen, dafs das zweite, fünfte und sie-
bente Jahr zu 355 Tagen gerechnet sind. Diese Tafel
wird nach Herrn Navoni Li n^ Jj^«*^ dschedweU
gurre nüma, Tafel der Neumond - Anzeiger,
genannt.
Die dritte gibt in sieben kleinen Quadraten die
Namen der Wochentage vom Ah ad oder Sonntage an
mit der Nummer derselben von 1 bis 7*
[36*1
564 Technische Chronologie.
Was deu Gebrauch dieser drei Tafeln anlangt, so
ist Folgendes zu bemerken. Die cyklische Theorie der
Türken ist nicht, wie die der Araber, auf einen dreUsig-
jährigen Cyclus, sondern auf einen achtjährigen ge
gründet. Da nämlich .der erste, aus 10631 Tagen be-
stehend (2, 479), keine volle Wochenzahl hält und sich
defshalb nicht zur Grundlage eines immerwährenden
Kalenders eignet, so ist an seine Stelle der letztere ge-
setzt worden, der, wenn gleich minder genau, diesen
Yortheil gewährt. Er besteht aus fünf Gemeinjahren
zu 354 und drei Schaltjahren zu 355 Tagen, zusammen
aus 2835 Tagen oder 407 Wochen. Die Dauer des astro-
nomischen Mondjahrs zu 354 Tagen 8 St. 48' 36* acht-
mahl genommen gibt nur 2834 Tage 22 Sl 28' 48*.
Der Cyclus ist also um 1 St. 31' 12" zu lang, welcher
Ueberschufs sich nach 126 Jahren zu einem Tage an-
häuft. Sein Urheber scheint der in der letztem Hälfle
des siebzehnten Jahrhunderts lebende Türke Daren-
deli Mehemed Efendi zu sein, der dem Rns-name
seine jetzige Form gegeben haben soll *). Wenn dieser,
wie zu vermuthen steht, seinen Cyclus übereinstimmis
mit dem dreifsigjährigen geordnet hat, so müssen sich
beide seitdem um einen Tag verschoben haben, wid
dies lehrt auch ihre Vergleichung. Ehe wir aber eine
solche anstellen, müssen wir sehen, wie man vermit-
telst des Rus-name die Anfangstage der türkischen Mo-
nate findet.
Die Zahlen der ersten Tafel wollen wir nach der
Weise der europäischen Chronologen Reguläres, die
der zweiten Concurrentes nennen. Letztere aeigen,
*) Nayoni S.46 und $6,
Türken. 565
nv^ie man ^^hon aus ihrer Anzahl vermuthet haben yiirdy
eigentlich an, mit welchem Wochentage die einzelnen
Jahre des achtjährigen Gyclus ihren Anfang nehmen.
Um nun den Wochentag zu erhalten, mit welchem
irgend ein Monat in irgend einem Jahr des Cyclus be-
ginnt, nmfs man den aus der zweiten Tafel zu ent-
nehmenden Concurrens des Jahrs zu dem Regularis des
Monats in der ersten Tafel addiren und von der
Summe nÖthigenfiills 7 abziehen. Verlangt man z. B.
den Wochentag, mit welchem der Ramasan im sieben-
ten Jahr des Cyclus anfangt, so addire man die Zah-
len 6 und 5 und siü>trahire von der Summe 7« Der
Rest 4 gibt nach der dritten Tafel den Mittwoch. Um
diese höchst einfache Rechnung noch mehr zu verein-
Caichen, sind den* Wochentagen in der dritten Tafel
auch die Zahlen 8 bis 14 beigeschrieben, so dafs es
des Abzuges von 7 nicht bedarf.
Man sieht, dafs die bisher beschriebenen di«i Ta-
feln des Rus-name bei der sinnreichen Einrichtung,
die ihnen ihr Urheber gegeben hat, den Tüi*ken in
den Stand setzen, sich mit grofser Leichtigkeit für je-
des einzelne Jahr einen in Wochen gelheilten Kalender
entwerfen zu können, sobald er nur weifs, wie der
achtjährige Cyclus mit seiner bürgerlichen Aere, der
Hedschra, zusammenhängt. Zu diesem Ende findet sich
in dem Rus-name allemahl das Jahr der Hedschra,
worin die Abschrift genommen ist, über der zugehöri-
gen Zahl der zweiten Tafel bemerkt. So steht in dem
diezischen Exemplar über der Zahl 1 das Jahr 1199,
zum Zeichen, dafs dasselbe das erste des achtjährigen
Cyclus ist. Da 1199 durch 8 dividirt den Rest 7 gibt,
so entspreohen
566 Technische Chronologie.
den Resten 12345670
die Jahre 3 4 5 6 7 8 12.
Z. B. das jetzt laUffende 1 240ste Jahr der Hedschra ist
das zweite des aohtjäbrigea Cjclns.-* Schade nur, da(s
der Rus-name die Anfangstage der Monate nicht für
immer übereinstimmig mit dem Himmel gibt! Alle
126 Jahre müssen die Zahlen der zweiten Tafel um eine
Einheit vermindert werden, wenn sie mit dem dretfsig^-
jährigen Cyclus, der sich erst in dritthalbtausend Jah-
ren um einen Tag verschiebt, in Einklang bleiben aal-
len. Für die jetzige Zeit sind sie also zu stellen:
7 4 2 6 3 15 3,
Um dem Leser Gelegenheit zu geben, das Verhält-
nifs beider Cykel zu einander und zum Himmel be-
quem übersehen zu können, setze ich hier die Wochen-
tage her, mit denen die Monate des Jahrs 1240 im
acht- und im dreifsigjährigen Cyclus anfangen, nebst
Bemerkung des Zeitpunkts der wahren Conjunction un-
ter dem Meridian von Constantinopel.
Türken.
56.T.
•
§
O O. rN O
a
9
g
^ c^ t-- o>
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xHOf^a^^>r3■of0
^ »f ?t P
im Rus-
name.
r3■^ß0^DX>fo^^ß<^
\> ?t Of 0
Monate.
•
Muharrem
Safar
Rebiül-ewwel
Rebiül-acblr
Dschemasiiil - ewwel
Dschemasiül - achir
Redscheb
Schaban
Ramasan
Schewwal
Silkade
Silhidsche
Erwägt man, dafs die Moslemen ihre bürgerlichen
Tage mit dem Untergange der Sonne anfangen, z. B. den
Sonntag am Abend unsers Sonnabends, so sieht man,
dais der 30jährige Cydus meistens die Tage der Con-
junction gibt und der Rus-name sich mehr den ersten
568 Technische Chronologie.
Phasen nähert. Setzt man die Epoche der Hedsdna
auf den 16. Julius (2, 484), so stimmt der Rus-name
fiir die jetzige Zeit mit dem 30jährigen Cydus voll-
kommen und mit den Phasen grofsentheils überein,
und hierin liegt ohne Zweifel der Grund, warum sich
die europaischen Chronologen fast allgemein fiir diesen
Epochentag erklären.
Der Takwim oder jährliche Kalender der Tni^
ken, weldier die Tage der ersten Phase, bei deren Be-
stimmung es auf die jedesmahlige Lage der Mondbahn
am tVesthimmel ankommt, nach astronomischer Be-
rechnung gibt (2, 562), muls öfters vom Rus-name ab-
weichen, wie auch eine von Hm. Navoni^) angeslellle
Yergleichung beider fiir ein bestimmtes Jahr lehrt. Hier
entsteht nun die Frage, nach welchem Kalender die
Türken in dergleichen Fällen eigentlich datiren. Dies
scheint ihnen ziemlich gleichgültig zu sein, wie schon
daraus erhellet, dafs sie sich in dem Falle, wo ihre
Religion eine genaue Datirung erfordert, weder nach
dem Rus-name, noch nach dem Takwim, sondern un-
mittelbar nach dem Himmel richten, so dais sie an die-
sem gleichsam noch einen dritten Kalender haben. Sie
müssen nämlich ihre gesetzmfiisigen Fasten mit dem
Untei|;ange der Sonne an dem Tage anfangen, wo sich
der neue Mond des Ramasan zuerst in der AbenddiEm-
merung zeigt, und ihr Baimmfest mit der ersten Phase
des folgenden Monats Schewwal feiern. Hiebei verlas-
sen sie sich auf keine Rechnung. Um sich im voraus
des Tages zu versichern, wo der neue Mond des Ra-
masan gesehen werden sollte, im Fall dann etwa trübe
Witterung eintreten möchte, fangen sie ihre Beobach-
«) 5.142.
I
L
Türken. 569
tungen schon zwei Monate früher an« Zu dem Ende
begibt man sich in den vornehmsten Städten des Reichs,
Constantinopel, Adrianopel und anderswo, bereits am
27« Dschemasiül-achir auf die Anhöhen, um den neuen
Mond des Redscheb zu erwarten. Sobald man die Sichel
gesehen hat, geht man zum Kadsi oder Richter des
Orts, der beauftragt ist, die Aussagen der Beobachter
zu vergleichen und das darüber aufgenommene Proto-
koll, Uam genannt, an den Stambol Efendisi oder
Polioeipräsidenten der Hauptstadt zu senden. Eben so
verfährt man mit dem Neumonde des Schaban. Hier*
nach bestimmt der Stambol Efendisi den ersten Tag
des Ramasan, indem er von der letzten Beobachtung
im Schaban 30 Tage vorwärts zahlt, ohne auf den Ka-
lender des Münedschim Baschi oder ersten Astrono-
men, die mindeste Rücksicht zu nehmen. Dieser erste
Ramasan nun wird im Augenblick seines Anfanges, d.i.
unmittelbar nach Untei^ng der Sonne, dem Volke
durch Artilleriesalven und Erleuchtung sämmtlicher Mi-
narets verkündigt. Die Beobachtungen, die den AnfiaDg
des Ramasan gegeben haben, dienen bei trüber Witte-
rung auch zur Bestimmung des Bairamfestes '). Auf
diese Weise ist es sehr wohl möglich, dafs es drei ver-
schiedene Anfänge für die Monate vom Redscheb bis
Schewwal geben könne, einen cyklischen, einen astro-
nomisch bestimmten und einen beobachteten* Wenn
man daher ein türkisches Datum auf unsere Zeitrech-
nung zu bringen hat, so muls man, um seiner Sache
gewifs zu sein, zugleich den Wochentag kennen, den
die Türken glücklicherweise selten bei einem Datum
zu bemerken vergessen.
') Navoni S.48.
670
Technische Chrvnologie, '
Die drei Tafeln des Rus-name, die bisher er-
klärt worden sind, beziehen sich auf das arabisch -tür-
kische Mondjahr. Die übrigen betreffen das Son-
nenjahr.
Die vierte enthält folgende 28 in einer Linie
geschriebene Ziffern:
123467 1 2456723457 123567 1 3456
Ueber der äufsersten zur Linken ^ ) steht die Jahi*^
zahl 1198.
Die fünfte gibt in zwölf kleinen Yierecken die
Namen der Monate des Sonnenjahrs mit daneben ge-
setzten Ziffern wie folgt:
3 i
3 g c
BT* DT
5» J-* a s ^
p p c:. ;:. r*
2 8 2 8
(b
er*
513614725736
Mit den Zahlen dieser beiden Tafeln hat es fol-
gende Bewandniüs. Wie wir oben (2, 185) gesehen
haben, kehren die Wochentage im julianischen Kalen-
der erst nach 28 Jahren, dem sogenannten Sonnen-
cirkel, in ihr ursprüngliches Verhältnifs zu den Mo-
natstagen zurück. Die 28 Zahlen der vierten Tafel sind
nun so geordnet, dafs, wenn irgend ein Jahr mit dem
Wochentage, den die erste Zahl angibt, seinen Anfang
nimmt, die folgenden 27 mit den Wochentagen begin-
nen, welche der Reihe nach durch die übrigen 27 Zah-
') Im Original zur Rechten.
Türken. 671
len bezeichnet vrerden. Yoian steht in dem jedes-
mahligen Rus-name diejenige Zahl, wodurch man die
Wochentage des Sonnenjahrs findet, dessen An&ng auf
das darüber gesetzte Jahr der Hedschra trifft, hier also
des Jahrs, das vom 1. März; 1784 a. St. bis dahin l78ä
reicht; denn das Jahr 1198 fängt 1783 mit dem 14.No*
vemBer a. St« an. Hier macht 1 den Anfang, und ad-«
dirt man diese Zahl zu derjenigen, die dem jedes-
mahligen Monat beigeschrieben ist, so erhält man den
Wochentag, mit welchem der Monat seinen Anfang
nimmt. So beginnt im Jahr 1784 der alte März mit
dem Freitag, der April mit dem Montag, der Mai mit
dem Mittwoch u. s. w. Die Zahlen in der Monatstafel
bleiben immer dieselben; nur von den 28 Zahlen des
Sonnencirkels gehört zu jedem Jahr eine andere, zu
1785 die zweite, zu 1786 die dritte u. s. w.
Die sechste Tafel des Rus-name soll die Tage
des Sonnenjahrs angeben, auf welche durch alle Jahre
des 19jährigen Mondcirkels, oder, wie wir uns auszu-*
di*ücken pflegen, für jede güldene Zahl, die mitt-
leren Neumonde treffen. Sie ist also unserm im-
merwährenden julianischen Kalender (2, 194)
analog, nur dals im Rus-name unter dem Neumonde
nicht die Conjunction, sondern die ein oder ein paar
Tage später eintretende erste Phase zu verstehen ist,
mit der die arabisch- türkischen Monate ihren Anfang
zu nehmen pflegen. Von dem Gebrauch dieser Tafel
soll sogleich das Nöthige gesagt Werden, wenn wir erst
gesehen haben, wie die Türken ihre güldenen Zahlen
bestimmen. Für jetzt bemerke ich nur, dafs als Titel
der sechsten Tafel zugleich die fünfte dient. Jene be-
steht nämlich aus 13 Spalten, von denen die erste die
Ueberschrift JLm 6^0^ dschedweti sal, Jahrtafel,
672 Technische Chronologie.
hat, und die übrigen 12 mit den Monaten des Sem-
nenjahn vom Mart an beieichnet sind.
Die siebente eben so angeordnete Tafel soll die
Stunden der mittleren Neumonde durch alle Jahre
und Monate des neunzehnjährigen Cydus anzeigen; da
aber 235 synodische Monate in ihrer mittleren Dauer
um anderthalb Stunden kürzer als 19 julianische Jahre
sind, die Stunden der mittleren Neumonde sich also von
einem 19jährigen Cydus zum andern verschieben, so
ist es widersinnig, sie in einem immerwährenden Ka-
lender angeben zu wollen, zumal da hier nicht von
den Q>njunctionen, die sich zu jeder Stunde ereignen
können, sondern von den ersten Phasen die Rede ist,
die allemahl nach Sonnenuntergang gesehen weiden.
Es ist ganz unbegreiflich, was sich der Urheber des
Rus-name dabei gedacht haben mag^). Durch drei
untereinander gesetzte Striche werden die Tages-, und
durch einen einzigen etwas langem Strich die Nacht-
stunden (2,559) angedeutet.
Die achte Tafel ist in zehn Spalten abgetheilt.
Die erste mit dem Titel ^Oä^ ^^^ honjfi hafta, die
sieben Buchstaben, enthält dieselben, hier mit
Buchstaben angedeuteten, 28 Zahlen untereinander, die
in der vierten Tafel nebeneinander stehen '). Diese Zah-
*) Der Abt Toderini behauptet auf die Autorität des For-
sten Gantimir, der Rus-name des Darendeli Mehemed
Efendi gebe den Tag, die Stunde, ja sogar die Minute ei-
ner jeden Lunation mit Genauigkeit an! Letteraiura iurchesca
Tom. I. p. l60. Nicht einmahl fiir die Tage gibt es einen im*
merwährenden Kalender; denn der Mondciikel verschiebt sich
alle 310 Jahre um einen Tag (2, 198).
') Die sieben Buchstaben, die immer wiederkehren, sind
5 = 1, v«2, g.«3, ^«4, s = 5,3 = 6,j«7 (2,494).
T Sil KEN« 573
len sind roth geschrieben, nur jede vierte, die einem
Schaltjahr angehört, schwari« Die zweite Spalte, ^jli
J^t tarichi etmve/, erste Jahrtafel, betitelt, gibt die
Jahre von 1198 bis 1226. In der 24sten Reihe stehen
die Jahrzahlen 1221 und 1222 neben einander, die eine
schwarz, die andere roth, zum Zeichen, dafs diese bei-
den Jahre der Hedschra in einerlei Sonnenjahr anfan-
gen, nämlich zwischen dem I.März 1806 und dem
1. März 1807 a. Sl, jenes am 8. März, dieses am 26. Fe-
bruar. Die dritte Spalte mit der Ueberschrift JLm sal,
-Jahr, enthält die güldenen Zahlen. So zeigt die Zahl IS
neben 1198 an, dals das Sonnenjahr, welches 1198 der
Hedschra oder 1784 n. Chr. anfängt, das fünfzehnte des
türkischen Mondcirkels ist« Die vierte Spalte, .31 Ji^^X«
medchali adser, Eintritt des März, betitelt gibt den
Monat des arabisch -türiiischen Jahrs, auf den der An-
fang des Sonnenjahrs trifll. Neben 1198 z.B. steht der
Buchstabe^ ^ welcher anzeigt, dafs der I.März a. St. un-
sers 1784sten Jahrs auf den Rebinl-achir fallt. Die Mo-
nate sind hier durch folgende Abbreviaturen angedeutet:
d» Muharrem v^j Redscheb
{jo Safar j& Schaban
t. Rebiül-ewwel q Ramasan
j Rebiül-achir J Schewwal
L> Dschemasiül-ewwel 13 Silkade
— Dschemasiül-achir 6 Silhidsche.
Die fünfte, sechste und siebente Spalte, so wie die achte,
neunte und zehnte, enthalten die Fortsetzung der zweiten,
dritten und vierten bis zum Jahr 1283 der Hedschra oder
1866 unserer Zeitrechnung, als so weit unser Rus-name
unmittelbar zu gebrauchen ist. Die fünfte ist ^^Ij ^Jj
tarichi sani, zweite Jahrtafel, die achte \S>Sj ^Jj
tarichi saUs, dritte Jahrtafel, überschrieben.
574 Technische Chronologie.
Mit Hülfe der bisherigen Tafeln sind wir nun im
Stande, für jedes türkische Sonnen jähr bis 1283 der
Hedschra einen Kalender zu entwerfen, der den Wocbea-
tag, mit dem jeder Monat anfangt, den mittleren auf
jeden Monat treifenden Neumond (dieses Wort im tür-
kischen Sinn genommen) und den Wochentag enthält,
dem der Anfang eines jeden zugehörigen arabisch -tür-
kischen Monats entspricht. Soll z. B. ein solcher für das
Sonnenjahr vom 1. Mäi*z 1825 bis dahin 1826 construirt
werden, so mufs man zuei'st das Jahr der Hedschra
suchen, auf welches der Anfang dieses Sonnenjahi-s trifft.
Hat man keine Tafel der arabischen Jahre zur Hand,
so mufs man eine oben (2, 493) aufgestellte Regel in
Anwendung bringen. Auf eine oder die andere Weise
findet sich das Jahr 1240. Diesem gehört nach der
achten Tafel die 2^hl 3 des Sonnencirkels und die gül*
dene Zahl 18 an. Mit Hülfe der ersten ergeben sich
aus der vierten und fünften Tafel folgende Anfänge der
Monate des Sonnenjahrs:
März 0 Julius* 5 November ©
April 2 August t? December ^
Mai 9 September ^ Januar 9
Junius ([ Oktober 2|- Februar C,
welches auch wirklich die Wochentage sind, mit denen
nach dem alten Kalender die Monate in dem gedach-
ten Zeitraum beginnen.
Unser Jahr 1825 hat die güldene Zahl 2. Da mm
die des türkischen Kalenders 18 ist, so erhellet, dais
man von unserer güldenen Zahl 3 abzuziehen habe, um
sie in die türkische zu verwandeln. Es scheint also
der türkische Mondcirkel nur eine Kopie desjenigen su
sein, den die europäischen Chronologen lunaris nen-
nen (2, 237)* Mach der sechsten Tafel gehören der
Türken. 676
güldenen Zahl 18 die DaU 9, 7, 6, 5, 4, 3, 2, ^, 30,
29, 28, 27 an, d. i. im Verlauf des gedachten Sonnen^
jalirs sollen nach dem allen Kalender die Neumonde
treffen auf den
9. März 2. September
7. April 1« und 31. Oktober
6. Mai 30. November
5. Junius 29. December
4. Julius 28. Januar
3. August 27. Februar.
Yeigleicht man hiermit die Tage der wirklichen Neu-
monde im allen Kalender, so ergibt sich, dafs die tür-
kischen ein oder zwei Tage spaier eintreiTen, wie es
auch das Wesen derselben mit sich bringt. Hiebei be-
merke ich noch, dafs in der sechsten Tafel neben der
güldenen Zahl 15 unter dem Monat Schubat oder Fe-
bruar das Wort v^L> chcdi, leer, sieht, wodurch an-
gezeigt werden soll, dafs auf den 28Ugigen Februar des
fünfzehnten Jahrs des Mondcirkels (1823) gar kein Neu-
mond trifft.
Die cyklischen Neumonde oder vielmehr ersten Pha-
sen sollten eigentlich die Anfänge der arabisch- türkischen
Monate sein. Bei'echnet man aber aus den drei ersten,
Tafeln die Anfänge der faieher gehörigen Monate der
Jahre 1240 und 1241 der Hedschra oder des zweiten
und dritten des achtjährigen Cydus vom Schaban aa
(der Anfang des in Rede stehenden Sonnenjahrs trifl^
nach der achten Tafel auf den Redscheb), so findet
sich mehrmals eine Abweichung von einem Tage, um»
welchen die Anfange der Monate spaier als die cykli-«
schien Phasen eintreffen. Wozu also die cyklischen.
Neumonde eigentlich nützen sollen, ist schwer zu
sagen.
ö76 Technische Chronologie.
Die neunte Tafel gibt von fiinf zu fanf Ta-
gen des Sonnen Jahrs in fänf Spalten an: ys^ f^^ tului
fedschr^ den Anbruch der Morgendämmerung;
,j«M-Ä p^ib tubd schems, den Aufgang der Sonne;
j^ sii^^ wakti suhr, die Mittagszeit; ya^ s±>«3^
wakti asr, die Mitte zwischen Mittag und Son-
nenuntergang, und Lä^ \zyS^ wakti ischa, die
Stunde des letzten Gebets, Die Hälfte des Jahrs
vom Winter- zum Sommersolstitium findet sich rechts
von oben nach unten» die andere links von unten nach
oben, so dals immer zwei Tage, die gleichen Abstand
von einerlei Sonnenwende haben, einander gegenüber
stehen, z.B. der lO.Mart, der Tag der Frühlingsnacht-
gleiche, dem ll.Eilul, dem Tage der Herbstnachtgleiche.
Vom Wesen der türkischen Stunden ist schon die Rede
gewesen. Da sie gleichförmige sind und in zwei Ab-
satzen zu je zwölf gezahlt werden, so darf man sich
nicht wundern, den Anbruch der Morgendämmerung
um die Gegend des Wintersolstitiums mit einer Ta-
gesstunde angesetzt zu sehen.
Von ähnlicher Anordnung sind die sechs letzten
Tafeln des Rus-name. Sie geben für jeden Tag des
Sonnenjahrs den Grad der Ekliptik, die Dauer
des Tages und der Nacht und die Stunde —
o^cLm saat — und Minute — «iuÄ> dakike — folgen-
der Zeiten: 1) des Mittags; 2) der Zeit, die in der
neunten Tafel wakti asr genannt bt und hier J^t
asr^ewwel, der erste Asr, heilst, womit 3) ^lj
asr'Sani, der zweite Asr, zusammenhängt. Der erste
Asr ist die Zeit eines der fiinf vom Gesetz vorgeschrie-
benen Gebete» Der zweite wird .'zu Mekka noch als eine
sechste Zeit des Gebets beobachtet, und dient auch an*
derswo den frommen Moslemen als Aushülfe, wenn sie
T ü a K E BT. 677
•
das zweite und dritte Tagesgebet yersäumt haben; sie
können dann das Mittagsgebet zwischen den Zeiten Asr-
ewwel und Asr-sani, und das -des Asr-ewwel zur Zeit
Asr-sani halten. Der Zwischenraum zwischen den bei-
den Asr beträgt nach Verschiedenheit der Jahrszelten
36 bis 69 Minuten. 4) L&c ischa, die Zeit des letz-
ten Gebets; 5) (i^LMyot imsak, Abstinenz, d.i. die
Zeit, wo man im Ramasan (der durch alle Jahrszeiten
kreiset) vor Anbruch des Tages sich des Essens und
Trinkens zu enthalten anfangen mufs ; 6) aLö Jdble,
die Zeit, wo die Sonne zu Constantinopel und in der
Umgegend nach der Richtung von Mekka steht, wo-
hin sich der betend^ Moslem überall zu wenden hat;
7) v^^^\j:o zahwe, eine mittlere Zeit zwischen Aufgang
der Sonne und Mittag, auf welcher keine besondere
Verpflichtung haftet.
Am Rande des Rus-name findet sich eine kleine
Tafel mit der Ueberschrift oLAM.:$\i l»bt tjami nahissat,
unglückliche Tage, an denen man bei Uebemahme
eines Geschäfts Unglück befürchtet. Im Muharrem sind
es der dritte und siebente, im Safer der zweite und
einundzwanzigste u. s.w. Was sonst am Rande umher-
steht, mufs ich übergehen, da es in der mir unbekann-
ten türkischen Sprache geschrieben ist. So viel ich aus
einer mir etwas dunkeln Uebersetzung ersehe, die mir
Hr. V. Diez davon zu machen sich die Mühe gegeben
hat, sind es meistens meteorologische und astrologische
Bemerkungen, die für uns kein Interesse haben, z. B.
vvann die erste und letzte Alteweiber -Kälte eintreten,
vvann die Galle und das Phlegma herrschen und der-
gleichen mehr.
!Noch bemerke ich, dafs in den Takwims oder
jährlichen Kalendern der Türken, die aus den astrono-
U. [37]
67^ Technische Chronologie.
mischen Tafeln berechnet werden (2, 562), das
syrische und koptische Datum des Tages, an welchem
die Sonne in den Widder tritt, oben an lu stehen
pflegt. Hr. Navoni hatte einen solchen Takwini auf
das Jahr 1224 der Hedschra vor Augen ^), in welchem
die Frühlingsnachtgleiche auf den 5. Safer gesetzt und
dieses Datum mit dem 9. Azer des Jahrs 2120 der
griechischen (seleucidischen) und dem 13. Bermehat des
Jahrs 152ä der koptischen (diodetianischen) Acre ver-
glichen war. Es ist der 9. März a.St. unsers Jahrs 1809
gemeint, an welchem wirklich der Eintritt der Sonne
in den Widder erfolgt ist. Die türkischen Kalender-
mAcher nennen diesen Tag nach persischer Weise Neu-
rusi sultani und Caingen gewöhnlich mit ihm ihr
Sonnenjahr an. Man hat demnach ein astronomi-
sches und bürgerliches Sonnenjahr der Türken
zu unterscheiden. Letzteres fängt, wie wir gesehen ha-
ben, acht bis neun Tage früher an, als ersteres.
Ich hatte die Absicht, in diesem Abschnitte auch
von der Zeitrechnung der alten Tataren zu han-
deln, die uns Ulug Begh in seinem oft citirten Werke
unter der BeneuDung ^^^.l^ Lta^- ^Ij tdrichi C/uUd tve
Igur kennen lehrt. Um aber die mir bei diesem Hand-
buche gesteckten Grenzen nicht allzuweit zu überschrei-
ten, begnüge ich mich, den Liebhaber chronologischer
Untersuchungen auf diese ganz eigenthümliche Zeit-
rechnung aufmerksam gemacht zu haben.
*) S.57.
1
Erläuterungen und Zusätze.
[37']
Erläuterungen und Zusätze
zum
ersten Bande.
S. 49. X^ie Umlaufszelt ist bis jetzt nar
von zweien mit Sicherheit bekannt. — Zu den
beiden hier angeführten Kometen, von denen der
zweite im Jahr 1825 an der Stelle, wo man ihn er-
wartete, wieder gesehen worden, ist vo^ Kurzem noch
ein dritter gekommen, den man bis jetzt dreimahl,
1772, 1805 und 1826 beobachtet hat. Ueber die Iden-
tität kann kein Zweifel obwalten. Er erleidet aber so
starke Störungen, dafs sich seine Umlaufszeit nicht mit
Bestimmtheit angeben läfst. Von 1772 bis 1805 hat er
fünf und von 1805 bis 1826 drei Umläufe gemacht, so
dafs seine Umlaufszeit im Mittel etwa 6-|- Jahre beträgt.
S. 57. Wird unten an einem Beispiel ge-
zeigt werden. — Die Data der jährlichen Auf- und
Untergänge des Regulus, wie sie im Text angegeben
sind (1, 51), werden auf folgende Weise gefunden. In der
umstehenden Figur sei SAN der Meridian, SON der
östliche Horizont;, AO(^ der Aequator, ECF die Eklip-
tik, R der aufgehende Stern, RB seine Abweichung
und BC seine Entfernung vom Herbstäquinoctialpunkt
im Aequator gerechnet/
582 EiiäiUerungen
Für unsere Zeit ist Äff =12" 56', 5C=30° 33', die
Schiefe der Ekliptik C = 23" 28', für Berlin die Aeqna-
torhöhe ROB^ZV 29'. Zuvörderst ist
tg ROB : tg ÄÄ = r : sin OB.
lg tg 12*» 56' = 9, 361053
Dek. Erg. lg tg 37° 29^ = 0, 115281
Igsin 17^25'= 9, 476334
Es ist also OC^OB + BC=:iV 58'. Ist femer Ol
senkrecht auf ECF^ so hat man
r:cosC= tg OC: tg IC
r:sin C = sin OC: sin Ol
r; tg C=cosOC:cotCO/.
lg cos 23° 28'= 9,962508
lg tg 47° 58'= 10,045055
Igtg
45°
23°
47°
17°
23*°
47°
30* =
10,007563
lg sin
lg sin
Ig sin
28'»
58' =
12' =
9,600118
9, 870846
9, 470964
Igtg
lg cos
28'<B>
58'=
9,637611
9,825791
lgoot73°48'= 9,463402
und Zusätze. 683
DOI = COI - COD = 36 M 9'. In dem rechtwinkligen
Dmeck DOI ist
r : cos /O « sin DOI : cos ODI
r:sin/0« tg DOI\ lg /J?.
lg cos 17^ 12'« 9,980130
lg sin 36^ ly« 9, 772503
Igcos 55^*33'== 9, 752633
lg sin 17° 12'= 9,470964
lg tg36° 19' =«9, 866300
Igtg 12° 16'= 9,337264
J9C=/C — /J9 = 33M4'. Es ist also die Länge der
Sonne beim wahren Frühaufgange des Sterns
180° -33° 14' = 146° 46' = 26° n 46', also ihre Länge
beim wahren Spätaufgange 26^tat^6\ Jene er-
reicht sie in einem Jahr, welches die Mitte zweier
Schalljahre hält, z. B. 1826, am 20. August, diese am
15. Februar. Ist H der Ort der Sonne zur Zeit des
scheinbaren Fiithaufganges des Slems und ihre senk-
rechte Tiefe GH unter dem Horizont oder der Sehungs-
bogen des Sterns =11°, so hat man
sin GDH : sin GH t=r: sin DH.
lg sin 11° =9,280599
Dek. Erg. lg sin 55° 3^ = 0,083746
lg sin 13° 23'= 9,364345
Mithin ist die Lauge der Sonne beim scheinba-
ren Frühaufgange des Sterns 26° O ^6'+ 13° 23'
= 10° np 9^, und diese erreicht sie am 3. September.
Für den scheinbaren Spätaufgang mufs 6£r=7° gesetzt
werden; dann hat man
lg sin 7° =9,085895
Dek. Erg. lg sin 55 ° 33' = 0,083746
lg sin 8° 30^ = 9, 169641
584 Erläuterungen
Dieser Bogen mufii von der Länge der Sonne behn
wahren Spätaufgange, nämlich 26^::; 46', abgezogen wer-
den, und so ergibt sich zur Länge der Sonne beim
scheinbaren Spätaufgange des Sterns IS^s^^lö',
und diese Länge erreicht sie am 7- Februar.
Um die Tage der Untergänge zu erhalten, sei NWS
der Westhorizont und jR der untergehende Stern, übri-
gens aber alles auf gleiche Weise bezeichnet.
Vermittelst der gedachten Proportionen findet sich
^5= 17° 25' C^/=r67° 5'
5C= 30° 33' J?^/= 75° 26'
ff^C=13° 8' «^J?/=15°27'
/C«12'» 5' /JD^ig^lC
FTI^ 5° 11' 2?C=31M5'
Hieraus ergibt sich die Länge der Sonne beim wah-
ren Spätuntergange 28°n45', und beim wahren
Friihuntergange 28°:s^45'. Jene erreicht sie den
22. August, diese den 17- Februar. Für 11° Sehnngs-
bogen ist GÄ«4S° 45' und für 7° = 27° 13'. Es ist
also die Länge der Sonne beim scheinbaren Spätun-
tergange 13° 69 CK, und beim scheinbaren Früh-
und Zusätze. 585
Untergänge 25^X^8'» j^^^ b^^ ^^^ ^®° S.Julius,
diese den 17* März.
Will man die bei den Alten vorkommenden Auf-
und Untergänge berechnen, so kommt es dabei auf fol-
gende Umstände an: 1) auf die Pol höhe. Die Rech-
nung wird für drei Polhöhen anzustellen sein, für die
von Rom, von Athen und von Alezandrien. Die erste
ist 41° 54', die zweite 38% die dritte 31° 11'. Sosi-
gen es, der astronomische Rathgeber Cäsar's, ein
Alexandriner, scheint mehrere Auf- und Untei^nge
ohne Reduction aus dem ägyptischen Kalender in den
römischen gesetzt zu haben, und es wird daher, wenn
die aus Cäsar's Kalender entlehnten Angaben bei
Ovid, Plinius und Columella zu grell von dem
abweichen, was die Polhöhe Roms erfordert, zunächst
auf die von Alezandrien zurückgegangen werden müs-
sen. 2) Auf die Yorrückung der Nachtgleichen.
Man wird besonders für drei Epochen zu rechnen ha-
ben, für die Zeit des Cäsar (44 v. Chr.), für die des
Meton und Hippocirates (432 v. Chr.) und für die
des Hesiodus (800 v. Chr.). Im ersten Fall sind von
den jetzigen Längen der Sterne 26° 5', im zweiten
31° 28', im dritten 36° 36' abzuziehen. Aus den Lan-
gen und unveränderten Breiten müssen dann die ge-
raden Aufsteigungen und Abweichungen hergeleitet wer-
den. 3) Auf die Schiefe der Ekliptik. Diese ist
nach den astronomischen Tafeln für die erste Zeit auf
23° 43', für die zweite auf 23° 46', für die dritte auf
23° 48' zu setzen. 4) Auf den Sehungsbogen. Von
dem Sehungsbogen der Sterne erster und zweiter Grofse,
die hier hauptsächlich in Betracht kommen, ist oben (1)54)
gehandelt worden. Da aber von den Alten auch mit-
586 Erläuterungen
unter Sterne dritter Grö&e, z. B. die des Delphins, pi
vierter, wie die des Bechers, erwähnt werden, so kann
man den Sehungsbogen für jene zu 16 und 10, für
diese zu 17 und 14 Grad annehmen. S) Auf den dem
jedesmahligen Ort der Sonne entsprechenden Monats-
tag. Dieser mufs aus den astronomischen Tafeln be-
rechnet werden. Da es indessen hier nur auf ganze
Tage ankommt, so kann man sich der oben (1> 58) für
die drei gedachten Zeiten angegebenen Tage der Früh-
lingsnachtgleiche bedienen. Findet sich z. B., dals zur
Zeit des Hesiodus der Frühaufgang des Arktor bei
einer Länge von 16° np 17' erfolgt sein soll, so er-
reicht die Sonne diese jetzt den 9. September neuen
oder 28. August alten Stils, und da die Jahrpunkte
damals 20 bis 21 Tage später im Kalender eintrafen,
als jetzt, so mufs statt des 28. August der 17te oder
18. September als der Tag gesetzt werden, der zur
Zeit dieses Dichters dasselbe Yerhältniis zur Nacht-
gleiche hatte.
S. 68. Auch die Mexikaner hatten wesent-
lich das julianische Jahr.— Die Nachrichten,
welche sieb in den altern spanischen Schriftstellern über
die Zeitrechnung der Mexikaner finden, sind unsicher
und widersprechend. Erst in neuem 2^iten ist die-
ser Gegenstand durch die gründlichen Untersuchungen
des Mexikaners D. Antonio Leone Gama aufge-
klärt worden, in einem Werke, das er auf Veranlassung
eines im Jahr 1790 zu Mexiko gefundenen, den Ka-
lender der alten Mexikaner darstellenden, Relie£i in
Basalt geschrieben hat. Es führt in der italiänischen
XJebersetzuBg, die ich vor mir habe, den Titel: Saggio
delT /istronomia, Cronologia e Mitologia degli
und Zusätze. 587
Messicani (Rom 1804, S). Eine nach diesem Werke
gearbeitete und mit interessanten Rückblicken auf die
Zeitrechnung der ostasiatischen Völker begleitete Ueber-
feicht über das mexikanische Kalenderwesen gibt Herr
Alex. Y. Humboldt in seinen ^ues des CordiUdres
et monwnens des peuples indigenes de VAmerique von
S. 125 bis 194.
S. 77* Eine Aufgabe der unbestimmten
Anal jtiL — Es sei j: die Zahl, vrelche durch 28 divi-
dirt den Rest 10, durch 19 dividirt den Rest 2 und
durch 15 dividirt den Rest 4 gibt. Zuvörderst mufs
also ^g^ eine g^nze Zahl sein. Diese as A gesetzt,
hat man xss^2^A+\0. Es soll ferner —^ oder ^'*'
sr 2f + ^-^ — eine ganze Zahl sein. Ist dies eine solche,
so ist es auch ^ ^ , und wird die letztere mit B be-
zeichnet, so hat man ^ = -^-- — =s2Ä-f----. Dies soll
eine ganze Zahl sein, folglich mufs auch -— eine
solche sein, und bezeichnet man dieselbe mit C> so
hat man j9a=9C+8. Substituirt man diesen Werth
in den von A^ so erhält man ^^a= 19 C+ 16, und setzt
man diesen Werth von A in den von x^ so entsteht
jcs=532C-h458. Es soll aber wieder ^^s oder ' ^^^
=s:35 C-f-30-f-^-^ eine ganze Z^ahl sein. Ist dies eine
solche, so bt es auch ^—^^ und wird diese Zahl mit
jD bezeichnet, so hat man Cs2 2> + 't~^* Dies soll
JD-4 '
eine ganze Zahl sein; es ist also auch — ^sfeine ganze
Zahl, mithin D^^^E + k. Setzt man diesen Werth
von D in den für C, so erhält man CaslSf-f-S,
und substituirt man diesen Werth von C wieder in die
Gleichcmg arsS32 C-f-458, so ergibt sich
X = 7980 E -f. 4714.
688 Erläuterungen
In diese Gleicbung kann man nun nacheinander för E
alle mögUche ganze Zahlen mit Einschlufs der 0 seuen,
und erhält so fiir x alle die Zahlen, welche der an-
fänglich gesetzten Bedingung Genüge lebten. Am ein-
fachsten ist es, für E den Werth 0 zu nehmen. Man
erhält dann für x den Werth, welcher der ersten nodi
nicht abgelaufenen julianischen Periode entspricht, näm-
lich 4714.
S. 78. Aus den delambreschen Sonnenta-
feln. ^ Gatterer gibt in seinem Abrifs der Chro-
nologie S. 25 ff. eine dreifisiche Art, die Jahrpunkte za
berechnen, die des Beveridge, des Strauch und
seine eigene. Es ist aber mit solchen Rechnungen
nichts anzufangen, wenn man diese Zeiten auch nur
bis auf einige Stunden genau zu erhalten wünscht, und
man mufs sich durch den Anschein von Schärfe, den
er in seinen Calcul bringt, nicht täusdien lassen. Ver-
langte man die mittleren Jahrpunkte, ich meine die Zei-
ten, wo die Sonne zufolge ihrer mittleren (gleichfärmi-
gen) Bewegung in die vier Hauptpunkte, ihrer Bahn
tritt, so könnte man allenfiBlls nach Beveridge 's,
Strauch's oder Gatterer's Methode rechnen; kommt
es aber auf die wahren Zeitpunkte dieses Eintritts an,
und noch dazu fiir sehr entfernte Epochen, so mufs
man sie mit Hülfe astronomischer Tafeln suchen; denn
da die groise Axe der Sonnenbahn beweglich ist, so
wird ihre Mittelpunktsgleichung in den vier Jahrpunk-
ten allmählig eine andere (1,35).
S. 92. ^MaiiTog, annus, Jahr. ^ '£yiauro$ leitet
schon Plato im Gratylus*) von h iam^ ab, wenn
') P. 4lO ed. Steph.
und Zusätze. 689
er gleich dabei an keinen Kreislauf denkt. Lydus
sagt ^ ) : 2ujii7rXi}/3ovjiievo$ (o himrro^) au^*!; zl^ iavrw dva^
g-piif>£h >^ TOL\m\ hiAVTo^ wvojmo-^ irapoL ro iv iavrt^ Kt-
veTcrSrou. Aus dieser Etymologie hat man sich das xp^
viwv Itwv nakaxcfo^ hnaarro^ heim Aristophanes zu er-
klären '). Eben dahin deuten die Epitheta nipirpoidm^
TTtpiTsXKoiuvog und TTE^i^XojtxevQ^, die Homer so häufig
gebraucht, i?enn er vom Jahr spricht (1,260), und das
römische annus vertens, nach Censorinus^) die Be-
nennung des tropischen Jahrs. Von gleicher Kraft
ist das altgriechische KvKaßa;^ das sich ein paarmahl
beim Homer *)i besonders aber auf Münzen und In*
Schriften findet, und nichts anders, als Sonnen- oder
Lichtgang sein kann. Es li^t dabei vermuthlich
einerlei Stammwort mit dem lateinischen lux zum
Grunde *)• Das römische anruu bezeichnet seinem Ur-
sprünge nach ebenfisills nichts anders als einen Kreis-
lauf. Annulus ist davon eben so das Deminutiv, wie
circubis vom gleichbedeutenden circus '). Schon dem
Yirgll schwebte diese Etymologie vor, wenn er sagt^):
. • • . Redit agricolis labor actus in orbem,
Atquß in se sua per 'vestigia volvitur annus.
Das hebräische nsv schanah hängt mit dem gleichlauten-
den Yerbo zusammen, das unter andern wiederhohlen,
De mens. p. 29, Yergl. Eiym. Magn. s. y. huanig.
Ranae t. 350.
C.19.
Od, g, l6l ; T, 306.
Vergl. Macrob. Sat,Iy 17.
Yarro L, L»y, p. 32. Macrob. Sat, 1, 14.
GeoKg.U^ AOi,
690 , Ertäuierungen
zam zweitenmahl thun heilst. Das deutsche Jahr
und englische year steht vermuthlich mit dem altdeut-
schen, noch im Schwedischen gebräuchlichen, j^ra, krei-
sen, griechisch yopdivy in Verbindung.
S.96. Um zuvörderst das Factum aufser
Zweifel zu setzen. —> Ich berufe mich nicht auf den
Ring des Osymandyas, in welchem Herr Creuzer
und andere ein Symbol des 365tägigen Jahrs sehen.
Diodor spricht nämlich ^) bei Gelegenheit des zu The-
ben befindlichen Grabmals des Königs Osymandyas
von einem zu demselben gehörigen goldenen Ringe, der
bei einer Dicke von einer« Elle (^x^;, anderthalb Fuls)
einen Umfang von 365 Ellen mit eben so vielen Abthei-
lungen gehabt haben soll, auf welchem die Auf- und
Untergänge der Sterne für alle Tage des Jahrs bemerkt
waren« Strabo') nennt diesen alten König Ismandes
und sagt, es sei derselbe, der bei den Griechen Mem-
non heifse. Die ganze Nachricht von diesem Ringe, der
schon seit Cambyses nicht mehr existirt haben soll,
klingt sehr &belhaft, auch wenn man annehmen wollte,
dais er nur von vergoldeter Bronze war, und dals die
365 Ellen nicht buchstäblich, sondern in einem ähn-
lichen Sinn zu nehmen sind, wie wir das Wort Grad ge-
braudien. Was ihn, wenigstens als Symbol des 365tagi*
gen Jahrs, besonders verdächtig macht, sind die Auf-
und Untergänge der Sterne, die darauf angegeben ge-
wesen sein sollen. Bei der geringsten Bekanntschaft mit
diesen Erscheinungen mufsten die ägyptischen Priester
wissen, dais sie alle vier Jahre ihre Stellen im beweg-
•) 1,49.
') Lxvn, p.8i3.
und Zusätze. 59 1
liehen Jahr ändern, dais also ein solches Pai*apegma
nur auf wenige Jahre zu gebrauchen sei.
S. 102. Die Regeln, die zu diesem Ende von
den Chronologen gegeben werden. ^ Die Con-
naissance des Tems stellt unter den Articles princi-
paux du Cedendrier die seit der Epoche der nabonas-
sarischen Aere verflossenen julianischen Jahre,
Hrn. Bode's astronomisches Jahrbuch hingegen
das anfangende nabonassarische auf. Wenn z.B.
im Jahrgange 1792 jener Ephemeriden steht: annie de
VEpoque de Nahonassar depuis Filtrier .... 2539, so
heifst das: im Februar (nämlich am 26sten a. St.) des
Jahrs 1792 sind seit der Epoche der nabonassarischen Aere
2538 julianische Jahre abgelaufen, und das Jahr 1792
kommt gröfstentheils mit dem 2539sten überein. Im
Jahrbuch 1792 dagegen ist vom 2S4lsten nabonassari-
schen Jahr die Rede, welches am 12. Junius a. St*
(nicht, wie es daselbst heifst, am 13ten) seinen Anfang
nimmt. Dieser Unterschied von zwei Jahren wird im
Jahrbuch 1807 S* 261 ganz unrichtig erklärt.
S. 126. Dasselbe, nur verschieden ausge-
sprochene, Wort.— Bochart behauptet*), Sothis
habe in der altägyptischen Sprache einen Hund be-
deutet. Jablonski erklärt dies für einen Irrthum'),
und vermuthlich mit Recht. Daraus folgt aber nicht,
dafs die Aegypter den Sirius und die Sterngruppe, zu
der er gehört, nicht unter dem Bilde eines Hundes
dargestellt haben sollten. Jablonski bezweifelt dies,
besonders wegen folgender Aeufserung des Achilles
^) Hierozoicon p. 691 ed. 1675.
*) Pantheon Jegyptiacum I. in, c. 2. S. 9.
592 Erläuterungißn
TatiHS*): ,,Man findet bei verschiedenen Nationen
,, verschiedene Namen der Gestirne. Auf der Sgypti-
,, sehen Sphäre gibt es keinen Drachen, keine Bfiren,
,, keinen Cepheus/' Aber auch keinen Hund? Dafs die
Sterngmppe, zu der Sirius gehört, von den Aegyptem
wirklich unter diesem Bilde dargestellt worden sei, be-
weiset eine andere Stelle, die wenigstens eben so viel
Autorität hat« „Die Aegypter/' sagt Aelian'), ,,ye]v
,, ehren den Hund, weil, wenn das Hundsgestim auf-
,,geht, gewissermaisen auch der Nil aufgeht, tun das
,, ägyptische Land zu bewässern." Diese Verehrung
leuchtet auch unverkennbar aus ihrer ganzen mit Astro-
nomie 80 sehr gemischten Götterlehre hervor, in der
sich unverkennliche Beziehungen auf ein solches Bild
finden. Man denke nur an den Anubis latrator,
den Begleiter von Osiris und Isis. Nach Jablonski,
der überall im Koptischen nach Etymologien altägypti-
scher Namen hascht, soll Sothis einen Zeitanfang
bedeuten. Ich mafse mir darüber kein Urtheil an, da
ich dieser Sprache nicht kundig bin. Es will mir aber
nicht einleuchten, dafs die Aegypter, die alles in Sym-
bole hüllten, dem Sirius einen Namen gegeben haben
sollten, der ihrer Phantasie kein Bild vorschob. -^ Merk-
würdig scheint mir die Uebereinstimmung des Namens,
den der Nil bei den Aethiopiem gefuhrt haben soU, mit
dem des Hundssterns bei den Griechen. Dionysius
der Erdbeschreiber versichert nämlich^), er heiise bei
*) Jsagoge in Arati Phaenomena p. 94 des Uranologii Ton
Petavius.
') Hist. Anim* X, 45.^
') T.223. Vergl.Plin./f.iV.V,10. Steph.Byz.v.2viivii und
Eustath. zum citirten Yerse des Dionysius.
und Zusätze. 693
jenem Volke Siris — £2^i; — und werde erst von den
Einwohnern Syene's, d. i. bei seinem Eintritt in Aegyp-
ten, INil genannt. Dafs Ssijpio^ oder eigentlich Dap
(diese Form findet sich beim Suidas) ein der griechi-
schen Spiache ursprünglich fremdes Wort sei, haben
Grotius^) und Seiden^) längst gesagt, und sie ha-
ben ohne Zweifel Recht. Woher es eigentlich stammen
möge, lasse ich dahingestellt sein^); auf jeden Tall
scheint es mir bei der Beziehung, in welcher der Auf-
gang des Sirius zum periodischen Steigen des Nils ent-
schieden stand, dais die Namen Siris und Sirius einen*
gemeinschaftlichen Ursprung haben. Ein sonderbarer
Zufall ist es, da(s die Buchstaben des Worts NEIAO:^
nach ihrem Zahlenwerth addirt 365 geben, so dafs das
Wort eine symbolische Bezeichnung des Jahrs zu sein
schiene. Diese Bemerkung ist schon im Alterthum ge-
macht worden ^). Allein es stamme, woher es wolle,
die Endung 02 ist unstreitig eine griechische.
S. 131. Dies war in den Jahren 2782 und
1322 vor und 139 n.Chr. der Fall.— Des-Yigno-
les sagt^), der Anfang der Hundsstemperiode sei in die
*) In Arati Phaen, v. 331.
') De DIs Syris Synt. 1, 4.
'} Es hängt yennuthllch mit dem hebräisclieii "urm Schichor
zusammen, womit Jeremias 11,18 deutlich der Nil bezeichnet
wird. Dies Wort stammt yon der Wurzel '^nw nigrum esse.
Auch Plutarch, oder wer der Verfasser des Buchs de fluviis
sein mag, sagt c. de Nilo, dafs dieser Flufs ehemahls MiXac»
der schwarze, genannt worden sei. Yergl. Seryius ad F'irg.
Georg. lY,29i.
*) Heliodori Aethiop. 1. IX. p. 456 ed. Lugd.
*) ChronoL de l'Hist. Sa inte Tom. II. p. 680.
II. [38]
694 Erläuterungen
Jahre 132ä vor und 136 n. Chr. za setzen; denn dies
wären die Jahre, yto der l.Thoth, der immer vier Jahre
hintereinander auf demselben julianischen Datum haftet
vom 21sten zum 20. Julius übergegangen sei. Censo-
rinus habe sich also um drei Jahre geirrt. Diese An-
sicht hat sich in mehrere Bücher fortgepflanzt* Es
kommt hier aber nicht auf dergleichen theoretische Be-
merkungen, sondern lediglich auf das Factum an, dais
Censorinus das Jahr 139 n.Chr. zur Epoche der
sich erneuenden Perlode, und das Jahr 238, worin er
schrieb, zu ihrem hundertsten macht. Man kann doch
wol voraussetzen, dafs er, der sich überall so genau
von den Acren der Vorwelt unterrichtet zeigt, wissen
mufste, wie man die Jahre der Hundsstemperiode in
Aegypien zählte. Wir wollen uns also an seiner Aus-
sage halten, und dies um so mehr, da auch die Resul-
tate der Rechnung damit übereinstimmen.
r
S. 132. Um einen Tag später in der Mor-
gendämmerung erscheinen sahn.— Die Erschei-
nung konnte nach dem Zustande der Atmosphäre zo-
weilen einen Tag früher oder später erfolgen, zumal
da nach der Versicherung der Reisenden, besonders des
Hrn. Nouet, der als Astronom der französischen Expe-
dition nach Aegypten beigewohnt hat ^), der Horizont
Aegyptens dunstig und den astronomischen Beobachtun-
gen nicht besonders günstig ist. Wenn also Hephä-
stion in dem oben (1, 125) erwähnten Fragment sagt,
die ägyptischen Weisen hätten den Aufgang des Sirius
am 25. Epiphi des alexandrinischen Jahrs (am 19. Julius)
^} Mämoire sur les antiquitäs de Denderah, in den Oeu^
vres de Volney, Tom.V, p. 425.
und Zusätze. 696
beobachtet» itnd wenn es beim Solinns^) heifst: ijuod
tempus (die Zeit des Friihaufganges des Sirius) scicer"
dotes natalem mundi iudicanmt^ id est inter terdum
decimum CaL Augustas et undecimum (zwischen dem
20sten und 22. Julius) , so widersprechen beide dem
Censorinus gerade nicht, der ja nur sagt: quo temn
pore solet canicula in Aegypto facere exortvan. Es
konnte aber bei fortgesetzter Beobachtung dieses Phä-
nomens den Aegyptern unmöglich die Bemerkung ent-
gehen, dafs es sich im Durchschnitt aUe yier Jahre um
einen Tag später in ihrem Kalender zeigte.
S. 161. Die sie nun, man weifs nicht ge-
nau bei welcher Veranlassung, in der diocle-
tianischen erhielten.— Athanasius Kircher')
macht den Diocletian zum Urheber des festen ägyp-
tischen Jahrs, das seiner Meinung nach bis auf ihn
beweglich geblieben war. Wenn diese Behauptung, die
er mit grofser Zuversicht ohne Beweis hinstellt, ge-
gründet wäre, so erklärte sich die Entstehung der dio-
cletianischen Acre von selbst. Er irrt sich aber, was
ihm nicht selten begegnet, daher seine mit tiefer Ge-
lehrsamkeit geschriebenen Werke mit grofsem Mifs-
trauen zu gebrauchen sind.
S. 182. Also eine ganze Hundssternperiode
hindurch.— Syncellus, der von dieser Tafel spricht,
sagt^), sie umfasse dTFOKCLTag-aa-iv AiyvTTTLOxS Ivig trovg^ die
Zeit, in der sich Ein ägyptisches Jahr er-
neuere. Bemerkenswerth ist die Benennung, die er
*) Polj^k. c. 32.
') Prodrom. Copt, c. 2.
') Chronogr. p. 207.
[38*]
696 Eriäuienmgen
hier der Handssternperiode beiznl^en schont.
Vielleicht bat er aber so gescbrieben oder scbreiben
wollen, wie an einer andern Stelle ^), wo er denselben
Ausdruck ohne kvog gebraucht, und unter übroxard^aurj,
die Rückkehr des beweglichen 1* Thoth oder Jahian-
fuQgs EU demselben Punkt des Sonnenjahrs oder eigenl-
lieh zum Frühaufgange des Hundssterns versteht.
S. 183. Die Phönixperiode«— Hier wäre der
Ort gewesen, von einem dreifsigjährigen Cydus zu
reden, der in der Inschrift von Rosette erwähnt
wird. Ptolemäus Epiphanes nämlich, zu dessen
Ehren sie errichtet worden (1,123), erhält in der zwei-
ten Zeile unter andern das Prädikat xopiog rptaxarnurr^'
piiu)v Koä'tbnp 0 ''H'^cug'o^ 6 läyog^ „Herr der dreiCdgiah-
„rigen Cykel, wie Hephästus der Grofse" (Phtha, die
Hauptgottheit von Memphis). Ich bekenne aber gern,
dafs ich von diesem Cydus eben so wenig, wie einer
der bisherigen Ausleger'), einen Zusammenbang mit
den übrigei^ Zeitki*eisen der Aegypter und überhaupt
mit ihrer ganzen Zeitrechnung abzusehen vermochte,
und daher in Erwartung künftiger Aufschlüsse lieber
schwieg. Jetzt hat nun ein Gelehrter das Räthsel zu
lösen versucht^); mit welchem Erfolge, mag der Leser
entscheiden. Aus den bestimmten Zeugnissen des Dio-
dor und Strabd (1,176) und aus mancherlei zerstreu-
ten Andeutungen geht hervor, dais die ägyptischen
*) S.264.
*) S. Hrn. Drumann^s historisch-antiquarische Un-
tersuchungen über Aegypten oder die Inschrift Ton
Rosette (Königsberg 1823, 8) S.Uff,
') Hallische Litteratur-Zeitung 1826 Nr. 73.
und Zusätze. 597
Hierophanten das bewegliche bürgerliche Jahr mit dem,
durch die Erscheinungen des Sirius bedingten festen
auszugleichen bemüht waren und zu dem Ende unter
andern die Hundssternperiode ersonnen hatten. Es ist
mehr als wahrscheinlich, dafs auch die SOOjährige Phö-
nixperiode dahin zu deuten ist, und da(s es noch klei-
nere Cykel von ähnlicher Bestimmung gab. Nun sagt
jener Gelehrte: ,,Ueber die Art der Einschaltung ent-
, schied der König, doch so, dafs er seinem Schwüre
, getreu^) in der astrologischen- Einrichtung des Kaien-
,dei*8 nichts ändern durfte, das heifst, in der ange-
,nommenen Folge der Planetenherrschaft, worauf sich
,der Kreis der siebentägigen Woche gründete'). Sollte
, diese Folge der Planetenherrschaft nicht gestört wer-
,den, so durfte man nie einen einzelnen Tag ein-
, schalten, wie es durch lulius Qisar eingeführt ist;
, sondern so wie die Perser alle 120 Jahre einen Mo^
,nat von 30 Tagen einschalteten, um ihr Jahr mit
,dem julianiachen auszugleichen, so scheinen die Aegyp«
,ter alle 30 Jahre eine Woche von sieben Tagen ein-
, geschaltet zu haben, wodurch die fünf Ergänzungs-
,tage zu einem sogenannten kleinen Monat anwuch-
,sen. Freilich wurde so in jeder dreifsigjährigen Pe-
,riode ein halber Tag zu wenig eingeschaltet, welches
,in 14 solcher Perioden wieder eine Woche betrug.
, Nehmen wir nun an, dafs in jeder 15ten Periode
2 zwei Wochen statt einer eingeschaltet wurden, y^o-
, durch alles wieder in das gehörige Geleis kam, und
,dafs Herodotus eine solche Periode mit seiner Gene*
*) S. oben 1,95.
') 1,178.
598 Erläuterungen
,,ration yerwechselte, deren drei auf ein Jahrhundert
„gehen, so füllen 15 solcher Perioden 500 Jahre, welche
„HerodotttS zu einer Phönixperiode rechnet. Die»
,, Periode ist demnach als eine Regulirung des Jahrs
,, anzusehen, wenn die Kalenderxeit von der wahren
„Zeit XU sehr abgewichen war" u. s. w* Hiebei ist
zu erinnern: nach 14 dreifsigjährigen Perioden oder
420 Jahren wurde allerdings das bewegliche Jahr mit
dem festen vollkommen ausgeglichen, d.h. der l.Thoth
der Priester zu demselben Tage des julianisdien Jahrs
zurückgeführt, von welchem der l.Thoth des bücher-
lichen ausgegangen war. Sollte aber das Priacip wol
gehörig begründet sein, dafii nur immer eine Woche,
kein einzelner Tag eingeschaltet werden durfte? Die
Woche war dem bürgerlichen Jahr von 365 Tagen
nicht Gommensurabel; es rückten also die einaelnen
Tage des Jahrs auf immer andere Wochentage, und es
wurde mithin der vom ^ahr unabhängige Cydns der
Woche nebst der Folge der Planetenherrschaft durch die
Einschaltung eines einzelnen Tages oder einer belielHgen
Zahl von Tagen keinesweges gestört. Die Noth wen-
digkeit eines 30jährigen Cydus und einer 420jähri-
gen Periode leuchtet daher nicht ein. Die Möglich-
keit indessen, dais die ägyptischen Priester unter an-
dern Ausgleichungscykeln auch einen solchen dreilsig-
jährigen hatten, kann nicht in Abrede gestellt werden.
Dafii aber Herodot aus der 420jährigen Periode durch
ein blofses Mi&verständnifs eine 500jährige gebildet
haben sollte, ist um so unwahrscheinlicher, da auch
Tacitus von einer 500jährigen Dauer der Phönixpe-
riode spricht — de numero annorum varia traduntur:
maxime vulgatum quingentorum spatium ^
und Zusätze. 699
was er schwerlich blofs auf Rerodot's Autorität ge«
schi^ieben hat. Die Akten sind ako immer noch nicht
als geschlossen ietnzusehen.
S. 197« Er lebte unter Antiochus Soter,
dem zweiten Seleuciden.— Berosus selbst gab
sich in seinem Geschichtswerke für einen Zeitgenossen
Alexander's von Maoedonien aus'). Tatian sagt'):
f^Berosus ein Babylonier und Priester des Belus, zur
,,Zeit Alexander's lebend, widmete dem Antiochus, dem
,, dritten nach diesem, seine aus drei Büchern beste-
,,hende chaldäische Geschichte." Hier bt unstreitig vom
Antiochus Soter die Rede, der dem Seleucus Nica-
tor in der Regierung folgte, also, den Alexander mit-
gerechnet, der dritte macedonische König in Syrien
war. Von den Lebensumständen des Berosus wissen
wir wenig. Nach Vitruv^) hat er sich auf der Insel
Cos niedergelassen und daselbst eine Schule eröflnet«
in der er die Griechen mit der Astrologie der Chaldäer
bekannt machte. Nach Plinius^) errichteten ihm die
Athener öffentlich im Gymnasium eine Statue mit ver-
goldeter Zunge, offenbar seiner astrologischen Weissa-
gungen halber, die wegen ihrer Neuheit auf die för
alles Neue eingenommenen Athener einen grofsen Ein-
druck gemacht haben mögen. Er unterrichtete aber die
Griechen nicht blofs mündlich, sondern auch schrift-
lich. Sein in griechischer Sprache abgefalstes Werk
'} Eusebii Ckronicon nach dem armenbchcn Text Vol. I. p. 17*
Syncelli Ckron. p. l4 und 28.
') Oratio ad Graecos p. 125 ed. Qxon.
0 Et, 7.
*) H.N.yn,37.
600 EdoMUerungen
fahrte den Titel BoßuXwyioxa *). Er handelte darin, ivie
Syncellus berichtet'), vom Himmel, von der Erde,
vom Meere, von der Geschichte der alten babyloni-
schen Könige, von der Lage und Fmchtbariceit Baby-
lons u. s. w. mit einer gewissen Pralerei, die deutlich
zu erkennen gab, dais seine Absicht dahin ging, die
Ghaldäer als das älteste Volk der Erde darzustellen.
Wenn" losephus einem Fragment von ihm folgende
Worte vorausschickt^): ,,Hein Zeuge ist Berosus,
,,ein Ghaldäer von Geschlecht und allen Gelehrten
,, durch die Schriften bekannt, die er über Astrononue
,,und Philosophie der Ghaldäer in griechischer Sprache
,, herausgegeben hat," so sieht manj er war zugleich
Astronom, Philosoph und Geschichtschreiber. War es
aber wirklich Eine Person, die diese Prädikate in sich
vereinigte? Hieran zweifeln Riccioli und Weidler,
und nach ihnen mehrere. Besonders hat sich Bailly
zu erweisen bemüht, dafs der Astronom Berosus
von dem Geschichtschreiber zu unterscheiden sei,
und dafs jener viel früher als dieser gelebt habe. Be-
rosus, sagt er^), hat sich nur durch absurde Meinun-
gen bekannt gemacht, wohin die Erklärung gehört, die
*J So citiren es Athenäus l. XIY. p. 639 und Syncellus
Chron. p 28. Der letztere fuhrt es auch unter dem Titel XaV-
^a'Cxri ap^euoXoyia auf. Tatian nennt es XaXWuir ig-oplti. Eine
Sammlung seiner ächten Fragmente findet man in Fabricii BibL
Gr. Tom. XIV. p. 175 ff. d. a. A.
') Chron, p. l4.
^) Contra Jpionem 1. 1. c. 19.
*) Bist, de V Astronomie ancienne, Eclaircissemens 1. IV.
S. XXXV ff.
und Zusätze. 601
er nach Plutarch^) und Vitruv*) von den Finster-
nissen und Phasen des Mondes gegeben hat. Wir müs«
sen ihn also weit zurücksetzen, um die Ehre der baby-
lonischen Astronomie zu retten. Es fragt sich aber, ob
uns diese Schriftsteller die Meinungen des Berosus ge-
treu und aus eigener Ansicht seiner Werke v mitgetheilt
haben. Und wäre dies auch wirklich der Fall, so wird
niemand so uubillig sein, yon den Einsichten eines
einzigen Astronomen oder vielmehr Astrologen auf die
Sternkunde aller andern Chaldäer schliefsen zu wollen.
Dann ist Berosus, bemerkt Bailly weiter, nach
Yitruv der Erfinder der Sonnenuhren. ,,Da nun
,,Herodot versichert (1,85.233), dafs die Griechen
,,von den Babyloniem den Polos, d.i. die Sonnen-
,,uhr, erhalten haben, so ist es sehr wahrscheinlich,
,,dafs er die Erfindung des Berosus vor Augen ge-
,,habt^ also später als dieser gelebt hat." Yitruv macht
aber keinesweges diesen Babylonier zum Erfinder der
Sonnenuhren überhaupt,' sondern legt ihm blofs das
Hemicyclium bei, eine von den mancherlei Sonnen-
uhren, von denen er handelt^). Man sollte meinen, die
Identität des Astronomen und Geschichtschreibers Be-
rosus würde durch den einzigen Umstand aufser Zwei-
fel gesetzt, dafs die Alten nirgends eine Verschiedenheit
beider ahnen lassen.
S. 228. Wird vermuthlich die Sache aufs
Klare bringen. — Wenn man den zweiten in-
zwischen erschienenen Theil von Herrn Buttmann's
*) De plac.pkiLU,29.
') IX, 4.
') IX,9.
602 Erläuierungen
Lexilogas yei^eicht, 6o wixd man skli in dieser Er-
ivaitung nicht getäiucht finden.
S. 255. Ohne zahlreichen Stellen Gewali an-
zuthun. — Für die, welche durch Scaliger*s Geist
und Gelehrsamkeit geblendet, seiner Theorie des griechi-
schen Jahrs, auch nach Petayii sonnenklarer Widerie-
gong derselben, noch immer Glauben schenken, will ich
hier an ein paar Beispielen zeigen, wie ungrundUch der
greise Alterthumsfoncher bei ihrer Entwerfiing yerlah-
ren isU Diodor redet ^) yon der YerstiiimBielang der
Hennen, deien man den Alcibiades beschuldigte. Bei
der darüber angestellten Untersuchung sagt jemand ans,
er habe rff youjutijy^ am ersten Monatstage'), mit-
ten in der Nacht einige Personen in das Haus eines
Bnigers gehen sehen, und unter diesen auch den Alci-
biades. Auf die Frage, wie er in der Nacht die Ge-
sichter habe erkennen können, antwortete er: npo^ ro
r^^ o-cX^yij^ (JKSg, beim Mondlicht. Dieser Stelle be-
dient sich Scaliger'), um zu beweisen, dafii die bür-
gerlichen Monate der Griechen nicht nach dem Monde
abgemessen waren; denn sonst, meint er, hätte nidit
zur Zeit des Neumondes yom Mondlicht die Rede sein
kdnnen. Unglücklicherweise beachtet er aber nidit die
yom Diodor hinzugefügten Worte: Ouro$ p^v mn wirow
i^Ekly^a^ xars^fsva-iJyog evp£^, ^,50 erschien er, sich selbst
,, überführend, als Lügner" *). Man sieht also, dais aus
*) xm.2.
'> Nach Plutarch {Jlcib.c.20) war die Frerelüiat Infi mtd
vkofy am Tage der Conjunction, verübt worden.
') Emend, temp. 1. 1. p. 23.
*) Beim Plutarch, wo die Sache übrigens eben so ersiUt
wird, heilst es: kv^etkn toiT norroc«
und Zusätze. 603
der Stelle gerade das Gegentheil von dem folgt, was
er in ihr findet. Im Leben des Camillus^) zeigt
Plutarch, dafs der Boedromlon den Griechen immer
ein siegbringender Monat gewesen sei. ,9 Am sechsten,
,,sagt er, siegten sie bei Maralhon, am dritten bei
,,P]atäa und Mycale, und am fünften yom Ende bei
,,Arbela über die Perser; am YoUmondstage des Boe-
,,dromion erfochten die Athener unter Anführung des
,,Chabrias bei Naxos einen Sieg zur See." Diese Stelle
lautet in den altern Ausgaben wie folgt: Touro d' aZ to-
Xlv Uipa-ou iirivog BoTjdpojuucSyo^ Sxtv) jui^y Iv MopoJd-cSyi, rphri
d' iv nXarflUoug a/uia xai TTspi MvKakrjv TJmjJdijj-ay vtto rwy
^EXXijywy. ^r^jn^mj dk <J)J9'iyoyTOs iv 'Apßi]A.ot$ 'A^Tjyaibt njy
TTspl Vci^ov ivCK(i)v yavjüiaxtfity, ^^ XaßpCag Ig-parrjfyHi roS Boi]-
ipo^wvog nepl n)y 7rayjEXi]yoy. Bei einiger Aufmerksam-
keit sieht man, dais hinter ^Ekki^mv ein Komma, hin-
ter 'ApßriKotg ein Kolon, und hinter ^A^vouoi ein 6\
stehen mufs. Scaliger nimmt aber die Interpunction
so, wie ,er sie vorfand, und zieht das Datum TrifiTmi 61
4>2rivoyTog mit den Worten TFipl Tif)y 9rctyo-E\i]yoy zusammen,
um auch diese Stelle für sich zu gebrauchen. Auf eine
ganz unbegreifliche Weise bezieht er die letztem Worte
auf einerlei Schlacht, im ersten Buch ') auf den Sieg des
«Chabrias bei Naxos, im fünften ^) auf den des Alezander
bei Arbela. — Ich benutze diese Gelegenheit, um von
den chronologischen Werken der beiden Heroen dieses
Fachs, des Scaliger und Petavius, eine kurze Notiz
zu geben. Josephus Scaliger schrieb am Ende des
*) c.19.
») S.24.
^) S.421.
\
604 Erläuterungen
sechzehnten Jahrhunderts sein gelehrtes Opus de emen^
datione temporum, dessen beste Ausgabe die genfer vom
Jahr 1629 ist. Ueberdies bearbeitete er die Fragniente
der Chronik des Eusebius unter dem Titel The^
saurus temporum, \md begleitete sie mit ausführlichen
chronologischen Untersuchungen, die er Isagogici chro^
nologiae canones betitelt hat (zweite Ausgabe, Amster-
dam 1658, fol.)- In beiden Werken hat er einen Schatz
von chronologischer Gelehrsamkeit niedergelegt, viele
Punkte der Zeitrechnung ins Licht gesetzt, und über-
haupt zuerst gezeigt, wie Gegenstände dieser Art zu be-
handeln sind. Bei aller Gelehrsamkeit und allem Scharf-
sinn indessen hat er sich viele bedieutende Irrthümer zu
Schulden kommen lassen, die seiner lebhaften, zu Hypo-
thesen geneigten Phantasie und der Beschränktheit sei-
ner astronomischen Kenntnisse zuzuschreiben sind. Auf
seine Schultern trat Dionysius Petavius, der mit
gleicher Gelehrsamkeit und nicht geringerem Scharf-
sinn einen ruhigem Prüfungsgeist und einen ungleich
gröfsern Yorrath astronomischer Kenntnisse verband. In
seinem ganz auf die Widerlegung der Emendatio tem-
porum gerichteten, aber doch ganz darauf gegründeten
Opus de doctrina temporum sind viele Hauptpunkte der
Chronologie aufs Reine gebracht, und es ist daher eine
Fundgrube geworden, aus der die spätem chronologi-
schen Schriftsteller geschöpft haben. Noch immer ist
indessen eine bedeutende Nachlese übrig geblieben fior
die Forscher, die sich durch keine Autorität leiten las-
sen wollen. Die beste Ausgabe ist die antwerper vom
Jahr 1703 in drei Foliobänden, von denen der dritte eine
schätzbare Sammlung kleiner astronomischer Schriften
in griechischer Sprache unter dem Titel Unmohgiwn,
und Zusätze. 605
und eine Menge einzelner in die Chronologie und Ge-
schichte der Astronomie einschlagender Untersuchungen
unter dem Tit^l F'ariae dissertationes swe auctanum
operis de Doctrina temporum enthält. Sein Rational'
rium temporum^ nvelches öfters gedruckt ist, unter an-
dern Leiden 1724, 8, gibt die Resultate seiner chrono-
logischen Untersuchungen in Form eines Handbuchs der
Geschichte, das lange das beste in diesem Fache gewe-
sen ist, und wegen des Chronologischen noch immer
verglichen zu werden verdient.
S.305« Eine Schöpfung des Cleostratus aus
Tenedos. — Wenn von der wissenschaftlichen Anord-
nung und Ausbildung der Octaeteris, wie sie uns Ge-
rn inus bieschreibt (1,294), und wie sie der Zeit-
rechnung der meisten griechischen Völkerschaften zur
Grundlage gedient haben muÜs, die Rede Ist, so haben
wir keine Ursache, die Notiz beim Censorinus (1,300),
dals sie eine Schöpfung des fünf bis sechsthalbhundert
Jahre vor Christus lebenden Cleostratus sei, in Zwei-
fel zu ziehen. Aber die Wahrnehmung, dafs 99 Mond-
monate nahe mit acht tropischen Jahren übereinstimmen,
imd dafs dieser Zeitraum der kürzste sei, in welchem
sich die Erscheinungen des Mondes mit dem Sonnen-
jahre ausgleichen^ ist gewifs sehr früh in Griechenland
gemacht und für die Zeitrechnung benutzt worden. Es
waren dazu blols gesunde Augen, fast gar keine astro-
nomische Vorkenntnisse erforderlich; denn man durfte
nur von Jahr zu Jahr den kürzsten oder längsten Mit-
tagsschatten, den 'die höchst einfache Vorrichtung des
Gnomons gab, mit dem Lichte des Mondes vergleichen,
um sehr bald zu finden, dafs alle acht Jahre der Voll-
mond bis auf eine Kleinigkeit zum Tage des einen oder
606 Erläuterungen
des andern znriidLkelirt« Audi gibt es Spuren genug
von dem firühzeitigen Dasein der Octaeteris als eines
AusgleichuDgscydus fiir die beiden Zeiträume, wodordi
die Feier der griechischen Feste bedingt wurde, des
Mondmonats und des Sonnenjahrs (1,256). Ich darf
hier nur an die heiligen Spiele der Hellenen erinnern.
Die olympischen wurden abwechselnd nach 49 und
50 Monaten beim YoUmonde gefeiert (1,366). Es lag
ihnen also die achtjährige Periode zum Grunde, die
man, so gut es sich thun liefs, in rwei vierjährige
zerschnitt, wohl wissend, da{s die Tetraeteris kein
Ausgleichungscydus sei, wofür sie Censorinns irrige
genommen hat (1,273). Die pythischen Spide wor-
den urspriingllch alle acht Jahre gefeiert, wie der Scho-
Hast zum Pindar*) und Censorinns versichern.
Der letztere sagt bei Gdegenheit der Octaeteris'):
Ob hoc rmütae in Graecia religiones Iioc inten^aUo fem--
poris summa caerimonia cobmtur, Delphis quoque lu£,
qui Doccmtar Pythia, post octavum annum olim confi^
ciebantur. Von den nemeischen wissen wir, dals es
eine Sommer- und eine Winternemeade gab, von
denen jene nach Corsini und Hm.Böckh') auf den
Anfang des vierten, diese auf die Mitte des zweiten
olympischen Jahrs traf. Die Feier war also wesentlich
*) S. 298 nach Hm. Böckh*s Ausgabe. Y er^l, Sckol. Jmbros.
in Od, y, 267 ed. Battmann p. 98.
') c. 18. Yergl. Plut. Quaest. Graecae Xu.
') Man yergleiche des letztem Abhandlung über die Zeit-
Verhältnisse der demosthenischen Rede gegen Midias
in den Schriften der berliner Akademie aus den Jah-
ren 1818 und 1819) bist. phil. Klasse S. 92 ff.^ wo vieles hieber
gehörige gesammelt und scharfsinnig zusammengestellt bt.
n
und Zusätze. 607
wieder auf die Octatfteris gegründet, "wenii sie gleich in
trieterischen Zwischenräumen wiederkehrte. Bei dieser
Grdegenheit spreche ich meine Ueberzeugung dahin aus,
dafs nicht, wie Geminus und Censorinus glauben,
die Tri^teris auf die Octaeterls, sondern die letzte auf
die erste geleitet hat. Die Octa^'teris war der eigent-
liche Avisgleichusgscyclus, den man, um zum Behuf der
Feier gewisser Feste und Spiele kürzere Zeiträume zu
gewinnen, in vierjährige und zweijährige Abschnitte
theilte, ohne jedoch von denselben für die bürgerliche
Zeilrechnung Gebrauch zu machen; denn bei der Te-
traeteris findet gar keine, bei der Trieterls nur eine
höchst unvollkommene Ausgleichung Statt. Wer dar-
auf ausgeht, wird in den Mythen und Festen der Hel-
lenen Hindeutungen genug auf die Octaeteris wahr-
nehmen können. So mufste Cadmus fiir die Tödtung
des Drachen dem Ares ein ewiges (cjklisch wieder-
kehrendes) Jahr — df^^ov Ivuxurov — von acht gewöhn-
lichen Jahren dienen, und Apollo nach Erlegung des
Python acht Jahre landflüchtig werden, bis er mit
dem Lorbeerzweige gesühnt heimkehrte ^ ). Wollte man
hier die Zahl acht für bedeutungslos halten, so darf
nur an die Daphnephorien, ein dem Apollo ennae-
terisch oder octa^'terisch (beides ist einerlei) zu Theben
gefeiertes Fest erinüert werden, dessen chronologische Be-
deutung klar zu Tage liegt '). Bei dem festlichen Auf-
zuge wurde ein mit Lorbeer und Blumen geschmückter
*) Auf diese Spuren der allen Periode hat zuerst Hr. Müller
hingewiesen. Orchomenos und die Minyer S. 2i8 u. 219.
') S. die Auszüge aus der Chrestomathie des Proclus bei
Photius S.988 und Hm. Böckh^s FragmerUa Pindari S. 590.
608 Erläuterungen
Olivenstab getragen, auf welchem sich eine eherne
Kugel befand; von dieser herab hingen kleinere Ku-
geln, und in der Mitte des Stabes war noch eine kleiae
Kugel befestigt. Oben purpurne Bänder, unten eine
safran&rbige Umkleidung. Die obere Kugel deutete die
Sonne, die untere den Mond an; die kleineren stellten
Gestirne und Sterne, und die Bänder, deren 365 ¥ra—
ren, das Sonuenjahr vor. Ueberhaupt treten bei nähe-
rer Untersuchung mannig&che chronologische Ideen aus
den Mythen der Griechen hervor. Wenn z. B. Pan-
sanias') der alten Sage gedenkt, da(s in Elis zuerst
Aethlius regiert und dessen Sohn Endymion mit
der Luna fünfzig Töchter gezeugt haben soll, so deu-
tet, wie Hr. Böckh treffend bemerkt'), der Name des
alten Königs die olympischen Spiele und die 2iahl der
Töchter des Endymion das Intervall ihrer Feier an«
Die sieben Heerden von je fünfzig Rindern und Scha-
fen des Sonnengottes auf der Insel Thrinakia, welche
die Sonnennymphe Phaethusa und die Mondnymphe
Lampe tia weiden und deren Verletzung den Gefähr-
ten des Ulysses so theuer zu stehen kam^), scheinen
auf die runde Zahl der Tage des Mondjahrs anzuspie-
len, wie schon die alten Ausleger bemerken.
S. 313. Dieser Athener machte die Ent-
deckung.— Hr. Laplace sagt in seiner Exposition
du Systeme du monde, worin er eine meisterhafte Ueber-*
sieht der Geschichte der Astronomie gibt, die Chinesen
hätten den 19jährigen Gyclus bereits sechzehn Jahr-
') Jd Olymp, m. p. 138.
') 0<^.Xn,127fr. Yei-gUEustathius.
und Zusätze. 609
bunderte vor Meton gekannt^). Er bringt aber eben
so wenig wie Bailly i|rgend ein Zeugnifs für djese
Behauptung bei, von deren Zuverlässigkeit gewils je-
der seiner Leser gern die Ueberzeugung gewonnen ha-
ben würde. Es hat allerdings seine Richtigkeit, dafs
die Chinesen heut zu Tage den 19jährigen Cydusbei
ihrer Zeitrechnung gebrauchen; sollte man aber wirk-
lich zu der Annahme berechtiget sein, dals dies schon
2000 Jahr y. Chr. geschah? Ich bekenne gern, dafs
ich mich zu den Zweiflern zähle.
S. 360. Mit der Annahme des julianischen
Kalenders scheint auch der Hekatombäon aus
der Gegend der Sommerwende in die der
Herbstnachtgleiche geschoben zu sein. — Die
Tafel des Henricus Stephanus, auf welche sich diese
Voraussetzung gründet, ist vielleicht nie im eigentlichen
Griechenland gebraucht worden, sondern blofs bei den
asiatischen Griechen, die ihr Jahr im Herbst anfingen.
Unter den Schriftstellern ist der syrische Kirchenvater
Epiphanius der einzige, der die attischen Monate auf
diese Weise rechnet; auch ist es faktisch, dafs die Syrer
den An&ng der Olympiadenjahre auf den 1 . September
gesetzt haben (2, 466). So schob sich natürlich auch
der Hekatombäon, in welchem die Olympiaden eigent-
lich begannen, auf den September.
S. 364. Zeitrechnung der Böoter. — In
einer orchomenischen Inschrift bei Meletiu^') wer-
den die Monate Thefluthius und Alalcomenius genannt.
Da nun letzterer ein allgemein böotischer war, so glaubt
*) S. 365 der yierten Ausgabe.
') Tifoypa^la S. 342.
n. [39]
610 Ei'iäuteningen
Hr. Müller ^), da& auch der TheUütliius ein soldier
geivesen sei und dais überhaupt die ordiomenisch-
charoneischen Monate nicht von den allgemein böoci*
sehen verschieden ivaren. Der Hippodromius und der
Panemus der Böoter waren mit dem Hekatombäon und
Metageitnion der Athener identisch. Entsprach der Da-
matrius dem Pyanepsion und der Alaloomenius dem
Mämakterion, wie das Zeuguifs des Plutarch nicht
bezweifeln lälst, so mufs, nach der entschiedenen Stel-
lung der beiden attischen Monate, der Damatrius dem
Alalcomenius vorangesetzt werden. Die Lücke füllt nun
vermuthlich der Theiluthius als dem Boedromion ana-
log aus. Ifoch ein paar böotische Monatsnamen kom-
men in Inschriften vor, aber oorrumpirt; auch weift
man nicht, wie sie zu ordnen sind. Hr. Böckh wird
hoffentlich in seinem Thesaurus Inscriptionnm
die Sache aufs Reine bringen.
S.368. Panemus.— Der Panemus der Corin-
ther war höchst wahrscheinlich mit dem Panemus der
Macedonier und dem der Böoter identisch. Da
nun letzterer nach Plutarch (1, 365) dem Metageit-
nion der Athener entsprach, so kann er in dem Briefe
des Philippus (1,395) nur zufolge der Verschieden-
heit der Ein^haltung mit dem Boednmiion der Athe-
ner und Lous der -Macedonier zusammengetroffen sein,
so dais dieses Zusammentreffen Ausnahme, nicht Re-
gel war.
S.430. Dafs die syromacedonischen Monate
ihrem Gehalt und ihrer Stellung nach mit
den römischen wirklich vollkommen über-
*) Orchomenos und die Minjer S.473.
und Zusätze. 611
einstimmten. -« Hr. Halma theilt in seiner Dis^
sertation sur les mois des Anciens *) aus' der Hand-
schrift 2394 der pariser Bibliothek einen Kalender mit,
worin die Monate der Römer, Hellenen und Alexandri-
ner das ganze Jahr hindurch mit einander verglichen
sind. Hier laufen gleichfalls die hellenischen Monate
den römischen vollkommen parallel, der Gorpiäus dem
September, der Hyperlieretaus dem Oktober u. s. w« Zur
Probe setze ich den An&ng des ersten Monats her:
Elaphebolion.
Römer. Griechen. Alexandriner.
September.
Gorpiäus.
Thoth.
Galendae
1
4
IV
2
5
m
3
6
n
4
7
Nonae
5
, fr
vrn
6
9
VII
7
10
VI
8
11
V
9
12,
IV
10
13
m
11
14
n
12
15
Idiu
13
16
Sonderbar ist hier die Zusammenstellung der attischen
Monate mit den römischen, hellenischen und alexan-
drinischen. Durch welche Revolution sollte' wol der
*) Chronologie tle PtoUmäe ip.AO.
[39*]
612 Erläuterungen
Elaphebolion in die Gegend des Septembers, der Heka-
tombäon in die. des Januars gekommen sein? Die Sacke
lälsl ^ich nur durch ein Yerseben des unstreitig sehr
spät lebenden Urhebers des Kalenders erklären. Er
wuiste, dafs der Hekatombiton der erste Monat des
attischen Jahrs sei, und stellte ihn daher ohne Wei-
teres mit dem ersten Monat des römischen zusammen.
Wenn er den Anthesterion vor den Poseideon setzt, so
theilt er diesen In'thum mit dem gleich£aills sehr spit
lebenden Theodorus Gaza, der die attischen Monate
so ordnet *):
HekatomiMon Poseideon
Metageitnion Gamelion
Boedromion Elaphebolion
Mämakterion Munychion
Pyanepsion Thargelion
Anthesterion Skirophorion.
Wegen des Pyanepsion und Mämakterion, über deren
'Stellung man gestritten hat (1,275), wird sich niemand
auf seine Autorität berufen Collen. Auch in einem
Menologium, das Hr. Halma in seiner Abhandlung
Sur les mois Macedonieris aus der Handschrift 1630
der pariser Bibliothek mittheilt'), und worin die Mo-
nate der Römer, Hebräer, Aegypter, Hellenen (Syrer),
Athener und Macedonier zusammengestellt sind, ist der
Hekatombäon mit dem Januar yerglichen. Als Monate
der letztem finden sich die Namen der zwölf Him-
melszeichen (1,425).
*) S. seine klein* Schrift TLifX p^ywv in Petavü Unmo^ *
log. p. 154.
') HjrpoMses de Piolemäe p, 12.
und Zusätze. 613
S. 481. 3. Mos. XXni, 15 stehen der Singa-
lar M3t9 schahbath und der Plural ninno schab-
hathoth in verschiedenen Bedeutungen nehen
einander. — lieber die Auslegung des ttsxsn nnhfiia mi-
macharath haschabbathf vom Morgen des Sabbalh,
waren schon die Pharisäer und Baithosäer ^) ver-
schiedener Meinung. Die erstem nahmen schabbath,
wie es hier im Text geschehen ist, für den ersten Tag
des Festes der ungesäuerten Brote, die letztem dagegen
in seiner gewöhnlichen Bedeutung für den siebenten
Wochentag, so dals das Omer nicht am zweiten Tage
des gedachten Festes, sondern ei*st am Tage nach dem
zunächst eintretenden Sabbath dargebracht werden sollte.
Jene legten auf ihre Erklärung ein so grofses Gewicht,
dafs sie anordneten, das Omer solle mit besonderer
Feierlichkeit und in Gegenwart vieles Volkes am vor-
hergehenden Abend beim Untergange der Sonne ge-
schnitten werden, wobei die Schnitter die Anwesenden
dreimahl fragen muisten: ist das Sabbath? und die An-
wesenden eben so oft antworten: ja das ist Sabbath!
Alles dies findet sich weitläufig im Thalmud erzählt.
M^nachoih BL 65 und 66. Auch der chaldtfische
Uebersetzer theilt diese Ansicht; denn er gibt Mt>
an dieser Stelle durch lOD Hxf\'^ joma toba, guter
Tag d.i. Festtag, da er sonst das hebräische räV
schabbath immer durch das gleichbedeutende cbal-
*) Unter diesen werden gewöhnKch. die Sadducaer rerstan-»
den. Aber nach dem Mepr Enajim des Rabbi Asaria und nach
Herrn Dr. Bellermann*s Geschichtlichen Nachrichten
aus dem Alterthume über Essäer und Therapeuten
(Berlin 1821, 8) sind es die Essäer.
614 Erläuterungen
däische MK« schabbatha attsdrückt. Diese Notiz ver-
danke ich Herrn Auerbach.
S* 491. Auch findet sich nirgends im alten
Teatament die Dauer eines Monats angege-
ben.— Aus der Steigerung: ,, Nicht einen Tag, nicht
,,zwei, nicht fiinf, nicht zehn, nicht zwanzig Tage,
,, sondern einen Monat lang" (4. Mos. XI, 19, 20), und
aus den dreifsig Tagen, die um Aaron und Moses ge-
trauert wurde (4. Mos. XX, 29; 5. Mos. XXXIV, S)
könnte man mit Des-Yignoles schliefsen wollen, da£i
der Monat der alten Hebräer durchgehends dreifsig
Tage gehalten habe, also kein eigentlicher Mondmo-
nat gewesen sei; ich glaube aber, dafs daraus fiir den
hebräischen Monat eben so wenig zu folgern sei, wie
aus ähnlichen Andeutungen griechischer ächriftsteller
für den griechischen (1, 263] •
S« 496. War es schon in der Nacht gesche-
hen. — Die Stelle 5. Mos. XYI, 1 ist, wie Hr. Auer-
bach bemerkt, mit 4. Mos. XXXIH, 3 keinesweges in
einem solchen Widerspruche, wie es im Text nach
Luther und den übrigen Interpreten dax^stellt ist;
denn sie mufs so gefalst werden: ,, Beobachte den Mo-
„nat Abib und feiere ein Fassah dem Ewigen, dei-
„nem Gott, in der Nacht; denn im Abib hat dich
„Gott aus Aegypten geführt.'' Die Nacht zwischen dem
14ten und 15. Nisan von been haarbäim (1,483) an
war das n&to pesach; erst mit dem Morgen des ISten —
novn mnoü nUmcuiharath hapesach ^ begann das Fest
der ungesäuerten Brote (3. Mos. XXUI, 5, 6).
S. 523. In einer zu Berenice gefundenen
Inschrift. — Die Worte im ntXkoyov rijg ffxy\v<mr[y\aj^^
und Zusätze. 615
zur Zeit der Laubhttttenversammlung, gehen
höchst wahrscheinlicli auf das Scliemini azereth, deu
achten Tag des Laubhüttenfestes (1,564). Ent*
spraoh der 22. Thiscbri dem 25. Fhaophi, so traf der
1. TbisGhri auf den I.Oktober des julianischen Kalen-
ders, und das Datum paist noch besser in den jetzigen
oyklischen Kalender dei* Juden, als unter der Yoraus-
aetattng, da£i der erste Tag des Laubhüttenfestes ge-
meint ist. Auf keinen Fall kann aber die Inschrift in
das Jahr 25 n. Chr. gehören; Denn in diesem fiel der
Neumond des Thiscbri auf den lOten, und der Anfang
dieses Monats auf den Uten oder 12. September. Das
in der Laschrift erwähnte Jahr muls sich also auf ii^nd
eine Lokalare beziehen, deren Epoche sich schwerlich
au^mitteln lassen wird*
S. 524. In der zweiten Periode der hebräi-
schen Zeitrechnung. «— Aus dieser schreibt sich
nach dem Thalmud {Sitcca B1.44 — 46) auch das Ho-
sana rabba (1, 564). Das M9«9in liosana ist aus dem
Psalm CXYIII, 25 vorkommenden Ausrufe M It^vm
hoschiah^naj hilf doch! entstanden, welchen man
vorzüglich an dem siebenten Tage des Laubbüttenfestes
bei Umgehung des Altars hören läist.
S. 571* Auch spricht Epiphanius von einem
84jährigen Cyclus. — Petavius*) und Kepler^)
haben an dieser Stelle des Epiphanius ihren Scharf-
sinn versucht. Letzterer findet sie sehr dunkel. Es
scheint auch fast, als wenn der Kirchenvater sich selbst
* ) Docir, temp. ü, 29-
') £ccL chron, p. 177 und 207.
616 Erläuterungen
nicht recht yetstanden und etM'as von einem 84)äliri—
gen Gyclus der 'Römer gehört habe, was er durdi
einen Mißgriff auf die Juden deutet.
S. 573. Die Bestimmungaweise ihrer Feste
über alle WillLühr zu erheben. •— In dem Buche
Häibbür des Rabbi Abraham Hanassi (1,577) wer-
den folgende Worte des Rabbi Isaac Bar Baruch
citirt: ,,Wir müteen den ganzen Gdcul, nach welchem
,,wir rechnen, als eine Ueberlieferung, gleichsam als
,, einen Zaun ansehen, den unsere Lehrer, wie sie es
„für angemessen hielten, um uns her gezogen haben.
„Wir beobachten denselben und halten fest daran, als
„wäre er uns (merke dieses, wohl!) vom Sinai ans
„überliefert; denn wir sind verpflichtet, alle ihre Ao-
,, Ordnungen eben so wie die Gesetze zu beobachten,
„die uns Moses, unser Lehrer, gegeben hat."
Erläuterungen und Zusätze
zum
zweiten Bande*
S. 12. Sexta quies lassis, septima ßnis erit. ~
Es verdient hier folgendes sehr gelungene Epigramm
der Anthologie^) angeführt eu werdrai:
'E§ &pai fiox^oi^ ixavwTaTcu' cd d\ ijlst ouro;
TpdiiiJioun 6eix)riii£veu ZH0I Kiyaocri ßporo^.
^) Vol. m, p. 199 ed. Brunck.
und Zusätze. 617
Die Buchstaben, womit das Wort ZHOI lebe geschrie-
ben ist, sind die Zahlzeichen 7, 8, 9, 10. Sechs Stun-
den, sagt der Dichter, sind zur Arbeit vollkommen hin-
länglich; die folgenden, mit ihren Zeichen geschrieben,
rufen den Sterblichen Genie fsel zu.
S. 14. Dafs sie sich das ganze Jähr hin-
durch stündlich leerten. — Bei aller Yervielfäl-
tigung solcher Mittel unter den Kaisem blieb in Yeiv
gleichung mit den unsrigen der Gebrauch der Zeitmes-
ser bei den Römern immer höchst beschrankt. Auf dem
Lande mochten sie vollends selten sein.' Palladius
gibt in seinem Werke über den Landbau am Schlüsse
eines jeden Monats eine Tafel der Länge des Schattens
in Fuisen. • So sagt er am Ende der lanuarius: Hie
mensis in horarum spatio cum Decembri mense conve--
nit, guarum sie mensura coUigitur:
Bora I et XI pedes XXIX
Bora II et X pedes XIX
Bora III et IX pedes XV
Bora IV et IIX pedes XII
Born V et VII pedes X
Bora VI pedes IX.
Dieselbe Tafel steht am Ende des Decembers. Um die
Zahlen dieser und aller übrigen Schattentafeln prüfen
zu können, mülsten wir sowohl mit der Polhöhe, die
allen, und mit der Dedination, die jeder einzelnen
zum Grunde liegt, als auch mit der Höhe des Schat-
tenstifts und mit seiner Richtung gegen die Schatten-
ebene bekannt sein. Aber niemand belehrt uns hier-
über. Es käme also darauf an, ob sich nicht ii^;end
eine Voraussetzung machen lieüse, die sämmtliche Zah-
len auch nur annäherungsweise darstellte. Ich habe
618 JEr/äiUerUngen
mick vergeblich bemüht, auf eine solche m kcHmaea
und glaube wenigstens so viel mit Sicherheit behaupten
zu dürfen, dais von keinem vertikalen Gnomen und
von keiner horizontalen Sehattenebene, an die jeder
zuerst denkl, die Rede sein könne. Wer ähnliche Ver-
suche anstellen yrill, vei^Ieiche ein Memoire des Herrn
Let rönne sur une table horaire qui se trom^ dans
le temple igyptien de Tophis en Nubie im siebzehnlen
Bande der Annales des voyages, de la geographie et de
Vhistoire der Herren Eyriis und Malte-Brun.
S. 27« Dennoch sei es fern von uns, ihn
für etwas mehr als einen lusus ingenii aus-
geben zu wollen. — Zu diesen divergenten Anaich-
ien ist neuerdings noch die des Herrn Dr. Gotthilf
Heinrich Sphubert gekommen. In seinem geniali-
schen Werke: Die Urwelt und die Fixsterne^)
handelt ein Abschnitt von einer merkwürdigen
Uebereinstimmung in der Zeitrechnung aller
Völker, worin er darzuthun sucht, dafs neben dem
Erdjahr — in der gemeinen Sprache Sonnenjahr —
bei allen alten Völkern ein aus zehn periodischen
Mondmonaten (1 , 42) oder etwa Dreivierieln eines Erd-
jahrs bestehendes Menschenjahr im Gebrauch gewe-
sen sei, das er delshalb so nennt, weil es die Zeit ist,
die der ungebome Mensch unter dem Herzen der Mut-
ter ruht. Was er über die Entstehung dieses Men-
schenjahrs sagt, macht seine Hypothese nicht besonders
wahrscheinlich. Allein das Verhältniüs von 3 zu 4,
welches sich unter allerlei Zahlen findet, die hin und
wieder von den alten Schriftstellern als Einen Zeit-
^) Dresden 1822, 8.
und Zusätze. 619
raam bezeichnend erwähnt werden, scheint auf den
ersten Blick dafür zu zeugen. Ich führe ein paar Bei-
spiele mit seinen eigenen Worten an: ,,Yon Abrahams
,, Geburt bis zum Einfall der Amazonen in Asien zählte
,,Eusebius nur 929 Jahre, während nach einer beim
,,F. Orosius sich findenden Angabe jener Einüaill auf 1234
,,nach Abrahams Geburt zu setzen wäre. 929 Volle Jahre
,,sind 1238 cyklische. Eben so soll, nach einer andern
,, Stelle beim Eusebius, Aristarch von der Zerstörung
,,Trojas bis zur Auswanderung der lonier aus Attika
,,nach Kleinasien nur gegen 100 Jahre gerechnet ha-
iiben; nach andern Angaben kommen bis dahin gegen
9,140 heraus."-— So grols aber auch die Ueberzeu-
gung sein mag, die viele solcher Zusammenstellungen
bei einigen seiner Leser hervorgebracht haben mögen,
so lege ich doch wenig Gewicht auf sie; denn ich zwei-
fele gar nicht, dafs sich auf demselben Wege, beson-
ders mit Zuziehung der bei den Zahlen so häufig vor-
kommenden Varianten, ein Jahr von jeder andern An-
zahl periodischer Monate darthun lassen werde. ,,Bei
,den alten Römern," sagt Herr Schubert, ,, wurde
,das Sonnenjahr, das sie gar wohl kannten, um die
, Wintersonnen wende im Januar begonnen, das zehn-
, monatliche im März. Das letztei« zählte dann nur
,bis zum December, endete mithin zugleich mit dem
, Sonnenjahre. Die hierauf folgenden Monate Januar
,und Februar hatten ihren Namen von dem Beherr-
, scher des alten Friedensreiches lanus, und von den
, Göttern der Unterwelt, erinnernd hierdurch an die
, Ruhemonate des vom Nil bedeckten Aegyptens, wäh-
,rend deren Osiris in der Unierwelt verweilte." Wie
man sieht ist dies wesentlich die oben (2, 22) erwähnte
620 EriäiUerungen
Meinung des Servius. Hiemach war ja aber das
zehnmonatliche Jahr eben so gut ein festes, wie das
Sonnenjahr, nur mit dem Unterschiede, dafii letzteres
sich unmittelbar nach seinem Ablauf erneute, wahrend
ersteres, durch zwei nicht zu ihm gezahlte Monate
unterbrochen, gleichsam ruhte. Und doch sollen die
Römer, ohne Rücksicht auf diese Pause, das zehnmo-
natliche Jahr eben so gut zur Ausmessung der Zeit ge-
braucht haben, wie das Sonnenjahr, selbst noch tief
in ihre Republik hinein« So sollen die 700 Jahre, von
denen der Dichter Ennius in seinen Annalen sprach:
SeptingenU sunt paulo plus out minus anni^
Augusto augurio postquam incluta condita Romast,
und die ihm Yarro (der doch, sollte man meinen,
wol wissen mufste, woran er war) als einen argen
Mißgriff anrechnete (2, 151), zehnmonatliche sein, die
582|- Sonnen jähre geben. — ,,Aber ungleich allgeraei-
,ner und älter," so fährt Herr Schubert fort, ,,als
,das Rechnen nach jenem künstlichen aus zehn Sonnen-
,monaten oder 304 Tagen bestehenden Jahre, scheint
,das nach dem viel naturgemäfsem aus zehn periodi-
, sehen Mondläufen oder drei Vierteljahren bestehenden
,cyklischen Jahre im ganzen Alterthum gewesen zu sein,
, selbst bei den ältesten Römern. Denn während die
, Dauer eines Saculums späterhin HO Jahre betrug,
, wurde, wie uns die Aufseher der sibyllinischen Bücher
, berichten, die erste Säcularfeier nach Vertreibung der
, Könige im Jahr 298, oder nach *der richtigem Zeit-
,rechnung des Fabius 294, seit Erbauung der Stadt be-
, gangen. Aber 294 Dreivierteljahrscykel betragen 220
, wirkliche Jahre; es wurde mithin, auf die auch spä-
,terhin in Gewohnheit gebliebene Weise, das iweite
und Zusätze. 621
,,Saciilam von HO Jabren genau im 294sten cyklischen
,, Jahre beendigt." Welcbe Combinaüonen! Also da man
a. u. 294 sagte, zäblle man erst 220 wirkliche Jahre. Die
Epoche der Erbauung rückt uns hiemach um sehr viel
näher, als mau gewöhnlich annimmt. Und wann bat
man denn nun angeÜBingen, nach wirklichen Jahren zu
zählen? Kann dies etwa nicht ausgemiltelt werden, so ist
klar, dafs sich jede beliebige Hypothese über das Jahr
der Gründung Roms aufstellen lädt, und dals die ältere
römische Geschichte eine wächserne Nase ist, die jeder
nach Ge&llen drehen kann.
S. 130. Die römischen Rechtsgelehrten war-
fen die Frage auf, ob von den beiden Tagen,
die a,d.sextum CaLMartias hiefsen, der prior oder
der posterior, d.i. der dem März nähere oder
der entferntere, als das bissextum zu betrach-
ten sei. •— Diese Frage warfen sie wol eigentlich nicht
auf; denn die Stelle des Schalttages war ihnen gcwifs
sehr bekannt. Sie erklärten sich blofs über die recht-
liche Bedeutung der beiden Tage. Man hat sie sehr
mifsverstanden. Puteanus ^) gibt dem Schalttage seine
richtige Stelle, glaubt aber, das prior und posterior un-
richtig deutend, dais sich CeUus geirrt habe. Cocce j i ')
nimmt den 25. Februar für den Schalttag, ebenfalls das
posterior fedsch interpretirend. Die richtige Erklärung
von prior und posterior gibt Hr. Dr. Koch in seinen
Belehrungen über Mündigkeit zum Testiren,
Civilzeitcomputation und Schalttag^}, auf
*) De bissexto c. 12.
*) Iiis Chile controversum 1. IV. tit. 4. quaest. 1.
') Giefsen 1796, 8.
622 Erläuterungen
welche Schrift Ich durch Hm.y. Sayigny erst aufmerk-
sam gemacht worden bin, als Obiges bereits gedrackt
war. Ich bemerke hiebe! noch, dafs einige irrig den
letzten oder 29. Februar für den Schalttag halten. In
nnsem Kalendern steht der Schalttag noch immer an
der Stelle, die ihm lulius Cäsar angewiesen hat,
nämlich zwischen dem 23sten und 25. Februar. Letz-
terer ist der Matthiastag, der im Gemeinjahr dem
24slen entspricht und im Schaltjahr zugleich mit den
übrigen Tagen des Februars um eine Stelle Torwarts
rückt. Der Schalttag wird von keinem Heiligen be-
nannt. Tm Schaltjahr datirten die Römer ohne Zwei-
fel also:
23. a. d. VII. CalenJas Mardas.
24. a. d. bissexUan C M*
25. a. d. FI. C. M.
26. a. d. F. C. M.
Von den beiden Tagen, die durch a. d. bissextum und
sextum unterschieden werden, nannten sie bei ihrer
retrograden Datirungsweise den dem März nähern prior,
den entferntem, also den dies intercalaris, posterior.
Nach der im Text angeführten Stelle des Gelsus könnte
man meinen, dais beide Tage zusammengenommen bis-
seartum hiefsen. Es war aber blofs der Schalttag,
der diesen Namen führte. So heifst es beim Censo-
rinus: Dies unus, ubi mensis guondam solebat, post
terminalia intercalatar, quod nunc bissextunh ihhm--
tur; beim Macrobius: unum diem •* idque bissex^
tum censuit nominandum; beim Augustinus^): unutn
diem, quem necesse est intercalari excurso quadrienmo.
*) De trinit, MV. c.4.
und Zusätze. 623
quod hissextum vocant* Isidor und Dionysius
Exignus sagen bisseoTtus.
S. 183. Zur Erläuterung eines bei Mainz
gefundeWn alten heidnischen Altars mit acht
Götzenbildern. — Dieser die Woche symbolisirende
Altar ist in seiner Art ein einziges Monument. Rings
umher sind auf dem runden Stein die Brustbilder von
Saturnus, Apollo (Sonne), Diana (Mond), Mars,
Mercurius, lupiter und Yenus, an ihren Attribu-
ten kenntlich, ausgehauen. Zwischen Venus und Sa->
tum (also nicht gerade am Ende der Woche) steht ein
Genius in ganzer Figur mit einem Füllhorn. Der ganze
Altor ist 32 Zoll hoch und hat 19-|- Zoll im Durch-
messer. Er mufs in eine Zeit gehören, wo die Woche
im römischen Reich schon sehr bekannt und gebräuch-
lich, aber das Christenthum noch nicht eingeführt war,
etwa in das dritte Jahrhundert unserer Zeitrechnung
oder in den Anfang des vierten.
S. 480. Eines astronomisch-chronologi-
schen Werks, das ich öfters citiren werde.—
Der vollständige Name des Autors, wie ihn die Vorrede
gibt, ist ^jJi ^ ^ ^L%r ^^yJl^i Abu'lhassan
Kuschjar Sohn Laban's aus Dschilan. Golius,
der ihn in seinen Anmerkungen zum Alfergani
einigemahl citirt, nennt ihn Kuschian Giläus. Nur
S. 210, wo er ihn bei Gelegenheit der Provinz Dsch ilan
erwähnt, schreibt er den Namen mit arabischen Buch-
Stäben richtig. Der Titel des Werks, den ich in der
berliner Handschrift vermisse, lautet bei Golius «.«sjJt
«^Lä Tabulae universales. Es ist eine Samm-
lung astronomischer Tafeln mit Erläuterungen und einer
chronologischen Einleitung. Hr. Silvestre de Sacy,
624 Erläuterungen
den ich um eine Noliz von diesem Buche gebeten babe,
sagt mir, dafs es Hadschi Ghalfa unter dem Titel
«JLJt^ «^lil «p^t ujLä^ küäb el'Zidsch el-dschdnu we-
el'bälig anführe, imd dals es sich auch in der leidner
Bibliothek finde (Nr. 1167 S. 457 des gedruckten ISLaU-
logs). Ohne Zweifel sind die astronomischen Tafeln des
Guschiar Ben-Laban Algili, deren die BihUotti,
Arab. Hispan* EscunaL des Gasiri Tom« I. p. 348 ge-
denkt, dasselbe Werk. Auch bemerkt Herr de Sacy,
dafs es d' Herbelot cweimahl erwähnt, in den Arti-
keln Zig^ algiame u albaleg und Zig* Kousciuar Ben
Kenan al-Khäili, wofür Ben Laban Aidschili zu lesen
ist. Nach dem letztem soll der Verfasser ums Jahr 450
der Hedschra gelebt haben, also nach der Mitte anaers
elften Jahrhunderts. Die Handschrift der Königl. Biblio-
thek zu Berlin ist unter d^n orientalischen in Qu^arto
die lOlste, Sie ist leider nicht vollständig; denn von
dem ersten der fünf Bücher fehlt eine ganze Reihe
Kapitel.
S. 547. Die Worte des Originals werde ich
unten mittheilen. — j^^ ^ J^]^ '^V^ ),y^ U^m^I)
j»L! ^ »Ju|^! iU^^ U^ oy^ iC.MM3-3 äüUÄÜ ÄJu-Jb
*-*^ Crix^ *^^ ^ i^ LT-S-^. ^-^H^ LTs^^ M>jü^
J^t^ iuIU^ v^l(s^ jjl u^t «u5 J,:^ ^OÜt ^t
und Zusätze. 625
O^^ iu.UÄl<[5 ^^j^uu^^ ^j.^ i! »ULT^I ^ SUmÜ
Aus demselben wenig bekannten Werke des Abu'l-
hassan Kuschjar, aus welchem dieses Fragment
entlehnt ist, will ich hier, einem oben (1, 156) gege-
benen Versprechen gemäfs, in der Urschrift und einer
treuen Uebersetzung noch ein zweites Bruchstück mit-
theilen, worin die verschiedenen den Morgenländern be-
kannt gewordenen und mm Theil bei ihnen gebräuch-
lichen Acren zusammengestellt und mit einander ver-
glichen sind. Es befindet sich gleich zu Anfange seiner
TabiJae universales S. 4 d^ berliner Handschrift und
lautet also: U3 JUaXS ^Jiyi ^lu^ /o ^ d^^\ vM^
^ iU^JÜÜI oL^jit V^-^:^^^ «iUjiXAM^ ^Id^t'gu^Ui
[40]
626 Erläuterungen
fH CJA* tr**^' •'^ cy r>*- «^5* ^-5 *^ o •'• *' ' "j
*j.Uä)Ö5 ^J Um ,;yjj^ iU^^j iSjUÄlS l^y OiX* ^äJ?
g.jc. ,^ytP' ȀU ^ iU#UJ! iU-JJ 4jI ^^t PH fcsu>-
u i^>»*« er* jf*i u=*j*^' «y j^^ äsi*sJ^ «i^ er*
x^U) xäw (jrtfcwMj i^^ij Xiil.>*<.Mg j^! QA**Jt er* oJ^
P5jj{ wf>. er* J* o-**-^' ^ 5ub Uh ü->**^5 «»%
jiitMi o¥»i' ^>" cr«3 *^ ü-^
^:>'' ü**5 «^ l*?)^' (S^8 '«i'V;'^ er* f>! Js'i i^b«^'
iCiUÄtSj, v_»^» «Ja ^;y^JuJ^ er* ü->^' 'l»^ "'•"''^ o^J^^
iUjOuit ^t X5L» e^ ^ tule xUt (JM Oua^ ^t 8^^
6y^S gaj jfrÄ ^y e^liJJ eri^» ^. W A>^ j^y
ü^' "^ «i"öiivr Qiijia'i ^b 'erwa ***j5 cr*^' er*
X**- QijÄAj ij»*>j äjU«4«9 »j^' iLÄ-Ls ej*^*^' er*
^Ji^ß y -^j^j^ <* iJs Uh o^^Ij J^Mj isiUüj
und Zusätze. 627
» ■
,fErstes Kapitel von den Anfängen der alten
Aeren und wie viel Jahre und Tage je zwei
derselben von einander entfernt sind. Die
berähmten, von den Alten aufgezeichneten, Aeren
sind: die der Sündfluth, des Bochtenasr, des Bilibus,
des Dsi 'Ikarnain, des Agustus, des Dikletjanus, der
Flucht und des Jezdegird."
„Die Aere der Sündfluth — tärich el-tfifdn •*>
ist von den Urhebern der alten astronomischen Ta«
fein, z. B. der Sendhend und Schah, gebraucht wor«
den. $ie beginnt mit einem Freitage beim An<*
fange der Ueberschwemmung zur ZSeit Noah's des Pro«
phet^n, Friede sei über ihn! und zwar mit dem Zeit-
punkt, wo die eben aufgehende Sonne zufolge der
mittleren Bewegung im Anfange des Widders mit dem
Monde in Gonjunction war, auch die übrigen Plane-'
ten um diesen Punkt her standen* Auf diese Aere
werden alle späteren bezogen."
,,Die Aere des Bo-chtenasr (Nabonassar.). Es
ist dies Bodbtenasr der erste, einer der Könige Baby^
Ions. Die Epoche ist ein Mittwoch* An sie knüpft
Ptolemäus in seinem Almagest die mittleren Oerter
der Planeten, so wie er die Oerter der Fixsterne
auf den Anfang des Jahrs 886 dieser Aere, den er-
sten Tag der Regierung des Abtinus, bezieht. Die
Epochentage der Sündfluth und des Bochtenasr sind
[40*]
628 Erläuierungen
am 860172 Tage oder um 2356 peniadi- ägyptische
Jahre zu 365 Tagen und noch um 232 volle Tage
von einander entfernt."
,jDie Aere des Bilibus (Philippus). Es ist dies
der Bilibus, der unter dem Namen des Erbauers
bekannt ist und Tor Alexander's des Macedoniers Tode
gelebt hat« Nach dieser Aere hat der Alexandriner
Theon seine Tal^n geordnet, die den Namen Kanon
fahren* Ihre Epoche ist ein Sonntag. Zwischen ihr
und der Aere der Sündfluth liegen 1014834 Tage,
welche 2780 Jahre und 134 volle Tage geben."
,,Die Aere des Dsu Ukarnain« Dies ist der
Name, unter welchem Alexander der iweite be-
kannt ist* Die Epoche seiner Aere ist ein Montag und
swar der Anfiing des sidwnten Jahrs seiner Regierung,
wo er aus Maoedonien in die weite Welt auszog, um
seine groisen Eroberungen su machen. Zwischen
diesem Montage und der Epoche der Sündfluth lie-
gen 1019273 Tage oder 2792 Jahre und 193 Tage.''
„Die Aere des Agustus. Es ist dies einer der
römischen Könige, unter dessen Regierung Jesus,
Maria's Sohn, über beide sei Friede! geboren wurde.
Die Epoche seiner Aere ist ein Donnerstag. Zwischen
diesem Tage und der Epoche der Sündfluth li^en
1122;{\6 Tage oder 3074 Jahre und 306 Tage."
„Die Aere des Dikletjanus, eines der christ-
lichen Könige. Der Epochentag ist ein Mittwoch, bis
m welchem von der Sündfluth 1236639 Tage oder
3388 Jahre und 19 Tage verflossen sind/*
„Die Aere der Flucht. Es ist dies die Flucht
„des Propheten Mohammed, Friede und Erbarmen Got-
und Zusätze. 629
„tes sei über ihn! von Mekka nach M^dina, wo er
,, Montags den 8. Rebt el-awwel seinen Einzug hielt.
,,Die Aere wird aber mit dem Eintritt des Jahrs an-
^^geifangen, nämlich mit dem l.Moharrem, welcher
9, ein Donnerstag war. Zwischen dieser Aere und der
,,Sündfluth liegen 1359973 Tage oder 3725 Jahre und
,,348 Tage."
„Die* Aere Jezdegird's. Es ist dies Jezdegird
,,Sohn Scheriar's Enklel Kesra^s, der letzte persische
,, König. Die Aere fängt mit dem Jahr an, in welchem
,,er den Thron bestieg, und zwar mit einem Dins-
,,tage, zwischen welchem und der Aere der Sündfluth
,, 1363597 Tage oder 3735 Jahre und 322 Tage liegen."
^ur Erläuterung bemerke ich Folgendes. Die Aere
der Sündfluth, die hier zu einem Terminus a quo
für alle übrigen gemacht wird, soll 860172 *Tage weiter
zurückgehen als die nabonassarische. Da nun die leUt-
tere mit dem 26. Februar des Jahrs 747 V* Chr. an-
fängt (1, 98), so entspricht die Epoche der erstem dem
18. Februar 3102 v. Chr. Der Eintritt der Sonne in den
Widder jnufste aber in diesem Jahr um die Mitte* des
Aprils erfolgen. Man sieht also, wie unsicher sie bei
aller anscheinenden Genauigkeit bestimmt ist. Yon den
Tafeln Send Hend und Scbah weifs ich nichts zu
berichten. Die ersten erwähnt d'Herbelot in dem
Artikel Zig', wo er die Titel vieler astronomischen
Tafeln anführt, nicht; die letztem sollen nach unserm
Text zu den altem gehören, was von den Zig* schahi
und alschahi, die d'Herbelot nennt, nicht gilt.
Unter Send Hend verstehen die Araber die Hindus,
unter Send die nähern am Indus, unter Hend die
630 Erläuterungen
' ent&mtern am Ganges. Die Hindus betrachten sie aber
al$ die Urheber der Astronomie 4)nd als ihre ersten
Lehrer in derselben.
Den frühem babylonischen König Nabonassar,
nach dem Ptolemäus die Aere benennt, die er in
^inem Abnagest gebraucht, venrechseln die Araber ge-
wöhnlich mit dem spätem Nebucadnezar, den sie
unter dem Namen Bochtenasr kennen. Unser Ver-
fasser unterscheidet beide, indem er. den, von welchem
die Aere den Namen hat, Bochtenasr den ersten
nennt« Die Araber lernten diese Aere aus dem Alma-
gest kennen^ daher sie beim Alfer^ani ^ Ja^alt ^yJ
^^"vf^i^T v^ ^^6 Aere der Aegypter im Buche
£l-medschisti heilst. Sie haben sie aber bei ihren
astronomischen Beobachlungeu nicht gebraucht. Was
hier von Anknüpfung der Oerter der Fixsterne an die
nabonassarische Aere gesagt wind, hat seine Richtig-
keit^); nur muls 885, nach dem Kanon der Kö-
nige das erste. Regierungsjahr des Anton inus, fiir
886 gelesen werden. Aus Antoninus ist in unserm
Text durch Versetzung eines Punkts Abtoninüs und
hieraus weiter Abtinus geworden.
Die AeJre des Philippus hat ihren Namen von
Alexander's Bruder Philippus Aridäus, nicht, wie
einige irrig geglaubt haben, von seinem Vater (1,106).
Durch das LuI^Li^yuJt» bekannt unter dem Namen
Erbauer, wird das griechische xripj^, conditor, aus-
gedrückt, ein Epitheton, das Ptolemäus und Theon,
*) Man vergleiche das siebente Bach des Almagest Th. II.
S.30 nach Hrn. Halma*8 Ausgabe.
und Zusätze. 631
die beide in Alexandrien gelebt habep, dem .Alelander
beizulegen pflegen (1,107). Ptolemäus «agt in .der.
Vorrede zu seinen Kwin^ npox^tpoi *), er habe in di^
sen Tafeln die Epochen der Himmelskörper auf devi
1. Thoth des ersten Jahrs des Philippus, der dem
Alexander dem Erbauer in der Regierung ge^
folgt sei — ^OJhntao rdo jucr'- ^AAigavd/ooy rov xripjv —
angesetzt. Dieses Epithel nun ist von den Orientalen!,
wie man hier sieht, irrig auf den Philipp us überge*
tragen worden. Ohne Zweifel haben sie dabei gerade
diese von ihnen falsch gefaiste Stelle des Ptolemäus
vor Augen gehabt« Dafs der Bilibus vor Alezander's
Tod gesetzt wird, geschieht deshalb, weil diese Aere
an zwölf Jahre früher anfängt, als die nach Alexander
benannte seleucLdische (1,449). Eigentlich soUte die
philippische den Namen Alexander's fuhren, da sie
mit dessen Tode beginnt. Alfergani nennt sie ^u^b
ij^ySLfLa tdrich Filifiis, die Aere des Philipp, und
^j-M^A^ g^ ^ -MJ' ^J^ die Aere der Aegyp- *
ter in den Tafeln des Ptolemäus, nämlich in
den eben erwähnten Kayov^ frpox^tpou lieber dieses
Werk hat Theon der Alexandriner commentirt, daher
es ihm im Text fälschlich zugeschrieben wird. Wenn
man das für die nabona^terische Aere angegebene In-
tervall von dem für die philippische abzieht, so er*
hält man als Intervall beider 423 ägyptische Jahre und
267 Tage statt der 424 vollen Jahre, um welche beide
von einander entfernt sind. Die Epoche der letztern
wird also unrichtig um 98 Tage zu früh auf den 6. Au-
') S. 2 nach Um. Halma^s Ausgabe (ljlQ9).
632 Erläuterungen
gU8t 324 V« Cbr. gesetst, da sie dem 12. November die-
ses Jalirs entspricht (1, 107)* Die Araber haben übrigens
die philippische Aere eben so wenig gebnucht, wie die
nabonassarische.
Die Aere des Dsu 'Ikarnain ist hier richtig
bestimmt. Nur ist es ein Irrthum, wenn ihre Epoche
anf den Anfang des siebenten Regierungsjahrs Alezan*
der's gesetzt wird. Dafs die Morgenländer von zwei
Alexandem, beide mit dem Beinamen Dsi 'Ikarnain,
sprechen, kann man aus dem Artikel Escander bei
d'Herbelot ersehen«
Die Aere des August (1,154) erwKhnt meines
Wissens aufser unserm Verfasser kein Moi^nländer wei-
ter« Sie ist den Arabern vermuthlich durch die astro-
nomische Inschrift bekannt geworden, die Ptolemäus
an einer Säule des Serapistempels zu Canopus hatte an-
bringen lassen, und die Bulialdus in seiner Astrono^
mia Pfulolaica und neuerdings Hr. Halma in seinen
Bjrpothises de PtolSmie ^) aus dem Manuscript Nr« 2390
der königl. Bibliothek zu Paris mitgetheilt haben« In
dieser Inschrift hatte Ptolemäus die mittleren Oerter
der Sonne, des Mondes und der Planeten eben so für
den Anfang der Regierung des Augustus angesetzt, wie
im Almagest für den Anfang der nabonassarischen
und in den Hand tafeln für den Anfang der philippi-
schen Aere (1, HS). Ihre Epoche ist hier übrigens un-
richtig bestinmit; denn zieht man das Intervall für
die nabonassarische Aere von dem für die Aere August's
ab, so erhält man 718 Jahre und 74 Tage, statt der
*) 8.57.
und Zusätze. 633
vollen 718 Jahre, um nvelche beide von einander ent-
fernt sind, so dafs die Epoche, die dem 31. August des
Jahrs 30 v* Chr. entspricht (1,155), auf den 13. No-
vember dieses Jahrs rückt.
Eben so unrichtig ist die diocletianische Acre
bestimmt; denn die 376467. Tage, um welche sie spä*
ter als die nabonassarische angesetzt ist, geben für
ihre Epoche den 12. November 284 n. Chr. statt des
29. August (1,163).
Die Acren der Flucht imd des Jezdegird
sind richtig fixirt.
Verbesserungen.
i
Erster Band.
Säte 98, Note Zeile 2 Im» Iwayiiuvm lUtt : iwetyptipat.
- 102 Z«Uel9 1. 144863S »u 1448658.
- 110 - 20 «t. kind gnter der Pre««e, L siad 1823 «ad 1825 er-
tckienen.
- 172 - 13 1. Senaeaenfgang et. Scaaenaatergeag.
- 266 - 21 L sählen tt, abmetteo.
- 330 - 16 1. des iU der.
- 428 - 8 1. des «U dat.
- 456 - 7 TOB Daten itt dai Wort «rit «asnutreicbea.
- 460 - 18 1. ». Cbr. tt. ▼. Cbr.
- 525 - 3 1. Av Vsm hmUel tchslem oder ^^ V^ hMlht gmmmr, da«
ganae Hallel*
*■ 556 - 12 1. rrSber it. ipiter.
- 581 - 5 V. a. L n. Chr. «t. ▼. Cbr.
Zweiter Band.
Seite 45 Zdle 16 lic» eatwidclt.
- 115 - öiitnickt ausaftreidMa.
- 197 « 9 T. a. I. Daraati tt. Daraatis.
- 327 - 13 1. beideaiabl aeatit XI.
- 345 - 4 1. 534 tt. 434.
- 363 - 14 i«t daiKomM kiater Rolaadiaat wi|9ttreickaL
R e c i 8 1 e I*,
ty%fv%/tfywvy%nf%
xjLbcssinifir,. Monate und Aere II
Abib oder Aehrenmonat der Hebräer I
Sonnenzeiger des Achas I
Schlacht beLActium I
Aktische Aere 1,156
Aegypter,. ihre Zeitrechnung I
Namen und Form ihrer Monate I
ihr Tagesanfang • • 1, 100
kannten frühzeitig .die siebentägige Woche ....
benannten die Tage derselben nach den. 7 Planeten .
hatten früh ein bewegliches Sonnenjahr I
zählten im bürgerlichen Leben nach Regentenjahren . I
haben früh den Yierteltag gekannt 1,93
den sie erst untei* der Herrschaft der Römer zur Ein«
theilung der bürgerlichen Zeit benutzten . •
ihr angebliches Siriusjahr
ihre HundssteiTipcriode
ihre übrigen Zeitkreise I, 178. U
Aequinoctien I
Aequinoctialstunden I
Aere, Begriff I
Entstehung dieser Benennung U
Aere der Sündfluth bei den Oricntalem II
der Olympiaden
des Yarro II, 154
des Gato oder Dionysius U, l60
des Nabonassar 1, 98. II, 627
des Philippus (Jahre seit Alezand. Tode) 1, 106,449. H, 435, 628
}
436
486
484
153
470
93
97
181
178
180
94
109
173
140
171
124
S96
17
86
71
427
627
372
163
636 Register.
Aere der Seleuciden 1,446
Gebrauch dieser Aere bei den Hebräern .... I, 530
bei den syrischen Gbiisten II, 453
bei den Arabern I^ 453. U, 510, 628
Vorkommen in den Büchern der Makkabaer ... 1, 530
auf den Münzen der Ai*saciden II, 552
der Ghaldäer • 1^223,450
der Anliochier . '• 1, 459. H* 435
julianische II, 172
spanische II, 422
des Augustus bei den Aegjptem und Römern 1, 154. II, 628
bei den Syrern *..... 1, 470
christliche oder dionysische, aera vulgaris • . . . 11,365
ihre Verbreitung im Occident II, 375
ihr Verhallnifs zu den andern Hauptären . • . . II, 382
ihre Unrichtigkeit. . . 11,388
ihr Gebrauch im Oiient .......'.. 11,464
eigenthümliche der orientalischen Christen . • . 11,453,467
diocletianische • . • I, l6l
Entstehung derselben 1^162.11,231,436
Gebrauch bei den koptischen und abessinischen
Christen 11,435
bei den Ai'abem II, 506, 528
armenische . II, 438, 443
arabische s. Hedschra.
persische unter den Sassaniden II, 554
seit Jezdegii*d 11,518,629
dschelaleddintsche oder dschelalische ...... 11,526
'*^"' ^?"'P*^H bei den Numismatikera . . . .1,458,468
Caesariana } •
Acren der Schöpfung, s. Weltären.
Aethiopier s. Abessinier.
lulius Africanus, Ghronik und Rechnungsweise . 1,456,467
Jahr der Akarnaner - 1,62
Akronychischer Aufgang 1,52
Alexander*8 des Grofsen Gebm^tsjahr 1, 406
Regierungszeit I, ll4, 122
Todesjahr 1, 120, 407
unmittelbare Nachfolger I» 112
Register. 637
Alezandrinische Zeitrechnung . ....... 1, 140
Erstes Yorkommen derselben I, l44
Geschichte ihrer Einführung •. . . 1,15^
Almüniich, ein anderes Wort fiir Kalender . . * . . I» 73
Anatolius führte den 19)ähngen Cyclus in die Oster-
rechnung ein . . • . . . 11, 226
sein Ostcrkanon II, 227
der ihm untergeschobene Kanon II, 229
Anianus, Chronographie und Osterkanon 11,451
gebrauchte zuerst die 532 jährige Osterperiode . . . 11,278
wie sich seine Rechnung yon der des Panodorus un-
terscheidet 11,453
Anaximander führte den Gnomon ein und mafs mit
demselben zuerst die Schiefe der Ekliptik . . 1,234
Anaximenes führte die Sonnenuhren in Griechen-
land ein 1,235
Annales maximi II, 151, 158, l62
Was ante diem beim Datii-en bedeutet 11,127
Antiochener fingcfn das Jahr mit dem 1. Sept. an . 1,453
ihre aera Caesariana 1,460,465
ihre aera Actiaca 1^470
Apiskreis • .• .■ 1,182
Araber, ihre Stunden, Wochen, Monate und ihre Jahr^
form 11,472
ihre Feste II, 477
ihre cyklische Rechnung 11,479
ihr Sonnenjahr ....%.....•.'. 11,503
Nachrichten von ihrer ältesten Zeitrechnung * . . 11,494
Schlacht bei Ar bei a . * . • 1,347
Archonten der Athener 1,369
Jahr der Arkadier 1,62
Zeitrechnung der Armenier 11,438
Anfang der Dynastie der Arsaciden oder Parther . . 11,551
Monate und Kalender der Asianer . . . . . 1, 4i4
Kalender und Aere der Askaloniten 1^438,473
Athener, ihr Tagesanfang 1,80,100
ihre Monate . . .1, 275, 360. II, 609
ihr Jahranfang 1, 285
wie sie ihre Jahre zählten . 1, 369
638 Register.
JahrKche Auf- and Untergänge der Fixiteme 1,50
Berechnung derselben 11,581
Augustus Geburl, Tod und Lebensdauer 11,112
stellt den richtigen julianisch. Kalend. wieder her 1, 160, II, 132
Zeit, wo er Aegypten su einer römischen Prorins madile 1, 153
gibt einem römischen Monat seinen Namen . • 1, 153. II, 134
Festum azjmorum 1,496
Babylonier, ihre Zeitrechnung •* 1,195
ihr Tagesanfang I, 80, 100, 22\
sind nach Herodot die Urheber der Stundeneinthet*
Inng des Tages und der Sonnenuhren . . 1, 85, 22\
ihre Monate finden sich nirgends genannt .... 1,202
haben nach der gewöhnlichen Annahme einerlei Zeil*
rechnung mit den Aegyptem gehabt .... I, 203
scheinen aber im bürgeiiichen Leben nach Hondmo-
naien und Mondperioden gerechnet zu haben . 1, 20S
bedienten sich unter den Seleuciden der macedoni-
sehen Monate 1,206
(Yergl. den Aiükel Ghaldäer).
Was die Chronologen babylonische Stunden nennen 1 , 85
Dauer dar babylonischen Gefangenschaft .... 1,530
11,478,568
. 11,146
. 11,345
. 11,291
Das Bairarofest der Mohammedaner ....
Flarius Basilius Junior, der letzte Consul
Jahre post consulalum Basilii gezählt . .
Beda lieferte eine Ostertafel auf 532 Jahre
Der Babylonier Berosus schrieb ein giieduscfaes Werk
über die Alterthümer seines Volks .... 1, 197
sein Zeitalter, und ob der GeschichlBchreiber Ton
dem Astronomen gleiches . Namens zu unter-
scheiden 5ei . . . ' • . 11,599
hat nach Zeitkreisen gerechnet . 1,211
ob er ah Urheber des Regentenkancms za betrach-
ten sei 1,222
Bis sex tum, der Schalltag in Gäsar*8 Kalender . . II, 129» 621
Bithynier^ Monate und Kalender 1,421
Böoter fingen ihr Jahr um die Winterwende an • . 1,364
ihre Monate 1,364.11,609
Bos trenser oder peträische Araber, ihr Kalender • . 1,437
ihre Aere 1,475
BegisUir. 639
Byslus, Name des Monats, in welchem die pythisehen
Spiele gefeiert wurden ... ^ ... . 1,367
Byzantinische Weltare .11,459
Galendae im alten römischen Mondjahr 11,38
Galendarium bei den Römern 1,73
Callippus rerbessert den metonschen Cydus . . 1,2999 344
sein Kalender 1,346,353
Annus canicularis s. Hundsstemperiode.
Gappadocier^ Monate und Kalender ...... I,44l
lul. Cäsar yei^bessert die röm. Zeiti*echnung 1, 65, l60, 167. U, 118
entlehnt den Yierteltag aus Aegypten .... 1,140.11,118
sein Edikt über die Kalenden'eform II, 123
Einrichtung seines Sonnenjahrs ....... 11, 124, l4l
seine Fasti Il,135,l4o
Zeitumstände der catilin arischen Verschwörung . . 11,110
M. Pomus Gato bestimmt das Jahr dei* Erbauung Roms II, 157
Gatonische Aere II,l63
Wann Censorinus geschrieben hat . . . 1,108,375. II, 153
Chaldäer, Priesterkaste zu Babylon 1,195.
ihre astronomischen Beobachtungen . . ; 1, 195 v 222^ 338
hohes Alter derselben 1, 217
brachten die Asti*ologic in ein System 1, 197
kannton die mittleren Bewegungen des Mondes sehr
genau I,206
und das Sonnenjahr zu 365|- Tagen 1, 207
ihre Mondperioden 1, 211
müssen sich' bei- ihren Beobachtungen des beweglichen
Sonnenjalirs bedient haben I, 219
wie sie die Zeit einer Beobachtung bestimmten . . 1,225
Chaldäische Aere •• 1,223
Periode, auch Periode der Finsternisse genannt . 1,47,206
Chronologische Charaktere s. Zeitmerkmale.
Charakter des Monats, Jahrs und 19jährigen Cydus
im hebräischen Kalender 1,544
Charwoche, Charfreitag 11,210
Gharops erster zehnjähriger Arohon der Athener . . 1,369
Chinesen, ihre Stunden 1,85
gebrauchen die siebentägige Woche 1, 88
den 19)ährigen Cydus . » 11,608
/
640 Begister.
Christus starb am l4. Nisan der Hebräer .... 1,515
yerschiedene Meinungen über das Jahr seiiier Geburt
und seines Todes 11,385,387
Untersuchungen über sein Geburt^ahr II, 3S8
über sein Todesjahr Il,4l2
Zettrechnung der christlichen Völker 11^ 175
Wie das Chronic on paschale rechnet • . . 11,350,354,452
Chronologie, mathematbche, historische, technbche . 1,5
Cicero 's Consulat nach dem richtigen julianischen Ka-
' lender fixirt 11,109
Cilicier, ihre Jahrform 1,188
Circenses haben auf die Bestimmung der Osterfeier in
der lateinischen Kirche Einfluis gehabt . . . 11,266
Anno circumcisionis. 11,373
Clavis terminorum 11,369
Räthsel des Cleobulus 1,258
Cleostratus Urheber der technisch geordneten Octae-
teris 1, 300, 305. II, 605
Clepsydrae bei den Giiechen 1,230
bei den Römern II, 4
Coraputus 11,299
Concur^*entes II,26l
Zeitverhältnisse der Regierung Constantin's . . 11,352,361
ConstantinopUsche .Weltai*e b, byzantinische.
Consuln, wie es nach Verlegung des Kaisersiues in
den Orient .mit der. Wahl derselben gehalten
wurde II, 344
leUte im Occident.und im Orient ....... 11,345
Verzeichnisse derselben 1, 159. II, l46, 167, 238
Consulat, Anfang des9elben.. . II, l67
Erlöschung • 11,345
in seiner spätesten Gestalt II, 345
Verschiedene Anfänge des Consular Jahrs .... II, l48
Monate der Corcyräer upd jCorinther . . . 1,368.11,610
Mit Coröbus Sieg nimmt die Olympiadenrechnung ih«
ren Anfang 1,372
Creon erster Archoii eponymus 1,369
Creter, Monate und Kalender 1,426
Gtesibius Erfinder der Wasseruhren .... 1,230.11,9
Begister. 641
Gyclus, Girkei, Zeitkreis 1,71
wie man unter Gyclus u. Periode zu unterscheiden pflege 1, 71
zweijähriger der Griechen s. Trieteris.
yieijähriger s. Teti*aeteris.
achtjähriger der Griechen s. Octaeteiis.
der Türken II, 564
zwölfjähriger der Ghaldäer « 1,301
neunzehnjähriger s. Enneadecaeteris.
dreifsigjähriger der Araber II, 479« 502
in der Inschrift von Rosette 11,596
decemnovennalis und lunaris II, 237
(die Zeitkreise, die hier nicht bemerkt sind, suche
man unter Periode).
Cyprier, Monate und Kalender 1,427
Gyrillus, seine Osterreden 11,209
seine das Osterfest betrefTenden SchriAen . . . 11,258,264
seine 95 jähiige Ostertafel .' II, 2S9y 262
Damascener fingen ihr Jahr im Frühlinge an . . 1,413,437
Darius 11 (Nothus) Regierungsantritt und Tod . . . 1,121
Darius III (Godomannus) Todesjahr 1,122
Decemyirn, Jahre und Dauer ihi*er Verwaltung . 11,95,165
geben der römischen Zeitrechnung eine neue Gestalt . II, 67
Decennalia 11,353
Dekaden des griechischen Monats 1,279
Zeiti'echnuDg der Delphier 1,367
Democritus, Urheber einer 82jährigen Periode. . . 1,303
lieferte ein damit zusammenhangendes Parapegma . . 1, 357
Des-Vignoles Hypothese eines 360tägigen Jahi^ 1, 69^ 187, 259
Diocletian, sein Regierungsantritt 1, 163
gibt einer ägyptischen Aere seinen Namen . . I, l6l.II, 231
seine Ghristenyerfolgung > I, l62, 460
Dionysius, Urheber einer eigenthümlichen Zeitrech-
nung und eines an die Zeichen der Ekliptik
geknüpften Kalenders . 1,356
Dionysius von Halicarnafs bestimmt die Zeit der
Erbauung Roms 11,157
seine Ghronologie II, 170
Achtjähriger Osterkanon des Dionysius, Bischofs yon
Alezandrien .... * 11,226
n. [41]
642 Register.
Dionysius Exiguus setzt die Osteiiafel des Gyrillus
auf 95 Jalire fort , ... II, 260, 286
allinählige Einführung derselben II, 29S
seine chronologischen Schriften II, 2S6
Urheber der Aera yulgaris 11,366
setzt Christi Geburt an den Schlufs des ersten Jahrs
seiner Aere 11,381
Dionysische Periode 11,292
Dioscurus, Name des macedonischen Schaltnionats 1,399
Dodweirs Untersuchungen über die römische Zeit-
rechnung 11,93
Dominicus oder dominica, xupioxii, Synonym Ton
dies solis II, ITS
Dsu *lkarnain, der Zweigehömte, Name Alescander^s
des Grofsen bei den Arabern 11,510
Dschelal-eddin 11,523
die nach ihm benannte Zeitrechnung II, 526
Wie die Chronik von Edessa rechnet 1,454
Begriff des Einschaltens 1,66
Eleer, ihre mit den Olympiaden zusammenhangende
Zeitrechnung 1,366
Embolismus 11,265
Enneadecaeteris oder 19jähriger Gyclus . . . 1,47,72
ob er den Ghaldäem bekannt gewesen 1,210
von Mcton in die griech. Zeitrechnung eingeführt 1,298,309
ob dieser ihn erfunden 1,313. II, 60S
ob und wann er zu Athen eingeführt worden . . 1,317,323
Epoche I,32S
Construction ' 1,329
dient dem jetzigen jüdischen Kalender zur Grund-
lage 1,542,575,579
eben so der Osterrechnung der Christen . . . .11,192,211
ist zuerst yon Anatolius dazu gebraucht worden • . II, 226
die Epochen des christlichen und jüdischen Gyclus
sind fast um drei Jahi*e verschieden . . 1, 581. II, 237
Wie Ennius die Erbauungszeit Roms bestimmt hat . 11,151
Epagomenen der Aegypter 1,98.11,505
Einfuhrung derselben 1, 187
der Abessinier 11,438 i
I
Register. 643
Epagomenen der Armenier 11,439
der Perser 11,517
Epakte, im ältesten lateinischen Osterkanon das Mond-
alter am I.Januar 11,239,280
im Osterkanon des Dionysius am 22. März .... II, 261
Julianische Epakten 11,319
Gi^egorianischer Epaktencyclus II, 306
Eph'emeriden 1,73
Kalender der Ephesi er \ . . . . I,4l9
Ephoren der Lacedämonier 1,371
Epoche, bürgerliche und historische 1,71
in welchem Sinn die griechischen Astronomen dieses
Wort genommen 1, 115
nicht mit Aere zu yerweehseln I, 71
(Die Epochen der yerschiedenen Acren sind unter die-
sen nachzusehen).
Eponymi und Pseudeponymi 1,369,370
£ra, die spanische Jahrrechnung 11,423
Bruchstück aus Eratosthenes chronologischem Kanon 1,373
Erebi>ei den Hebräern 1,483
schabbath, «apaaxiuj, Rüsttag 1, 516
pesach '1, 520
Ergänzungstage s. Epagomenen.
Erleuchtungsmonat 1,90
Erntezeit, ajuif]to(, bei den Griechen 1,242
Euctemon Theilnehmer an Meton's chixmologischen
Arbeiten 1,100,298
Verfasser eines Parapegma 1,357
Wie Eudoxus Parapegma, das bei den Griechen in be-
sonderem Ansehen stand, angeordnet gewesen . 1, 354
Ob Eusebius um die Osterrechnung der Alexandriner
Yeixiienste hat II, 232
Fasten der Hebräer ^ . . . . 1,523,527
der Christen 11,210
Fasti 11,73
des lulius Cäsar II, 135
des Ovidius . . II, 144
Caipitolini 11,168
Consulares eines Ungenannten 11,238
[41*1
I
644 Register.
F'ebrnarius war lange der letzte Monat der Römer . 11,51
Entstehung der Benennung Feriae für Wochentage 11,180
Die Ferie zu finden, eines christlichen Datums ... II, 183
eines arabbchen 11,490
eines persischen 11,521
eines dschelalischen II, 535
Feriae latinae 11^ 111
Fest der ungesäuerten Brote bei den Hebräern . . 1,496,515
Yerzeichnifs der hebi-äischen Fest- und Fasttage. . 1,56.}
Verdoppelung der hebräischen Feste 1, 514
M. Flavius, Gehülfe Gäsar's bei der Kalenderreform 11,119
Floralia 11,101
Calculus Florentinus 11,329,384
Französische Zeitrechnung in der Rerolution . 1,65.11,467
Frühling und Frühsommer nach der Bestinmrang
der Griechen 1, 243, 246
FrühlingsToUmond • II>192
Gallier zahlten nach Nächten und theilten ihre Zeit
nach dem Mondlauf I, 81
Gamelion war in altem Zeiten der erste attische Monat 1, 286
Gazäer, ihr Kalender 1,438
ihre Aere 1,474
lulianisches Gemeinjahr 1,66
Kalender des Gcminus 1,357
Germanen zählten nach Nächten und Wintern . . . 1,81
ordneten ihre Zeit nach' dem Mondlauf . . . . I, 81,90
Gnomon in der Kirche des heil. Petronius zu Bologna II, 301
Gnomonen der Alten 1,26
der Griechen insbesondere 1, 232
Gnomonik der Alten und Neuem 11,233
Anno Gratiae 11,373
Gregor XIII verbessert den julianischen Kalender . . ' II, 301
Gregorianischer Kalender oder neuer Stil . . 1,74. II, 304
Griechen, ihre Tageszeiten 1,227
ihre Nachtwachen 1, 231
ihre Stunden 1,238
ihre Jahnszeiten 1, 240
allgemeiner Charakter ihrer Jahre und Monate . 1, 254^ 310
Yerschiedenheit ihiier Monate 1, 262
Begister. 645
Griechen, allmählige Gestaltung ihrer cjklischen Zeit-
rechnung ' . • 1,265
ihr Kalenderwesen 1,309
Annahme des julianischen Kalenders 1)359
ihre Jahrrechnungen 1, 369
Güldene Zahlen If, 72. II, 197
Hadrian*s Regierungsantritt I>119
Hamansfest der Hebräer s. Purim.
Harpalus verbessert die Octaeteris 1,300,308
Hebdomas I, 89,^80
azymonim oder passionis 11,210
Hebräer, ihre Zeitrechnung 1,477
ihre Woche und Sabbathfeier 1,480,538
ihr Tagesanfang 1,482
ihre Tageszeiten 1, 484
ihre Nachtwachen 1,486
ihre Stundeneintheilung 1,538
hatten von Alters her Mondroonate .••.... 1, 488
Namen einiger ihrer ältesten Monate 1,486,494
ihr ältestes Jahr . ............ 1,490
ihre Jahrszeiten I|494
ihre Feste 1,495,514,563
ihre jetzigen Monate I« 509
ihr Schaltmonat 1,539
ihr Jahranfang 1,522
ihre jetzige Jahrform 1, 540
Erklärung ihrei* cjklischen Rechnung I« 543
wann und wie dieselbe entstanden ist I« iS9
ihre Jahrrechnungen 1,501, 529» 542, 568
Hedschra (Hegira) der Araber 11,482
zwiefache Epoche derselben II, 483, 484, 568
Zeit ihrer Einführung 11,502
Hekatombäon, erster Monat des attischen Jahrs . • 1,285
wenigstens seit Ol. 72, 3 I* 291
spätere Versetzung 1,360.11,609
Helakim und Regaim der Hebräer 1,82,538
Heliacischer Auf- und Untergang der Sterne. . . 1,51
Monate und Kalender der Heliopoliter I,440
Hellenen s. Griechen.
646 Bester.
Das florentiner Hemerologium I,4iO
Hendecas 11,234
Herbst in unsenn Sinn des Worts den altem Griechen
unbekannt 1, 245
entstand erst zur Zeit des Hippocrates, und wie sein
Anfang bestimmt wurde 1, 250
Her od es, des sogenannten Grofsen^ Zeitverhidtnisse 11,389,391
seine Sobne und Nachfolger 11, 390
Herodot gibt uns die erste Nachiicht Tom beweglichen
Jahr der Aegypter 1« 96
spielt auf die Hundsstemperiode an 1, 137
Hesekiers Jahrrechnung 1,536
Hesiodus Jahrszeiten 1,245,311
kennt schon die Eintheilung des Monats in drei De-
kaden . • • 1,257
Rabbi Hillel, Urheber der jetzigen hebräischen Zeit-
rechnung 1, 576
Hipparch*^ Bestimmung des tropischen Jahrs ... 1, 64
des sjnodischen Monats 1, 297, 542
entdeckt die Yon-tickung der Nachtgleichen . . I, 27, 193
gebraucht bei seinen Beobachtungen das bewegliche
ägyptische Jahr 1, 97
die griech, Monate und die kaUippische Periode 1, 170,344
rerbessert letztere 1,35^
fängt den Tag mit der Mittemacht an . . • 1, 100
rechnet nach Jahren seit Alezander's Tode .... 1, 106
seine Theorie des Sonnenlaufs 1,91
Urheber der astronomischen Tafebi . . . 1,212,329
sein Kalender - 1,353
Osterkanon des Hippolytus . .^ 11,213
Homer*8 Jahrszeiten 1,243
sein Jahr ein tropisches 1, 260
Hora, wpa, Gebranch dieses Worts für Stunde . . . I,23S
Horae aequinoctiales 1,86
temporales 1, 87
Hören, Symbole der Jahrszeiten 1,248
Horologium, allgemeine Benennung der Sonnen- und
Wasseruhren der Alten 1,230.11,7
Horoskop Ily 113
Begister. 647
Hundsstern, Friihaufgang bei den Aegyptem 1 , 1 25 , 129« 11 9 594
beim Homer ^ . . . 1,244
nach Meton 1,328
Hundssternperiode 1,124
Jahre ihrer Enieuerung . . 1, 128. H, 593
wann und wie sie entstanden ist 1, 132
Vorkommen bei den Alten 1, 133
kleinere des Des-Yignoles 1,186
Hundstage 1,245
Jahr bedeutet, gleich den analogen Wörtern in fast allen
Sprachen, eine periodische Wiederkehi* . . . II>588
siderisches und tropisches 1, 32, 35
festes und bewegliches 1, 67
cyklisches 1, 68
julianbches 1, 74
Jahranfang od. Jahrepoche, zwiefacher d. Syrer 1,452. H, 434
zwiefacher der Hebräer 1, 492, 522
dreifacher der Römer H, 150
der Christen mit dem 1. März 11,326
mit dem 1. Januar, a circumcisione ....
mit dem 25. December, a nativitate ,
mit dem 2S, März, a conceptione oder ab annun- ^ H, 329
tiatione <
mit dem Osteifest
mit dem 1. September H, 359« 360
Jahrpunkte 1, 18. n,588
Yei'schiebung derselben im julianischen Kalender . . I, 78
JahrrechnuQgen der Griechen 1,369
der syrischen Städte 1,445,457
der Hebräer 1,501,529,542
der Römer I, l45
der christlichen Völker des Occidents H, 343
des Orients H, 433
dei* Araber II, 482, 499
der Perser 11,518,526
der orientalischen Astronomen 11,627
Jahrszeiten, physische und astronomische .... 1,24
Ibbur, das Schaltwesen der Hebräer 1,539» 575
Jakobiten, ihr Jahranfang 1,65. 11,435
648 Register.
Seit wann der lanuarius der e»te Monat des römi-
schen Jahrs geworden ist II, 50
Japanische Stunden I, 85
Idus, Slelle in den römischen Monaten und ursprüng-
liche Bedeutung 11,38,43
Jerusalem, Belagerung und Eroberung unter Nebucad-
nezar und Titus. 1,528
Jezdegird, der letzte sassanidische König, gibt einer
Aere seinen Namen II» 518
Incarnatio domini, 0i/a o-efpKwo-ic 11,329,389
▲nno ab Incarnatione 11,373
Incarnations-Aere des Oiients 11,453
Indictionen 11,347
Erstes Vorkommen derselben • II, 352
dreifacher Anfang II, 359
Indictionscirkel 1,72
Interlunium 1,280
Jobeljahr und Jobelperiode 1,501
losephus rechnet nach hebräischen Monaten mit mace-
donbchen Benennungen I, 400
Iphitus erneuert die olympischen Spiele 1,374
Isidorus setzt die Ostertafd des Dionysius fort. . . 11,290
Juden s. Hebräei*.
Der Monat lulius, yormahls Quintilis, wird nach lulius
Cäsar benannt II, 134
Julianische Aere II, 131
Julianische Periode 1,76
Julian US, Zeit seines Todes 1, 4S2, 46l
Fest der Kaienden 11,334
Kalender 1,73
altei* oder juUanischer ist nur noch
bei den griechischen Christen im Gebrauch . 1, 6S. 11, 324
neuer oder gregorianischer 11,304
Epochen seiner Einfiihining 11,321
yerbessertei* 11,323,325
immerwährender julianischer 11,194,293
verschiebt sich alle 310 Jahra um einen Tag . . II, 198
immerwährendei* gregorianischer 11,307
der Hebräer 1,563
Register. 649
Kalender der Griechen, s. Parapegma.
Einrichtung der ramischen Kalender . . 11, 126, 136, 138, l40
auf uns gekommene römische II, 135, 139
Kalenderstreit 11,323
Kalenderyerbesserung im sechzehnten Jahrhundert,
Ton wem zuerst angeregt II, 299
Ton Gregor XIII zu Stande gebracht II, 301
worin sie bestand . . ' II, 303
Kalenderwesen der Griechen 1,309
Kanon der Regenten, auch mathematischer oder astro-
nomischer genannt 1, 109
seine Anordnung nach Jahren der nabonassarischen
und philippischen Acre I ....'.. . I, ll4
wie er die Jahre der Regenten zählt Ij 117
rührt seiner ersten Anlage nach von den chaldäbchen
Astronomen her und ist von den griechischen
fortgeführt worden 1, 222
Kapitolinische Spiele 11,78
Jahr der Karer 1,62
Karneia, ein Hauptfest der Lacedämonier .... 1,363
Die Zeiti*echnung der Karthager ist uns gänzlich un-
bekannt 1, 64
Kirchenjahrrechnung 11,448
Kopten . II,504
gebrauchen noch jetzt das alexandrinische Jahr . . I, l40
und die diocletianische Acre II, 436
Kosmischer Untergang der Sterne 1,52
Lacedämonier, Monate und Jahranfang 1,362
hatten einen andern Schaltcydus als die Athener . . 1,363
wie sie ihre Jahre zählten 1,371
Acre von Laodicea 1,457,468
Laterculus paschalis centum annorum . . . .11,273,296
Laubhüttenfest der Hebräer ...... .1,499,523,563
Lenäon oder Lenäus ein Monat der Jonier . . . I,4l6
Lenäen I,4l7
Des Papstes Leo Briefe über die Osterfeier .... II, 266
Schlacht bei Leuctra 1,365,381
Aloys. Lilius der. eigentliche Urheber d. gregor. Kalend. II, 301
der daher auch wol der lilianische heifst .... II,304
650 Register.
Chronologie des L IT i US 11)169
Losungsfest der Hebräer s. Purim.
Luach, Tafel, hebräischer Name des Kalenders . . . 1,563
Luna XIV, Tag des Oster-Yolbnondes 11,198
Lustrum, schwankender Gebrauch dieses Worts . . 11,77
Zahl der zu Rom gefeierten Lustra . . . • • . II, 80
Erstes des Serrius Tullius 11,91
Kalender der Lycier 1,435
Macedonier, ihre Monate It393
fingen das Jahr mit dem Dius an 1,394
hatten ein gebundenes Mondjahr 1,395
ihre Monate wurden durch Alexander*s Eit)berung weit
über Asien verbreitet und nachmaUs in Son-
nenmonate umgeprägt 1,397
Name des Schaltmonats 1,399
Frühzeitig eingetretene Verschiedenheit in der Stel-
lung der Monate 1, 402
Das macedoniache Sonnenjahr ist Tom julianischen
entlehnt I,4o4
und fing um die Herbstnachtgleiche an
in Kleinasien mit dem Dius 1, 4i3
in Syrien mit dem Hyperbei^täus 1, 430
Machsor katan und gadol, der Mond* und Sonnen-
cii'kel bei den Hebräern 1,562
Zeitrechnung in den Büchern der Makkabäer 1,398,447,531
Mämakterion, fünfter Monat der Athener, nicht yierter 1, 275
Manethon schrieb über die Hundsstemperiode und
scheint sich derselben in seiner Geschichte be-
dient zu haben I, 134
Schlacht bei Marathon I, 291
Martins erster Monat des altem romischen Jahrs . . 11,53
Märtyreräre, eine andere Benennung für die diocle-
tianische 1,163.11,436,506
Wie Maximus in seinem Gomputus die Jahre zahlt • 11,454
Mensis häng^ mit dem griechischen pi|v und \l%U zusam-
men und bezeichnet ursprünglich einen Mond-
monat 11, 38
Mensis primus für paschalis 11,325
Mercedonius, Name des römischen Schaltmonats . 11,36,56
Begister. 661
Mercedonius, kann in der uns bekannten Form dein
römischen Mondjahr nicht angehört haben . . 11,37
Meridies bei den altem Römern II, 11
Meton, sein neunzehnjähriger Cyclus trat bei den Athe-
nern an die Steile der Octaeteris . . . .1, 297, 301
ob er als Urheber desselben zu betrachten sei 1, 298, 313. II, 608
lieferte einen nach den Erscheinungen der Fixsterne
geordneten Kalender 1,314,357,359
beobachtete mit Euctemon das Sonnensolstitium, an
das er Cyclus und* Kalender knüpfte . . . 1, 100, 326
Zeitrechnung der Mexikaner 1,63,68.11,586
Mihrgan oder Mithrafeier der Perser 11,545
Min Jan schtaroth, Name der seleucidischen Aere bei
den Hebraeiii 1,530,568
Mischna, Zeit ihrer Abfassung 1,573
Mohammed, Gcburts- und Todeszeit 11,498
Mohammedanische Zeitrechnung 11,471
Moled der Hebräer 1,543
Gebrauch desselben zur fiei*echnung des Anfanges und
der Dauer des hebräischen Jahrs 1,545
Vier Monarchien der altem Universsdhistoriker . . 1, 110
Monat, synodischer, peiiodischer 1,42
Dauer des erstem 1,43,579
des letztem 1^44
der periodische wird in der Zeitrechnung gar nicht
gebraucht 1, 60
anomalistischei; 1,45
drakonitischer 1, 46
Monate dei' Aegypter 1,97.11,503
Stellung derselben im alcxandnnisohen Jahr ... I, l43
volle und hohle bei den Griechen 1, 266
bei den Römern 11,33
der Athener 1,275
Eintheilung derselben in drei Dekaden 1, 279
rückgängige Zählung der Tage in der letzten Dekade 1, 280
welcher Tag in den hohlen Monaten ausgemerzt '
wurde 1,282
Yergleichung mit den unsrigen I>292
der Laoedämonier 1,362
652 Register.
Monate der Booter 1,364.11,609
der Eleer 1,366
der Delphier 1,367
der Corcyräer und Goriniher 1,368
der Macedonier 1,393
Yergleichung derselben mit den hebräischen beim
losephus . .' I,402
ümprägung in Sonnenmonate. I,409
der Asianer I,4l4
der Ephesier I,4l9
der Bithynier • . 1,421
der Greter 1^426
der Gyprier 1,427
der Syrer 1,430.11,509
liefen vollkommen mit den julianischen pairallel 1, 430. II, 6lO
der Sidonier 1,434
der Tjrier 1,435
der peträischen Ai'aber oder Bostrenser . , . . . 1,437
dei* Gazäer und Askaloniten 1,438
der Hcliopoliler I, 440
der Gappadocier 1, 44i
der Hebräer I}509
kommen zuerst in den nach der Deportation abge-
fafsten Büchern des alten Testaments vor . . 1,510
wurden lange durch unmittelbare Ansicht der ersten
Mondphase bestimmt 1,512
mangelhafte und ToUe . 1, 540
mittlere Dauer 1,542
der Römer, und zwar die angeblichen 10 des Romulus II, 18
die des Numa II, 34
die des Gäsar II, 115
letztere werden Ton fast allen christlichen Völkern
gebraucht 11,190
ihre Eintheilung nach Galendae, Nonae und Idus hat
sich lange im Mittelalter erhalten ..... II, 192
der Abessinier 11,337
der Armenier II, 439, 442
der Ai'aber, jetzige 11,474
ehemahlige II» 495
Register. 663
Monate der Pei*8er 11,515
der Türken II, 560
aus den Zeichen der Ekliptik gebildete 1,356
Mondcirkel 1,72.11,192
Mondgleichung J . . . 11,312
Mondjahr I,6l
Dauer desselben 1,66
das freie 1,67
das gebundene 1,68
Mondmonate, astronomische und biirgerhche . • . 1,90
letztere werden in der Regel abwechselnd zu 30 und
29 Tagen gerechnet I,60
Die beiden wichtigsten Mondperioden 1,47
Mondschaltjahr 1,68
Mondviertel 1,39
Mondzeiger s. Epakte.
Moses, üriieber der ältesten Zeitrechnung der Hebräer 1,479
rechnet nach Geschlechtem 1,506
Musterake, arabische Benennung der Epagomenen der
Aegypter und Perser II, 506, 517
Nabonassar, König von Babylon, gibt einer Aere
seinen Namen 1,98
ob er Stiller einer Dynastie gewesen 1, 220
Nachtwachen bei den Griechen 1,231
bei den Hebräern 1,486
bei den Römern 11, 6
Anno a Natiyitate Christi « 11,374
De la Nauze's Hypothese über die römische Zeitrech-
nung geprüft II, 93
Wann der Kaufcontract des Nechutes ausgefertigt ist . 1, 124
Nemeische Spiele 11^606
Des Nero und seiner di*ei unmittelbaren Nachfolger
Todestage * I,119,l46
Neros, eine chaldäische Periode 1,211
Nesi, angebliche Benennung der ägyptischen Epago-
menen 11,505
Nestorianer, Jahranfang derselben .... 1,65.11,435
Neu fränkische Zeitrechnung s. französische.
654 Begisier.
Neujahrfest der Hebräer 1,498,522
Neuruz, erster Tag des Jahrs, bei den alten Persem
ein Festtog 11,545
Neuruzi sultani 11,524,578
chowarezmschahi 11,538
Nicänisches ConcÜium II, 204
Nil, Anfang seines periodischen Steigens 1,125
Nisan, erster Monat des hebräischen Kii'chcnjahrs . . 1,510
Nonae bezeichneten im ältesten römischen Kalender den
Tag des erslen Viertels 11,39,42
quintanae und septimanae 11,39,46
Enstehung dieser Benennung II, 129
Koufiii]yut, erster Monatslag der Griechen 1, 268
in der Regel Tag der ersten Phase 1,279
kommt auch von andern Zeilanfängen gebraucht vor . 1, 172
Numidier, zählen ihre Zeit nach Nächten .... I^Si
Nundinae 11,136
Octaeteris oder Enneaeteris der Griechen und der
A.thener insbesondere I, 294, 300, 304
^ ein uralter Zeitkreis • II, 605
allmählige Verbesserungen, 1,296
Einrichtung und Stellung 1, 306
Oenopides, Urheber einer 59jährigen Periode . . . 1,302
Ogdoas 11,234
Olympische Spiele, Zeit ihrer Feier 1,366
Stiftung , . . . , 1,372
Erlöschung .' 1,377
Verzeichnifs der Sieger 1, 379
Olympiadenrechnung kam spät in Gebrauch . ... 1,372
ihr Urheber der Geschichtschreiber Timäus .... 1,378
eigenthümliche der griechischen Kirchenyäter . . . 11,465
Omer der Hebräer 1,487.11,613
Orientalische Aeren ........... 11,625
Tafel derselben II, 522
Entstehung des Worts Ostern 1, 516
Ostercyclus der Alexandriner. S. Enneadecaeteris.
Osterfest der Hebräer, s. Passah.
der Christen II, 191
Register. 665
Osterfest, Principien seiner Feier in der griechischen
Kirche und nachmals in der ganzen Clhiisten-
heit 11,192
in der lateinischen Kirche II, 118, 220, 247
bei den alten Britten . . . • ' 11,29^
tnfil zuweilen mit dem jüdischen zusammen . . . 11,320
wie man das Datum desselben finde
im julianischen Kalender II, 199
im gregorianischen . • • , II, 316
Geschichte der Feier 11,200
die wichtigsten darüber zwischen der griechischen und
lateinischen Kirche gewechselten Schriften . . 11,253
untergeschobene 11,229,273,275
Ostergrenze, terminus paschalis, luna XIV . . . . 11,192
Tafel der alexandrinischen oder juUanischen ... II, 199
der gregorianischen .... ^ .. w ... II, 317
Osterperiode, 84jährige der lateinischen Kirche . . 11,233
532jährige des Yictorius J[I,275
Osterreden, homiliae paschales 11,209
O ster tafeln, die 112jährige des Hippolytus . . • . 11,219
die 84 jährige der lateinischen Kirche ...... 11,249
die 95jährige des Cyrillus 11,259
des Dionysius II, 286
die 532jährige des Beda .11,291
Der Ring des Osymandyas 11,590
Jahr der Otaheiter . . * • . 1,62
Palilia oder Parilia, Geburtstag Roms .... 11,47,50
Palmyra gebrauchte die seleucidische Aere . . . . 1,447
Panodorus Chronographie und Weltäre 11,447
Papyrusrollen nAit chronologischen Datis . . . 1,123,124
Parapegmen oder Kalender der Griechen .... 1, 317
dergleichen wurden Ton vielen bearbeitet .... 11,359
unter andern yon Meton und Eudoxus, deren Kalender
sich in besonderem Ansehen erhielten • .II, 313, 354
die allein auf uns gekommenen des Geminus und
Ptolemäus 1,357,358
Parasceye, irapaoKtvij <i^ . . . 1,516.11,211,
Verlegung der Parentalia yom Februarius auf den
December II,l49
666 Begister.
Parischer Marmor oder Marmordbronik ..... 1,379
zählt die Jahre yon der Sommerwende I, 3S1
ihr Epocheojahr Ol. 129, 1 l, 382
Part her s. Arsaciden.
Paschasinus Sendschreiben an Leo 11,265
Passah, Pesach dei- Hebraei* 1,495,500,514,566
der Christen s. Osterfest.
Passahstreitigkeiten 11,202
Anno a Passione II, 4l2
Peloponnesischer Krieg, Anfang 1,286,371
Ende 1,121
Periode I, 71
julianische I, 76
16 jährige der Griechen 1, 296, 30S
des Hippolytus 11,213
• 24]ährige der Römer . , 11,69,91
25 jährige der Aegypter, Apiskreis 1, 182
59 jährige des Philolaus und Oenopides .... 1,301,302
'76 jährige des Callippus, eine Verbesserung des meton-
schen Cyclus 1, 299y 344
ihre Epoche 1,345
hält gleichen Schritt mit dem julianischen Jahr. . 1,349
bürgerlicher Gebrauch 1,351
diente zur Grundlage der alexandrinischen Oster-
rechnung II, 23S
82 jährige des Dempcritus 1,301,303
84jährige, Ton den Hebräern gebraucht . 1, 571. II, 243, 6l5
diente zur Regulirung des Osterfestes in der latei-
nischen Kirche II, 238
Anordnung des auf sie gegründeten Osterkanons 11, 245
Gebrauch auf den brittischen Inseln 11,296
112 jährige des Hippolytus II, 222
120jährige der alten Perser II, 542
1 60 jährige der griechischen Astronomen .... 1, 296, 308
304 jährige des Hipparch 1,301,352
500jährige der ägyptischen Astronomen, Phönixpe-
riode 1, 183
532 jährige des Anianus und Yictorius . . • .11,277,451
600jähiige der Ghaldäer I, 210
Register. 657
Periode, l440 jährige der alten Perser 11,542
l460]älirige der Aegypter s. Hundsstemperiode.
36525 jährige der ägyptischen Asti-onomen .... 1, 191
griechisch-römische des Pagi 11,450
(Die Zeitkreise, die hier nicht erwähnt sind, suche
man unter Cyclus).
Pentecoste, Pfingsten 1,521
Perser, ihre Zeitrechnung 11,513
ihi*e der alten ägyptischen analoge Jahrform . . . II,5l4
ihre Monate II, 515
haben statt der Woche eigene Namen für die einzel-
nen Monatstage II, 5l6
ihre Epagomenen . . .' .11,515,517
veränderte Stellung derselben II, 548, 550
Acre ihrer beweglichen Jahre 11,518
fingen ihren bürgerlichen Tag mit Sonnenaufgang an ' II, 523
erhielten durch Dschelal- eddin ein festes Sonnen jahi' 11,524
haben schon Tor Mohammed ein solches gehabt . . II, 540
ihre Schaltperioden yon 120 und l440 Jahren . . . II, 542
muthmafsliche Beschaffenheit ihi*es frühem Schaltwesens II, 548
Persische Könige im Regentenkanon 1,112
Peruaner hatten die siebentägige Woche ....... 1,88
Petavius Verdienste um die Chronologie II, 604
Phaeinus stellte zuerst meteorolog. Beobachtungen an 1, 3l4
Schlacht bei Pharsalus 1,467
Phasen des Mondes 1,39
Philippus Aridäus gibt einer Aere seinen Namen . . 1, 106
Philolaus, Urheber einer 59jährigen Periode . . . 1,301
Phönixperiode 1,183
Fabius Pictor, ältester römischer Geschichtschreiber . II, l47
seine Bestimmung der Erbauungszeit Roms . . • Hf 152
Calculus Pisanus 11,330,342,384
Planetenstunden, auch jüdische genannt . . 1,87,181,517
Schlacht bei Platää 1,364,381
Platon's Nachtuhr 1,232
Geburtstag «. . . . 1,337
Der Frühauf- und Untergang der Ple jaden bezeich-
nete den Griechen den Anfang des Sommers
und Winters 1, 241,312
IL [42]
658 Register.
•
Polybius, Bestimmung der Erbauungsseit Roms . . II, 162
Willkühr der Pontifices beim Einschalten . 11,97,117, 131
Posaunenfest der Hebräer 1,522
Poseid eon, Name des attischen Schaltmonats • • . 1,275
Jahre post consulatum, \kwvi tiJv vmmuur . . • 1,472.11,344
Präcession s. YorrUckung der Nachtgleichen«
Probus, erstes Jahr seiner Regierung .... 1,458.11,228
Pros per Aquitanus hat die 84 jährige Osterperiode der
bteinischen Kirche modificirt 11,272
Proterius Sendschreiben an Leo 11,267
Protopaschiten 11,206
Prytanien der Athener. 1,288
Dauer jeder einzebien 1, 289
wie es im Schaltjahr damit gehalten wurde .... I, 34l
spätere Gestaltung derselben 1,343,351
Prytanenjahr fing mit dem Hecatombäon an . . . 1,290
Ptolemäus Lagi tritt zu Gunsten seines Sohns Phila-
delphus in den Priyatstand 1,357
Ptolemäus Epiphanes, Regiei*ungsantritt i
Euergetes II, Regierungszeit j '« ^23
Sotei*, Regierungsantritt I^ 124
Wie Claudius Ptolemäus in seinem Abnagest rechnet 1^97,115
aufser dem beweglichen Jahr der Aegypter hat er sich
auch des festen der Alexandriner bedient . . I, l49
fangt als Astronom den Tag mit dem Mittage an . 1, 30, 102
seine Handtafeln 1,115
sein Fixstemkalender 1,358
Purimfest der Hebräer 1,525,540,565
Pyanepsion rierter, nicht fünfter Monat der Athener 1,275
Pythischc Spiele 1,367. II, 606
Quadragesima 11,210
Quadraturen 1,39
Quartadecimaner 1, 572. U, 202
Quinquennalia 11,353
Ramasan, Fastenmonat der Türken 11,568
Ostertafel von Ravenna . . . . . . . . 11,289
Regentenkanon s. Kanon der Könige.
Wie die Regentenjahre im Abnagest und Kanon der
Könige gezahlt werden 1,117
Register. 669
Regifugium • 11^59
Die Formel Regnante Christo .....'... 11,374
Reguläres 11,368
Yerbesserter Reichskalender ........ 11,325
Rosch chodesch 1,513,540
haschanah, Neujahrsfest der Hebräer 1,563
Die Erbauungszeit Roms wird sehr yerBchieden ange*
geben . 11,150
Drei Hauptbestimmungen, die
des Yarro II, 152
des Gate 11,157
des Polybius II, l62
Römer, ihre Zeitrechnung • • • . II, 3
fingen den Tag mit der Mittemacht an . 1, 80, 100. II, 3, 46
theilten die Nacht^ so wie den natürlichen Tag, in
je vier gleiche Theile II, 6
erhielten die Sonnen- und Wasseruhren zugleich mit
dem Worte hora ron den Griechen . . . . II|7,9
ihre Zeitrechnung blieb bis zum Jahr 709 d.St. schwan-
kend II, 14
yier Perioden derselben • ... II, 15
das Jahr des Romulus war nach den Alten regellos • II, 16
es soU aus zehn Monaten und 304 Tagen, nach einigen
Nachrichten aus zwölf Monaten und 360 Tagen
bestanden haben ......... II, 17, 19
wie sich die Alten hierüber aulsem ■ II, 20
Ansichten der neuem Gelehrten 11,23^618
wahrscheinliche Beschaffenheit des zehnmonatl. Jahrs . II, 29
das Jahr des Numa war ein Mondjahr Ton 355 Tagen . II, 31
die Monats tage wurden in drei Absatzen und in rück-
gangiger Ordnung gezählt II, 4l
das Mondjahr mufs ein gebundenes gewesen sein . . 11,47
ürsprang des Schaltwesens II|48
das alte Mondjahr fing mit dem März an .... 11,50
unter den Decemrim war das Jahr ein cyklisches
Sonnenjahf mit einem Schaltmonat von 22 und
23 Tagen II, 56
wie beim Gebrauch desselben datirt wurde . . . . 11,59
dai Schaltwesen war vom griechischen kopirt ... II, 65
[42']
660 Register.
\
Römer, Beschafienheit des Schaltcydus II, 6S
Widerlegung mehrerer hierüber aufgestelltea Hypo-
thesen, Jyesonders der des Scaliger . . . . II, 71
erst Julius Cäsar gab dem Jahr eine feste Einrichtung II, 117
Wesen und Umstände seiner Reform 11,1 IS
wie nnn datirt wuixle 11* 126
JahiTechnungen II, l45
Römer-Zinszahl 1,73.11,349
Römische Könige 11,1^1
Regenten im Kanon der Könige 1, 113
Inschrift von Rosette 1,109,123,397.11,596
Rotae paschales II,2S9
Was die Araber unter Rum. (Römer) ventehcn . . . 1,454
Runenkalender 11,151
Russen gebrauchen die europäische Aere, aber noch den
alten Kalender 11,464
Rus-name der Türken 11,562
Sabbatum, o-dßßarov, für Woche gebraucht .... I,4S1
seit Anfang der christlichen Aere im römischen Reiche
. sehr bekannt.. II, 175
Una, secunda , . ... sabbati 11,179
Sabbathfeier I,4S0
Sabbathjahr 1,482,502
Saeculum der Römer 11,82
Säcularjahr 11,303
Schlacht bei Salamis 1,308,381
Salaminier in. Gypem gebrauchten die ägyptischen
Monate 1)429
Saltus lunae 11,235
Samosata, Aere 1,475
Sanhedrin zu Jerusalem, wie er die Neumonde be-
stimmte 1,512
wdche Rücksichten ihn bei der Wahl der Schaltjahre
leiteten 1,571
Aera sapharensis 11,425
Saros, eine chaldäische Mondperiode 1,207,211
dafs es, wie man geglaubt hat, die Periode der Fin-
sternisse war, wii*d bezweifelt 1,213
Anfang der Dynastie der Sassaniden 11,554
Begister. 661
Saturni dies, Synonym von Sabbatnm 11,177
wuixle Ton vielen Römern gefeiert II, 178
Scaliger*s Yei*dienste um die Chronologie .... 11,603
falsche Theorie des griediischen Jahrs . . .1, 254. II, 602
unrichtige Hypothese über das frühere römisdie Schalt*
wesen 11,74
Schabüoth s. Wochenfest.
Schaltjahr, Schaltmonat, Schalttag 1,66
Schaltjahre der christlichen Acre 1,74
Schaltmonat der Griechen ......••• I>264
der Athener insbesondere I^ 275
der Hebräer . 1,488,511,539
der Römer, Name 11,56
Dauer y 11,57
Site 11,58,61
in dem Ostercyclus der Christen 11,237
Schaltregel, gi*egorianische 11,303
Schalttag des lulius Cäsar 11,129,187,621
der Alexandriner I, l42
Schattenlängen dienten zur Zeitbestimmung bei den
Griechen . 1,235
bei den Römern . • . . • Il,6l7
Schätzung zur Zeit der Geburt Christi 11^394
Schiefe dei* EUiptik 1,25.11,585
Abnahme derselben 1,27
zuei*st Ton Anaximander- gemessen 1, 235
Schuschan purim der Hebräer 1,526,565
Sehungsbogen 1,54,129-11,^85
Seleucia in Pierien, Kalender 1,433
Acre 1,473
Seleucus Nicator gründet das syrische Reich . • . 1^445
die nach ihm benannte Aere, s. unter Aere.
Septimana, iß^ofit^C, schebna 1,480.11,181
Sibyllinische Bücher 11,85
Sideraljahr s. Jahr.
Kalender der Sidonier 1,434
Significare, lirtoiipaiirtty, ein meteorologischer Kunst-
ausdruck 1,315,358
Jalüpe des Hohenpriesters Simon » 1^534
662 Begister»
SiriSf Name des Sirius bei den Aetoiopicni .... 11,592
Sirias s. Hundsstern.
Sirius] aLr, angebliches der alten Aegypter .... 1,171
Socrates Todesjahr 1,377,381
Solarium findet sich auch Ton Wasseruhren gebraucht II, 8
So Ion 's muthmafsliche Verdienste um die Zeitrechnung
der Athener • 1,266
Unterredung mit Croesus 1, 271
Solstitium, Sonnenwende 1« 17
Sommers «An fang, bei den Griechen I,24l
Mittlere Bewegung der Sonne. . 1,36
Sonnencirkel. . . 1,72.11,185
wie man ihn für ein bestimmtes Jahr finde • . . • II, 189
Sonnengleichung. . . 11,311
Sonnen jähr ist irühzeitig innerhalb der Grenzen eines
Yierteltages bekannt gewesen 1, 61
das freie . \ I 6**
das feste J ' '
das bewegliche oder wandernde (Riickjahr) . • . • 1 t r o
das cyklische • J '
Sounenmonat 1,63
astronomischer und biirgerlicher. . . j . • . • 1,91
Sonnentag, wahrer 1,36
mittlerer 1, 38
Sonnenuhren, alte und neuere . . 1,232
Einführung Jbei den Griechen 1, 234
bei den Römern 11,7
Sonnenzeit, wahre und mittlei^ 1,36
Sonntaf^sfeier bei den frühem Christen • • • .11,178,200
wird durch Theodosius geboten .••..•.. II, l40
Sonntagsbuchstaben 11,185,289,373
Tafel , derselben 11,188
wie sie mit den Goncurrentes zusammenhangen . . II, 262
Sosigenes, Gehülfe Cäsar*s bei seiner Kalendenrerbe»-
senmg I, l40, l68. II, 119
Sossos, eine chaldäische Periode 1,211
Sothis oder Seth (Thoth), Name des Handsstemi bei
den Aegjptem 1,126
Ursprung dieses Worts 11,591
Register. 663
Sothische Periode t. Himdsstemperiode.
Spatso-mmer, ojrJpo; der Griechen 1,243
Stern der Weisen zur Bestimmung des Geburtsjahrs
Christi benutzt II, 399
Die jahrlichen Auf- und Untei*gänge der Sterne dien-
ten den Alten zu Signalen der Jahrszeiten • . I»24l
Stern tag und Sternzeit • • . • • 1,38
Stil^ alter und neuer 1,74
Stil US curiae Romanae 11,335
Frandae 11,337
Uispaniae 11,339
curiae. und .ecdeaiastieos im Gegensatz II, 340
communis • • . . II, 34i
Stunden, europäische 1,82
italiänische 1,83
babylonische 1,85
hebräische 1,537
türkische 1,83.11,559
gleichförmige 1,82
Teiwderliche oder PlanetensUmden 1,84
waren den Babyloniem frühzeitig bekannt .... 1,224
kamen von diesen zu den Griechen ..... 1, 85, 238
und weiter zu den Römern II, 10
waren den Hebräern bis auf die babyloniache Geian-
. genschaft unbekannt 1,485
Süccoth t. Laubhüttenfest.
Wie Syncellus die Jahi-e der Welt mid der Incama-
tion zählt 11,455
Syrer fingen ihr Jahr um die Herbstnachtgleiche an . 1,431
einige mit dem Oktober, andere mit dem September . 1, 452
der letztere Jahranfang schreibt sich Ton den Indictio-
. nen her 1,454
hatten unter den Seleudden ein Mondjahr, an dessen
. Stelle unter den Römern ein Sonnenjahr mit
mandierlei Abweichungen trat 1, 433
gebrauchten die seleucidische Aere 1,446
die sehr yerachiedenen Aeren der syrischen Städte da-
tiren sich mebtens Ton erlangter Autonomie . 1, 458
Sy:zygien 1,39
664 -Register.
Tag, natürliclier und bürgei-licher 1)29,79
verschiedene- Anfange des letztem 1, 30, 80, 100
Tagsminuten der Chronologen 1,82
Tagszeiten der Griechen . . 1,227
der Hebräer 1,484
der Römer 11,10
.Takwim,' die arabische Benennung des Kalenders 1,74.11^562
T4rich, das arabische Wort für Epoche und Aere 11,428,502
el-kebt oder el-schohada, -die diocletianisdie A^ere . 11,506
el-rüm oder dsi Ikamain, die seleucidische Aere . . II, 510
Jezdegird oder el*fars, die persische Aere .... 11,518
Zeitrechnung der alten Tataren angedeutet .... 11,578
Zeit der Zei-störung des ersten Tempels der Hebräer 1,528,529
der Wiedererbauung I^ 530
Tempel weihe, ein Fest der Hebräer 1,524,564
Ludi Terentini 11,87
Terminalia, ursprünglich das letzte Fest im römi-
schen Kalender 11,52
Tetraeteris, yicrjähriger Zeilkreis der Griechen 1,273.11,606
Thalea lernte in Aegypten das bewegliche Sonnen jähr
kennen . ; 1, 177
verkündigt den Joniem eine Sonnenfinstemifs 1, 209. 11^ 166
soU zuerst Untersuchungen über die Sonnenwenden
und Nachtgleichen angestellt haben .... 1, 247
Thekuphen oder Jahrpunkte der Hebräer .... 1,550
weichen jetzt sehr Tom Himmel ab 1,554
Urheber der Thekuphenrechnung 1,573
Theophanes, wie er in seiner Ghronogi-apliie rechnet 11,455
Theophilus, seine Osterreden 11,209
seine Ostertafel und der dazu gehörige Prologus . . 11,254
Thischri^ erster Monat des bürgerlichen Jahrs der
Hebräer 1,522
Thoth, erster Monat des ägyptischen Jahrs . . . 1,97,126
fester der Alexandriner I, l4l
wie derselbe mit dem 29' August der Römer in Ver-
bindung gekommen - . . 1, 157
Thucydides i&adit seine Jahreinschnitte mit Frühling
• und Herbst 1,371
Tiberius fünfzehntes' Regierungsjahr II,4l5
Register. . 665
Tiberius Todesjahr II,4l6
Timäus aus Sicilien^ UrLeber der Olympiadenrech-
nung • . • 1,378
seine Bestimmung des Erbauungsjahrs Roms ... 11, 152
Timocharis astronomische Beobachtungen . 1,277,344,349
Titus' Todestag 1, 118
Anno trabeationia 11,373
Trajan's Todestag 1,119
. Anni a transitu S. Martini . . . . 11,432
Triakas, Name des letzten Tages des griechischen Mo-
nats 1, 257, 267, 299
Tricennalia 11,353
Trieteris , zweijähriger Schaltcyclus der Griechen 1, 269* II« 607
Trinundinum, ein Zeitraum yon. siebzehn Tagen . . 11,137
Tripolis, Acren 1,459
Triumphe, Data derselben 11,99
Türken, ihre Stunden und ihr Tagesanfang .... 11,559
die Zeiten ihrer fünf gesetzlichen Gebete . . . 11,560,576
ihre Wochentage und Mondmonate II, 560
gebrauchen die Hedschra . .. . . • . . . «l*! ^f-.
ihr Sonnenmonat und ihr Sonnenjahr J *
Einrichtung. ihres . Takwim und Bus-name .... 11,562
wie sie ihren. Fastenmonat und ihr Bairamfest be-
stimmea II, 568
Tyrier, ihr Kalender 1,435
ihre Acre 1,457,471
Ümbrer, Anfang ihres bürgerlichen Tages . . . 1,80,100
Untergang, heliakischer und kosmischer .... 1,51,52
Valens Tod ....... ' 11,466
Yarro^s Bestimmung des Erbauungsjahrs Roms . . . 11,152
die nach ihm benannte Aere II, l63
Yeadar, der. Schaltmonat der Hebräer. 1^539
Ver sacrum 11,102
Versammlung, Azereth, Schlufs des Laubhütten-
festes 1,500,564.11,615
Versöhnungstag der Hebräer 1, 499> 523, 563
Vespasian^sProdamation und Todestag . . . . 1,118,119
Vicennalia . . . 11,353
666 Register.
yicennalia des Constantm 11,442,
Yictorius, sein Canon pasclialis 11,275
die nach ihm benannte Periode II, 277
seine Zeitrechnung # . . II,27S
Gebrauch seines Canon paschalis ....... II, 2S4
Yierteltag, den Aegyptem frühzeitig bekannt • . 1, 6l, l4o
Ton Julius Cäsar aus Aegjpten entlehnt . . . I, l4o. II, IIS
Yollmond, ^t;^ofif)i»Mi, der vierzehnte Monatstag bei den
Griechen 1, 340
Yorrückung der Nachtgleichen 1,27.11,585
ob sie den Aegyptem bekannt gewesen 1, 192
Wasseruhren der Griechen 1,230
der Römer 11,8
Weltäre im Allgemeinen 11,444
da* Hebräer 1,543,552
wie sich dieselbe gestaltete 1,581
des Calvisius, Petarius, üsher und Frank .... 11,445
des Panodorus, alezandrinische II, 447
wird irrig die antiochenische genannt II, 448
des Anianus, identisch mit der des Panodorus ... II, 452
des Julius Africanus, unschicklich die alexandrinische
genannt 11,456
byzantinische oder constantinopelische 11,459
ihr Ursprung II, 461
bürgerlicher Gebrauch im byzantinischen Reiche 11,463
bei den Russen 11,464
Winters Anfang bei den Griechen 1,242
Witterungsanzeigen, lmwin[iM9Üu^ in den Kalendern
der Griechen und Römer I,3l4. II, l40
Woche, Entstehung dieser Benennung II, 183
die siebentägige, eine ünterabtheilung des synodischen
Monats 1, 60
ihre aflgemeine Yerbreitung 1, 87
in die älteste Gesetzgebung der Hebräer Terfloch-
ten 1, 4S0
scheint allen semitischen Yölkem gemein gewesen zu
seyn 1,482
namentlich den Arabern 11,473
Register. 667
Woche war vor Einführung des Ghmtenthums aufser
Judäa nii*gends im bürgerlichen Gebrauch . . 1,180
astrologischei* Gebrauch derselben . 1,178
die Astrologen benannten die Tage derselben nach den
sieben Planeten 1,179.11,177,623
achttägige der Römer, Nundinae 11,136
wich unter Gonstantin der siebentägigen II, 138
Wbchenfest der Hebräer 1,497,521,567
Wochentage, Zählung bei den Hebräern . . . 1^481,538
bei den Arabern 11,473
bei den Türken . .« 11,560
ihre Namen in den germanischen Sprachen . . . • 11,181
Zeichen der Ekliptik in Kleinasien als Monatsnamen
gebraucht 1, 425
Zeit, Zeitraum, Zeitpunkt 1,3
wahre^ mittlere 1, 36
Zeitgleichung, Aequatio temporis 1,37
Zeitkunde, Chronologie 1,5
Zeitkreis, Gyclus, Periode 1 1 ti
Zeitmerkmale . » J '
Zeitmessung auf den FaU des Wassers gegrün-
det 1,225.11,5
Zeitrechnung, ägyptische 1,93
alexandrinische I, l40
des Dionysius 1,170
der Babylonier 1, 195
der Giiechen, besonders der Athener 1, 227
der Macedonier 1,393
der Syrer ' . 1,429
der Hebräer 1,477
d^r altern 1,478
der neuem oder Juden ' . . . 1,537
der Römer 11,3
unter Romulus II, 16
seit Numa Pomjtilius 11,31
seit den Decemvirn 11,56
seit Julius Gäsar 11,117
der christlichen Völker II, 175
668 Begister.
Zeitrechnung der Araber oder Mohammedaner . • II, 471
der altem vor Mohammed II, 494
der Pei^ser II, 513
des Dschelal-eddin 11,524
der Türken II, 559
der Mezicaner 11,586
Zeitstunden 1,87
Zinszahl, 8. Römer -ZinszahL •
1
Verzeichnifs
«
der wiGhtigem chronologischen Werke und Abhand-
lungen, ivdche bei diesem Handbudie benutzt
worden sind^}«
IMM^«^IAAM%1«
Abnlfaradsch. Hisloria orientalis (oder Dynattia-
mm) arabice et latine ab Eduardo Pooodüo. Qx«
ford 1672, 2 B. in 4.
AbuMhassan Kuschjar. Zidsch el-dschamii Ifaaiiscr. 11,623
Albert. -Abr^^ cbronologique de rhütoire Romaine . 11,109
Alfergani. Elementa astronomica cum notis Jaoobt
Golii. Amsterdam 1669^ 4. Das erste Kapitel ist
chronologiscben Inhalts.
Leo* Allatius. De mensura temporam I«239
De dominicis et hebdomadibus Graeoorum .... II, 460
Almagest s. Ptolemans.
AlmeloTeen. Fasti Romanorum consulares . • . • II, l46
Ambrosius. Epistola ad Episcopos per Aemiliam con-
stittttos 11,256
Art de ydrifier les dates. Zuerst in einem Bande, dann
in drei. Paris 1783, folio. Neuste Ausgabe in
zwei Abtheilungen , die eine unter dem Titel:
Art .... depuis la naissance de Notre-Seigneur,
19 B., die andere unter dem Titel: Art •...
avant Tere cfar^tienne, 5 Bd. in 8.
Audrichi. Institutiones antiquariae ...... I,4ll
Ayerani. Dissertatio de mensibus Aegyptiorum 1,97
Bainbridge. Canicularia . 1, 124
Beck. Ephemerides Persarum 11,507
*) W«n dicTitd KWa im T«t volbtiadig Mtdiftfcrt siad, le kl ddus
tfopdea.
n. [43]
I
670 Register.
Beda. De temponim ratione. *
Diese und andere chronologische SchriAen von Beda
sind von Noriomagus (Bronchoi'st) besonders her-
ausgegeben worden 11,21)1
Beer. Abhandlungen- sulr* £i*lau4eru»g der alten Zeit-
rechnung und Geschichte. Leipzig 1752, 8.
Beigel. Ueber die Gnomonik der Araber , . . . 11,473
Bendavid. Zur Berechnung und Geschichte des jiidi-^
sehen Kalenders « •.- .^ . . .' 1,512
Beveridge. Institution um chronologicanim libri duo 1 , 4 )0
Bianchini. De calendario et cyclo Caesaris . . . • 11,136
Biot. Recherches sur plusieurs points de raslronomie
Egyplieane I,i2S
Blonde 1. De. fbrmulac Regnante Christo in Teterom
monumentis usu II,37i
Bredow. Untemuchungen über einzidne Gegenstände
. der alten Geschichte, Geographie und Chronologie.
Altona 1800-2, 2 B. in 8.
Bucherius. De doctrina temporum ^ 1,572
Buhle. Calendaiium Palaestinac oeoonomictiin • . . I,4S7
Beek Calkoen. Dissertatio de horologüs Tetorum scao-
thericis I, zsi
Calyisius. Opus chronologicum mit einer Isagoge chn>-
nologica. H, 378
De yero natiTitalis Christi anno 11,405
C^ixftorlniLs. . De die .natali. mit Noten von Linden-
brog. Ausgabe Tom H&Tercamp. Ijeidea 174S, 8.
ChampoUioa-Figeac. Annales des Lagides ou chxo-
nologiß des Rois Grecs • d'Egypte. Paria 181S«
2 Bibdde in 8.
Supplement mu diesem Wei^e 1, 27s
Christmann. Chronologische!* Commentar über den
Alfergani ^ 11,428
Chronicon Pasehale a mundo condito ad Heraclü im-
peratoiis annum Ticesimunu Li der Sanunlung der
Scriptt. bist. Byzant. Wird auch unter den Titeln
Fasti Siculi und Chronicon Alexandiinum dtirt.
Claviua* Romaiii Galendarii a Gregorio XIII restituli
ezplicatio 11,302
Corsini. Fasü Attici. Floraiz 1744-56, 4 B. m 4^ )
Dissertationes agonis(icac. Florenz 1747, 4. .
Cyrillus. Prologus pasdialU • II, 25ß
Des-Vignoles. Chronologie de Thisloire «ainte. Ben- >
lin 173S, 2B.'mA, i
Dionysius Exiguus. ; Epistola ad PeU-onium . - •'i
Epistola ad Bonifactum ...>•• Vif, 286
Argumenta de titulis paschalibus ••..•.» J- \
Dissertatio de hebdomade gentilimn Ha 192
Dodwell. .De veteribu^ Graeoorqm Horoanonimqiie cydia • 1 , 2 74
DissertaUones Gyprianicae. Oxford 1684, 8. Der Ap-
pendix ist für die Chronologie wichtig.
Chronik von Edeisa 1,451
Euscbius. Thesaurus tpinponim. Eusebü Panphili chro-
nicorum canonum libri duo interpretc Hieivnymo«
Eiusdcm Eusebii utriu^que pai-tis chrdnioorttni ca-
nonum reUquiae Graecae. Opera et «Ludio Joscphi
Scaligeri. Eiusdem Scaligeri isagogicorum chrono-
logiae canonum libri tres. Ersie Ausgabe, Lei^
den 1606, zweite, Amsterdam 1658, fol.
Die armenische Uebersetzung des ganzen Werks mit
einer lateinischen zur Seite unter dem Titel: Eu-
sebii Chroniooa bipartitum, adnotationibus auctum,
Graeds fragmentis exoniatum, opera P. Jo. Baptistpe
Aucher. Venedig 1818, 2 B. in 4. Bbfs lateinisch
▼on Zohrab und Mai. Mailand 1818, 4.
F ab riet US. Menologium »vre libellus de mensibus . . 11,190
Fasti Capitolini II, 168
Ferner. De antiquitate Calendarii Runici • . . . II, 181
Foggini. Fastorum anni Romani aYerrio Flacco or*
dinatorum reliquiae II, 135
Frank. NoTum systema chronologtae fundamentalis 1, 504
Fröret. Oeuvi-es completes, Paris 1796, 20 B. in 12.
Grofsentheils chronologischen Inhalts. Die ein-
zelnen Abhandlungen stehen fast sämmtlich in
den Mdmoires de TAcad. des Inscriptions.
Fuchs. Abhandlung von den Wochentagen .... 11,183
Gama.. Saggio dell* astronomia, cronologia e mitologia
degli antichi Messicani 11,586
672 Rasier.
G astend i. Roroanttm caleiidariiiiii oompendiofe expo»
ntimi 11,302
Gatterer. AbrUi der Clmmologie. Gdttingen 1777» 8.
Gasa. De mensibot. Im Unmologiiiiii des PetaTius.
Gern in US. Isagoge in Arati phaenomcna. Unter an-
dern in Petarü Uranologium und Herrn Habna*s
Chronologie de Ptol^ni^ abgedmckt.
Lilins Gyraldus. De annis et mensilnis .... 1,427
Van der Hagen. Obserrationes in Theonis lastot
Graeoos priores 1,110
Dissertationes de cyclis paschalibns 11,206
Obseryationes in. Proeperi Ghronioon II,24S
Obseryationes in yelenim patnim et pontificum pro-
logos et epistolas paschaks II, 2i3
Obserrationes in Heraclii roethodom paschakm . . II, 2i4
(Diese fünf Weriie sind anonym encfaienen).
Halma. Chronologie de Ptolte^. Paris 18195 in 4.
Hjpothtes et ^poqnes des planstes de Gl. Pta-
Ite^e et Hypotyposes de Prodns. Paris 1820, 4.
Beide Werke enthalten mehrere chronologische Ab-
handlungen.
Tables manuelles de Ptolto^ et de Th^n jusqu*&
pHsent inMites. Paris 1822 — 2S, 3 B. in 4.
Haltaus. Calendarium medii aeri 11,318
Ham berger. Dissertatio de epochae christianae ortu
et autore 11,38!
Hei w ig. Zeitrechnung zur Erörterung der Data in den
Urkunden II, 31S
Hemerologium Florentinum 1,4 10
Her wart. Admiranda ethnicae theologiae mysteria. Ac-
cessit exacta temporum ratio II, 395
Hippolytus. Opera ed. FabricH. Im ersten Bande fin-
den sich die den Osterkanon erläuternden Abhand-
lungen Ton Bianchini, Vignolius und a Turre . . II, 2l4
H 0 r r e bb w. In yeterum patrum aliquot monumenta pa*
schalia breyes annotationes 11,255
Actorum circa reformationem Galendarii narratio hi-
storica 11,333
Begister. 673
T. Hnmboldt. Vuet dei CordiU^res. Enthalt eine aus-
fiiluüche Abhandlung über die Z^trechnung der
Mexikaner - . . 11,587
Jackson. Chronologische Alterthamer der ältesten Kö-
nigreiGhe, iibersetat Ton Windheini. Nüm<-
berg 1756, 4.
Jan. Historia cycli Dionysiani 11,211
Hbtoria aerae christianae 11,365
Kanon der Regenten 1,109
Kepler. De lesu Christi yero anno nataUtio . . . . II, 4o4
De yero anno qno Dei filius humanam naturam as-
sumpsit II,405
Dr. Koch. Belehrungen über Mündigkeii zum Testi-
ren, CiTilzeitcomputation und Schalttag . . . 11,621
Meier Kornick. System der Zeitrechnung. . . . 1,559
Krug. Kritischer Versuch zw Aufklärung der byzan-
tinischen Chronologen 11,^464
Wilh. Langius. De annis Christi 11,74
Larcher. M^^oire sur le Phoenix ou Recherches sur
les p^riodes des Egyptiens 1, 137
Letronne. Recherches pour senrir k Thistoire de l'E-
gypte pendant la domination des Grecs et des
Romains I, l44
Longuerue. Dissertationes de variis epochis ei anni
forma yeterum 1, 394
Laurentitts Lydus. Opusculum de mensibus ed. Niool.
Schow. Lips. 1794, 8.
Mabillon. Dei-e diplomatica. Grofsentheils chronologi-
schen Inhalts 11,327
P. Magnan. Problema de anno natiyitatis Christi . . II, 398
Maimonides. Kiddusch hachodesch 1,512
Marsh am. Canon chronicus Aegyptiacns, Ebraicus,
Graecus. London 1672, 4. und öftei*s.
Martini. Abhandlung yon den Sonnenuhren der Alten 1,233
Michaelis. Commentationes in sodetate regia seien tia*
rum Gottingensi praeleotae. Zum Theil chrono-
logischen Inhalts 1,487
Paulus yon Middelburg. Paulina, siye de recta Pa-
schae celebrationc ^ Ily 300
674 Register»
Marques de Mondejar. Obras chrondlogicaft . . . 11,426
Mos he im. De rebus Cbristianonim ante Cowslantimim
Magnum commentaiii II, 202
De la Najuze. Histoire du Galendrier ^gyptten.
Le Galendrier Romain depuis les D^oemvirs jnsqu'a
la oorrecUon de Jules -Gdsar. In den M6noires de
FAcad^nie des Inscriptions. Tom. XIVy.XYI und
XXVI.
N a ▼ o n L Rouz - nam<^ ou Galendrier perp^tuel des Turcs II, 562
Neander. Erläuterungen über die Veranlassung und
Beschaffimheit der ältesten Passahstreiligketten 11,201
Nordmeyer. Galendarium Aegypti oeconomicum . . 1, 125
Noris. Annus el epocbae Syromaccdonum .... I,400
Angehängt die Abhandlungen:
De fiutis consularibus Anonymi.
De paschali latinorum cydo.
De cyclo paschali Rarennate»
De nummo Herodis Antipae.
Genotaphia Pisana. Im dritten Bande seiner Werke
(Verona 17^9, 5 B. in Fol.)
Pagi. Critica in Annales Baronii II,4ll
Dissertatio hypatica . • II, l46
Periodus Graeco- Romana II,3S8
Onuphrius PanTinius. Faslorum libriV et in eosdem
commentarü. Venedig 1558, fol.
Die parische Ghronik 1, 379
Petavius. Opus de docti'ina temporum. Erste Ausgabe.
Paris 1627, 2 B. fol.
Üiiinologium et Variae dissertationes ad Uranologium
sire auctarium opeiis de doctrina temporum. Paris
1630, fol.
In der antwerper Ausgabe von 170J sind beide
Werke in drei FoÜobänden vereint.
Ralionarium temporum. Paris 1633, 2 B. 12. und
nachher öfters.
Petitus. Eclogae chronologicae 1,254
Pilgram. Galendarium chronologicum 11,318
Pocock. Specimen hbtoriae Arabum. Enthält viele chro-
nologische Untersuchungen II, 475
Registers. 675
Pontedera. Antiipiitatam Latinanim Graecaruinqiie
enarraiiones 11,25
Prospcr AquituMif. Clironicon 11,242
Prolerius. Sendschi'eiben an Leo • 11,267
Ptolemäui. ftLal^yaoBtix^ oder \k%yiki[ oitvragic- Die Ara-
ber scheinen ynfyi^ gelesen zu haben« woraus mit
Hinzufügung des Artikeb Almagest entstanden ist.
Ein TollBtandiges -Lehrgebäude der Astronomie der
Alten, für die Chronologie sehr wichtig. Die erste
Ausgabe Basel 1538, fol. enthält zugleich den Com-
mentar tob Theon. Erst neuerdings bt eine zweite
Ausgabe mit einer französischen Uebersetzung von
Herrn Halma unter dem Titel: Composition ma-
th^atique de Claude Ptolömöe erschienen, Pai-is
1813, 2 B. in 4.
Puteanus. De nundinis Romanis.
De bissexto. Beide Schriften finden sich im achten
Bande des Thesaurus von Grärius.
Relandus. Fasti oonsulares ad ülnstrationeitt oodicis
lustinianei ac Theodosiani . • II, l46
Rhode. Versuch libei* das Alter des Thierkreises . . 1, 175
Inschrifl von Rosette 11,596
Saint -Martin. Nouvelles Recherches sur Töpoqiie de
la mort d* Alexandre et sur la Chronologie des
Ptolömto I,409
San demente. De vulgaris aerae emendatione . . . 1,456
Exercitatio chronologica de anno domlnicae passionis II, 4l3
Scaliger. Opus de emendatione temporum. Erste Aus-
gabe, Paris 1583, vollständigste Genf 1629« fol.
Thesaurus temporum, s. Eusebius.
Nils Schenmark. Compatus ecclesiasticus, inrättad sä
yäl eAer den gamla som nya stylen 11,324
Schott. Momentum oonstitutionis Nicaenae de tempore
celebrandi paschatis II, 20G
Schurzfleisch. Ausgabe und Erläuterung der Perio«
dus Graeco- Romana des Pagi 11,450
Seger. Annus Romanus 11,72
Sepulveda. De correctione anni mensiumque Roma*
norum . . . • , II|426
676 Bßffsler.
Sigonius. Fasti conftikw» ac tiiuiP|iid mA • ^^^»■^Iff'
ujqiie ad Tibcriam U, 168
Syncellas. ChranogFipliia. Ixt der ?kinmihmg der
Scriptt« bist. Bjiaotiiiae.
Taffinut. De yetcmm RoBMimmm anno necnlarL
Ueber degiflben Gegenstand haben Onnpbrios
Panriniae, Torrelm» GeMwr und Aynaum ge-
n,89
Theophanes. Cbronograpbia. Im der iSammlnng der
Scriptt. bif t. Bjiantinae.
Trewentcbr^der. Faiti RoaMnonmi lifiani . • • II, 164
Ulag Begb. Epodiae oddbriora. 1,450
Usher. Annaks veterit et nori tettamenlL Angebangt:
De Macedonnm et Anancnriim anno aolaii diaser.
tatio. YoUstandigite Ausgabe, Genf 1722, fd.
Tan Yaassen. Aniniadversionum bistorioo-criticanun
ad Faslos Romanonun saeros fragmenta ... II, ISS
Walch. Decreti Nicaeni de pascbate cq>licalio . • . II, 206
Was er. Historisch -diploniatiscbes Jahrbuch nir Prü-
fung der Urkunden II<,31S
Welsch. Conunentarius in Rusname Naoros. • • . II, 512
Wernsdorff. Disseiiaüo de gentilium sabbato . . . II, 176
Christ. Wolf. Elementa chronofegica. In seinen Ele*
menlis matheseos universae. Halle 1730, 4 B. in 4.
Wurm. Astronomische Beiträge zur genäherten Bestiok-
mung des Geburts- und Todesfahrs Jesu . . . 11,413
Gedruckt i» der DncIcMi der %Mf^ kkaima€ im Wi
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AUS 5 1938